Protocol of the Session on November 11, 2010

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Bange ist mir aber vor einer Opposition, die sagt, sie will treiben, sie will jagen, hier ist Mehltau,

(Frau Lehmann [SPD]: Wo denn?)

die permanent gegenüber den Mitgliedern der Landesregierung unter die Gürtellinie zielt. Das ist ein Stil, zu dem ich sage: Sie schüren im Land eine Stimmung, die nicht gut ist in dieser Situation. Sie sind mitverantwortlich, wenn sich bei den Menschen Unsicherheit breitmacht, und vor allem ist es auch politisch so, das kann ich belegen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Aber ich möchte noch einmal kurz zurück zu dem bereits angesprochenen Gedächtnis kommen. Wir haben hier 20 Jahre als Linke nicht mitregiert,

(Zuruf von der CDU: Bei der Opposition war es auch so!)

und wir sind gewöhnt, dass man sich mit zunehmendem Alter das geht mir inzwischen selbst so - an das besser erinnert, was

lange zurückliegt; und wir erinnern uns sehr wohl an unsere Verantwortung aus 40 Jahren DDR-Geschichte.

(Zurufe von der CDU)

Dass Sie sich daran nicht erinnern wollen, das kann ich verstehen. Aber dass Sie sich nun auch nicht mehr an das erinnern wollen, wofür Sie selbst in den letzten 10 Jahren standen, kann ich nicht verstehen.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Görke [DIE LINKE]) : Helfen Sie ihnen doch mal!)

Frau Dr. Ludwig, bei Ihnen ist das ja mit dem zunehmenden Alter noch nicht so. Vielleicht schauen Sie noch einmal in die letzten Reden auch von Frau Wanka, die in der Regierung eine Rolle rückwärts gemacht und ein Jahr vor Ende der Legislatur einen Neustart in der Bildungspolitik gefordert hat und im Übrigen zum Thema Fachkräftemangel gesagt hat: Wir haben schon einmal den Zeitpunkt verpasst, wichtige Weichenstellungen vorzunehmen, nämlich in der Frage der Ausbildung.

(Bischoff [SPD]: Dann ist sie abgehauen!)

Halten Sie sich an Ihre eigenen Schlussfolgerungen von vor zwei Jahren, dann würden Sie nämlich sehen, dass diese Landesregierung diese Herausforderungen annimmt. Wir haben bei der Ausbildung - übrigens auch in der Landesverwaltung wieder begonnen. Wir setzen auf junge Leute, die im Landesdienst und in der Wirtschaft eine Zukunft haben. Von daher können Sie das, was jetzt läuft, kritisch begleiten; aber Sie können sich nicht wie ein Kind hinstellen und sagen: Ich halte mir die Augen zu, die Welt ist weg und ich bin auch weg. - Nein, Frau Ludwig, Sie waren in den letzten zehn Jahren nicht weg, Sie sind auch jetzt da und die Welt auch.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die rot-rote Koalition bleibt in der nächsten Zeit. Sie wird sich allemal vor den Wählerinnen und Wählern verantworten müssen, und das wollen wir auch.

(Vogel [GRÜNE/B90]: Wir auch!)

Denn wir haben mit dem Koalitionsvertrag Weichenstellungen vorgenommen, mit denen wir ganz klar sagen, es muss eine vorsorgende Gesellschaftspolitik zu nachsorgender Sozialpolitik hinzukommen. Wir setzen auf Teilhabe und ein solidarisches Miteinander in diesem Land, und dafür gab es Weichenstellungen. Wir haben Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, übrigens in Übereinstimmung mit Ihrem eigenen Wahlprogramm. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie daran kritisieren. Wir haben die Weichen für öffentlich finanzierte Beschäftigung gestellt. Dass für Sie das Thema würdige und gerecht bezahlte Arbeit kein Thema ist, ist im Land bereits aufgefallen. Dafür wurden Sie im Übrigen weniger gewählt.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Frau Wehlan [DIE LIN- KE]: Genau!)

