Es kann nicht sein, dass etwa jede sechste Leiharbeitskraft ihren Lohn mithilfe des Staates aufstocken muss, um überhaupt über die Runden zu kommen. Unsere DVU-Fraktion steht für eine wirklich existenzsichernde Entlohnung aller Beschäftigten einschließlich der Leiharbeitnehmer. Dazu sind Mindestlöhne unerlässlich. Dazu muss sich auch die Linke bereit erklären.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EU hat sechs Jahre lang über Änderungen im Arbeitsrecht diskutiert. Diese Zeitspanne verdeutlicht, wie schwierig sich die Abstimmungen gestaltet haben. Am 22. Oktober 2008 hat das Europäische Parlament den bereits im Juni 2008 festgelegten Gemeinsamen Standpunkt des Rates ohne Änderungen verabschiedet.
Die Richtlinie über Leiharbeit soll künftig dazu beitragen, die Position des Leiharbeitnehmers im Arbeitsrecht zu verbessern. Darüber hinaus sollen durch Leiharbeit neue Arbeitsplätze geschaffen und flexible Arbeitsformen entwickelt werden.
Neu ist der Zugang der Arbeitskräfte zu den Sozialeinrichtungen des Arbeitgebers. Damit ist beispielsweise der Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen oder speziellen Beförderungsmöglichkeiten ebenso wie für das Stammpersonal gegeben.
Für die Umsetzung der Richtlinie ist eine Spanne von drei Jahren vorgesehen. Erst ab 2012 müssen Unterschiede zwischen Mitarbeitern mit festen Verträgen und solchen, die über eine Leiharbeitsfirma beschäftigt werden, beseitigt sein.
Bereits jetzt gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Bangen und Hoffen halten sich die Waage. Es kommt auf den jeweiligen Betrachter an. Eine Lockerung der Regelung ist möglich, wenn sich die Tarifparteien darauf einigen. Großbritannien will mit Zustimmung der Gewerkschaften eine Gleichbehandlung erst nach zwölf Wochen Beschäftigung gelten lassen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist es Angelegenheit der Tarifpartner, die speziellen Beschäftigungskonditionen auszuhandeln. Ich halte es für außerordentlich richtig, dass sich die Politik da auch zukünftig zurücknimmt. Arbeitgeber und Gewerkschaften wissen am besten, was vertretbar und verantwortbar ist.
Vor dem Hintergrund der Diskussionen, die noch zu führen sind, und der Tatsache, dass es Angelegenheit der Tarifpartner ist, Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz zuzulassen, sofern Arbeitgeber und Gewerkschaften diesen zustimmen, lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach langer Zeit - der erste Entwurf der Richtlinie stammt aus dem Jahre 2002 - ist es endlich gelungen, europaweite Mindeststandards für den Bereich der Leiharbeit verbindlich festzulegen. Damit wurde auch der in der Bundesrepublik seit 2004 geltende Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verankert und zum Maßstab für alle in diesem Sektor Beschäftigten in ganz Europa. Die Europäische Leiharbeitsrichtlinie ist ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir damit noch nicht am Ziel aller Wünsche angelangt sind.
Was den Inhalt anbelangt, kann ich mich den Ausführungen von Frau Dr. Schröder und Frau Schier anschließen. Ich will meine Ausführungen hier abkürzen.
Die europäische Richtlinie ist ein Ergebnis des Engagements in diesen Jahren, und weil vorher der Hinweis von der Fraktion DIE LINKE kam, darf ich auch darauf hinweisen: Die SPD hat in dieser Zeit maßgeblich darauf hingewirkt, dass es zu einer solchen Richtlinie gekommen ist. Auch wenn wir noch nicht am Ziel aller Wünsche angelangt sind, so denke ich doch, dass wir hier einen wichtigen Meilenstein erreicht haben.
Im Übrigen müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Richtlinie erst im Dezember vom Rat offiziell angenommen werden und innerhalb von drei Jahren in Kraft treten soll, und zwar durch Umsetzung in nationales Recht in den Mitgliedsstaaten. Das heißt, Sie sind mit Ihrem Antrag eigentlich der Zeit etwas voraus. Erst sollte man einmal die Richtlinie in Kraft setzen, dann sollte man der Bundesrepublik und den anderen Mitgliedsstaaten die Gelegenheit lassen, die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen vorzunehmen.
