Protocol of the Session on April 10, 2008

Das Schlimme daran ist, dass Sie dadurch die Bevölkerung noch zusätzlich und zu Unrecht verunsichern. Hätten Sie sich einmal so engagiert, als wir in der Vergangenheit viele technische Neuerungen eingeführt haben. Obwohl dadurch die Polizeiarbeit am Ende effektiver gemacht worden ist, haben Sie sich auch dem damals verweigert.

Lassen Sie mich jetzt auf einige Stichworte eingehen. Wachenschließungen haben keine Auswirkungen auf die bestehende Polizeipräsenz. Die Polizeipräsenz wird trotzdem in der Fläche erhalten bleiben. Der Neuorganisation der Kriminalitätsbekämpfung sind umfangreiche Untersuchungen zur Kriminalitätslage in Brandenburg vorausgegangen. Zudem müssen wir die Bevölkerungsentwicklung zur Kenntnis nehmen, und zwar sowohl die gesamte Bevölkerungsentwicklung in Brandenburg als auch die entsprechenden Zahlen in den einzelnen Landesteilen, und die Polizeidichte danach ausrichten.

Die Kriminalitätslage hat sich wesentlich verbessert. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass zwischen 1994 und 2005 die

Gesamtkriminalität im Lande Brandenburg um 30 % gesunken ist und damit auch die Fallzahlen wesentlich geringer geworden sind. Angesichts dieser Entwicklung kann die Polizeidichte in dieser Art und Weise nicht aufrechterhalten werden, zumal das Land Brandenburg bei der Polizeidichte im Vergleich mit anderen Bundesländern, Herr Kollege Scharfenberg, im oberen Drittel liegt.

Auch müssen Sie die Kriminalitätsverteilung zwischen den einzelnen Landesteilen zur Kenntnis nehmen. Ich möchte Ihnen dazu nur ein Beispiel nennen: Wenn in dem Eigentumskommissariat eines Schutzbereiches pro Jahr fast 500 Verfahren pro Mitarbeiter bearbeitet werden und in dem Eigentumskommissariat eines strukturell vergleichbaren anderen Schutzbereichs nur 113 Verfahren, also nicht einmal ein Viertel davon, bearbeitet werden, dann ist es zwingend notwendig, insoweit strukturelle Veränderungen herbeizuführen. Ebendiesen strukturellen Unterschieden zwischen den Schutzbereichen soll durch die Organisation der Kriminalitätsbekämpfung Rechnung getragen werden.

Der Stellenanteil in den Kommissariaten der Schutzbereiche ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Aber damit genug der Beispiele.

Ich will damit Folgendes sagen: Die Qualität der kriminalpolizeilichen Ermittlungen wird nicht leiden, sondern wird durch die zentralen Dienststellen eher positiv beeinflusst.

Uns besorgt die festgestellte Zunahme der Zahl der Gewaltdelikte, zumal sich diese Entwicklung vorrangig im Bereich der Jugend- und Heranwachsendenkriminalität abspielt. Dies ist zugleich ein Beispiel dafür, dass Polizei und Ministerium des Innern den Fokus auf diese Probleme gerichtet haben und da bewusst gegensteuern, und zwar zum Beispiel durch verstärkte Präventionsprogramme und eine erfolgversprechende Zusammenarbeit zwischen den Schulen, der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Ich denke, das ist der richtige Weg.

Natürlich kann man sich viel wünschen, aber wir haben nun einmal einen Haushalt und einen Finanzplan beschlossen, an die wir gebunden sind. Man kann den Stellenabbau auch bei der Polizei bedauern, aber wir haben uns nun einmal danach zu richten. Da müssen wir eben schauen, wie wir das mit Effektivitätserwägungen hinbekommen.

In Anbetracht der angespannten Haushaltssituation und der hohen Staatsverschuldung können wir es uns eben nicht leisten, an jeder Ecke und zu jeder Tag- und Nachtzeit einen Polizisten zu haben. Das wollen Sie sicherlich auch nicht. Wir hatten ja schon genug von polizeistaatlichen Strukturen aus der Vergangenheit, und insofern ist die Struktur, die wir bekommen werden, auch ausgewogen.

