Protocol of the Session on December 12, 2007

Trotzdem sage ich: Einen solch konsequenten Finanzminister hat man selten. Er macht auch deutlich, große Schwierigkeiten mit dem zu haben, womit sich die Situation perspektivisch wieder verschlechtern wird, nämlich mit der Unternehmenssteuerreform. Er ist davon nicht begeistert. - Brandenburg auch nicht. Das finde ich ganz in Ordnung. Ich frage nur: Was ist denn los, dass wir in Deutschland jetzt aufgefordert sind, darüber nachzudenken, Unternehmen zu entlasten?

5 Milliarden Euro kostet diese Unternehmenssteuerreform den Bund, das heißt uns, an Einnahmen. Die Unternehmen behalten sie, weil sie sie nicht mehr zu zahlen brauchen. Das ist der Sinn der Reform. Es muss also eine Situation geben, in der ich sage: Das ist völlig logisch, weil es den Unternehmen in Deutschland so schlecht geht, dass sie diese Gesetzgebung des Bundes brauchen, um endlich konkurrenzfähig zu sein.

Nun sind die Unternehmen im Moment aber nicht in einer großen Notsituation, nicht nur im laufenden Jahr, sondern sie haben ihre Gewinne in den letzten Jahren verdoppelt. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen. Wer das alles nachlesen möchte, kann das in den WSI-Mitteilungen, Ausgabe 11/2007, machen. Dort gibt es eine sehr detaillierte Übersicht seit 1990.

Wer zu dem Ergebnis gelangt, zu sagen, wir haben Veranlassung, den Kapitalgesellschaften zusätzliche Gewinne zukommen zu lassen, dem muss ich entgegenhalten: Darin unterscheiden wir uns. Das will ich Ihnen auch erklären. Wir fühlen uns nicht für die Schließung der Gewinnmargen verantwortlich, die sich die Unternehmen vorstellen könnten, wenn die Gesetzgebung so wäre, wie sie der Bund jetzt vorhat. Wir sagen klar und deutlich: Nein, wir möchten keine weiteren zusätzlichen Belastungen derer, die momentan schon nicht das zur Verfügung haben, was sie geschichtlich schon einmal zur Verfügung hatten.

Die Nettolohnquote ist in Deutschland im Gegensatz zu den Gewinnen von 55 auf 38 % zurückgegangen. Das heißt: Man hat weniger Geld in der Tasche - ich meine diejenigen, die arbeiten gehen, und diejenigen, denen wir es geben müssen, weil sie keine Arbeit haben -, und es gibt eine regelrecht, sich selbstständig vermehrende Geldmenge bei den Vermögenden.

Wenn Sie das alles schon nicht hören wollen, Stichwort: Vermögensteuer usw., dann lassen Sie uns wenigstens die Diskussion darüber führen, ob wir darauf verzichten könnten, eine Unternehmenssteuerreform zu machen, in deren Ergebnis Kapitalgesellschaften zusätzliche Gewinne erzielen. Wenn es wirklich so ist, dass wir das alle nicht wollen, könnten Sie sich vorstellen, Herr Finanzminister, welche Wirkung das in Deutschland hätte, wenn aus Brandenburg die Initiative käme von der CDU - wie ich gehört habe, will sie ja auch nicht, dass die Vermögenden das Geld bekommen, sondern die anderen; ihr seid ja die Mitte und nicht die ganz oben, das ist eine andere Interpretation -, von der Sozialdemokratie und DIE LINKE? Wir machen eine große Bewegung in der Bundesrepublik nach dem Motto: Wir möchten gern eine gerechtere Verteilung, die heißt weniger Entlastung für Kapitalgesellschaften und mehr für die Bedürfnisse der sozial Schwächsten in dieser Gesellschaft.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Mit dieser Initiative machten wir nichts anderes, als an einer Umverteilung des Geldes teilzunehmen. Das halte ich in der Sache übrigens für geboten. Die Konjunktur ist robust. Wenn man über Wohltaten spricht, möchte ich erwähnen: warmes Mittagessen, kostenlose Busfahrt zur Schule und kostenfreie Kita.

Das ist Ausdruck dafür, dass sich jene, die bei der Mehrwertsteuererhöhung zusätzlich belastet wurden, obwohl sie wenig Einkommen haben, das nicht mehr leisten können.

