Protocol of the Session on February 25, 2010

Aber da ist jetzt Abhilfe in Sicht. Bis zum Sommer wird die rot-rote Koalition in Brandenburg ein Vergabegesetz verabschieden, welches die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Zahlung von Tarifentgelten bzw. eines existenzsichernden Mindestlohns koppelt.

Herr Kollege Bommert, lassen Sie uns die Diskussion über das Vergabegesetz dann führen, wenn sie ansteht.

Meine Damen und Herren! Das A und O für die Steigerung der Anerkennung des Unternehmertums sind Vorbilder. So richtet das Land Brandenburg alle zwei Jahre den Unternehmerinnenund Gründerinnentag aus. Neben der Vergabe des Innovationspreises des Landes Brandenburg werden auf dem Unternehmerinnen- und Gründerinnentag die Unternehmerinnen des Jahres ausgezeichnet. Die so Prämierten erfahren Anerkennung hinsichtlich ihrer unternehmerischen Leistungen. Die Auszeichnungen fördern ein Stück weit die Unternehmenskultur.

Meine Damen und Herren! Es ist Aufgabe der Landespolitik, ein günstiges Klima für Unternehmensgründungen zu schaffen. Darüber hinaus müssen bestehende Unternehmen Unterstützung bei der Lösung ihrer Probleme erfahren. Dass Brandenburg auf einem guten Weg ist, zeigt die Auszeichnung des Landes zur „Europäischen Unternehmerregion 2011“. Das Land Brandenburg hat die Jury, den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union, laut Pressemitteilung des Wirtschaftsministers mit seiner Strategie zur Stärkung und Entwicklung der unternehmerischen Potenziale, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen in der Region, überzeugt. Besonders hervorgehoben wurden in der Bewerbung die Ziele: ökologischer Umbau der regionalen Wirtschaft, Unterstützung von Kreativität und Innovation als Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Entwicklung sowie die Ergänzung der Förderpalette um neue, revolvierende Finanzierungsinstrumente. Das Maßnahmenpaket umfasst einen ganzen Strauß von Vorhaben von der Stärkung des Unternehmer- und Gründungsgeistes im Land über Projekte zur Fachkräftesicherung bis hin zu Maßnahmen eines Technologietransfers und einer stärkeren Internationalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir diese Ergebnisse verstetigen und ausbauen können.

Meine Damen und Herren von der CDU, einen Rat möchte ich Ihnen doch noch mitgeben: Reden Sie nicht nur, sondern handeln Sie auch! Die Koalition handelt bereits. - Danke sehr.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Die Debatte wird mit dem Beitrag des Abgeordneten Jungclaus von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fortgesetzt.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Wettbewerbsfähiges Handwerk und starker

Mittelstand - das hört sich gut an. Ich denke, unter uns ist niemand, der diese Ziele nicht unterstützt. Die Frage ist daher eher: Wie sehen die Wege aus, die uns zur Erreichung dieser Ziele führen? Sind es immer höheres Wachstum, immer härterer Wettbewerb, immer mehr Subventionen? Wir Bündnisgrüne sind davon überzeugt, dass es Zeit ist für eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik - auch in Brandenburg. Das, liebe FDP, ist kein antiliberaler Reflex.

(Beifall GRÜNE/B90)

Ökonomie und Ökologie müssen viel stärker als bisher zusammengedacht werden. Wir brauchen einen grünen neuen Gesellschaftsvertrag, den Green New Deal, für Brandenburg. Ökologischer Strukturwandel sowie ökologische Modernisierung bieten enorme Entwicklungschancen für neue Technologien, Produkte und Dienstleistungen. Im Bereich der ökologischen Erneuerung sind bereits viele neue Arbeitsplätze entstanden. Dieser Jobboom muss durch politische Maßnahmen unbedingt verstärkt werden.

Um aber die ökologische Modernisierung in allen Wirtschaftsbereichen vorantreiben zu können, brauchen wir vor allem Investitionen in Bildung und Forschung. Die Brandenburger Unternehmenslandschaft ist überwiegend von Kleinbetrieben und Dienstleistungen geprägt. Die niedrige Exportabhängigkeit und die Kleinteiligkeit der Unternehmenslandschaft sicherten die relative Stabilität der Brandenburger Wirtschaft auch in der Wirtschaftskrise. Deshalb gehören die kleinen und mittleren Unternehmen in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik unseres Landes.

Die Entwicklung der erneuerbaren Energien zeigt dabei beispielhaft, welch positiven Effekt ökologische Rahmensetzung auf zukunftstaugliche Unternehmen und Arbeitsplätze in Brandenburg hat. Erneuerbare Energien sind ein wichtiges Technologie- und Innovationsfeld, auf dem Brandenburger Unternehmen schon heute führend im Export sind.

