Stimmen Sie mit mir darin überein, dass solche Übergangsregelungen nur damit zu begründen sind, dass - jedenfalls vorübergehend - ungleiche Bedingungen für die aufgenommenen Gemeinden und das alte Stadtgebiet bestehen und dies keine Belohnung für Wohlverhalten im Rahmen der Gemeindegebietsreform sein kann?
Die Gemeinden kannten die beiden Möglichkeiten: Entweder schließen sie auf freiwilliger Basis einen Vertrag oder sie gehen das Risiko ein, durch den Gesetzgeber auf der Basis des geltenden Rechts der Stadt Potsdam angeschlossen zu werden. Das ist hier der Fall gewesen. Von daher sehe ich keine Ungleichbehandlung. Vielmehr sehe ich eine falsche juristische Beratung. Viele sind diesem falschen juristischen Ratschlag gefolgt; das Ergebnis kennen Sie. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird nach der im Gesetz festgelegten Übergangsphase umgesetzt.
Ich meine, Sie haben Herrn Dr. Scharfenberg nicht richtig verstanden; daher möchte ich - erstens - seine Frage präzisieren. Wenn innerhalb eines Stadtgebietes unterschiedliche Bedingungen vorherrschen, die sich beispielsweise an der Höhe der Hundesteuer, der Höhe der Gebühren für den Friedhof und an den Grundsteuern festmachen, weil es innerhalb einer Stadt ländlich und städtisch geprägte Gebiete gibt, frage ich Sie: Sehen Sie die Möglichkeit, dass die Stadt Potsdam im Rahmen
ihres einheitlichen Stadtgebietes bei den Hebesätzen und bei Steuern lokale, regionale Besonderheiten berücksichtigt und dann keine einheitlichen Sätze anwendet?
Zweitens: Würden Sie bitte Herrn Dr. Niekisch die Regelung in dem Gebietsreformgesetz für die Stadt Potsdam in Erinnerung rufen, nach der, wenn keine freiwilligen Vereinbarungen getroffen werden, mit der Eingliederung das Ortsrecht der aufnehmenden Stadt Potsdam zu gelten hat und Ausnahmen dann nicht mehr möglich sind, wie es auch von Herrn Dr. Niekisch und dem überwiegenden Teil seiner CDU-Fraktion beschlossen worden ist?
Ich bin sehr dankbar, dass Sie versuchen, meine historische Weiterbildung voranzutreiben. Die Geschichte reicht jedoch viel weiter zurück; von daher würde ich gern über die Dinge sprechen, die Sie gern vergessen.
Ich bin froh, dass wir eine Mehrheit gehabt haben, und weiß, was wir beschlossen haben. Sie waren „der Geist, der stets verneint“ und dabei bleiben Sie auch; das ist auch in Ordnung.
Die Frage, die Sie gestellt haben, um die Frage von Herrn Dr. Scharfenberg zu präzisieren, habe ich in der Antwort auf Herrn Dr. Niekischs Frage beantwortet. Hätten Sie zugehört, hätten Sie begriffen, was ich gesagt habe.
Danke, Herr Innenminister. - Wir kommen zur Frage 146 (Bil- dung einer gemeinsamen Region Cottbus/Spree-Neiße), die Frau Dr. Münch stellen wird.
Die kreisfreie Stadt Cottbus und der Landkreis Spree-Neiße befinden sich zurzeit in einer Diskussion um eine gemeinsame Gebietskörperschaft, bestehend aus der kreisfreien Stadt und dem Landkreis. Hierzu haben die Stadtverordnetenversammlung und der Kreistag im September 2004 einen gemeinsamen Rahmenplan beschlossen. Dieser beinhaltet die Darstellung und Beschreibung eines möglichen Verfahrensweges zur Bildung einer gemeinsamen Region Cottbus/Spree-Neiße.
