Erstens: Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen werkseitig auf „000“ eingestellten Tresor geliefert und sind aufgefordert, diesen selbst zu codieren, tun es aber nicht. Wen wundert es dann, dass jeder den Tresor öffnen und alle Wertgegenstände herausnehmen kann, wenn Sie als der Verantwortliche nicht für die Codierung sorgen? - Genau das war das Problem bei den Kommunen; sie sind dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Zweitens: Sie haben die leichte Überziehung des Termins um zwei oder drei Tage kritisiert - hinsichtlich des Berichts wegen der Zusammenführung der Datenschutzbefugnisse aus dem öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich, der uns von der Landesregierung vorgelegt wurde. Es wurde jedoch auch im Innenausschuss sehr deutlich gesagt, dass man den Termin 26. Juni abgewartet hat. Die Bundesregierung hatte für ihre Stellungnahme um Terminverlängerung bis zu jenem Zeitpunkt gebeten. Das Innenministerium hat sehr deutlich auf seinen Wunsch hingewiesen, diese Stellungnahme in den Bericht einzuarbeiten. Nur deswegen ist es zu der Überziehung von zwei oder drei Tagen gekommen. Ich glaube, das gehört der Vollständigkeit halber dazu. Wir sollten mit dem Bericht auf dem neuesten Stand sein.
Drittens: Kollege Scharfenberg, Sie implizieren hier, dass mit diesem Bericht eine Wertung vorgenommen worden sei. Genau das ist jedoch nicht geschehen. Wenn Sie diesen Bericht genau
lesen, werden Sie feststellen, dass dort alles offen formuliert ist und dass gesagt wird: Es ist sowohl das eine als auch das andere möglich. - Bei intensivem Studium des Berichtes sind bei mir mehr Fragen aufgetaucht, als ich vorher hatte. Genau deswegen müssen wir uns, denke ich, die Sache noch einmal intensiv anschauen. Da das Urteil in dem Vertragsverletzungsverfahren nun doch relativ zeitnah ergehen wird, sollten wir dies abwarten.
Viertens: Wir haben für September eine Anhörung von Vertretern verschiedener Bundesländer vereinbart, in denen das eine oder das andere Verfahren Anwendung findet. Auch diese Anhörung sollten wir abwarten, um alle Argumente auf dem Tisch zu haben. Anschließend sollten wir eine Abwägung treffen und dann zu Entscheidungen kommen. Dies wollte ich nur noch einmal zur Klarstellung darlegen. - Danke schön.
Herzlichen Dank. - Herr Dr. Scharfenberg, wollen Sie darauf reagieren? - Das ist nicht der Fall. Dann beenden wir die Aussprache zum Meldegesetz.
Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs, der Ihnen in der Drucksache 4/6360 vorliegt, an den Ausschuss für Inneres. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthält sich jemand? - Das ist nicht der Fall. Demzufolge ist die Überweisung einstimmig erfolgt.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Schönbohm, Sie erhalten das Wort.
Während der Minister an das Rednerpult tritt, begrüße ich sehr herzlich die Mitglieder des Bundes der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen aus Wandlitz. Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass für die Einbringung dieses Gesetzentwurfs durch die Landesregierung sind die Urteile des OVG Berlin-Brandenburg vom 12.12.2007. Dabei geht es um die Anschlussproblematik, die wir hier auch schon einmal erörtert haben. Nach diesem Gesetz müssen aufgrund des bestehenden Dauervorteils auch Eigentümer von bereits vor der Wende angeschlossenen Grundstücken
Die Landesregierung entspricht mit diesem Gesetzentwurf der Entschließung des Landtages vom 29.05.2008. Danach werden von der Landesregierung mehrere Schritte erwartet, um eine Lösung in der Anschlussproblematik vorzubereiten. Die geforderte umfassende Datenerhebung bei den Aufgabenträgern ist unter Federführung des MLUV eingeleitet worden. Innen- und Umweltministerium haben die leitenden Mitarbeiter der unteren Kommunalaufsichtsbehörden bereits in die dabei auf sie zukommenden Aufgaben eingewiesen.
Von der Datenerhebung erhoffen wir uns einen Überblick über die Dimension der Altanschließerproblematik im Land Brandenburg. Mit diesen Daten soll auch eine weitgehende Entscheidung über eine Lösung der Altanschließerproblematik vorbereitet werden.
Um sicherzustellen, dass die Datenerhebung, die sich wohl über mehrere Monate erstrecken und recht umfangreich sein wird, keine negativen Auswirkungen auf die Beitragsforderung der Aufgabenträger nach sich zieht, soll durch Einfügung eines neuen Absatzes in § 12 KAG die Verjährungsfrist für die Festsetzung von Anschlussbeiträgen im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung um einen angemessenen Zeitraum - bis Ende 2011 - verlängert werden. Auch damit entsprechen wir dem Entschließungsantrag des Landtages vom 29.05.2008.