Um auch in Zukunft Impulse für Unternehmen und Arbeitsplätze generieren zu können, müssen wir deshalb unbedingt den Einsatz der erneuerbaren Energien in Brandenburg noch mehr steigern. Ein Schwerpunkt sollte hierbei auf den Solarbereich gelegt werden. Die solare Zukunft hat in Brandenburg, verglichen mit anderen Bundesländern, erst zaghaft begonnen, jedenfalls hinsichtlich der Nutzung. Um die Nutzung von Solarwärme nachhaltig zu fördern, fordern wir unter anderem ein 100 000-Dächer-Programm. Um die Nutzung aller geeigneten Dachflächen für Photovoltaik und Solarthermie sicherzustellen, brauchen wir eine solare Bauordnung.

Ein weiterer Bereich, in dem Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen und zugleich positive ökologische Effekte erzielt werden können, ist die energetische Gebäudesanierung. Diese würde nicht nur zu einer nachhaltigen Energieeinsparung führen, sondern gleichzeitig bestehende Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Noch immer kommen fast 80 % aller Wohnhäuser für eine Gebäudesanierung in Frage. Das Land muss hierfür durch die Erarbeitung von Flächenkatastern und eines ökologischen Miet- und Heizspiegels den Rahmen vorgeben. Für den Heizenergieverbrauch sind entsprechende Richtwerte einzuführen. Der bereits für Gesetze bestehende Klimacheck muss auf Verordnungen ausgeweitet werden. Zudem muss für jedes

öffentlich geförderte Investitionsvorhaben in Brandenburg eine CO2-Bilanz ausgewiesen werden.

Doch zuallererst ist das Land aufgerufen, mit gutem Beispiel voranzugehen und eine energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude nach Passivhausstandard umzusetzen. Weiterhin sollten alle Landesimmobilien und -verwaltungen auf lokal erzeugten Ökostrom umstellen. Das schafft Arbeitsplätze, spart Energie und hält die Wertschöpfung in der Region.

(Beifall GRÜNE/B90)

Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig mit Zukunftspotenzial in Brandenburg ist der Tourismus. Dank seiner reichen und vielfältigen Naturlandschaft besitzt Brandenburg insbesondere in dem aufstrebenden Bereich des naturnahmen Tourismus erhebliches Potenzial. Naturschutz ist daher nicht Selbstzweck, sondern dient auch dazu, Menschen in abgelegenen Regionen eine Chance zu geben.

Der von uns vorgeschlagene Green New Deal für Brandenburg greift das vorhandene Potenzial unseres Landes auf und nutzt es gewinnbringend für die Zukunft. Die angesprochenen Maßnahmen fördern speziell lokale Handwerks- und andere Kleinbetriebe und unterstützen auch die Schaffung von Arbeitsplätzen in der gesamten Fläche Brandenburgs. Wir fordern die Landesregierung daher auf, sich das Konzept des Green New Deal zu Herzen zu nehmen und in ihre zukünftige Wirtschaftspolitik einfließen zu lassen. Dies würde auch Ihrem Koalitionsvertrag entsprechen, in dem Sie sich vorgenommen haben, die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs stärker an ökologischen Kriterien auszurichten und zukunftsfähige ökologische Arbeitsplätze zu sichern. Unsere Unterstützung bei diesem Anliegen kann Ihnen jedenfalls gewiss sein. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Die Landesregierung setzt fort. Es spricht Minister Christoffers.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als die Kollegen von der CDU den Antrag einbrachten, heute eine Aktuelle Stunde durchzuführen, war ich neugierig: Kommen wir hier zu einer ernsthaften Debatte über die Schwerpunktsetzung im Land? Oder gewöhnen wir es uns an - was ich leider befürchte -, in eine klassische Oppositions- und Regierungshaltung zu verfallen? Da ich jahrelang selbst Oppositionspolitiker gewesen bin, kann ich Ihnen nur eines sagen: Diese Linie habe ich nie verfolgt.

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Quatsch!)

Das, was Sie heute gemacht haben...

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: War genau richtig!)

Sie haben de facto dem Land Brandenburg die Zukunftsfähigkeit abgesprochen und tun politisch alles dafür, dass sich dieser Eindruck in der Öffentlichkeit verfestigt. Dieses Ansinnen weise ich zurück, auch im Interesse unserer Unternehmerinnen und Unternehmer sowie der gesamten Brandenburger Wirtschaft.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Meine Damen und Herren, vielleicht ist es aber auch gar nicht so schlecht.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Vielleicht können wir uns hinsichtlich dieses Antrags, Kollege Senftleben, wirklich einmal über einige Grundsätze unterhalten,

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])

die wir, ausgehend vom Koalitionsvertrag, hier auch umsetzen und durchsetzen werden.