Abschließend noch Folgendes: Bürgernähe ist und bleibt oberste Priorität. Auch wenn es in der Kriminalitätsentwicklung Schwankungen gibt, so sind diese doch nicht so gravierend - das kann man auch an der PKS sehen -, dass man hier Alarm schlagen müsste.

Mit der vorgesehenen Polizeireform kann man gut leben, auch wenn der Stellenabbau an der einen oder anderen Stelle schmerzen wird.

Herr Kollege Dr. Scharfenberg, wir haben aus der Presse zur Kenntnis genommen, dass Sie Innenminister werden wollen.

Man kann ja Ziele und Visionen haben; allerdings frage ich mich, in welchem Land Sie dieses Amt übernehmen wollen: In Kuba, in Nordkorea oder in China? Jedenfalls sollten Sie rechtzeitig einen Ausreiseantrag stellen, damit Sie so frühzeitig ankommen, dass Sie Ihr Amt dort antreten können. - Herzlichen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Die Debatte wird mit dem Beitrag der Landesregierung fortgesetzt. Es spricht Minister Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal habe ich den Nachteil zu beklagen, dass ich nur fünf Minuten reden darf. Ich würde nämlich gern auf viele Punkte eingehen, möchte mich jetzt aber auf Grundsätze beschränken, wobei wir das Thema ja noch im Innenausschuss auf der Tagesordnung haben.

Herr Kollege Dr. Scharfenberg, ich freue mich ausdrücklich, dass Sie das hohe Niveau der Kriminalitätsbekämpfung bestätigen. Schauen Sie aber bitte mal in die Zeitungsarchive, um festzustellen, was Sie vor sechs Jahren gesagt haben!

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Scharfenberg [DIE LINKE])

- Gesagt haben es andere, aber Sie haben es als Mitarbeiter aufgeschrieben. - Ich habe damals entschieden, dass wir vier von sechs Präsidien auflösen werden. Daraufhin haben Sie den Untergang des Abendlandes bzw. der Sicherheit prognostiziert. Tatsächlich hat sich die Aufklärungsquote in der Zeit von damals bis heute kontinuierlich verbessert. Meine erste Aussage lautet also, dass ein Teil Ihrer Aussagen nicht richtig ist.

Die Haushaltslage des Landes Brandenburg ist so angespannt, dass die Polizei zur Verbesserung dieser Situation ihren Beitrag leisten muss und ihn auch leisten kann. Vor diesem Hintergrund ist es gut, einen Blick auf die Gesamtentwicklung zu werfen. Von 1994 bis 2007 hat die Zahl der Straftaten von 328 000 auf 226 000, also um 102 000, abgenommen. In der gleichen Zeit hat die Zahl der Mitarbeiter bei der Kriminalpolizei von 1 855 auf 2 412 zugenommen. Die Zahl der Straftaten ist also gesunken und die Anzahl der Beamten bei der Kriminalpolizei gestiegen. Sicherlich ist es auch für Sie vorstellbar, dass dies Auswirkungen hatte. In dem gleichen Zeitraum hat die Zahl der Mitarbeiter bei der Schutzpolizei um 7 % abgenommen. Damit haben wir bei der Schutzpolizei bereits gespart.

Nun haben wir überlegt, wie wir mit dem Sachverhalt umgehen sollten, dass wir Beiträge zum Sparen leisten müssen. Dazu haben wir uns einmal die Entwicklung in den anderen Ländern vor Augen geführt. In Brandenburg gibt es zurzeit, heute, im Vergleich zu den Flächenländern Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern - nur mit diesen Flächenländern vergleiche ich das Land Brandenburg - die meisten Polizisten im Verhältnis zur Anzahl der Einwohner. Wenn wir die Einsparmaßnahmen abgeschlossen haben, dann werden wir von 1999 bis 2012, dem Zeitraum, den ich betrachte, von 10 300 auf 8 520 abgebaut haben. Das ist eine gewaltige Veränderung. Dazu haben wir Strukturen verändert.

