Geben Sie doch zu, dass Sie sich mit dieser Initiative verrannt haben! Das ist nach hinten losgegangen.
Dennoch will ich Ihnen eines konzedieren, Frau Kaiser: Wir haben mit diesen Initiativen, insbesondere mit der Möglichkeit, solche zu starten - ich will vielleicht nicht unterschreiben, aber ich will es dürfen -, die Chance, die Brandenburger mehr für die Demokratie zu begeistern. Das ist, so glaube ich, ein Stück weit gelungen. Wenn Menschen losgehen, unterschreiben und sich für andere engagieren, dann ist das schon ein Gewinn. Dazu haben ein Stück weit die Initiativen beigetragen, aber zuvörderst die der Eltern aus Ostprignitz-Ruppin. - Schönen Dank.
Meine Damen und Herren! Ich begrüße wieder Gäste in unseren Reihen. Dass die Undercover-Besucher von vorhin nicht aus Cottbus waren, haben wir mitbekommen; sie kamen aus Blankenfelde. Jetzt ist aber der Seniorenbeirat aus Cottbus wirklich hier. Herzlich willkommen in unserer Mitte!
Ich begrüße ebenfalls die Vertreter des Philipp-MelanchthonGymnasiums aus Grünheide. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!
Als dritten Redner der Aktuellen Stunde rufe ich die Abgeordnete Hesselbarth auf. Sie spricht für die DVU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Menschen, die immer alles schlucken, was ihnen vorgesetzt wird, sind bekannt
als der deutsche Michel. Diese Verknüpfung besteht, weil gerade die Brandenburger im Hinblick auf sogenannte „Demokratie nach Gutsherrenart“ bis heute einiges an Leidensfähigkeit unter Beweis gestellt haben. Es ist daher kein Geheimnis, dass die Gestaltung der Zukunft nicht länger nur an Parteien delegiert werden kann; vielmehr muss jeder Einzelne die Geschicke des Staates mitbestimmen können. Das Instrument der Volksabstimmung ermöglicht das.
Wie sieht es aber nun in Brandenburg wirklich aus? Sind der Erfolg einer oder gute Chancen weniger Entscheidungen durch Volksabstimmungen wirklich Indiz für mehr direkte Demokratie? Die amtliche Statistik über die Volksgesetzgebung seit 1992 sieht da doch eher ernüchternd aus. Von den 25 Initiativen war die überragende Mehrzahl im Ergebnis erfolglos.
Was will DIE LINKE mit ihrer Aktuellen Stunde heute wirklich? Für uns liegt es auf der Hand: Es geht um Wahlkampf. Sie möchte sich alle Entscheidungen durch Volksabstimmungen sozialpolitischen Inhalts auf die eigenen Fahnen schreiben und so tun, als sei sie der eigentliche Akteur, nicht aber die Brandenburger Bürgerinnen und Bürger.
DIE LINKE will hier vorgaukeln, sie sei die Avantgarde der direkten Demokratie. Nun hoffe ich, dass die kollektive Amnesie nicht so weit fortgeschritten ist und sich unsere Brandenburger Bürger noch an die Parteigeschichte der SED, die sich heute „LINKE“ nennt, erinnern.
Erinnern nämlich an das ganze Grauen der DDR-Diktatur, politischen Mord, Verfolgung und Unterdrückung, an die Zerstörung von Familien, staatlichen Kindesentzug und an die Freiheitsberaubung von Bürgern in den Stasi-Gefängnissen und Psychiatrien der DDR. Dass Sie sich vom Willen zur Diktatur auch heute noch nicht wirklich distanziert haben, meine Damen und Herren der LINKEN, führte offensichtlich auch zu der Entscheidung des Bundesinnenministers, von einer geheimdienstlichen Überwachung Ihrer Partei auch in Zukunft nicht abzusehen. Das mag man in dieser Form bewerten, wie man will. Wir als DVU-Fraktion haben uns immer entschlossen für eine Verbesserung von Entscheidungen durch Volksabstimmungen eingesetzt. Das gilt für die Landes- wie für die Bundesebene gleichermaßen.
Wir brauchen in Brandenburg faire Verfahren bei den Volksinitiativen, denn hier sind die juristischen Hürden, um im Sinne direkter Demokratie einigermaßen verlässliche Standards zu schaffen, schlichtweg zu hoch. Die Einzelheiten erspare ich mir; sie ergeben sich aus dem Volksabstimmungsgesetz und aus der vorgenannten Statistik selbst.
