Protocol of the Session on July 1, 2010

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel spricht zu uns.

(Zurufe von der SPD: Oh, ein Bier!)

(Der Abgeordnete stellt zwei Flaschen Bier auf das Red- nerpult.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind Anschauungsmittel und keine hier zu konsumierenden Getränke.

(Zurufe von der SPD)

Die Haushaltsansätze gewissenhaft zu ermitteln und anzugeben war bisher keine Stärke brandenburgischer Finanzminister. Den Gipfel lieferte das Jahr 2007, als man sich um 960 Millionen Euro positiv verrechnet hatte. 2008 verrechnete man sich dann um 330 Millionen Euro, 2009 um 356 Millionen Euro. Insofern liegt Herr Markov drei Wochen nach Haushaltsverabschiedung mit 165 Millionen Euro durchaus noch im erträglichen Bereich.

Ein Grund könnte allerdings sein, dass die Ansätze, Zweckbestimmungen und Erläuterungen eben nicht so angegeben sind, dass sich der jeweilige Sachverhalt durchsichtig und nachvollziehbar darstellt. So heißt es beispielsweise in der LHO: Die Erläuterungen müssen die für die Bemessung und Überprüfung der Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen wesentlichen Gesichtspunkte enthalten.

Sehen wir uns einmal die Biersteuer an und was dazu im Haushalt steht; ein interessanter Titel: 15,9 Millionen Euro wurden 2008 eingenommen. 2009 war sie um 4,5 Millionen Euro niedriger veranschlagt. 2010 ist wiederum eine Steigerung, und zwar auf 17 Millionen Euro vorgesehen. Hat das vielleicht etwas damit zu tun, dass Jahre, in denen Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften stattfinden, höher zu gewichten sind als die Jahre, in denen das nicht ist?

(Beifall des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Hat es eine Erhöhung der Biersteuer gegeben? Gibt es einen höheren Bierverbrauch in Brandenburg? Begründungen konnten wir bei Nachfragen im Finanzministerium nicht erfahren.

(Zuruf von Minister Dr. Markov)

Wir konnten aber auch den Erläuterungen nicht entnehmen, wie sich das erklärt. Ich lese einmal die Erläuterungen zur Biersteuer vor, die sind nämlich bemerkenswert:

„Aufgrund der Wiederanwendung der Bestimmungen des am 02.12.1890 zwischen dem Deutschen Reich und Österreich/Ungarn geschlossenen Vertrages über den Anschluss der österreichischen Gemeinde Mittelberg... an das Zollsystem des Deutschen Reiches erhält Österreich eine Abrechnung seines Einnahmeanteils an den Zöllen und Verbrauchssteuern. In dem Abgeltungsbetrag ist auch ein Biersteueranteil enthalten... Der Anteil Brandenburgs beträgt ca. 100 Euro. Die Verrechnung aus diesem Titel erfolgt jährlich gegenüber dem BMF.“

- Hochinteressant, aber überflüssig, Datenmüll.

(Beifall GRÜNE/B90)

Aus den Erläuterungen ist zum Beispiel nicht ersichtlich, dass es sich um eine Landessteuer handelt. Es ist auch nicht ersichtlich, wie sie bemessen und berechnet wird. Es ist nicht erkennbar, ob 180 Millionen Liter Bier, die sich hinter den 17 Millionen Euro verstecken, viel oder wenig ist. Ich verrate es Ihnen: Es ist wenig. Es sind 75 Liter pro Nase, wohingegen im deutschen Durchschnitt 110 Liter Bier pro Nase getrunken werden. Das erklärt sich daraus - das steht jedoch auch nicht geschrieben -, dass das Bier an der Betriebsstätte versteuert wird und nicht dort, wo es konsumiert wird.

Wenn Sie diese Flasche Bier trinken,

(Der Abgeordnete deutet auf eine Bierflasche aus Bran- denburger Herstellung, die er mit zum Rednerpult gebracht hat.)

tragen Sie mit 4,4 Cent zur Sanierung des brandenburgischen Landeshaushalts bei. Wenn Sie diese Flasche Bier trinken,

(Er deutet auf die Flasche „Beck‘s Alkoholfrei“.)

tragen Sie mit 0 Cent bei - im Übrigen auch nicht zur Sanierung des Haushalts des Landes Bremen, weil alkoholfreies Bier nämlich biersteuerfrei ist.

