Protocol of the Session on May 29, 2008

(Der Abgeordnete Görke [DIE LINKE] gibt sein Votum ab.)

Ich schließe die Abstimmung und bitte um einen Augenblick Geduld für die Auszählung.

Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Für den Antrag in der Drucksache 4/6252 stimmten

23 Abgeordnete, gegen den Antrag stimmten 46 Abgeordnete. Es gab keine Enthaltungen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 5079)

Ich stelle den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 4/6333 zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich angenommen. Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 7.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Für ein wirkliches „Bündnis am Boden“

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6224

Die Abgeordnete Wehlan eröffnet die Debatte für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist nun schon 26 Monate her, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zur Standortfrage des Flughafens Berlin Brandenburg International sein Urteil gesprochen hat. Der Ministerpräsident sagte damals deutlich, dass es nun nicht mehr um die Standortfrage gehe, sondern um ein „Bündnis am Boden“. Dieses Signal vom höchsten Brandenburger Amtsträger ist in der Region um den BBI als Hoffnungssignal für konkrete Initiativen der Landesregierung aufgenommen worden, um die negativen Auswirkungen abmildern zu helfen, die aus dem Flugverkehr resultieren. Mittlerweile ist das durchaus verstandene Hoffnungssignal konkreten Fragen der Betroffenheit gewichen, die im Rahmen des Dialogprozesses und der Ausgestaltung des im „Gemeinsames Strukturkonzept Flughafenumfeld Berlin Brandenburg International“ vereinbarten Vorteils-/Nachteilsausgleichs zu beantworten sind.

Es ist unserer Auffassung nach an der Zeit, für ein wirkliches „Bündnis am Boden“ zu handeln. Aus Sicht der vom Flughafen negativ Betroffenen sind dabei folgende Forderungen zu berücksichtigen: strenge Einhaltung des Nachtflugverbotes in der Zeit von 22 bis 6 Uhr; Wertausgleich für Grundstücke im verlärmten Bereich, wenn diese bei einem Verkauf nicht mehr den Bodenwert von 1996 erzielen; ein Dialogprozess in Anlehnung an das Wiener Modell, das einen Nachteilsausgleich für stark betroffene Gemeinden zum Ziel hat; Erarbeitung einer Konzeption, einschließlich Darstellung entsprechender Finanzierungsmöglichkeiten für ein umfassendes Gesundheitsprogramm zum Schutz der Anwohner vor Gesundheitsgefährdungen infolge des Flugverkehrs. Zum letzteren Themenkreis war auch der Kreistag Teltow-Fläming mit einer Beschlussfassung für ein Gesundheitsuntersuchungsprogramm und ein Gesundheitsumbaukonzept aktiv, welche unter Federführung der Landesregierung mit den betroffenen Gemeinden, Bürgerinitiativen und Sachverständigen zu erarbeiten sind.

Früherkennung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Anwohner, Aufzeigen von Gegenmaßnahmen, Verlagerung von

Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder im Tagschutzgebiet, wie Kindertagesstätten, Horte, Schulen und Sportplätze in weniger lärmbelastete Gebiete sind einige Stichworte dafür, die Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sicherlich, hoffentlich - vielleicht auch nicht - Ihre Fraktionskollegen Christoph Schulze, Klaus Bochow und Carola Hartfelder bekannt gemacht haben - wie überhaupt Herr Schulze sehr rührig ist, auch wenn er jetzt leider nicht mehr da ist. In Anbetracht der enormen Fluglärmbelastung durch die ILA hat er auf seiner Internetseite ein entsprechendes Formular „Fluglärmbeschwerde“ für Betroffene zum Herunterladen abgelegt. Das Formular ist an den Fluglärmbeauftragten der Landesregierung gerichtet, eine Institution, die zukünftig sicherlich noch mehr Arbeit erhalten wird. Die Landesregierung ist aufgefordert, selbst Einfluss zu nehmen, dass das nicht so wird.

Zurück zum Schreiben des Kreistages Teltow-Fläming. Die Landesregierung ist vom Vorsitzenden des Kreistages, Herrn Klaus Bochow, am 17. März 2008 aufgefordert worden, die Umsetzung des Kreistagsbeschlusses zu unterstützen. Das sehen wir ebenso, und nicht nur bezogen auf den Landkreis Teltow-Fläming, sondern insgesamt für die betroffene Region. Die Landesregierung, meinen wir, ist sehr wohl aufgefordert, alle notwendigen Schritte zur Entlastung der Bürger von den negativen Auswirkungen zu unternehmen, die aus dem Flugverkehr resultieren. Mit unserem Antrag wollen wir die parlamentarische Begleitung sichern.

Im Übrigen sind wir als Vor-Ort-Landespolitiker dazu auch konkret aufgefordert worden.

Der Ball liegt jetzt bei der Landesregierung. Seit dem Beschluss des Kreistages Teltow-Fläming sind mehr als zwei Monate vergangen. Vielleicht gibt es heute bereits einen ersten Sachstandsbericht zu den Forderungen des Kreises; zumindest sollte jedoch eine zeitnahe Information im zuständigen Fachausschuss erfolgen.