Meine Damen und Herren, Sie sprechen davon, dass die Wirtschaft frei von staatlichen Einflüssen sein muss. Da die derzeitige Landesregierung erst 100 Tage im Amt ist, frage ich mich besorgt: Wer hat denn die staatlichen Regulierungen und Vorschriften geschaffen, die in der Bundesrepublik Deutschland gelten?

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Sprechen Sie über das Ergebnis Ihrer eigenen Arbeit, oder sprechen wir darüber, was wir tun müssen, um hier eine Erleichterung tatsächlich herbeizuführen? - Da wollen wir also bitte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.

Ohne einen staatlichen Regulierungsrahmen - das wissen Sie funktioniert Wirtschaft nicht. Das hat nicht nur etwas mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun, sondern es ist im Bereich der sozialen Marktwirtschaft generell eine Notwendigkeit, dass ein regulatorischer Rahmen vorhanden ist, der Wettbewerbsgleichheit auch tatsächlich garantiert. In der Bundesrepublik gibt es zu viele Regeln, die diese Wettbewerbsgleichheit verzerren - diesbezüglich gebe ich Ihnen Recht -, aber diese hat nicht die gegenwärtige Landesregierung geschaffen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Damit kommen wir zum Vergabegesetz. Es gibt zwei Länder in der Europäischen Union, die noch keine Mindestlohnregelung eingeführt haben. Dabei handelt es sich um Zypern und um die Bundesrepublik Deutschland. Die soziale Marktwirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit und die Demokratie sind weder in Frankreich, Großbritannien, Schweden noch in Dänemark zusammengebrochen, weil dort ein Mindestlohn eingeführt worden ist.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU] - Beifall DIE LINKE und SPD)

Meine Damen und Herren, hier geht es doch um etwas völlig anderes. Hier geht es darum, dass wir aufgrund der Schwäche der Tarifpartner - Arbeitnehmer und Arbeitgeber - nicht mehr in der Lage sind,

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])

mit dem Instrumentarium von Tarifabschlüssen einerseits Wettbewerbsgleichheit herzustellen und andererseits einen existenzsichernden Lohn zu garantieren. Glauben Sie, es macht uns Spaß, dass wir als Politik hier eingreifen müssen und die Frage der Tarifhoheit der Tarifpartner - dies ist ein hohes Gut in der sozialen Marktwirtschaft - insofern aushebeln, als wir gesetzliche Regelungen schaffen müssen, um existenzsichernde Arbeit auch tatsächlich umsetzen zu können? - Nein, es macht keinen Spaß. Ein Weg, auf dem die Tarifpartner gestärkt werden, dass sie selbst dazu in die Lage versetzt werden, wäre uns lieber. Jedoch müssen wir mit der gegenwärtigen Situation umgehen.

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])

Meine Damen und Herren, Sie können doch nicht im Ernst glauben, dass die Politik ordnungspolitisch zuschaut, wenn in der Bundesrepublik Deutschland 1,4 Millionen Beschäftigungsverhältnisse Aufstockerverhältnisse sind. Das zerstört die Grundlagen von Demokratie, Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmertum.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Daraus resultiert teilweise in der Gesellschaft ein Bild - laut Umfragen -, wonach sich das Ansehen der Unternehmer im Keller befindet.

Meine Damen und Herren, damit zu einem zweiten Punkt, den Sie immer wieder ansprechen. Sie behaupten, wir hätten den Bereich Handwerk und Mittelstand in der Koalitionsvereinbarung zu gering bedacht. Da ich bei den Verhandlungen anwesend war und den Koalitionsvertrag relativ gut kenne, möchte ich gern wissen, worauf Sie sich dort beziehen. Nach meiner Kenntnis fällt das Handwerk immer noch unter den Bereich KMU und ist der Bereich kleine und mittelständische Unternehmen im Land Brandenburg einer der ausgeprägtesten in der Koalitionsvereinbarung.

(Beifall DIE LINKE)

Der Logik, daraus abzuleiten, dass die Landesregierung nicht diesen Schwerpunkt setzt, kann ich einfach nicht folgen.

Meine Damen und Herren, ich nahm vor kurzem an einer Beratung teil, in deren Ergebnis wir erneut Unternehmen mit ordnungspolitischen Maßnahmen helfen, die gegenwärtige Krise zu überwinden. Dort werden zum Teil auch Grenzentscheidungen gefällt, die wir treffen müssen; denn wir sprechen immer über den Einsatz von Steuergeldern.