Protocol of the Session on July 1, 2009

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der mir sehr am Herzen liegt. Kollegin Lehmann ist darauf eingegangen, dass wir das Altenpflegehilfegesetz verabschiedet haben. Das ist ein richtiger Schritt, weil wir jungen Menschen und auch Menschen, die es sich vielleicht nicht so ganz zutrauen oder nicht wissen, ob die Pflege für sie überhaupt eine Berufschance ist, helfen, einen Einstieg zu finden. Wir bilden in Brandenburg jedoch Altenpfleger in Größenordnungen aus, die leider oftmals das Land verlassen, weil die Bezahlung in den alten Bundesländern einfach eine andere ist. Wir müssen dies ganz dringend in Angriff nehmen; da schaue ich auch zu Ministerin Ziegler, die dann auf einer anderen Ebene tätig sein wird. Wir müssen es auf Bundesebene schaffen, dass anerkannt wird, dass der Pflegebedarf bei einer Pflegestufe I im Osten genau den gleichen Aufwand bedeutet wie im Westen. Damit würden wir auch die Bezahlung in den Pflegeheimen und bei den Pflegediensten angleichen können. Das ist mir und - denke ich auch Ihnen ein Herzensanliegen. Diese Aufgabe sollten wir so

schnell wie möglich in Absprache mit unseren Kollegen auf Bundesebene - denn wir haben da nur Beraterfunktion - in Angriff nehmen. - Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Frau Ministerin Ziegler setzt die Debatte für die Landesregierung fort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme weitere Hausaufgaben gern entgegen, Frau Schier; vielen Dank.

Ich hoffe, Frau Wolff-Molorciuc - ich habe es so herausgehört -, dass Sie ordentliche Antworten auf die 78 Fragen zur aktuellen Situation der Pflege im Land bekommen haben und Ihre Fragen ausführlich beantwortet worden sind. Bezüglich dessen, dass wir zu manchen Dingen keine Aussage treffen können, müsste man sich darüber einigen, ob man wirklich Befragungen durchführen sollte, die natürlich aufwendig sind, Geld kosten usw. Man kann in der nächsten Legislaturperiode gern noch einmal diskutieren, wie tiefgründig man entsprechende Analysen betreiben möchte.

Ich will auch auf ein kleines Jubiläum hinweisen: Auf den Tag genau vor einem Jahr trat das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz in Kraft. Ich kann nur sagen: Mit ihm hat sich die Pflege grundsätzlich verändert, und es wird künftig weitere Verbesserungen geben.

Wir haben mit unserer Pflegeinitiative „Später beginnt jetzt“ frühzeitig auf den demografischen Wandel reagiert und - wie ich finde - wichtige Impulse gesetzt, die in Umsetzung des Gesetzes nun auch eine zentrale Rolle spielen. Unmittelbar dazu gehört die stärkere Einbeziehung des ehrenamtlichen Engagements, gehören aber auch bessere Leistungen und Angebotsstrukturen für demenzkranke Menschen und ihre Angehörigen.

Unsere Aktivitäten haben die Pflege stärker ins öffentliche Interesse gerückt und die Diskussion darüber befeuert. Es ist ein breiter Konsens aller dafür Verantwortlichen entstanden. Ich gehe vielleicht etwas weit, aber hoffentlich nicht zu weit, wenn ich sage, dass es jetzt - stärker als zuvor - als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet und auch so behandelt wird.

Immer wichtiger wird - das wird aus der Antwort der Landesregierung deutlich - der ambulante Bereich. Die meisten pflegebedürftigen Menschen wollen im häuslichen Umfeld bleiben. Zwar reichen die ambulanten Pflegedienste zahlenmäßig grundsätzlich aus, um den Bedarf an Sachleistungen der Pflegeversicherung zu decken, aber es zeigt sich in der Praxis, dass dies allein nicht immer reicht, den betroffenen Menschen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu Hause zu ermöglichen. Um die benötigte Hilfe besser verfügbar zu machen, ist daher auch der Ausbau von Beratung und vernetzten Hilfestrukturen unerlässlich. Wir haben gute Ansätze in unserem Land, sie sind aber weiter auszubauen. Das betrifft insbesondere teilstationäre und niedrigschwellige Angebote, die Einbeziehung Ehrenamtlicher und die Stärkung der Selbsthilfestrukturen.

Darum, die vorhandenen Strukturen zu vernetzen und bekannter zu machen, sollen sich auch die Pflegestützpunkte kümmern, deren Aufbau ja auch von meinem Haus begleitet wird und kontinuierlich voranschreitet. Hierzu gehören auch vielfältige Wohnformen - wir haben beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt darüber gesprochen -, denen wir mit dem neuen Heimrecht mehr Sicherheit, aber auch mehr Qualität geben wollen. Es schafft den ordnungsrechtlichen Rahmen dafür, dass es in Brandenburg künftig mehr kleinteilige und familäre Wohnformen für pflegebedürftige Menschen gibt. Wir haben die gemeinsame Aufgabe, daran zu arbeiten, dass diese Formen des ambulanten betreuten Wohnens tatsächlich eine Chance erhalten, sich im Land zu etablieren und weiterzuentwickeln.

