Protocol of the Session on May 28, 2008

Obwohl die Zeit der Kinderarbeit in Deutschland zum Glück viele Jahrzehnte zurückliegt, sind es doch mehr als 200 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren, die nach Schätzungen der ILO weltweit arbeiten müssen, statt in eine Schule zu gehen. Mehr als 100 Millionen dieser Kinder arbeiten noch dazu unter katastrophalen Bedingungen: in Silberbergwerken, Steinbrüchen und auf Plantagen. Während dieser Arbeit setzen sie sich oft einem hohen Gesundheitsrisiko aus. Langfristige Schäden sind in aller Regel nicht vermeidbar.

Eine solche Form der Ausbeutung von Kindern ist nach der UN-Kinderrechtskonvention und der ILO-Konvention 182 verboten. Mittlerweile haben fast alle 181 Mitgliedsstaaten, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, diese Konventionen ratifiziert. Doch wie sieht es in der Wirklichkeit aus?

Nach wie vor wird Kinderarbeit in vielen Staaten dieser Welt praktiziert. Nach wie vor werden diese Produkte verkauft. Auch hier in Deutschland sind diese Produkte erhältlich. So wurden beispielsweise bei der vergangenen Fußballweltmeisterschaft Bälle verwendet, die in Pakistan von Kindern hergestellt wurden. Im März dieses Jahres wurde in der „taz“ darüber berichtet, dass Teile der Schutzkleidung von Berliner Feuerwehrleuten unter menschenunwürdigen Bedingungen in Billiglohnländern produziert wurden. Es darf als nahezu sicher gelten, dass auch das Land Brandenburg Produkte und Dienstleistungen einkauft, die einer solchen sozialen Begutachtung nicht standhalten würden und bei Annahme unseres Antrags vermieden werden könnten.

In fast allen Bereichen arbeiten Kinder. Die Kaffeetrinker unter uns - wissen Sie, wer Ihre Kaffeebohnen gepflückt hat? Wenn wir Blumen kaufen, wissen Sie, woher diese Blumen kommen und wer sie gepflückt hat? Ich war zum Beispiel in Kenia auf einer Plantage. Dort habe ich mit eigenen Augen gesehen, dass sechsjährige Kinder Blumen pflücken.

Mittlerweile gibt es Gütesiegel, die existenzsichernde Löhne, Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit, keine Kinderarbeit und keine Diskriminierung garantieren sollen. Doch diese Produkte sind natürlich teurer. So verwundert es nicht, dass immer wieder auf preiswertere Produkte zurückgegriffen wird.

Wir möchten mit unserem Antrag erreichen, dass die Landesregierung in ihrem Beschaffungswesen und bei Ausschreibungen des eigenen Geschäftsbereichs künftig ausschließlich Produkte berücksichtigt, die mit einem solchen Gütesiegel versehen sind. Nicht nur das. Die Landesregierung soll an staatliche und private Unternehmen, Vereine und Verbände und andere Zusammenschlüsse appellieren. Sie soll weitere öffentliche Einrichtungen und Kommunen ermutigen, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich ebenso zu verfahren.

Des Weiteren fordern wir die Landesregierung dazu auf, sich einer an die Öffentlichkeit und insbesondere an die Verbraucher gerichteten werbewirksamen Kampagne anzuschließen bzw. weiter zu engagieren, in der über die Problematik der ausbeuterischen Kinderarbeit informiert wird.

Es bedarf einer ausdrücklichen Ächtung und eines entsprechenden Konsumverhaltens der Verbraucher, um die weltweite Kinderarbeit nachhaltig einzudämmen und zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund sind es gerade die Großverbraucher, die auf die Bedingungen des Marktes Einfluss nehmen können und müssen. Das im Grundgesetz und in der Verfassung unseres Landes festgeschriebene Sozialstaatsgebot darf nicht da aufhören, wo Ausbeutung von Kindern außerhalb unserer Landesgrenzen stattfindet.

Deshalb, meine Damen und Herren: Leisten Sie hier und jetzt Ihren Beitrag zur Eindämmung der Kinderarbeit, indem Sie unserem Antrag zustimmen.

Ich habe noch eine Bitte an die Redner der anderen Fraktionen. Ich glaube, Herr Dombrowski und Herr Krause sind vorgesehen. Es wäre sinnvoll, dass Sie, wenn Sie schon unseren Antrag ablehnen sollten, das mit sachlichen Argumenten tun. Ansonsten würde ich Sie bitten: Machen Sie es wie die Landesregierung. Verzichten Sie auf Ihren Redebeitrag. Das spart uns nur Zeit.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, wir setzen mit dem sachlichen Beitrag des Abgeordneten Dombrowski für die Koalitionsfraktionen fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fechner, wenn ich hier spreche, dann können Sie immer sicher sein, dass es sachlich ist. Das führt aber nicht dazu, dass ich den Koalitionsfraktionen empfehlen werde, Ihrem Antrag zuzustimmen oder ihn zu überweisen. Ich werde aus ganz sachlichen Gründen empfehlen, sowohl die Überweisung als auch den Antrag in der Sache abzulehnen.