Das Thema Biersteuer ist nicht wirklich witzig, aber es steht beispielhaft dafür, dass unbedeutende Informationen im Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung aufgebläht, die wirklich wichtigen Informationen aber unterschlagen werden.

Ich greife einmal im Einzelplan 06 die Allgemeine Projektförderung Kultur mit 14,5 Millionen Euro auf. In diesem Titel gab es eine Erhöhung um 850 000 Euro. Dafür wurde keine Begründung, keine Erläuterung und keine Aufgliederung geliefert. In einem anderen Kapitel im Einzelplan 06, im Kapitel 06 730, Titel 685 10, Mitgliedsbeiträge, 1 700 Euro, werden dagegen feinsäuberlich neun Vereine aufgeführt, denen Minimalbeiträge zugeführt werden. Bei der Zahlung an den brandenburgischen Liegenschaftsbetrieb fehlt die Aufgliederung, was Betriebskosten und was Mietkosten sind. Beim Landwirtschaftsetat in einem Titel mit einem Umfang von 49,1 Millionen Euro erfolgt keine Aufteilung zwischen Agrarumweltmaßnahmen und Ausgleichszahlungen. Von der FDP wurde es angesprochen, ADEBAR ist keine Großtrappe; das hätte der Ministerin gleich auffallen müssen. Insofern war es von vornherein zum Schei

tern verurteilt, erklären zu wollen, dass ADEBAR aus dem Großtrappenprojekt finanziert wird. Das wird es nicht.

Wer in scheinbaren Kleinigkeiten ungenau ist, ist es auch bei größeren Posten.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Beispielhaft seien 160 Millionen Euro für die Grundsicherung genannt, ein durchlaufender Posten. § 11 VV-LHO sagt ausdrücklich, dass die Einstellung von Leertiteln bei der Übernahme in den Haushaltsplan des nächstfolgenden Haushaltsjahres kritisch zu überprüfen ist. Jedes Jahr steht an dieser Stelle ein Minus, ein Strich, aber am Ende des Jahres haben wir 160 Millionen Euro Einnahmen, 160 Millionen Ausgaben, und das wird einfach nicht erwähnt.

Noch schlimmer: Mittelfristige Finanzplanung, Investitionsschwerpunkte. Wir sind nach dem Haushaltsgrundsätzegesetz Herr Burkardt hat es angesprochen - gehalten, die wesentlichen Investitionen darzulegen. Wir haben das moniert. Das Finanzministerium hat geantwortet, das könne man in der mittelfristigen Finanzplanung nachlesen. Ich lese einmal die wesentlichen Informationen vor.

Herr Abgeordneter Vogel, dazu haben Sie leider keine Gelegenheit mehr. Das Prinzip der Anschaulichkeit hat Sie Zeit gekostet. Sie haben Ihre Redezeit weit überschritten.

Gut, das kann jeder selbst nachlesen. - Ich sage nur, der FDPAntrag hat in der Tat wenig Inhalte. Er fordert nur, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Wer könnte diesen Antrag ablehnen? Wir nicht!

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Markov, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Burkardt, Sie haben es richtig gesagt, ich habe mehrmals erläutert, wie sich Finanzierungssalden und Prognosen ergeben. Sie haben gesagt, Sie hätten es auch nach dem vierten Mal nicht verstanden. Demzufolge erspare ich mir, es ein fünftes Mal zu versuchen.

(Beifall DIE LINKE)

In dem Antrag fordern Sie, dass Einnahmen und Ausgaben systematisch gegliedert werden. Das erfolgt anhand der Haushaltssystematik: Es gibt Einzelpläne, Kapitel und Haushaltstitel. Diese sind in Einnahmen und Ausgaben unterteilt. Das ist seit 20 Jahren im brandenburgischen Haushaltsrecht und auch im Haushalt 2010 so. Wir haben im vorauseilenden Gehorsam Ihrer Bitte Rechnung getragen.

Dann fordern Sie, dass Ansätze auf Grundlage gewissenhafter Ermittlung geschätzt werden und entsprechend anzugeben sind. Richtig! Die Grundlage für die Aufstellung eines Haushalts ist die Steuerschätzung. Die Steuerschätzung vom November 2009 haben wir als Basis genommen. Wir sind der Verpflichtung, wie ein Haushalt aufzustellen ist, also nachgekommen.