Um die mit dem BBI zu erwartenden Vor- und Nachteile für die Region auszugleichen, haben die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg im Jahr 2006 mit zwölf brandenburgischen Kommunen, drei Berliner Bezirken sowie weiteren regionalen Akteuren und Fachverwaltungen einen Dialogprozess zur Flughafenumfeldentwicklung begonnen. In diesem Zusammenhang wurde von den am Dialogprozess Beteiligten bis zum 31. März 2007 eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der unter anderem festgelegt ist, dass für die unterschiedliche Verteilung von Vor- und Nachteilen für die Gemeinden im engeren Wirkungsbereich des BBI ein Ausgleich stattfinden soll. Sie können das in Punkt 4 dieser Erklärung nachlesen.

Das „Dialogforum Flughafenumfeld BBI“ dient der stärkeren Berücksichtigung der gemeindlichen Interessen bei der Förderung des Flughafenumfeldes. Teilnehmer sind die Kommunen und Landkreise sowie die Flughafengesellschaft, unterstützt aber durch die Länder Berlin und Brandenburg. Es wurden Arbeitsgruppen zu folgenden Maßnahmenbereichen gebildet: Integriertes Verkehrskonzept, Landschaftsplanung, Natur- und Erholungsraum, städtebauliche Rahmenplanung und soziale Infrastruktur, Zusammenarbeit Flughafen und Gemeinden.

Das Flughafenforum soll sich nun in der BADC als kommunales Forum fortsetzen. Dies ist auch notwendig, um ein gemeinsames Auftreten der Gemeinden und Kreise gegenüber den

Landesregierungen, der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH und anderen zu sichern.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die vielen offenen Fragen erfordern geradezu ein aktives Handlungsempfinden der Landesregierung. Wir wollen deshalb die Teilschritte des Dialogprozesses, seine Ergebnisse sowie die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung über eine Berichterstattung im Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung begleiten und hinterfragen.

(Die Fraktion DIE LINKE spendet mit Verzögerung Bei- fall.)

Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Klocksin das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen uns die Aufmerksamkeit schon selbst organisieren, liebe Frau Kollegin Wehlan. Ich habe dafür jedoch Verständnis; denn die neue Klimaanlage mag uns in gemeinsame Starre versetzen. Das ist nun einmal so, wenn die Technik nicht immer das bringt, was wir von ihr erwarten.

Ich freue mich darüber, dass Sie den Antrag stellen. Das darf ich ausdrücklich sagen. Ich will aber gleichzeitig auf Folgendes hinweisen: Wir wollen das, was aktuell geschieht, nicht ganz aus den Augen verlieren.

Sie haben eingangs darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Urteil gefällt hat. Dieses Urteil schafft Planungssicherheit. Ich freue mich, auch aus Ihrem Munde zu hören, dass Ihre Fraktion dieses Urteil und dessen Umsetzung nun zu akzeptieren bereit ist.

Ich gebe zu, es war ein langer Weg, bis wir zu dieser wichtigen Gemeinsamkeit für Berlin und Brandenburg gekommen sind. Wir haben lange Auseinandersetzungen gehabt. Nun sind wir bereit, Realitäten zu akzeptieren. Diese Realitäten brauchen ihre Rahmensetzung, auch hinsichtlich der Menschen, die in der Region wohnen und betroffen sind.

Ich will ausdrücklich sagen: Wir nehmen die Menschen in der Region ausgesprochen ernst. Vor diesem Hintergrund - gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung an dieser Stelle - bedauere ich den kleinen Zwischenfall am gestrigen Tage außerordentlich, als hier einige Bürgermeister und Bürger aus der Region mit ihren T-Shirts im Saal saßen. Ich hätte mir gewünscht, dass diese - ohne Frage unzulässige - politische Demonstration in anderer Form eine Auflösung erfahren hätte; denn das hatte, wie ich fand, eher grenzwertigen Charakter, was die Würde und den Umgang mit den handelnden Personen anbelangt.

(Beifall der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Worum geht es? Frau Kollegin Wehlan, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die bisherige Rechtsprechung - auch der Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichts - klare Rahmensetzungen schafft, unter anderem das Nachtflugverbot von

22 Uhr bis 6 Uhr. Zudem gibt es Tagesrandzeiten von 22 Uhr bis 24 Uhr und von 5 Uhr bis 6 Uhr.

Ich bin mit Ihnen der Auffassung, dass hier nichts aufgebohrt werden darf. Unser gemeinsames Ziel, das, wie ich denke, vom gesamten Spektrum der demokratischen Parteien in diesem Hause, mitgetragen wird, ist, dass die Rahmensetzungen des Urteils Erfüllung finden und es zu keinem Aufbohren der Bedingungen kommt. Dies wäre den Menschen in der Region gegenüber unlauter. Das heißt, für die Menschen dort, für die es mit einem Flugbetrieb in der avisierten Größenordnung ohne Frage eine qualitative Verschlechterung gibt, muss es Planungssicherheit, Sicherheit bei den Grundbedingungen geben, auf die man sich in Karlsruhe verständigt hat. Dies muss man auch als Chance verstehen, um hier weiter zusammenarbeiten zu können.