Natürlich wird es in diesem Plenum niemanden geben, der Kinderarbeit in irgendeiner Weise billigen würde. Das steht, glaube ich, in einem zivilisierten Land völlig außer Zweifel. Wenn Sie in Ihrem Antrag aufgelistet haben, wie viele Kinder in der Welt unter Zwangsarbeit zu leiden haben, dann haben Sie völlig Recht. Auch wir wissen das. Es sind rund 240 Millionen Kinder auf der Welt, die unter unwürdigen Bedingungen ihr Leben fristen müssen, die durch die Arbeit, der sie nachgehen, zum eigenen Unterhalt und zum Unterhalt ihrer Familie beitragen müssen, mit der Folge, dass die Kindheit, die bei diesen Kindern ja nie begonnen hat, auch sehr schnell zu Ende ist, mit gesundheitlichen Schäden, mit fehlenden Perspektiven usw.

Nur ist das, was Sie hier machen, Symbolpolitik. Wir alle verurteilen Kinderarbeit. Niemand von uns wird bewusst irgendwelche Produkte kaufen, erst recht nicht die Landesregierung, die unter solchen Bedingungen entstanden sind. Die Beispiele, die Sie angeführt haben, sind auch nicht gerade auf die Landesregierung gemünzt, wenn Sie hier von Fußbällen für die Fußballmeisterschaft sprechen - die Landesregierung hat diese Bälle nicht erworben - oder wenn Sie dann zur Berliner Feuerwehr überleiten und sagen, sie habe in Billiglohnländern Teile produzieren lassen. Ein Billiglohnland ist etwas anderes als Kinderarbeit.

Von daher ist das alles nicht sehr schlüssig. Ich selbst bin sehr geneigt, in vielen Fällen dem zu folgen, was das Parlament im Freistaat Bayern beschließt. Ich kenne zwar die näheren Zusammenhänge nicht, aber das spielt bei diesem Beispiel auch gar keine Rolle.

Ich glaube, das war ein bisschen verräterisch: In Ihrem Antrag steht etwas anderes als das, was Sie vorgetragen haben. Sie haben unter anderem vorgetragen, dass „die Landesregierung künftig nur noch Produkte erwirbt...“ Im Antrag steht etwas anderes. Daher haben Sie in Ihrer Rede schon unterstellt, dass die Landesregierung in ihrer Beschaffungspolitik bisher solche Produkte, die durch Kinderarbeit entstanden sind, erwirbt. Das tut sie natürlich nicht. Wenn Sie konkrete Hinweise darauf haben, wo sich die Landesregierung und ihre Verwaltung hier nicht so verhalten, wie man sich verhalten kann, wenn man die Wahl hat, was man einkauft und nicht unbedingt immer das Billigste nehmen muss, dann machen Sie es bitte konkret fest. Dann können wir als Landtag - die Landesregierung sowieso auch gegensteuern.

Noch ein Hinweis: Der beste Beitrag, den ein Land wie Deutschland, auch unser kleines Land Brandenburg, leisten

kann, ist, in der Welt und auch in unserem eigenen Land nicht gleichgültig, nicht nachsichtig, aber tolerant auch mit ausländischen Bürgern, die hier leben, umzugehen. Die Globalisierung hat ja viele Nachteile und bringt viele Belastungen für viele Menschen in der Welt mit sich. Aber die Globalisierung hat auch einen Vorteil, nämlich den, dass die Welt transparenter wird und dass man weiß, was in anderen Teilen der Welt vorgeht, dass man, so reisefreudig wie wir alle sind, mit allen Verbindungen, die wir haben, auch die Möglichkeit hat, vor Ort zu wirken. Dazu ist jeder eingeladen. Wenn Sie im Ausland gewesen sind und dort solche Dinge gesehen haben, dann wäre es gut, wenn Sie Ihren Text dazu gesagt haben. Wir tun das allesamt auch.

Jeder, der in diesem Parlament ist, braucht, meine ich, keine Belehrung darüber und braucht auch kein schlechtes Gewissen zu haben. Denn wir alle sind der festen Überzeugung, dass dort, wo wir die Möglichkeit haben, anderen Menschen zu helfen, seien es Kinder, die der Zwangsarbeit unterliegen, seien es Menschen, die irgendwo in der Welt verfolgt werden, uns diese Menschen immer an ihrer Seite haben.