Wir haben einmal geschaut, wie andere Bundesländer das machen. Das empfehle ich auch Ihnen, einmal über den Gartenzaun zu schauen. Sie haben gerade eben gesagt, in RheinlandPfalz sei die Zahl erhöht worden.

Dort kann man erhöhen, wie man will - Rheinland-Pfalz hat nicht so viele Polizisten wie wir. Auf 362 Einwohner kommt dort ein Polizeibeamter, bei uns sind es 268 Einwohner auf einen Polizeibeamten. Wenn wir alle Veränderungen vollzogen haben, werden es 300 sein - so viel, wie zurzeit in Sachsen, wo die Aufklärungsquote ähnlich hoch wie bei uns ist. Darum lautet meine Empfehlung, den Gesamtzusammenhang mit der - Gott sei Dank! - abnehmenden Kriminalität zu sehen.

Ihr Hinweis auf die Gewaltkriminalität ist richtig. Aber wollen Sie, dass die Polizei jetzt alle Aufgaben übernimmt? Sie haben vorhin von Prävention gesprochen. Deshalb habe ich den Präventionsrat gebildet, und zwar gegen verschiedene Widerstände, auch in diesem Hause. Deshalb habe ich mich darum gekümmert, dass die Präventionsarbeit der Polizei deutlich intensiviert wird; das ist geschehen. Wenn wir uns in dem Punkt einig sind, haben wir schon einen Teil der Arbeit geleistet.

Kommen wir deshalb zu einem anderen Punkt. Wie sieht es in den anderen Ländern aus, in den Ländern, von denen wir das Geld bekommen? Führen Sie doch einmal mit den dort Verantwortlichen Gespräche! Wie soll ich weitergehende Forderungen von uns dem bayerischen Innenminister erklären? In Bayern gibt es einen Polizisten auf 338 Einwohner. Wie soll ich das dem sächsischen Innenminister erklären? Dort ist es ein Polizist auf 300 Einwohner. In Nordrhein-Westfalen ist das Verhältnis 1 Polizist zu 391 Einwohnern. Alles das ist die Bundesrepublik Deutschland! Wir bewegen uns also im mittleren Bereich.

Mit den Maßnahmen, die wir hier treffen, verlangen wir den Mitarbeitern sehr viel ab. Das weiß ich vermutlich besser als jeder andere, weil ich mit vielen Beteiligten spreche. Wenn wir diesen Personalabbau vornehmen - Sie beklagen ihn; ich habe ihn zu vertreten, was mir nicht leichtfällt -, dann geschieht das auch mit Blick auf die junge Generation. Wir wollen verhindern, dass sie unsere Schulden zurückzahlt, nur weil wir nicht in der Lage sind, die Staatsverschuldung zurückzuführen.

Wir wollen doch, dass die Bürger hier im Lande sicher sind. Sie haben gesagt, dass dem so ist. Die Sicherheitslage war 1999, bevor ich Innenminister wurde, Wahlkampfthema, weil es die Bürger beschäftigt hat. Heute ist die Sicherheitslage kein Wahlkampfthema mehr - Gott sei Dank! Ich könnte eigentlich sagen: Das haben wir gut gemacht. - Andere würden sagen: Das ist doch logo. - Das ist ein schönes Ergebnis. Wir wollen dafür sorgen, dass es logo bleibt.

Wir haben eine Tiefenuntersuchung veranlasst. Dadurch traten die Verzerrungen zutage, die Kollege Werner und andere angesprochen haben. Es besteht also Veränderungsbedarf. Dem entsprechen wir mit der Strukturanpassung.

