- Ja, wir sind sehr clever. Das hat der Kollege Homeyer begriffen, weshalb er uns folgt und sich schützend an die Seite des Wirtschaftsministers stellt. Diese Hilfe nehmen wir gern in Anspruch, auch wenn wir sie eigentlich nicht brauchen.
Meine Damen und Herren, der Einzelplan 08 ist einer der Pläne in diesem Haushalt, die am deutlichsten zeigen, dass wir uns auf einem richtig guten Weg befinden. Diesbezüglich muss man sich lediglich die Anträge der Opposition ansehen.
- Genau, da kam nichts. Da kommt lediglich etwas wie: Wir reduzieren die Mietzahlungen, wir zählen Erbsen bei Gerichtsund Gutachtenkosten. - Diese Dinge haben mit Wirtschaftspolitik in diesem Land nichts zu tun, sondern verfolgen lediglich das Ziel - dies ist auch das Recht der Opposition -, die Regierung ein wenig zu ärgern. Das kann man gern versuchen, aber wir wehren das ab. Das ist das normale Spiel.
Der einzige Antrag mit wirtschaftspolitischer Relevanz ist der Antrag der Grünen zur ILA. Dieser Antrag hat jedoch eine katastrophale politische Relevanz, weshalb wir ihn ablehnen müssen.
Wie sieht die Wirtschaft in diesem Land aus? - Sie hat sich stabil entwickelt. Die Arbeitslosigkeit wurde abgebaut. Wir haben die Krise gut überstanden. Das ist das Ergebnis einer guten Wirtschaftspolitik in diesem Land. Wir haben in Brandenburg ich möchte das kurz erwähnen - eine Umstellung vom Gießkannenprinzip auf das Prinzip „Stärken stärken“ vollbracht. Wir haben räumlich und sektoral konzentriert und damit tatsächlich die Voraussetzungen für eine stabile wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land geschaffen. Zudem haben wir die Voraussetzung geschaffen, dass Unternehmen in der Krise weiterbestehen, weiterhin Gewinne und gute Umsätze erzielen sowie Arbeitsplätze erhalten können.
Mit dem RWK-Prozess haben wir insoweit Anreize gesetzt, als sich Standortinitiativen bilden und Kommunen sich gemeinsam mit Unternehmen und Verbänden darum kümmern, bessere Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft zu schaffen. Wir haben Unternehmen in der Krise konkret mit dem Konsolidierungsfonds geholfen. Das ist etwas, was wir tatsächlich getan haben. Insofern ist es die Landesregierung, die hier einen Erfolg bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise erzielt hat.
Meine Damen und Herren, Gerhard Schröder hat einmal gesagt, dass es keine linke und rechte Wirtschaftspolitik, sondern lediglich gute und schlechte Wirtschaftspolitik gibt. Das sehe ich genauso: Es gibt gute Wirtschaftspolitik. Die gute Wirtschaftspolitik in diesem Land führen wir fort. Gute Wirtschaftspolitik hat vor allem ein Merkmal: Sie ist verlässlich. Verlässliche Wirtschaftspolitik sorgt für Vertrauen. Sie sorgt für Vertrauen bei Unternehmerinnen und Unternehmern und bei den Menschen, die darauf bauen können, dass sie von ihrer Hände Arbeit leben können, wenn sie das wollen.
Nun einige Stichworte zum Punkt „Verlässlichkeit in der Fortführung unserer Wirtschaftspolitik“. Wir werden - das ist hinreichend bekannt - das Prinzip „Stärken stärken“ fortführen. Wir befinden uns in der Evaluation des RWK-Prozesses. Dabei werden wir kleinere Anpassungen vornehmen, wenn wir im Rahmen der Evaluation dazu kommen, dass wir diese Anpassungen vornehmen müssen. Zudem werden wir - auch das ist ein Punkt von Verlässlichkeit - das Programm KoSta noch stärker aufstocken, weil es notwendig ist und wir als Partner in der Not auch den Unternehmen in Brandenburg zur Seite stehen.