Die Verlängerung der Verjährungsfrist ist ein erster Schritt, um der Landesregierung Zeit für die umfassende Datenerhebung und die Prüfung von Lösungsmöglichkeiten zu geben, ohne dass den Aufgabenträgern hierdurch ein Nachteil entsteht. Zugleich wurde den Aufgabenträgern mit Rundschreiben meines Hauses vom 23. Mai 2008 empfohlen, im Interesse der Betroffenen Beitragserhebungen für Anschlüsse an leitungsgebundenen Einrichtungen und Anlagen im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung während dieser Zeit zurückzustellen oder Billigkeitsentscheidungen, zum Beispiel Stundungen, zu treffen.
Wir müssen dabei die Ergebnisse der Datenerhebung einbeziehen, um die tatsächlichen finanziellen Folgen einer möglichen Umstellung des Finanzierungssystems nach dem KAG abschätzen zu können.
In diesem Zusammenhang ist nach der Entschließung des Landtages insbesondere zu prüfen, ob die Rechtslage in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern jeweils auf die Situation in Brandenburg übertragbar wäre.
Bei allen möglichen Handlungsoptionen muss eine verantwortungsvolle Politik auch die eventuellen Folgen einer Neuregelung in den Blick nehmen, und zwar sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht. Bei der Prüfung von Lösungsvarianten sind die Auswirkungen einer beabsichtigten Regelung auf die Zweckverbände, die Alt- und Neuanschlussnehmer sowie die Gemeinden, die etwaige Ausfälle bei den Zweckverbänden über Umlagen auszugleichen haben, insbesondere in finanzieller Hinsicht besonders zu berücksichtigen.
Dabei ist schon oft das Modell Sachsen-Anhalt beschworen worden. Ich möchte hierzu nur anmerken, dass das dortige KAG keine Regelung über unterschiedliche Anschlussbeiträge enthält, sondern dass dieses Modell durch die Gerichte entwickelt worden ist. Bevor wir entscheiden, ob dieses Modell übernommen werden soll, müssen wir also sorgfältig prüfen, ob neben der Beitragsregelung auch die Gebührenregelung in unserem KAG geändert werden müsste und ob durch die Übernahme des Modells aus Sachsen-Anhalt ein Einnahmeausfall bei den Aufgabenträgern zu verzeichnen wäre. Wenn dies der Fall sein sollte, wäre festzustellen, wie hoch dieser zu beziffern und wie er zu decken ist. Hierzu brauchen wir die Ergebnisse der Datenerhebung.
Es ist niemandem geholfen, wenn wir versuchen, jetzt vorschnell Tatsachen zu schaffen, ohne uns der Auswirkungen bewusst zu sein. Es handelt sich in der Tat um ein komplexes und schwieriges Thema.
Das mit der Gesetzesvorlage beabsichtigte Vorgehen der Landesregierung erscheint mir vor diesem Hintergrund als richtig. Wir wollen die Zeit, die wir brauchen, um eine Lösung zu erarbeiten, auch wirklich haben. Damit wollen wir den Interessen aller Betroffenen - Altanschließer, Neuanschließer, Aufgabenträger - in angemessenem Umfang Rechnung tragen.
Im Rahmen des Änderungsgesetzes soll zudem eine Regelung über die Vorauszahlung auf Steuern getroffen werden. Damit folgen wir Forderungen der kommunalen Seite, die bereits seit langer Zeit gestellt werden, und erhöhen die Gestaltungsspielräume bei der Erhebung kommunaler Steuern.
Ich wünsche dem vorliegenden Gesetzentwurf eine zügige und konstruktive Behandlung und denke, dass es in den Fachausschüssen noch lebhafte Diskussionen geben wird. Dabei halte ich es für wichtig, dass wir die Materie intensiv erörtern; denn wir müssen ja einmal zu einem von allen getragenen Ergebnis kommen, das wir den Bürgern auch so vermitteln können, dass jeder weiß, dass es gerecht ist. Hier den richtigen Weg zu finden ist nicht ganz einfach. Wir schaffen jetzt den zeitlichen Raum, den wir brauchen, um zu einer entsprechenden Entscheidung zu kommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit März dieses Jahres befasst sich der Landtag mit dem Problem der sogenannten Altanschließer, das in seiner ganzen Tragweite nach wie vor nicht erfassbar ist.