Im Übrigen kann ich mich dem anschließen, was vorher gesagt worden ist. Ich denke, dass in der Bundesrepublik der Anpassungsbedarf sehr gering sein wird. - Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kollegin Dr. Schröder, Sie haben die zunehmende Flexibilität am Arbeitsmarkt im Zeitalter der Globalisierung mit der SPD vorangetrieben. Sie haben aber - und das wissen Sie - nicht dafür gesorgt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zeitarbeitsbranche wenigstens halbwegs geschützt wurden.
Ich möchte etwas zu dem Thema Tarifautonomie sagen. Sie haben im Jahre 2003 das Einfalltor geöffnet, wodurch die Tarifflucht stattfand; denn mit der Tariföffnungsklausel ist genau das passiert, was Sie soeben wortreich beklagt haben, unter anderem am Beispiel der christlichen Gewerkschaften, die neben den anderen Komponenten, die damit in Verbindung gebracht wurden, Tarife von 5,70 Euro für die Zeitarbeitnehmer in Ostdeutschland ausgehandelt haben.
In dem Zusammenhang bitte ich, hier ein Beispiel vortragen zu dürfen, um den gegenwärtigen Missbrauch von Zeitarbeit deutlich zu machen. Die BA-Statistik weist jetzt 800 000 Menschen - nicht 700 000 - in Leih- und Zeitarbeit aus. Davon sind sage und schreibe 91 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gleichzeitig Leistungsbezieher der Grundsicherung, also Aufstocker. Das sind 12,6 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in diesem Bereich. Der Durchschnitt in den anderen Wirtschaftsbereichen beträgt lediglich 2,8 %. Deshalb ist es nötig, Herr Staatssekretär, dass wir hier zeitnah handeln und nicht den Leidensdruck noch weiter verlängern. Deshalb haben wir gesagt: zeitnah - das ist von unserer Seite ein Entgegenkommen, wir hätten ja auch fordern können, Sie sollen sofort handeln, das erwarten wir von Ihnen schon gar nicht mehr - im Bundesrat diesbezüglich eine Offensive zu beginnen.
Frau Dr. Schröder, Sie haben vor einem Jahr, als wir uns hier schon einmal über die Leiharbeitsproblematik ausgetauscht haben, ausgeführt:
„Auch hat meine Partei auf Bundesebene längst angekündigt, dass Missbräuche von Zeitarbeit durch Unterlaufen von Tarifverträgen, Betreiben von Lohndumping notfalls per Gesetz eingeschränkt werden sollen.“
Nun, Sie müssen es einfach machen, indem Sie dieses Einfallstor schließen und eine Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes anstreben. Von Jahr zu Jahr lehnen Sie unsere Anträge mit der Begründung ab, Sie würden die Entwicklung der Zeitarbeit zunächst beobachten und dann vielleicht bundespolitisch noch aktiv werden. Ich glaube, es ist an der Zeit, sofort zu handeln.
Wir bieten Ihnen an, zeitnah im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier in Brandenburg zu handeln. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt beendet, und ich lasse über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/6902 - EU-Richtlinie über Leiharbeit zeitnah umsetzen - abstimmen. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Des Weiteren liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 4/6939 vor.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle, so meinen wir, brauchen mehr Sicherheit auf Brandenburgs Straßen. Allein im Jahre 2007 kam alle 33 Stunden ein Mensch im Straßenverkehr zu Tode. Es waren insgesamt 264 Getötete. Meine Damen und Herren, ich weiß, es ist schwer vorstellbar, aber ich erlaube mir in diesem Zusammenhang einmal den Vergleich: Das sind genau dreimal so viel getötete Menschen im Straßenverkehr, wie wir Abgeordnete hier im Parlament sind.
Brandenburg hat damit nach wie vor die traurige Spitzenreiterrolle im Ländervergleich in der Bundesrepublik inne. Mehr als 12 000 Menschen wurden bei Unfällen - auch im Vergleichsjahr 2007 genannt - verletzt und das zum Teil schwer. Das entspricht - auch hier ein Vergleich - der gesamten Einwohnerschaft zum Beispiel der Stadt Jüterbog oder der Stadt Perleberg.