Der politische Schulterschluss aber, meine Damen und Herren der LINKEN, den Sie laut Absatz 3 Ihrer Begründung zur Aktuellen Stunde mit dem SPD-Landesvorstand schließen möchten, ist für uns ebenso alarmierend und müsste auch jeden anderen Demokraten in diesem Hause aufhorchen lassen. Ihr wirkliches Verhältnis zur direkten Demokratie erschließt sich aber glücklicherweise aus den Parlamentsdokumenten. Was Sie,
meine Damen und Herren von Links-Außen bis Links-Mitte, Herr Dr. Klocksin, von Volksabstimmungen wirklich halten, zeigt beispielsweise Ihr Abstimmungsverhalten bei unseren vergangenen Initiativen zu Volksabstimmungen. Mit der Ablehnung der Initiativen mit den Drucksachennummern 3/3581, 3/6262 und 4/755 haben Sie nicht nur jede Verbesserung der Demokratie im Land Brandenburg, sondern auch die Mitwirkung der Bürger auf Bundesebene bei ganz elementaren Fragen abgelehnt, nämlich gerade bei der Übertragung staatlicher Hoheitsrechte sowie in Bezug auf die Ratifizierung eines Europäischen Verfassungsvertrags, um nur einige Beispiele herauszugreifen.
Die Wahrheit straft Sie Lügen. Wir ruhen nicht, das auch in diesem Hause dem Volk immer wieder kundzutun, um dessen Willen es bei dieser Debatte hier angeblich geht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während auf der Bundesebene immer wieder über die Einführung des Volksentscheids diskutiert wird, sind die Instrumente direkter Demokratie inzwischen in den Verfassungen aller 16 deutschen Bundesländer verankert. Das gilt nicht nur für die Landes-, sondern auch für die kommunale Ebene.
Es waren vornehmlich die bedrückenden Erfahrungen aus der DDR - der Zentralismus, die Obrigkeitshörigkeit, die Hilflosigkeit gegenüber den Entscheidungen der Staatsmacht - und dann die Befreiung der Wende, die dazu führten, dass in den Verfassungen aller ostdeutschen Länder Elemente direkter Mitbestimmung verankert wurden.
Diesem Vorbild folgend, änderten auch diejenigen westdeutschen Bundesländer ihre Landesverfassungen, die das bis dahin nicht verankert hatten, und führten solche Elemente ein. Empirische Befunde belegen, dass sich der Einfluss direktdemokratischer Instrumente auf Landesebene in den vergangenen 15 Jahren erheblich verstärkt hat: Etwa 90 % aller Volksbegehren in der Bundesrepublik fanden nach 1990 statt.
In Brandenburg haben sich Volksinitiativen zu einem festen Bestandteil der Mitbestimmung entwickelt. Die Menschen in Brandenburg haben rege von diesem Instrument Gebrauch gemacht. In den Jahren seit 1990 wurden 27 Volksinitiativen auf den Weg gebracht. Das ist eine hohe Zahl. Allerdings erreichten nur fünf der Volksinitiativen die Stufe des Volksbegehrens. Keine der gültigen Volksinitiativen erreichte die erforderliche Mindestzahl von 80 000 Unterschriften für die dritte Stufe, den Volksentscheid. Dennoch haben die Initiatoren der Volksinitiativen und Volksbegehren eine Menge bewegt. Das verdient hohe Anerkennung.
Eine ganze Reihe von Volksinitiativen mündete in Gesetzgebungsverfahren, und dem Anliegen der Initiatoren wurde Rech
nung getragen. Ich erinnere an das Musikschulgesetz. 1996 wurde die erste Volksinitiative auf den Weg gebracht. Damals hatte die SPD die absolute Mehrheit. Die Volksinitiative wurde vom Landtag abgelehnt. 1999 gab es einen zweiten Anlauf vom Musikschulverband. Dann hatte dieses Anliegen Einzug in den Koalitionsvertrag der ersten schwarz-roten Regierung in Brandenburg gefunden. Noch vor der Sommerpause 2000 ging der Entwurf eines Musikschulgesetzes in die 1. Lesung.
Die Volksinitiativen zur Kreisneugliederung: Von ihnen gab es mehrere. Zum Beispiel gab es im Norden des Landes eine Initiative für die Bildung des Landkreises Oberhavel, bestehend aus Oranienburg und Gransee ohne Templin, und eine Volksinitiative in der Uckermark für die Bildung eines Landkreises Uckermark mit Templin. Noch ehe die Stufe des Volksbegehrens erreicht werden konnte, hatte der Landtag das Anliegen mit dem Kreisneugliederungsgesetz auf den Weg gebracht, Kollege Schippel war damals dabei
- nein? -, und den Initiativen auf diese Weise entsprochen. Diese Beispiele belegen, dass der Landtag Volksinitiativen sehr ernst nimmt, sich mit ihnen beschäftigt, die Entscheidungen diskutiert und, wenn sie sinnvoll sind, trifft.