Gerade die teilstationäre Pflege, insbesondere die Tagespflege, muss aus ihrem Nischendasein, in dem sie sich noch befindet, heraus, denn sie bietet eine verlässliche Pflege und Betreuung. Sie verhindert vor allen Dingen die Vereinsamung der betroffenen Menschen, entlastet aber auch die pflegenden Angehörigen und gibt ihnen berufliche und auch familiäre Freiräume. Dem trägt das Pflegeweiterentwicklungsgesetz Rechnung, indem es die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, ambulante und teilstationäre Leistungen gleichzeitig in Anspruch nehmen zu können.

Die über die Pflegeversicherung bereitgestellten Mittel bzw. Leistungen hierfür werden bis 2012 schrittweise angehoben ein Anreiz auch für Einrichtungen und Träger, die teilstationäre Pflege auszubauen, und ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der häuslichen Pflege.

Wir unternehmen vieles, um in den stationären Pflegeeinrichtungen die Qualität zu verbessern und Pflege und Betreuung menschenwürdiger zu gestalten. Die Heimaufsicht prüft in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen jede Einrichtung einmal jährlich, ob sie die ordnungsrechtlichen Anforderungen und Qualitätskriterien erfüllt. Die Ergebnisse dieser Prüfungstätigkeit bescheinigen eine zunehmende Professionalität der Heimträger und der Beschäftigten im Umgang mit diesen komplexen Herausforderungen. Eklatante Mängel in der Heimausstattung oder der Pflege und Betreuung blieben - in jüngerer Zeit jedenfalls - die Ausnahme. Wir nehmen jeden Hinweis auf Missstände sehr ernst und streben an, die Prüfmethoden von Heimaufsicht und MDK besser aufeinander abzustimmen. Wir haben immer wieder zu hören bekommen, dass es dort Nachholbedarf gibt. Und wir wollen gemeinsam sicherstellen, dass Inhalt und Qualität der Pflegeleistung künftig besser bekannt gemacht werden.

Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt der wachsenden Zahl an Demenz erkrankter Pflegebedürftiger. Es ist notwendig, sie umfassender über die mit dem Gesetz verbesserten Ansprüche im niedrigschwelligen Bereich und konkrete Unterstützungsangebote in den Regionen zu informieren. Doch die Information ist immer nur eine Seite der Medaille. Pflegende Angehörige brauchen auch Ermutigung, diese Hilfen in Anspruch zu nehmen. Ein Beitrag dazu leistet die aktualisierte Broschüre „Die Tür nach draußen öffnen“, die wir gemeinsam mit der Alzheimer Gesellschaft Brandenburg herausgeben. Umgesetzt wird derzeit auch der Einsatz von Pflegeassistenten, die die Betreuung Demenzkranker in Pflegeheimen verbessern helfen sollen.

Die meisten Pflegeeinrichtungen haben mit den Pflegekassen bereits Verträge über Vergütungszuschläge geschlossen und zusätzliches Personal eingestellt.

Was die Aus- und Weiterbildung im Pflegebereich betrifft, sehen wir derzeit keinen zusätzlichen Ausbildungsplatzbedarf in der Altenpflege. Allerdings sehen wir, dass sich angesichts einer geringeren Zahl von Schulabgängerinnen und Schulabgängern zukünftig wahrscheinlich nicht ausreichend geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden werden. Das Altenpflegehilfegesetz, das wir gemeinsam verabschiedet haben, soll dies abfedern, indem es die Zugangsvoraussetzungen niedriger als bei der Altenpflegeausbildung setzt und im Rahmen einer Bestenauslese eine verkürzte Ausbildung ermöglicht. Aber um einer sich abwärts bewegenden Preisspirale in der Pflegebranche entgegenzuwirken, Fachkräfte zu gewinnen und im Beruf zu halten, ist es aus meiner Sicht - das wurde hier auch mehrfach bestätigt - notwendig, auf Basis von Mindestlöhnen eine angemessene Bezahlung zu sichern.

In Beantwortung der Fragen bezüglich der Pflegeinitiative Brandenburg hatten wir darauf verwiesen, dass es gelungen ist, die Leistungen und die Entwicklung der Pflege in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, den Blick auf die Notwendigkeit vielfältigen bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege zu richten und damit der Pflege - jenseits von Pflegeskandalen; das ist ganz wichtig gewesen - mehr Öffentlichkeit zu verschaffen.

Ich danke allen, die an der Pflegeinitiative im Land mitgewirkt haben, Ihnen als Abgeordnete, aber auch der Alzheimer Gesellschaft, den Landkreisen, den kreisfreien Städten, den Pflegeeinrichtungen, den Trägern, die sich für das eine Ziel wirklich gemeinsam engagieren: dass Pflege in unserem Land in hoher Qualität stattfinden kann.