Damit kommen wir zum Thema Stillstand. Wenn der Stillstand für Sie darin besteht, dass wir hier im Land nicht 1 : 1 die Bundespolitik nachvollziehen, sie hochjubeln und den rigorosen Sozial- und Rechtsabbau auf Bundesebene in diesem Land

ebenfalls vornehmen, dann kann ich Sie verstehen. Das werden wir nicht tun. Der Bund mit seiner Politik setzt im Augenblick verheerende Signale für das, was hier im Land gewollt ist. Und öffentlich finanzierte Beschäftigung und unser Konzept haben Sie bereits vor einem Jahr nicht verstanden, als wir es angekündigt haben. Im Augenblick feiern Sie die Tatsache, dass der Bund die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik kürzt

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Sehr schlimm!)

und damit ein begonnenes Konzept, auf dessen Grundlage inzwischen bereits viele Anträge beschieden wurden. Die Anträge liegen vor. Das Land finanziert gerecht bezahlte Arbeit mehr als ein Jahr lang - sinnvolle Beschäftigung ohne Zwang und Sie feiern den Umstand, dass der Bund das aus politischen Gründen torpediert.

(Zurufe DIE LINKE: Skandal! Pfui!)

Nicht nur, dass Sie das nicht verstehen, sondern Sie feiern zynisch eine Politik auf Kosten der Menschen, die lange arbeitslos waren und sich gefreut und Hoffnung geschöpft hatten, jetzt wieder eine Stelle zu bekommen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Gleiche gilt im Zusammenhang mit dem Schüler-BAföG. Hier gibt es ein Problem, das heißt Hartz IV. Das haben wir mehrfach besprochen. 2007 sagten die Sozialminister aller Bundesländer, die Kinderbedarfssätze gehören aufgestockt - im Übrigen auch Frau Ziegler; da waren Sie ebenfalls in der Regierung. Die jetzige Regierung in Berlin doktert seit Monaten daran herum, ein eindeutiges Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die jetzige Praxis infrage stellt - im Übrigen auch die Höhe der Bedarfssätze infrage stellt -, umzusetzen. Es ist der Versuch, im Land den Kindern, die das am nötigsten brauchen, materielle Hilfe für ihren weiteren Bildungsweg am Gymnasium zu geben. Dass Sie das nun torpedieren, verstehe ich nicht, und vor allem, dass Sie es feiern, verstehe ich nicht.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Das finde ich absolut unverständlich.

Dann sage ich Ihnen noch etwas zu LASA, BBG, Grundstücksverkäufen, Flugrouten und der Braunkohle in der Lausitz.

Sehr geehrte Frau Ludwig, über das Gedächtnis haben wir schon gesprochen. Dass in all diesen Fragen Probleme stecken, auch das ist zugegeben. Dass diese Regierung vom ersten Moment an mit kritischen Fragestellungen begonnen hat, a) zu klären, b) wo nötig aufzuklären und c) Schlussfolgerungen zu ziehen, und bei der LASA die Fehler inzwischen soweit ausgebessert werden, dass wir hoffentlich die Mittel bekommen, dass wir in der Frage Grundstücksverkäufe festgestellt haben, dass auch die CDU hier damals nicht kritisch nachgefragt hat und CDUMitglieder durch ihre Nähe zur Landesregierung - anders als der ehemalige Minister Speer - persönlich Nutzen aus diesen Grundstücksverkäufen ziehen wollten, das vergessen Sie.

Deshalb sage ich Ihnen: Diese Politik „Haltet den Dieb!“ und die Dinge auf den Tisch zu legen, die Sie zu verantworten haben, damit wir nicht nur 40 Jahre DDR als Linke, sondern

jetzt auch noch 10 Jahre CDU verantworten, dieser Trick geht nicht.

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten Dr. Ludwig [CDU])

Dann lassen Sie mich noch etwas sagen: Die soziale Balance im Land ist ein Thema, das diese Regierung auf dem Tisch hat. Sie hat es auch bei allen bundespolitischen Themen gemacht. Sie haben gesagt, gut, dass es Schwarz-Gelb in Berlin gibt, wir hätten sonst nichts zu meckern.