Weitere Belege sind die eben schon diskutierten Volksinitiativen für ein Sozialticket und gegen die Elternbeteiligung bei der Schülerbeförderung. Auch hiermit hat sich der Landtag verantwortungsvoll beschäftigt und diesen Initiativen zum Großteil entsprochen. Er hat sie sogar qualifiziert. Ich präzisiere das einmal beim Thema Mobilitätsticket. Das Anliegen der Initiative war, ein Sozialticket in nur einem Kreis als Monatsticket anzubieten. Wie Kollege Baaske ausführte, hat das in DahmeSpreewald am Ende dazu geführt, dass das kaum in Anspruch genommen wurde. Deshalb hat die Koalition gesagt: Wir machen es praxisnäher und sinnvoller. Wir machen es über zwei bis drei Landkreise, sodass man es auch dann benutzen kann, wenn man als Aufstocker über die Landesgrenze hinausfährt. Wir haben es qualifiziert und sind ein Stück darüber hinaus gegangen - aber als Monatsticket -, sodass es vornehmlich den Aufstockern und denjenigen hilft, die auf ein Monatsticket zum halben VBB-Preis wirklich angewiesen sind, und es nicht einfach nur so gekauft wird. Es nehmen also alle diejenigen in Anspruch, die wirklich darauf angewiesen sind. Es war uns wichtig, dass wir gerade den Aufstockern und denjenigen, die darauf angewiesen sind, damit helfen.
Meine Damen und Herren, Volksinitiativen haben allerdings auch Grenzen. Es ist zum einen sehr bewusst in der Verfassung bestimmt, dass Volksinitiativen zum Landeshaushalt, zu Dienstund Versorgungsbezügen, zu Abgaben- oder Personalentscheidungen unzulässig sind.
Zum anderen haben Volksinitiativen den Nachteil, dass zum Anliegen der Initiative nur Ja oder Nein gesagt werden kann. Die große Stärke des Parlamentarismus ist aber, in der offenen Auseinandersetzung, im Streit, im Ringen um die beste Lösung mit Anhörungen in einem Entscheidungsprozess dazu zu kommen, sinnvolle Lösungen zu finden, die ausgewogen sind, Lösungen, die auch die Minderheitenpositionen berücksichtigen, Lösungen, die eine möglichst breite Gemeinsamkeit in der Ge
In der parlamentarischen Auseinandersetzung ist es jedoch möglich, dem Anliegen anderweitig jedenfalls teilweise Rechnung zu tragen. Wir hatten eine Volksinitiative gegen den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld. Sie wurde abgelehnt. Das ist auch richtig so, denn wir brauchen diesen zentralen Flughafen BBI als Drehkreuz für die Entwicklung des Landes Brandenburg. Das Parlament hatte die Landesregierung damals gleichzeitig aufgefordert, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass das Gesetz zur Reduzierung von Fluglärm verbessert wird. Am Ende ist dem vor wenigen Jahren, wie wir wissen, entsprochen worden. Es ist dem ein Stück entgegengekommen, und dem Interesse der Gesamtgesellschaft wurde entsprochen.
Ich rate deswegen nachdrücklich, den Wert parlamentarischer Entscheidungen nicht gering zu schätzen. Unser politisches System ruht auf dem Fundament der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie. Abgeordnete werden in freien, fairen, gleichen und geheimen Wahlen für einen bestimmten Zeitraum in Parlamente gewählt, um dort mit Fach- und Sachkunde ausgewogene politische Entscheidungen zu treffen. Das Wesen unserer Demokratie lebt von einem fairen Interessenausgleich nach dem Muster: für keinen ideal, aber für alle tragbar. Dies ist bei Pleblisziten nicht möglich.
Ich sage dies auch deshalb so deutlich, weil sich DIE LINKE dieser Verantwortung in den vergangenen Monaten scheinbar nicht mehr bewusst ist oder sich ihr aus taktischen Gründen entzieht. DIE LINKE hat mit ihrer Beförderung von drei Volksinitiativen zeitlich passend zur Kommunal-, Europa- und Landtagswahl das Instrument der Volksinitiative zu Wahlkampfzwecken entdeckt. In einer solch massiven Form ist das zweifellos ein Missbrauch.
DIE LINKE sucht sich punktuell Themen heraus, bei denen sie dem Bürger zu verstehen gibt: Wir haben die einfache Lösung. Wir müssen einfach nur entscheiden, dann geht das alles. Die da oben wollen nur nicht.
Das wollen Sie den Bürgern weismachen. Es gibt aber in der Regel keine einfache Lösung. Wer einfache Lösungen für schwierige Probleme verspricht, dem sollte man grundsätzlich misstrauen. Das zeigt ein Blick in die Geschichte.
Ein gutes Beispiel ist die aktuelle Situation bei der Energiepolitik. Es geht eben nicht so einfach, wie von Ihnen gewollt: „Keine neuen Tagebaue - für eine zukunftsfähige Energiepolitik“.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 - in nur 12 Jahren – 20 % des Primärenergieverbrauchs regenerativ zu erzeugen. Es sind jetzt gerade einmal gut 6 %. Das ist - mit all den Problemen - ein anspruchsvolles Ziel.