Schließlich - ich glaube, der Herr Minister wird dazu etwas ausführen - tut es gut, wenn wir das, was wir hier als gemeinsames Strukturkonzept Flughafenumfeld Berlin-Brandenburg angesetzt haben, auch auf andere Bereiche ausdehnen, die Sie erwähnt haben. Deshalb will ich an dieser Stelle, da meine Redezeit abläuft, nur in einem Zuruf einen Hinweis geben: Ich halte es sehr wohl nicht nur für möglich, sondern auch für geboten, ein Dialogforum nach dem Beispiel von Wien oder von Frankfurt in unserer Region einzurichten. Ich glaube, das sind wir der Bevölkerung schuldig. Das können wir leisten, und das werden wir auch tun. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die DVU-Fraktion erhält die Abgeordnete Hesselbarth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Antrag handelt es sich um reinen Populismus und auch um reine Effekthascherei. Nachdem es Ihnen, Frau Wehlan, und auch Ihnen, Frau Tack - Ihrer Fraktion also -, nicht gelang, den Bau des internationalen Verkehrsflughafens BBI in Schönefeld zu verhindern, versuchen Sie nun mit Anträgen wie dem vorliegenden die Bürgerinnen und Bürger und die Anliegergemeinden des Flughafens weiterhin zu verunsichern, und zwar mit dem Ziel, dem Projekt doch noch Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Dass Sie dabei Dinge fordern, die längst beschlossen sind respektive sogar schon umgesetzt werden, stört Sie dabei überhaupt nicht.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Den von Ihnen geforderten Vorteils-/Nachteilsausgleich und auch den Dialogprozess gibt es längst. Die strenge Einhaltung des Nachtflugverbotes in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr ergibt sich bereits aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006,

(Zuruf der Abgeordneten Wehlan [DIE LINKE])

in dem - so der Urteilstenor - unter Punkt 1 gefordert wird, dass sich der Beklagte verpflichtet, über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugverbotes erneut zu entscheiden. Der

Planfeststellungsbeschluss wurde daher auch entsprechend den Vorgaben des Gerichtes geändert.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Es ist nichts geändert!)

Das Gleiche gilt für die Forderung in Ihrem vierten Anstrich. Auch hier verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht das Land, über die Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen und über die Grenzziehung des Entschädigungsgebietes Außenwohnbereich erneut zu entscheiden. Auch hier wurde der Planfeststellungsbeschluss entsprechend geändert, sodass das von Ihnen geforderte Gesundheitsprogramm schlicht und ergreifend aufgrund der eingeleiteten Schallschutzmaßnahmen nicht mehr nötig ist.

In den nächsten Jahren investieren die Berliner Flughäfen mehr als 100 Millionen Euro in das Schallschutzprogramm BBI sowie die Entschädigung für Außenwohnbereiche. Zum Schallschutzprogramm zählt der Einbau von Schallschutzvorrichtungen in privaten Wohnungen und Häusern und besonders schutzbedürftigen Einrichtungen sowie Schulen und Kindergärten.

Erste Informationsveranstaltungen zum Schallschutzprogramm BBI haben in Selchow und für Teile von Bohnsdorf bereits stattgefunden. Das Interesse bei den Flughafenanwohnern war sehr groß. Viele Haus- und Wohnungseigentümer haben bereits ihre Anträge auf Schallschutz abgegeben. Im Jahr 2008 begannen in diesen beiden Orten die nötigen Begehungen und der Einbau der Schallschutzvorrichtungen. Zudem ist der Rahmenplan für die besonderen Einrichtungen erstellt. Die konkreten Arbeiten haben bereits begonnen. Alle Anwohner, die in den Schutzgebieten leben, werden noch in diesem Jahr eine Broschüre erhalten, in der alle Fragen rund um das Schallschutzprogramm ausführlich erläutert werden. Antragsformulare werden gleich mit ausgeteilt.

(Dr. Klocksin [SPD]: Ist die Rede, die Sie ablesen, vom Minister?)

Weiteres Thema: Wertausgleich für Grundstücke.

Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Landkreis Teltow-Fläming, welcher aufgrund seiner Lage zum direkten Einzugsbereich des Flughafens BBI gehört, hat in seiner Beratung am 30.01.2008 die Bodenrichtwerte für baureifes Land sowie für Acker-, Grünland- und Forstflächen zum Stichtag 01.01.2008 beschlossen.

Für die insgesamt 391 über den Landkreis verteilten Bodenrichtwerte ergab sich zum Stichtag 01.01.2008: 364 Werte blieben unverändert. 23 Werte wurden angehoben. Nur 4 Werte, das heißt 1%, wurden abgesenkt.