Unser Bekenntnis zur Braunkohle haben wir nie aufgegeben. Es geht klar darum, Sorgen und Nöte der Menschen so ernst zu nehmen, dass sie selbst das Gefühl bekommen, von uns ernst genommen zu werden. Das ist wichtig. Niemand würde hier die Hand für Dinge heben, die man nicht verantworten kann. Dennoch brauchen wir dieses Bekenntnis zur Energieregion in Brandenburg.
Wir brauchen auch - wir werden nachher noch eine namentliche Abstimmung haben, wenn ich recht informiert bin - Verlässlichkeit bezüglich Planung und Durchführung der ILA. Hier geht es nicht nur darum, luftfahrtaffinen Unternehmen weiterhin gute Bedingungen und einen Standortvorteil zu bieten. Hier geht es nicht nur um die regelmäßigen 180 Millionen Euro an Umsätzen, die die regionale Wirtschaft generieren kann, sondern hier steht der Ruf des Landes als verlässlicher Partner auf dem Spiel. Insofern überlegen Sie sich bei der namentlichen Abstimmung im Anschluss an diese Aussprache zum Einzelplan 08 gut, was Sie tun. Jeder, der diesem Antrag auf Nichtdurchführung der ILA zustimmt, gibt ein Bekenntnis zu einer unzuverlässigen Politik ab. Das können wir uns nicht leisten.
Wir führen aber nicht nur bestimmte Dinge fort, sondern setzen auch neue Akzente. Das Setzen neuer Akzente und neuer Schwerpunkte sowie das Reagieren auf neue Herausforderungen gehören auch zur Verlässlichkeit. Insofern wird die Wirtschaftspolitik in diesem Land grüner - das meine ich nicht politisch - und bildungsorientierter. Sie wird grüner, indem wir das Programm REN aufstocken, und sie wird grüner mit dem Erfolg, den wir mit der Übergabe des Leitsterns auf dem Weg zu den Clean Technologies haben, wenn wir diesen Weg fortsetzen. Wir fördern Energienetzwerke und Konzepte auch in Kommunen und Unternehmen, um diesen Weg weiter voranzubringen.
Zudem investieren wir - darüber bin ich als Wirtschaftspolitiker sehr glücklich - mehr in die Menschen in diesem Land. Vor allem die Bildungspolitik, bei der wir uns mächtig ins Zeug gelegt haben, ist ein Bestandteil der Konsolidierung und der Weiterführung einer verlässlichen Wirtschaftspolitik in diesem Land; denn die nächste Krise, die auf uns zukommt, ist die Fachkräftekrise. Wir bemühen uns immer wieder, dieses Problem Unternehmen, aber auch der Politik nahezubringen. Wir müssen dieses Problem ernst nehmen. Es gibt zu wenig Menschen, die die Aufgaben, die in diesem Land zu bewältigen sind, tatsächlich bewältigen können. Viele von ihnen haben noch das große Problem der Arbeitslosigkeit im Hinterkopf, das sich aber mit der Zeit erledigen wird. Vielmehr müssen wir uns mit denen beschäftigen, die über viele Jahre nicht in Arbeit waren, damit sie wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Vor allem aber müssen wir auf das neue Problem eingehen, dass Unternehmen in Brandenburg keine Fachkräfte mehr finden werden, weil junge, gut ausgebildete Menschen wegen der geringen Verdienstmöglichkeiten abwandern. Insofern ist die Forderung nach einem Mindestlohn berechtigt, der zu einer Erhöhung der Löhne insgesamt führen wird.
Begrüßenswert ist, dass wir erstmalig in Größenordnungen neue Lehrer und durch eine Veränderung des Betreuungsschlüssels neue Kita-Erzieherinnen - hoffentlich auch einige Kita-Erzieher - einstellen werden. All das wird uns helfen, die Bildungspolitik in diesem Land zu verbessern und damit natürlich auch die Qualität der zukünftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land zu erhöhen.
Es ist erfreulich, dass wir im Bereich der Jugendarbeit aufgestockt haben. Auch bei diesem Gebiet denken viele, das hätte mit Wirtschaft nichts zu tun. Das hat es sehr wohl. Schließlich besteht das Problem der Abwanderung, dem wir begegnen müssen, und eine aktive, gute Jugendarbeit fördert Bindungskräfte bei den jungen Menschen. Aktive, gute Jugendarbeit fördert ein positives Gefühl und einen positiven Begriff von Heimat. Das ist ein wichtiger Faktor bei der Abwägung: Verlasse ich die Region oder bleibe ich hier?