Ich glaube, wir haben damit wenigstens einen Grundstein dafür gelegt, dass wir der demografischen Entwicklung, der niemand entrinnen kann, wirklich fundierte Maßnahmen entgegensetzen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei der Fraktion DIE LINKE und der CDU)

Das Wort erhält noch einmal die Abgeordnete Wolff-Molorciuc. Sie meldet ihren Bedarf ab.

Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt. Sie haben die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 49 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Kultur im Land Brandenburg

Große Anfrage 46 der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7164

Antwort der Landesregierung

Drucksache 4/7665

in Verbindung damit:

Kulturentwicklungskonzeption der Landesregierung Brandenburg 2009

Bericht der Landesregierung

und

Projekte und Initiativen der kulturellen Bildung

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/7599

Wir beginnen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Dr. Hoffmann spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob die Debatte über die nächste Große Anfrage auch so harmonisch verlaufen wird. Ich bin wirklich Anhänger von Aristoteles und habe noch einmal gesucht, ob da mit dem Harmoniegedanken noch etwas zu machen ist; das wird wohl nicht ganz klappen.

Kulturpolitik ist auf jeden Fall ein Schwerpunkt der Arbeit meiner Fraktion. Deshalb haben wir diese Große Anfrage gestellt, in der Hoffnung, dass wir damit einen breiten demokratischen Dialog zu diesem wichtigen Feld der Politik im Land Brandenburg anzetteln können und dass entsprechende Beiträge von allen demokratischen Fraktionen zu erwarten sind natürlich unter Einschluss der Betroffenen, der Aktiven. Davon gibt es viele in diesem Land.

Die Fraktion DIE LINKE hält am Anspruch einer Kultur für alle fest. Kultureller Selbstausdruck und Teilhabe an Kultur sollen nicht Vorrecht, sondern Möglichkeit für alle sein. Es geht um gleiche Entwicklungsmöglichkeiten für alle durch gleiche Teilhabe aller an Bildung und Kultur. Diese Möglichkeiten entscheiden nicht nur über die individuelle, sondern auch über die gesellschaftliche Zukunft und stehen deshalb im Zentrum unserer Forderungen und Bestrebungen. Die Voraussetzungen für die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern ist dabei besonderes Anliegen.

Sie wissen es: Wir waren immer dafür - und stehen damit in Übereinstimmung mit vielen demokratischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland -, dass Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen wird, weil wir von der appellierenden Wirkung Signale erwarten, um das leidige Thema „Kultur als freiwillige Aufgabe“ endlich beenden und zu verbindlichen Regelungen kommen zu können.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Zu den drei Kulturdrucksachen im Einzelnen:

Ich beginne mit der Kulturentwicklungskonzeption. Die Landes

regierung kündigte vor langer Zeit an, im Abstand von zwei Jahren zu berichten, wie es mit der Kulturentwicklungskonzeption vorangeht - oder eben nicht vorangeht. Das Fortschreiben der Kulturentwicklungskonzeption war zunächst für den Juni 2007 geplant. Da kam nichts. Deshalb gab es den Antrag meiner Fraktion, doch bis Dezember 2008 die Kulturentwicklungskonzeption zu evaluieren und einen Bericht vorzulegen. Dieser Antrag wurde abgelehnt mit dem Hinweis der Ministerin, dass das neue Konzept bereits im Sommer 2008 vorliegen werde und der Antrag überflüssig sei. Der Bericht lag nicht einmal im Dezember 2008 vor. Im Januar 2009 haben wir die Große Anfrage zur Kultur eingereicht. Termin zur Abgabe der Antwort war eigentlich der 20. April 2009. Wir dachten: Das ist ein wichtiges Thema, und es ist wirklich nicht ganz einfach, über 180 Fragen zu beantworten. Daher wurde eine Verlängerung bis zum 25. Mai 2009 vereinbart. Es kam nichts. Die Antwort auf die Große Anfrage erhielten die Abgeordneten am 16. Juni.

(Dr. Klocksin [SPD]: Na also! Klappt doch! - Heiterkeit der Ministerin Prof. Dr. Wanka)

In den Antworten auf die Große Anfrage wird auf den Bericht zur Kulturentwicklungskonzeption nicht nur Bezug genommen, sondern die Fragen werden eigentlich unlesbar beantwortet. Als Beispiel verweise ich auf Frage 93, wo nach der Förderung von Nachwuchsautoren gefragt wird. Die Antwort lautet:

„Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die KEK 2009, Kapitel 3.2.3 verwiesen.“

Das ist alles. Dort findet man an zwei Stellen durchaus etwas zum Thema. Aber als Antwort auf eine Frage, gestellt in einem parlamentarischen Verfahren, zu sagen: Suchen Sie sich die Antwort dort oder dort doch bitte selbst heraus!, ist eine Geringschätzung der Sache selbst und offensichtlich auch Ausdruck Ihrer Einstellung zur Legislative.

Frage 80 lautet:

„Wie bewertet die Landesregierung die ehrenamtliche Arbeit der Museumsfördervereine?“