Sie sagen, wir wollten mit 62 Millionen Euro alle bedienen. Das sei eine Sache, bei der wir alle gewinnen wollten. Herr Abgeordneter Bischoff, ich bitte Sie, einfach zur Kenntnis zu nehmen: Das sind wirklich nicht alle. Das sind die sozial Schwächsten. In Ihrem Wettbewerb um die Mitte haben Sie die sozial Schwächsten aus den Augen verloren. Damit Sie das wieder begreifen, stehe ich hier, um Sie aufzufordern: Mobilisieren Sie Ihre Fraktion für die Interessenvertretung der sozial Schwachen, und nehmen Sie 62 Millionen Euro in diesem Haushalt für diese Aufgaben! Dann sind Sie wieder berechenbar und sozial gerecht.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Jetzt fragen Sie vielleicht, wie dann Nettokreditaufnahme finanziert werden soll.

(Bischoff [SPD]: Das frage ich nicht!)

- Natürlich haben Sie das vorhin gefragt.

(Bischoff [SPD]: Aber jetzt nicht!)

- Ich finde es in Ordnung, dass Sie jetzt schon anfangen nachzudenken.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE - Bischoff [SPD]: Man muss nachdenken!)

Dazu Folgendes: Wenn ich von der Zusammenfassung der Deckungssumme Ihrer Haushaltsvorschläge - die haben Sie bestimmt auch gemacht, nicht wahr? - die Summe von 200 Millionen Euro wegnehme, die zur Senkung der Nettokreditaufnahme eingeplant ist, dann stelle ich fest, dass Sie im Jahr 2008 zusätzliche Ausgaben in Höhe von 82 Millionen Euro tätigen. Die Deckungsquelle liest sich aus Ihren Änderungsanträgen genauso wie bei uns, nämlich als Finanzierung aus dem Mehr an Steuereinnahmen. Jetzt sage ich: Damit habe ich ein Problem. Warum ist es dann, wenn wir diese Deckungsquelle anführen, unsolide, nicht praktikabel

(Zuruf: Populistisch!)

und populistisch - danke -, und dann, wenn es SPD und CDU vorschlagen, völlig logisch, transparent und zwingend?

(Jürgens [DIE LINKE]: Verantwortungsbewusst!)

Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist mir zu billig! Ich würde mir mehr Niveau in der Auseinandersetzung wünschen. Das gehört dazu.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage.

Von Herrn Abgeordneten Bischoff immer.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Bischoff.

Herr Abgeordneter Vietze, würden Sie dem Hohen Hause bestätigen, dass unter den Mehrausgaben, die in diesem Landeshaushalt aus Steuermehreinnahmen auch geleistet werden, unter anderem eine Aufstockung für die Zusatzrenten aus DDR-Zeiten um 5 Millionen Euro und eine Aufstockung um 11,5 Millionen Euro für das neue Bundesgesetz zur Entschädigung von Opfern der SED-Herrschaft, also für Menschen, die aus politischen Gründen im Gefängnis gesessen haben, enthalten ist? Diese Ausgaben werden auch daraus finanziert. Würden Sie dies hier wenigstens im Sinne der Vollständigkeit Ihrer Argumentation bestätigen?

Ich bestätige gern, dass es einen zwingenden Einsatz von Mitteln gibt. Wie Sie wissen, hat der Haushaltsausschuss dem zugestimmt. Es gibt aber auch Beispiele für einen freiwilligen Mitteleinsatz wie die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die Max-Planck-Gesellschaft, den Kombilohn.

(Bischoff [SPD]: Nicht ablenken!)

Da haben Sie also Recht; jawohl, es sind welche zwingend. Aber das gilt nicht für alle, die Sie aufgeschrieben haben.

(Schulze [SPD]: Wollen Sie sie streichen?)

- Nein, Herr Abgeordneter Schulze, ich frage Sie nur: Warum sagen Sie, weil Sie den Kombilohn benennen, das sei natürlich alternativlos, dagegen hätten Sie nichts. Aber die kostenlose Mahlzeit sei zu streichen? Die wollen Sie streichen. Das ist der Unterschied.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, wie Sie mit Geld umgehen. Ich hatte in meinem Leben die Möglichkeit, eine ganze Reihe von Schlussfolgerungen zu ziehen. Denken Sie zusammen mit Ihren Kollegen noch einmal darüber nach!

(Bischoff [SPD]: Das mache ich nicht!)

Das SED-Vermögen wird eingesetzt. Brandenburg erhält 8 Millionen Euro.