Wie gesagt, ich freue mich sehr, dass inzwischen auch die CDU-Fraktion für den Mindestlohn plädiert, ja ihn nicht mehr erwarten kann.
Meine Damen und Herren, es wird natürlich auch Veränderungen geben. In den nächsten Jahren - das werden wir nicht verhindern können - werden die Mittel des Solidarpaktes auslaufen. Insofern wird unsere Wirtschaftsförderung weniger eine Förderung in monetärer Hinsicht sein können. Vielmehr müssen wir unsere Prinzipien umbauen, um weiter investieren zu können. Insofern ist es gut, dass wir auf revolvierende Fonds umbauen. Es ist gut, dass wir die Netzwerkförderung öffnen. Das sind die kleinen Stellschrauben, an denen man auch ohne viel Geld etwas sehr Sinnvolles machen kann.
- Die großen Stellschrauben werden gerade in Berlin zurückgedreht, indem man die Steuern, also die Handlungsfähigkeit des Staates, senken will und damit das Vertrauen der Menschen in eine verlässliche Politik heruntersetzt. Genau das ist ja das Problem.
Da wird ein bisschen Geld eingespart, Herr Homeyer, was man als Unternehmen überhaupt nicht merkt. Aber alle wissen, dass uns das auf eine Katastrophe zusteuert, dass der Staat irgendwann nicht mehr handlungsfähig ist und nicht mehr steuern kann. Dann haben wir das Problem, dass Vertrauen verloren ist und verlässliche Politik nicht mehr praktiziert werden kann.
Wir haben einen Punkt, den wir stärker machen wollen, weil er auch wichtig ist. Wir werden weiter den Export unterstützen. Wir haben in diesem Land die Situation, dass wir im Export nicht so stark sind. Das hat uns in der Krise geholfen, weil nicht so viel kaputtgehen konnte. Aber wenn wir weiter Wachstum generieren wollen, müssen wir gerade im exportorientierten Bereich etwas zulegen. Das tun wir mit diesem Haushalt. Wir stärken vor allem den Service vor Ort. Wir stärken die Wirtschaftsförderung vor Ort. Vielleicht hat sich der eine oder andere schon einmal mit dem Landespräsentationspool beschäftigt. Das sind so kleine Sachen, über die man gern hinwegsieht, die aber tatsächlich Wirkung haben, weil die Betreuung von Unternehmen in diesem Land dadurch erheblich verbessert wird.
Meine Damen und Herren! Wie gesagt, Änderungsanträge mit Qualität lagen nicht vor. Insofern braucht man sie nicht anzunehmen. Achten Sie auf die Verlässlichkeit unserer Wirtschaftspolitik in Bezug auf die ILA. - Vielen Dank für die Zustimmung zu diesem Einzelplan.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kosanke. - Wir setzen die Redeliste mit dem Beitrag der Fraktion GRÜNE/B90 fort. Herr Abgeordneter Vogel, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen in der Wirtschaftsförderung vor einem Zeitenwechsel. Die finanzielle Unterstützung vonseiten der Europäischen Union wird in den nächsten Jahren signifikant sinken. Das Volumen der Investitionshilfen des Bundes wird auf das Niveau der westdeutschen Länder reduziert werden, und das in absehbarer Zeit.
Diese Einschränkungen der verfügbaren Investitionsmittel werden im Etat des Wirtschaftsministeriums am deutlichsten zu spüren sein. In der laufenden Förderperiode des EFRE, des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung von 2007 bis 2013, wird über die Hälfte der 1,4 Milliarden Euro dem Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten zur Verfügung gestellt. Ein Ministerium, das drei Viertel seines Volumens für Investitionen ausgibt, muss sich über die Entwicklung, dass die Zuwendungen vonseiten der EU und des Bundes drastisch sinken werden, frühzeitig Gedanken machen. Eine derartige Situation, in der absehbar die zukünftigen Handlungsspielräume des Investitionsministeriums schlechthin fundamental eingeschränkt werden, erzwingt einen Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik. Ausrichtung und Art und Weise der Förderung müssen generell hinterfragt werden.