Die Redezeit ist leider schon zu Ende. Ich könnte noch einiges dazu sagen; aber das ist auch im Innenausschuss möglich. Da ich auch schon Wahlkämpfer war, will ich aber noch einen Anmerkung machen. In der Zeitung ist zu lesen:

„Für den Fall einer rot-roten Koalition nach der Landtagswahl 2009 stellte der Linkspolitiker in Aussicht, die Maßnahmen wieder rückgängig zu machen. Dabei ließ Scharfenberg durchblicken, dass er an dem Posten des Innenministers interessiert wäre. ,Ich beantworte die Frage nicht mit Nein’, sagte er.“

Das finde ich ganz prima. Bitte begreifen Sie jedoch eines: An einem Kabinettstisch sitzen Leute, die jeweils ihre Interessen vertreten. Aber sie haben einen Eid auf das Land Brandenburg geleistet. Sie haben sich vorgenommen, gemeinsam das Land Brandenburg voranzubringen. Sie haben mir vorgeworfen, mich mit den Sparmaßnahmen der Kabinettsdisziplin unterworfen zu haben. Ich habe immer gesagt: Ich will meinen Beitrag leisten. Ich will etwas für Brandenburg tun. Etwas für Brandenburg Sinnvolles trage ich mit.

Wir haben jetzt einen Einstellungskorridor bis 2009 und Planungssicherheit bei der Polizei bis 2012. Nennen Sie mir einen Bereich in Brandenburg, in dem Sie Planungssicherheit bis 2012 haben, was den Personalumfang angeht! Wenn Sie mir einen solchen Bereich nennen, gebe ich Ihnen einen aus. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der Kollege Dr. Scharfenberg hat Gelegenheit, dieses Angebot anzunehmen.

(Schulze [SPD]: Mal sehen, ob der Kollege Scharfenberg sich auskennt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich finde, es ist eine ungewöhnliche Situation. Ich verstehe gar nicht, warum Sie sich so aufregen.

(Minister Schönbohm: Ich bin fröhlich!)

Wir versuchen doch, mit Ihrer schwierigen Situation umzugehen. Herr Minister, Sie haben 725 Stellen bei der Polizei abgebaut. Es steht im Raum, dass Sie bis 2012 weitere 1 000 Stellen abbauen sollen. Wir haben nie gesagt, dass die Polizei jetzt der besonders zu fördernde Bereich im Lande sei. Wir machen aber darauf aufmerksam, dass die hervorragende Bilanz, die Sie momentan aufzuweisen haben, vor dem Hintergrund dieses Personalabbaus infrage gestellt sein könnte. Wer sagt Ihnen denn, dass der Rückgang der Zahl der Straftaten anhalten wird? Im vergangenen Jahr hat es einen leichten Aufwuchs gegeben. Sie wissen nicht - ich auch nicht -, wie die weitere Entwicklung aussieht.

Herr Minister, Sie können doch nicht bestreiten - schließlich erstellen Sie die Statistik -, dass jeder Kriminalbeamte im Schnitt 177 Straftaten bearbeitet. Wenn 390 Stellen wegfallen, wer bearbeitet dann diese Straftaten? Das ist doch ein Problem!

Hier ist um Verständnis für die Beschäftigten der Polizei gebeten worden. Das ist sehr einfach. Ich denke aber, es gehört mehr dazu. Das wäre Ausdruck einer Gesamtverantwortung.

Herr Minister, ich bitte Sie und andere, die Situation nicht schönzureden. Wir versuchen, eine realistische Beschreibung vorzunehmen. Lassen Sie uns miteinander reden, nicht gegeneinander! Dann kommen wir ein ganzes Stück weiter. - Danke schön.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte zu Tagesordnungspunkt 6 angelangt.

Ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Kriminalität kontinuierlich bekämpfen - Personalabbau in der Polizei stoppen“, Drucksache 4/6105, zur Abstimmung. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist bei einigen Stimmenthaltungen mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Anforderungen an den 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6066

Die Abgeordnete Meier, die für die Fraktion DIE LINKE spricht, ist bereits auf dem Weg zum Rednerpult.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ohne große Vorrede meinen Faden von gestern wieder aufnehmen. Wie wir wieder einmal feststellen können, hat das Parlament bei der Umsetzung von Staatsverträgen kein Mitspracherecht mehr