Ich frage die Landesregierung: Werden das Vorhaben und die bisher angewandte Vorgehensweise der Stadt Cottbus und des Landkreises Spree-Neiße von der Landesregierung unterstützt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Münch, ich finde es gut, wenn die kreisfreien Städte und die Landkreise versuchen, enger zusammenzuarbeiten. Damit hat man in Cottbus und Spree-Neiße intensiv begonnen. Bezüglich der Art der dort aufgenommenen Zusammenarbeit müssen aber noch viele
Fragen wie etwa die, ob nach der Bildung einer gemeinsamen Gebietskörperschaft der Landkreis Spree-Neiße fortbesteht oder die Frage, was - rechtlich gesehen - eine gemeinsame Gebietskörperschaft ist - sowohl die Stadt Cottbus als auch der Landkreis Spree-Neiße ist eine Gebietskörperschaft -, sind derzeit noch völlig offen. Es muss geklärt werden, welche Aufgaben auf welcher rechtlichen Grundlage von der neuen Gebietskörperschaft tatsächlich wahrgenommen werden sollen. Es muss auch geklärt werden, welche Organe in wessen Zuständigkeitsbereich auf welcher Basis die Finanzierung für die Gebietskörperschaft vornehmen. Schließlich sind neben dem Landkreis und der kreisfreien Stadt Cottbus auch die kreisangehörigen Ämter und amtsfreien Gemeinden in den Diskussionsprozess über eine bestmögliche und effiziente Verwaltungsstruktur einzubeziehen.
Ich halte die Diskussion für gut und unterstütze sie auch, aber ihre möglichen Ergebnisse kann man zurzeit überhaupt noch nicht bewerten.
Es geht vor allen Dingen darum, dass die Landesregierung der Stadt und dem Kreis ein Signal setzt, ob der eingeschlagene Weg richtig ist. In ihn sind bereits sehr viel Zeit und Geld investiert worden; auch ein Beratungsunternehmen ist involviert. Insofern möchten die Beteiligten einfach ein Signal haben, ob Sie diesen Weg positiv begleiten werden oder ob es bei der Landesregierung andere Pläne in Bezug auf die Neuordnung des Landes gibt, wie kürzlich der Presse zu entnehmen war.
Die Beteiligten haben einen Brief an den Ministerpräsidenten geschrieben. Er hat mich gebeten, einen Beitrag zur Antwort zu erarbeiten. Dies ist gerade geschehen. Die Anfrage des Landkreises und der Stadt werden in dem Sinne beantwortet werden, wie ich das eben gesagt habe.
Aber alles, was besser ist, ist des Guten Feind. Zu den Überlegungen, die Sie eben angesprochen haben und die ich ebenfalls der Presse entnommen habe, kann ich nur sagen: Wir müssen erst einmal die jetzt vorgenommenen Neuordnungen nutzen, um wirklich zu einer effizienten, bestmöglichen Verwaltung zu kommen. Wir müssen E-Government und E-Administration einführen. Wir wollen Normen und Standards senken. All dies müssen wir auf der Basis der jetzt getroffenen Entscheidungen tun.
Würden jetzt weitere Entscheidungen getroffen werden, bestünde die Gefahr, dass das einträfe, was Napoleon „ordre, confreordre, desordre“ nannte. Jetzt haben wir eine Entscheidung getroffen, die wir umsetzen wollen; daraus wollen wir das Beste machen. Wenn wir oder unsere Nachfolger irgendwann feststellen, dass etwas Weiteres gemacht werden muss, dann ist das in Ordnung. Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich jedoch weder eine Möglichkeit noch die Notwendigkeit, seitens des Gesetzgebers Maßnahmen über den freiwilligen Weg hinaus vorzusehen.
Als interessierter Zeitungsleser fielen mir in den letzten Tagen Berichte auf, die Landesregierung beabsichtige eine Kreisgebietsreform. Herr Minister, darauf bezieht sich meine konkrete Nachfrage: Beabsichtigt Ihr Haus nach der Gemeindegebietsreform in dieser Legislaturperiode eine neue Kreisgebietsreform?
Hierzu gibt es keine Überlegungen der Landesregierung. In der Presse ist ein Papier zitiert worden, das ich nicht kenne.
Ich kann nur sagen: Wir alle wollen doch eine Staatskanzlei haben, in der vorausgedacht und konzeptionell gearbeitet wird.
Wenn ein solches Papier durchgestochen wird, um irgendetwas zu bewegen, dann macht man dies doch, um irgendetwas zu erreichen, was man nicht haben will.