Mit Plänen ist es nun einmal so eine Sache. Pläne sind Pläne und nicht unbedingt Realität. Das hat nichts damit zu tun, ob Rot-Rot, Schwarz-Gelb oder wer auch immer an der Macht ist, sondern das ist der Sinn des Wortes. Ein Haushaltsplan ist ein Haushaltsplan, und am Ende eines Haushaltsjahres gibt es ein Haushalts-Ist. Erst dann weiß man tatsächlich, wie das Verhältnis von Plan zu Ist ist. Wir sind Ihrer Aufforderung komplett nachgekommen.

Dann heißt es in Ihrem Antrag, dass Ansätze so eingestellt bzw. Zweckbestimmungen verdeutlicht und Erläuterungen so formuliert werden sollen, dass sich der jeweilige Sachverhalt durchsichtig und nachvollziehbar darstellt. Das ist richtig. Es gibt immer, egal in welcher Farbenlehre, einen Zielkonflikt zwischen kompakter Formulierung und dem Wunsch nach ausführlicher Information. Ich fand es witzig: Der eine hat darauf abgehoben, dass ihm die Darstellung viel zu ausführlich sei und er den Haushalt lieber in kompakter Form, kurz und knapp, geboten haben möchte, und die anderen sagen, die Darstellungen seien so knapp, dass man sie gar nicht begreifen könne. Das ist wirklich so. Ich glaube, dieser Aufforderung kann ich nicht nachkommen, weil man es, je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet, so oder so auslegen kann.

(Schulze [SPD]: Dann erstellen Sie nächstes Mal frak- tionsbezogene Haushalte!)

Ja, vielleicht gibt es zukünftig fraktionsbezogene Haushalte, mal sehen. - Im Übrigen kann ich das verstehen, ich war auch einmal Abgeordneter. So ungewöhnlich ist das für mich nicht. Ich habe mich auch immer beklagt, dass die gegenseitige Deckungsfähigkeit natürlich dazu beiträgt, dass letztlich Mittel, die in einem Titel standen, auch anderweitig verwendet werden konnten. Das hat der Haushaltsgesetzgeber so zugelassen. Es steht in jedem Haushalt, was womit deckungsfähig ist; das kann man nachlesen.

Im letzten Punkt fordern Sie, Angaben über Planstellen und Stellen nachvollziehbar darzulegen. Das geschieht seit 20 Jahren. Im Haushaltsplan stehen die Stellen. Da ist exakt aufgeführt, wie viele Personen in welchem Ministerium wie eingruppiert sind. Ich weiß nicht, was Sie noch wollen. Ich habe es nicht verstanden. Sie könnten mir im bilateralen Verfahren Nachhilfe geben, was Sie zusätzlich zu dem, was der Haushaltsgesetzgeber vorschreibt, wünschen. Ich bin ein netter Mensch und bemühe mich, Ihren Wünschen nachzukommen. Aber Ihr Antrag ist völlig überflüssig, weil alles gesetzlich geregelt ist. Wir sind keine Gesetzesbrecher, wir halten die Gesetze ein. Wir werden den Haushaltsplan 2010 sehr ordentlich über die Bühne bekommen und auch einen vernünftigen Haushalt 2011 aufstellen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort erhält noch einmal die Fraktion der FDP. Frau Vogdt, bitte schön.

Es ist immer schön, Ihnen zuzuhören; wir haben dann nämlich etwas zu lachen. Ich finde es schade: Sie sagen zwar, alles sei gesetzlich vorgeschrieben, aber verinnerlicht haben Sie die Grundsätze nicht. Wenn Sie im Finanzausschuss erklärt haben, ein negativer Saldo sei ein negativer Saldo, weil er negativ ist,

(Zuruf: Was wahr ist, muss wahr bleiben!)

dann haben Sie das heute mit Ihrer Interpretation des Wortes „Pläne“ fortgesetzt.

Sie haben vorhin auch gesagt, dass Sie Transparenz nicht besonders hochhalten würden. Denn Sie wollen nicht sagen, wie die 165 Millionen Euro Fehlbetrag entstanden sind. Das haben Sie selbst gesagt.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das hat er nicht gesagt!)

- Doch, das hat er gesagt; das lässt sich nachlesen.

Wenn wir hier debattieren, sollten wir uns um die Landespolitik kümmern. Es hat einen so langen Bart, immer die Bundespolitik, immer Schwarz-Gelb vorzuschieben, dass man aus dem Keller schon die Bartaufwickelmaschine hört. Lassen Sie sich doch einfach mal etwas Vernünftiges einfallen. Machen Sie vernünftige Politik, dann kommen wir auch weiter. - Schönen Abend noch!

(Beifall FDP und CDU)