Die mit der Umsetzung der Urteile des Oberverwaltungsgerichts vom Dezember vergangenen Jahres verbundene Veranlagung von Grundstückseigentümern mit Anschlussbeiträgen, obwohl die betreffenden Abwasseranschlüsse schon zu DDR
Zeiten vorhanden waren, trifft ein elementares Gerechtigkeitsgefühl. Betroffen sind nicht nur viele Eigenheimbesitzer, sondern auch größere Wohnungsunternehmen und natürlich auch die Mehrzahl der Abwasserverbände, die eine nachträgliche Veranlagung der Altanlieger gar nicht wollen.
Zuerst schien das Ansinnen, für schon lange vorhandene Anschlüsse nachträglich noch zahlen zu müssen, völlig absurd zu sein. Deshalb startete die SPD mit einem Sturmlauf, der jedoch schnell endete.
Daher herrscht nun eine gewisse Ratlosigkeit, aber auch Hilflosigkeit im Umgang mit dieser schwierigen Materie. Die Eigentümer zahlen nämlich nicht für nach 1990 getätigte Investitionen, wie Sie, liebe Kollegen, allen weismachen wollen. Uns liegen Beitragsbescheide vor, in denen ein Beitrag für die erstmalige Herstellung gefordert wird. Das scheint so üblich zu sein.
- Das ist aber genau das Problem, mit dem die Leute umzugehen haben, Herr Baaske. Deswegen sage ich hier noch einmal, dass durch die von der SPD-Fraktion beantragte Anhörung im Innenausschuss die Möglichkeit und sogar die Verpflichtung der Verbände zur Einbeziehung der Altanschließer in die Zahlung von Anschlussbeiträgen bestätigt wurde.
Dann schien es so zu sein, als ob man das Problem auf sich beruhen lassen wollte. Das hat die Fraktion DIE LINKE letztlich dadurch verhindert, dass sie ihre Position einer Stichtagsregelung zur Entlastung der Altanschließer im Mai mit einem entsprechenden Antrag hier im Landtag zur Abstimmung gestellt hat.
Dieser Antrag, den Sie erwartungsgemäß abgelehnt haben, war dann aber immerhin der Aufhänger für den halbherzigen Entschließungsantrag der Koalition, mit dem sie von einer vollständigen Entlastung der Altanschließer abgerückt ist, aber die Landesregierung wenigstens beauftragt hat, die Anwendbarkeit des Modells Sachsen-Anhalt auf das Land Brandenburg zu prüfen.
Damit ist die Richtung abgesteckt hin zu einer teilweisen Entlastung der Altanschließer durch die mögliche Festlegung differenzierter Anschlussbeiträge für Neu- und Altanschließer. Ob das tatsächlich möglich sein wird, bleibt allerdings, wie auch der Innenminister hier zum Ausdruck gebracht hat, der Prüfung durch die Landesregierung überlassen. Es ist also alles noch offen.
Mit der Entschließung ist die Landesregierung auch beauftragt worden, bis zum 30. Juni eine Regelung zur Verlängerung der Verjährungsfrist für Anschlussbeiträge vorzulegen. Dazu hatte sich die Landesregierung allerdings im April schon selbst verpflichtet. Dieser Auftrag ist mit der vorliegenden Novelle zum Kommunalabgabengesetz formal erfüllt worden, wobei selbst dieser überschaubare Gesetzentwurf offensichtlich große Schwierigkeiten bereitet hat und fast gescheitert wäre.
Damit kann man schon erahnen, welche Auseinandersetzungen uns auf dem Weg zu einer Entlastung der Altanschließer noch bevorstehen. Man muss doch ganz klar feststellen, dass die Verlängerung der Verjährungsfrist, die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagen wird, alles offen lässt.
Vor diesem Hintergrund ist es möglich, dass sich die Verbände bis 2011 Zeit nehmen, um den Vorgaben des OVG nachzukommen und die Altanschließer in die Erhebung von Anschlussbeiträgen einzubeziehen. Letztere können sozusagen schleichend an den bisher abgelehnten Gedanken gewöhnt werden. Vor allem kann man damit über die Klippe der Kommunalwahlen kommen und vielleicht sogar die Landtagswahl im nächsten Jahr umschiffen.
Genau das wollen wir nicht zulassen. Wir wollen keine unkonditionierte Verlängerung der Verjährungsfrist, sondern eine klare Bindung an ein in dieser Zeit zu erreichendes Ziel.
- Ich weiß, Herr Baaske, dass Ihnen das nicht schmeckt. - Es muss eindeutig festgelegt werden, dass die Verlängerung der Verjährungsfrist nur Mittel zum Zweck ist.