Meine Damen und Herren, Ihr Antrag klingt interessant, aber er führt in der Sache nicht weiter. Er ist Symbolpolitik. Von daher möchte ich ohne jede Aufregung den Fraktionen von SPD und CDU empfehlen, diesen Antrag abzulehnen, und das gleich zweimal. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort erhält die Fraktion DIE LINKE. Es spricht der Abgeordnete Krause.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinderarbeit ist der Gipfel der Ausbeutung zur Gewinnmaximierung. Daher lehnt die LINKE Kinderarbeit überall auf der Welt ab. Ich gehe davon aus - Herr Dombrowski hat das gerade auch bestätigt -, dass es da eine Übereinstimmung zwischen den demokratischen Parteien in diesem Haus gibt. Umso aberwitziger ist es, dass dieser Vorschlag ausgerechnet von der DVU-Fraktion im Landtag eingebracht wird, von rechts außen. Wir brauchen nur einen Blick in Ihr Parteiprogramm zu werfen, um zu sehen, dass das alles sehr durchsichtig ist, was Sie hier praktizieren. Dort heißt es zum Beispiel:

„Die Bundesrepublik Deutschland hat die Pflicht, deutschen Volksgruppen Schutz und Fürsorge zu gewährleisten.“

Weiterhin heißt es dort:

„Sie treten ein für eine familien- und kinderfreundliche Politik mit großzügigen staatlichen Hilfen für deutsche Familien und Mütter.“

Über ausländische Mitbürger und andere Bevölkerungsgruppen sagen Sie nichts aus. Sie sagen nichts davon, wie Sie es heute hier tun, dass Sie sich im positiven Sinne einsetzen wollen. Deswegen ist dies mehr als durchsichtig.

In Ihrer Begründung führen Sie ausgerechnet das „Tolerante Brandenburg“ als Handlungskonzept an, das sich diesem Thema widmen sollte. Aber jedes Jahr schlagen Sie in den Haushaltsberatungen im Ausschuss vor, dieses „Tolerante Brandenburg“ abzuschaffen und die Gelder dafür zu streichen. Es ist eine aberwitzige Veranstaltung, die Sie heute hier liefern, und deswegen ist diesem Antrag nicht zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung verzichtet darauf, ihre Redezeit in Anspruch zu nehmen. Das Wort erhält noch einmal die DVU-Fraktion. Frau Fechner, Sie haben noch drei Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Krause! Wenn jede Partei nur das fordern würde, was explizit in ihrem Parteiprogramm steht, dann dürfte Ihre Partei aber auch nicht allzu viele Anträge in dieses Landesparlament einbringen.

(Beifall bei der DVU)

Herr Dombrowski, ich war angenehm überrascht von der sachlichen Kritik. Dass sie nicht unbedingt unseren Interessen entspricht, ist ja logisch. Wir sind natürlich der Meinung, dass es sich hier nicht um symbolische Politik handelt.

Ich weiß auch, dass es etliche Abgeordnete gerade im linken Bereich gibt, die keine Schwierigkeiten hätten, selber so einen Antrag einzubringen. Aber sie haben Schwierigkeiten, unserem Antrag zuzustimmen. Ich sage Ihnen auch, warum: weil er von der Deutschen Volksunion kommt. Egal was wir fordern, selbst wenn wir beantragen würden, das SPD-Parteiprogramm im Landtag zu beschließen, würden Sie dagegenstimmen.

(Zurufe von der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, was sagte Erich Kästner einmal:

„Die ersten Menschen waren nicht die letzten Affen!“

(Beifall bei der DVU)

Vielen Dank. Mit diesem entwicklungspolitischen Statement ist die Rednerliste erschöpft.

Ich stelle den Antrag der DVU-Fraktion, Drucksache 4/6230, mit dem Wunsch, ihn an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie - federführend - und an den Ausschuss für Inneres zu überweisen, zur Abstimmung. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diesem Begehren mit großer Mehrheit - ohne Enthaltungen - nicht gefolgt worden.

Ich stelle den Antrag in Drucksache 4/6230 in der Sache zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um

sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Der Antrag wurde ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10 und rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Gemeinsames Vorgehen zur Reduzierung von Wildschäden

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6265

Außerdem liegt in Drucksache 4/6325 ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vor.

Für die antragstellende Fraktion beginnt die Abgeordnete Wehlan die Debatte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag meiner Fraktion wendet sich einem Thema zu, das uns mit den Stichworten „Wildschäden, Unfallgeschehen, Artenvielfalt“ schon über viele Jahre bewegt. Der Landtag selbst hatte sich zuletzt im Jahr 2002 mit diesem Thema befasst. So traurig es ist, aber ich könnte fast 1 : 1 die Beschreibung des Problems wiederholen, und das fünf Jahre später.

Immer noch geht es darum, Wilddichten zu erreichen, die ein auf den Lebensraum bezogen vertretbares wildkökologisches Maß erfüllen. Das Ursachengeflecht, das dem entgegensteht, hat sich hingegen weiter zugespitzt.