(Bischoff [SPD]: Das ist das Geld der Menschen gewe- sen!)

- Ja, das ist Geld der Menschen. Ich bin ja auch dafür, dass es die Menschen erhalten. Das ist mein Vorschlag. Hören Sie jetzt

genau hin: 2 Millionen Euro werden eingesetzt für Vattenfall, für die Entwicklung einer neuen Technologie.

(Bischoff [SPD]: Nein, nicht für Vattenfall, sondern für den Klimaschutz!)

In der „Super-Illu“ stehen die vier Stromriesen drin. Jetzt sage ich einfach: Die Unternehmen haben es doch „nötig“. Im Gegensatz zum Landeshaushalt beträgt das Plus bei E.ON 8,15 Milliarden Euro, bei RWE 6 Milliarden Euro bei EnBW 1,4 Milliarden Euro und bei Vattenfall 1,350 Milliarden - keine Millionen Euro in einem Jahr. Das heißt, bei der Summe für Vattenfall in Höhe von 1,350 Milliarden Euro wurden die 2 Millionen Euro gar nicht angegeben, weil das in deren Abrechnung viel zu gering ist. Das ist auch nicht nötig. Wissen Sie warum? Weil Vattenfall ein Unternehmen ist, das, wenn es wirklich am Markt bleiben will, den Gewinn mit den 2 Millionen Euro auf möglicherweise 1,348 Milliarden Euro reduziert.

Das ist immer noch ganz normal. Deswegen bricht dort niemand zusammen, und der Vorstandsvorsitzende bekommt immer noch genug Geld. Wenn Sie jetzt aber dafür Sorge tragen, dass deren Technologieförderung auch noch vom Steuerzahler, insbesondere von den ehemaligen Bürgern der DDR, finanziert wird, dann lenken Sie das Geld dorthin, wohin es nicht gehört.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Am Ende kann Vattenfall argumentieren: Weil wir so viel für die neuen Bundesländer tun, haben wir natürlich auch eine Gewinnerwartung. Im Ergebnis hat der Vorstandsvorsitzende Nachholbedarf. Dann muss eine Bedingung geschaffen werden, dass die Kollegen endlich wieder zu Geld kommen. Der Vorstandsvorsitzende bekommt Bezüge entsprechend dem erarbeiteten Gewinn. Wenn wir als Steuerzahler die Kosten übernehmen, erhöht sich der Gewinn; dann bekommt er natürlich höhere Bezüge. Dann gibt es jemanden, der auf einem Parteitag eine Rede darüber hält, ob man die Bezüge begrenzen solle. Ich will ehrlich sagen: Mir würde es schon reichen, wenn wir den Konzernen nicht auch noch im Überfluss Mittel zur Verfügung stellen würden. Dann müssten sich die Konzerne nämlich überhaupt nicht mehr um ihren Gewinn sorgen oder für die Entwicklung des Unternehmens wirtschaften, weil wir es ihnen auch noch abnehmen.

(Schulze [SPD]: Lieber Heinz Vietze, unser gemeinsamer Freund Michael Schumann hat einmal gesagt: Man kann eine Mücke zum Elefanten aufblasen, und dann wird es auch wieder falsch!)

Herr Vietze, lassen Sie eine zweite Zwischenfrage zu? - Bitte schön, Herr Bischoff.

Herr Kollege Vietze, ich bin in Schwedt geboren, einer Stadt, die von Industrie sehr stark geprägt worden ist. Ich weiß, was dort passiert ist. Nachts wurden die Filter geöffnet, weil man die D-Mark bzw. Valuta nicht hatte oder nicht haben wollte, um die Filter ordentlich reinigen zu lassen. Die Menschen dort sind erkrankt. Die Zahl der Krebserkrankungen war dort signifikant höher und ist es bis heute. Ich frage Sie: Wollen Sie mit

Ihrer Polemik etwa sagen, dass die 2 Millionen Euro, die in eine klimaschützende Technologie investiert werden, an der Stelle falsch investiert sind?

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Ich möchte ausdrücklich sagen: Ich bin dafür, dass das Unternehmen Vattenfall mit dem Vermögen, über das es verfügt, diese Technologie in Eigenverantwortung erwirtschaftet, weil es nach der Umsetzung auch den Nutzeffekt davon haben wird.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Baaske [SPD]: Sie glauben daran, dass das geht?)