Ich will mich auf zwei Fragen konzentrieren, bevor ich zum Thema ILA komme. Ist das Rezept „Stärken stärken“ der richtige Weg für Brandenburg? Ist eine Förderung, die sich im Wesentlichen über Zuschüsse an Unternehmen definiert, effizient und zukunftsfähig für unser Land?
Diese Fragen müssen dringend diskutiert und beantwortet werden, da Kurskorrekturen heute und nicht erst morgen vorgenommen werden müssen.
Herr Kosanke und die Landesregierung sind davon überzeugt, dass die Neuausrichtung der Förderpolitik unter dem Motto „Stärken stärken“ positive Wirkung gezeigt hätte. So wird immer wieder hervorgehoben, dass Sofortmaßnahmen und prioritäre Maßnahmen die Entwicklung in den Regionalen Wirtschaftskernen vorangetrieben hätten.
Ich weiß nicht, auf welchen Erkenntnissen dieser Optimismus beruht. Mehrere hundert Millionen Euro, 320 Millionen Euro zwischen 2008 und diesem Haushalt 2010, für den Ausbau der kommunalen Wirtschaftsstruktur kamen in den letzten Jahren ausschließlich den 15 Regionalen Wachstumskernen zugute. Trotzdem lässt sich dem 8. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Aufbau Ost nicht entnehmen, dass die Regionalen Wachstumskerne im Gegensatz zu anderen Regionen Brandenburgs eine deutlich bessere wirtschaftliche Entwicklung genommen hätten.
Dies ist zum einen Teil dem mangelhaften Datenmaterial aus den RWKs geschuldet, was von der IMAG auch beklagt wurde. Dennoch war die IMAG auf Basis des vorhandenen Datenmaterials zu einigen grundsätzlichen Einschätzungen gekommen, die nicht nur uns an der Wirksamkeit der Mittelverwendung zweifeln lassen. So heißt es in diesem 8. Bericht zu den Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise sogar ausdrücklich: Auch die Arbeitsmarktsituation hat sich in den RWKs wie
in Brandenburg insgesamt nicht signifikant verschlechtert. Aha, sie hat sich nicht signifikant verschlechtert. Aber sie hat sich eben auch nicht signifikant verbessert.
Anscheinend auch, um dem vielerorts auch vorhandenen Unbehagen über die Entwicklung der RWK entgegenzutreten, ist nun eine Evaluation in Auftrag gegeben worden. Dabei bereichern die nunmehr mit der Evaluation dieser Strategie beauftragten Gutachter die politische Diskussion zurzeit noch mehr mit Fragen als mit Antworten und stellen in ihrem 1. Zwischenbericht nicht nur fest, dass die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes große Schwierigkeiten für eine belastbare Evaluation darstellt,
sondern sie stellen zudem heraus, dass von 133 geplanten Projekten bis Oktober 2009 nur 21 abgeschlossen waren, davon zur Hälfte Verkehrsinfrastrukturprojekte. Bis zum Ende der Evaluation werden 36 Projekte abgeschlossen sein, also nicht einmal ein Drittel.
„Bei der Mehrzahl der Projekte handelte es sich um Investitions- und Bauprojekte, bei denen nach der Fertigstellung erst mit weiteren Verzögerungen die tatsächlichen Wirkungen und Effekte ersichtlich werden.“
Auf welcher Grundlage, Herr Kosanke oder Herr Minister Christoffers, erfolgt also die Einschätzung, dass das Konzept „Stärken stärken“ ein Erfolg war, wenn nicht einmal vernünftige Ausgangsdaten vorliegen und in nächster Zeit auch keine Wirkungen erkennbar sein werden?
Für uns ist bislang nur eine Aussage belastbar: Der 8. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe stellt überaus deutlich fest, dass kleinere RWKs mit einer breiter diversifizierten Wirtschaftsstruktur die besten Entwicklungen aufweisen. Das muss die Leitlinie der Brandenburger Wirtschaftsförderung werden: kleiner und breiter diversifiziert, statt groß und monostrukturiert.