Nein, es ist schlimm, dass es Schwarz-Gelb gibt, und zwar hinsichtlich der Auswirkungen. Diese Regierung sagt klipp und klar und erkennbar im Land - und im Übrigen in Übereinstimmung mit der Meinung der Wählerinnen und Wähler -, dass diese Gesundheitsreform unsozial ist, ein bürokratisches Monster, das abzulehnen ist, weil die Leistungen für die Leute nicht kommen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Erklären Sie mir dann, wie Ihr smarter Minister Rösler sich einfach nicht einverstanden erklärt, wenn alle Gesundheitsminister sagen, wir müssen darüber reden, wie wir angesichts dieser Lage und dieser Maßnahmen die Versorgung im ländlichen Raum sichern wollen.

Er sagt einfach, er rede nicht mit ihnen. Wenn Sie das für verantwortungsbewusste Politik halten - wir nicht!

Das Gleiche gilt bei der Energiepolitik. Hier wird mehr gezögert und getrickst. Ich sage Ihnen einfach nur: Sie werden die Mitglieder dieser Koalition, Sie werden die SPD und die Fraktion DIE LINKE auf diese Weise, wie Sie es jetzt machen, nicht permanent gegeneinander in Stellung bringen können. Wir halten im Übrigen das Bewältigen von Krisen und das Lösen von Problemen für etwas ganz Normales in der Politik. Wenn man regiert, wird man durch bewältigte Krisen und durch gelöste Probleme stärker und verlässlicher.

(Frau Lehmann [SPD]: So ist es! - Burkardt [CDU]: Bitte keine Komplimente für Frau Merkel!)

Das haben diese beiden Fraktionen bisher gut bewiesen. Das werden wir auch weiter tun.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Also: Neue Lehrerinnen und Lehrer im Land und eine verbesserte Bildungspolitik, öffentlich finanzierte Beschäftigung, um deren Finanzierung wir weiter ringen, die Hilfe und Unterstützung für Kinder aus Hartz-IV-Familien, die Unterstützung für Unternehmen im Land durch eine vernünftige und nachhaltige Förderpolitik, die Tatsache, dass wir im öffentlichen Dienst nicht nur abbauen, sondern ausbilden und auch wieder einstellen, die Tatsache, dass Amtsgerichte vor Ort erhalten werden - im Übrigen haben wir hier eines Ihrer völlig gescheiterten Projekte nun gemeinsam vernünftig auf den Weg gebracht -, die Tatsache, dass wir bei den Studierenden die Proteste ernst genommen und Schlussfolgerungen gezogen haben, die Tatsache, dass diese Fraktionen und die Landesregierung eine bessere Kommunikation mit der Bevölkerung hinbekommen wollen, all das belegt: Hier in Brandenburg passiert etwas. Die Zufriedenheit der Leute im Land nimmt zu.

Ich sage Ihnen: Zu verantworten haben wir uns gemeinsam vor unseren Wählerinnen und Wählern. Auch SPD und Linke in diesem Land werden die Kritik der Wählerinnen und Wähler zur Kenntnis zu nehmen haben. Wir haben uns vorgenommen, dass wir versuchen, diesen Kurs, den wir jetzt begonnen haben, fortzusetzen. Die Alltagsprobleme der Leute sind uns nicht egal. Zu denen, Frau Ludwig, habe ich in Ihrer Rede kein einziges Wort gehört. Ich habe keine einzige Frage gehört, die die Leute vor Ort stellen, wie sie künftig vernünftig bezahlte Arbeit bekommen, wie künftig weniger Unterricht ausfällt - eine Mitverantwortung Ihrer Fraktion dabei ist zumindest festzustellen -, auf welche Art und Weise wir künftig die gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum organisieren. Sie haben hier zu Recht Fragen gestellt, aber ich sehe keine Konzepte und keine Vorschläge.

(Genilke [CDU]: Wir haben Anträge eingebracht!)

Ich bitte Sie einfach: Lassen Sie uns diesen Stil nach einem Jahr beenden, lassen Sie uns vernünftig und fachlich diskutieren und sachlich miteinander umgehen. Unterlassen Sie bitte künftig Ihre Faustschläge unter die Gürtellinie gegen Mitglieder der Landesregierung. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Vogel spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

(Frau Lehmann [SPD]: Er bringt die „Märkische Allge- meine“ Zeitung mit! - Frau Melior [SPD]: Wie viel Pro- zente gibt es denn dafür?)