Verkehrsunfälle bedeuten viel persönliches Leid, aber auch millionenschwere volkswirtschaftliche Schäden - und das zulasten der Steuerzahler. Auf 30,9 Milliarden Euro - das ist dreimal so viel wie der Brandenburger Landeshaushalt überhaupt fasst - beliefen sich die Kosten im Jahr 2006 in der gesamten Republik, jeweils hälftig für Personen- und für Sachschäden. 30 Milliarden Euro sind eine Menge Geld, die verdeutlichen soll, was man einsparen kann.
Sie wissen, ich neige nicht zu Dramatisierungen, aber ich habe eingangs die Zahlen deshalb gewählt, um deutlich zu machen, dass das Missachten von Verkehrsgesetzen nicht länger als Kavaliersdelikt betrachtet werden darf. Das ist übrigens eine Erscheinung, meine Damen und Herren, unabhängig von Parteizugehörigkeit, in allen Bevölkerungsschichten, die das Nachdenken befördern muss, dass Verkehrssicherheit einen hohen gesellschaftlichen Wert darstellen muss.
Die Landesregierung hat sich mit ihrem Integrierten Verkehrssicherheitsprogramm 2004 das Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Toten und Verletzten auf Brandenburgs Straßen bis zum Jahr 2010 jährlich um 5 % zu senken. Dieses Ziel wurde bisher nicht erreicht. Dennoch will ich hervorheben,
dass insgesamt ein sehr positiver Trend im Unfallgeschehen in Brandenburg zu verzeichnen ist, insbesondere wenn man den Vergleich zum Beginn der 90er Jahre herstellt.
Wir erwarten von der Landesregierung - deshalb haben wir den Antrag gestellt -, dass sie die Verkehrssicherheitsarbeit als eine ressortübergreifende und gesamtgesellschaftliche Aufgabe weiter stärkt. Grundlage dafür soll eine Evaluierung des Programms von 2004 sein. Wir erwarten den Bericht der Landesregierung im März des kommenden Jahres. Im Bericht sollen die Ursachen für das Verfehlen der Zielstellung durch die Landesregierung aufgezeigt werden. Unseres Erachtens - das haben wir in der damaligen Auseinandersetzung mit dem Verkehrssicherheitsprogramm deutlich gemacht - mangelt es bei der Umsetzung vor allen Dingen an einer ressortübergreifenden verantwortungsvollen Arbeit mit konkreten Verantwortlichkeiten und an der nötigen finanziellen Untersetzung.
Das Aktivieren der interministeriellen Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene ist die richtige Schlussfolgerung und kann die Arbeit weiter intensivieren. Auch die Neuausrichtung der Arbeit der Landesunfallkommission mit neuen strategischen Ansätzen ist der richtige Weg. Wir erwarten von dem Bericht das Aufzeigen konkreter Handlungsbedürfnisse und Zuständigkeiten innerhalb der Landesregierung. Ich will eindeutig darauf hinweisen, dass es eben nicht nur Sache des Verkehrsressorts ist, sich mit dem Thema Verkehrssicherheit zu befassen, sondern auch der Ressorts Bildung, Soziales und Inneres, insbesondere der Polizei.
Ich will ein Beispiel nennen: Die Radfahrausbildung in Klasse 4 muss in Verantwortung der Schulen erfolgen; das ist so geregelt und soll auch so sein. Ich will jedoch darauf hinweisen, dass die vielerorts gute Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen der Polizei infrage gestellt wird, da sich die Polizei künftig nur noch auf die Abnahme der Radfahrprüfung in den Schulen in Klasse 4 beschränken soll. So sieht es die Regelung vor. Ich will darauf aufmerksam machen, dass daraus keine Ausbildungslücken für die Schulkinder entstehen dürfen, wie es sich beispielsweise in Elbe-Elster abgezeichnet hat. Wir sagen nach wie vor, das Beste wäre es, eine Radfahrverordnung zu verabschieden, worin alles sinnvoll geregelt ist.