Jetzt müsste die Frage nach dem Konzept zur Weiterführung der Funktionalreform folgen. Diese Frage möchte ich aber nicht formulieren. Vielmehr frage ich erstens: Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Landesregierung die interkommunale Zusammenarbeit soweit sich Kommunen dazu bereit erklären?
Zweitens: Welche Rolle spielen die Diskussionen um interkommunale Zusammenarbeit oder die Bildung von gemeinsamen Gebietskörperschaften bei der Überarbeitung der zentralörtlichen Gliederung innerhalb der Landesplanung?
„Interkommunale Zusammenarbeit“ heißt „Kooperation zwischen den Kommunen“. Sie muss von den Kommunen ausgehen und von ihnen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gestaltet werden. Es gibt eine Menge gesetzlicher Möglichkeiten zur Intensivierung der Zusammenarbeit.
Sie haben als Gesetzgeber im Rahmen des Feuerwehr- und Katastrophenschutzgesetzes festgelegt, im Lande Brandenburg die Anzahl der Leitstellen zu reduzieren. Es ist nicht so, dass wir das verkünden und festlegen, wie es gemacht werden soll; vielmehr fordern wir die Landkreise und kreisfreien Städte auf, Vorschläge zu erarbeiten, wie dies aus ihrer Sicht am besten realisiert werden kann. Wenn ein solcher Vorschlag beispielsweise lautet, dass Cottbus, der Landkreis Spree-Neiße und andere Landkreise oder der Landkreis Brandenburg an der Havel und Potsdam-Mittelmark oder andere beim Rettungswesen zusammenarbeiten, dann ist das der Weg, den wir einschlagen wollen.
Die Initiative zur interkommunalen Zusammenarbeit muss von den Kommunen ausgehen. Wenn es Hinweise gibt, dass diese sinnvolle Zusammenarbeit durch Gesetze oder Verordnungen behindert wird, dann müssen wir uns damit befassen und diese Rechtsgrundlagen reduzieren, damit die Zusammenarbeit möglich wird.
Abschließend eine persönliche Bemerkung: Ich wohne in Kleinmachnow. Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow beginnen jetzt ernsthaft, enger zusammenzuarbeiten. Anders haben sie auch gar keine Chance.
- Es wird wirklich bald Zeit. - Jetzt ist die Not so groß, dass sie feststellen: Wir arbeiten lieber zusammen, als einzeln unterzugehen. Diese Zusammenarbeit muss erfolgen. Es geht etwa um die Frage, ob eine Gemeinde ein Freibad aus eigener Kraft erhalten kann oder ob sie es zu dritt machen, oder darum, ob und gegebenenfalls wie die anderen sich an der Feuerwehr Teltows, die zum Teil aus hauptamtlichen Berufskräften besteht, beteiligen. Das sind Fragen, die im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit geregelt werden müssen. Dort beginnt es; das unterstützen wir.
Danke, Herr Minister. - In der Hoffnung, einigermaßen im Rahmen der vorgegebenen 60 Minuten zu bleiben, rufe ich die Frage 147 (Tolerantes Brandenburg) des Abgeordneten Dr. Scharfenberg noch auf und erteile ihm das Wort.
Die Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ ist kürzlich personell neu besetzt worden. Zugleich ist durch einen Organisationserlass festgelegt worden, dass die Koordinierungsstelle jetzt bei der Landeszentrale für politische Bildung angegliedert ist. Das kann viel, aber auch gar nichts bedeuten.
Deshalb frage ich die Landesregierung: Welche inhaltlichen Zielstellungen für die weitere Entwicklung von „Tolerantes Brandenburg“ verbinden sich mit den personellen und organisatorischen Entscheidungen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass ich noch das Wort erhalten habe; so kann ich mich hier noch für die Glückwünsche bedanken. - Vielen Dank.
Zu Ihrer Frage, Herr Dr. Scharfenberg: Im Land Brandenburg das wissen wir alle - beeinträchtigen nach wie vor unterschiedliche Erscheinungsformen von Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Rechtsextremismus unser friedliches Zusammenleben. Fast an jedem Tag können wir den Medien Entsprechendes entnehmen. Wir sind uns deshalb in der Landesregierung einig, dass der Bekämpfung des Rechtsextremismus weiterhin oberste Priorität zuzuordnen ist.