Protocol of the Session on December 12, 2007

Frage 1550 Fraktion DIE LINKE Abgeordnete Kornelia Wehlan - Vorschlag der EU zur Kürzung der Direktzahlungen für große Agrarbetriebe

In Vorbereitung auf den „Gesundheits-Check“ der bis 2013 befristeten EU-Agrarreform präsentierte die EU-Kommission einen Vorschlag, wonach Direktzahlungen an große Agrarbetriebe um bis zu 45 % reduziert werden sollen. Fast zeitgleich stellte die „Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen“ eine von der Landesregierung gelieferte namentliche Liste der 100 größten Brandenburger Empfängerbetriebe von Direktzahlungen, versehen mit dem betriebskonkreten Ausweis der Höhe dieser Gelder, in das Internet.

Die Landesregierung hat bereits im September derartige Kürzungen begründet abgelehnt. Umso unverständlicher ist mir ihr Umgang mit der Transparenz. Betriebsnamen versehen mit nackten Geldbeträgen abzuliefern ist bürokratisch formal, bedient überdies das Klischee von der Ungerechtigkeit in der Verteilung der Agrarsubventionen und ist Wasser auf die Brüssler Mühlen. Notwendig wäre eine Transparenzliste mit Angaben zur Wirtschaftskraft der genannten Unternehmen, zu ihren konkreten Leistungen einschließlich der Beschäftigung von Arbeitskräften und Auszubildenden. Notwendig wäre ebenso eine Auswirkungsberechnung der Brüssler Vorschläge für die verschiedenen Betriebsformen und -größen. Der Agrarminister von Mecklenburg-Vorpommern hat das bereits für sein Land getan. Eine Erkenntnis seiner Präsentation lautet, dass die größten Verluste im Falle der Verwirklichung der EU-Kürzungen ausgerechnet die Betriebe mit der höchsten Zahl an Arbeitskräften und Viehbesatz hinnehmen müssten und dass die Kürzungen zu einem weit unterdurchschnittlichen Einkommen für die Arbeitskräfte führen würden. Die jüngste Presseinformation des Ministers Dr. Woidke verweist auch auf den Verlust von 8 000 Arbeitsplätzen im Land.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie den Sachverhalt, besonders hinsichtlich der Auswirkungen für Brandenburg?

Antwort der Landesregierung

Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Woidke

Die Forderung nach größerer Transparenz staatlicher Transferzahlungen an die Landwirtschaft beruht für einen Teil der Verfechter dieser Forderung auf der Behauptung, diese Zahlungen seien sozial ungerecht verteilt; wenige Landwirte erhielten das Gros dieser Zahlungen, was letztendlich dazu führen würde, dass anstelle einer nachhaltig betriebenen Landwirtschaft eine industriemäßige gefördert werde. Der Vorschlag von Agrarkommissarin Fischer-Boel, die Direktzahlungen zukünftig in Abhängigkeit vom absoluten Volumen dieser Zahlungen je Betrieb mit steigendem Volumen zunehmend zu kürzen - also degressiv auszugestalten -, ist sicher nicht unerheblich als Reaktion auf den auf diese Weise aufgebauten politischen Druck erfolgt.

Es gibt also zweifellos einen Zusammenhang zwischen der Forderung nach mehr Transparenz und dem Vorschlag einer Degression von Direktzahlungen.

Unabhängig davon ist es Beschlusslage der EU, die Akzeptanz der von der Gemeinschaft betriebenen Politik auch dadurch zu erhöhen, dass die Verwendung von EU-Haushaltsmitteln offengelegt wird. Die Landesregierung unterstützt diesen Ansatz. Sie widersetzt sich aber zugleich Bestrebungen, die öffentliche Diskussion allein auf die Zahlungen an einzelne Gruppen zu konzentrieren, wie dies ganz offensichtlich von der „Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen“ beabsichtigt ist.

Wenn diese „Initiative“ - wie mit einem Schreiben am 13.03.2006 geschehen - allerdings um die Übermittlung konkreter Informationen zu Agrarsubventionen in unserer Landwirtschaft nachsucht, sind wir gehalten, dieses Begehren auf der Basis des geltenden Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes zu prüfen. Genau dies ist getan worden, und die übermittelten Daten entsprechen dem Ergebnis dieser Überprüfung; nicht mehr und nicht weniger.

Die nationale Umsetzung der Verpflichtung, Informationen über die Empfänger von EU-Mitteln ab 2008 zu veröffentlichen, befindet sich noch in Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Wir sprechen uns mit Nachdruck dafür aus, nicht nur die nackten Zahlen offenzulegen, sondern diese durch verfügbare aussagefähige Fakten zu ergänzen. Diese sollen verdeutlichen, wer von diesen Zahlungen wirklich profitiert und welche Leistungen damit verbunden sind. Genau auf dieser Basis führen wir die Auseinandersetzung zu dem Vorschlag einer Degression der Direktzahlungen. Das haben alle Agrarminister der neuen Bundesländer, nicht nur Herr Backhaus, erst jüngst in einem gemeinsamen Schreiben an die Agrarkommissarin getan. Agrarkommissarin Fischer-Boel wird aufgrund unserer Aktivitäten am 20.01.2008 Brandenburg besuchen, um sich vor Ort über die konkrete Situation und die Rahmenbedingungen des Landes zu informieren.

Das haben wir umgesetzt, indem wir dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) exemplarisch anhand der größten Empfänger von Direktzahlungen unseres Landes Informa

tionen zu Produktionsstrukturen, Beschäftigung, Investitionen und wirtschaftlicher Lage dieser Unternehmen zur Verfügung gestellt haben. Weiterhin haben wir die Auswirkungen des Kommissionsvorschlages für unsere Landwirtschaft untersucht, bewertet und offensiv präsentiert. Wir können damit belegen:

1. Es gibt im derzeitigen System der Direktzahlungen keine Beziehungen zwischen Betriebsgröße bzw. Volumen der betrieblichen Direktzahlungen einerseits und dem Umfang der Direktzahlungen je Arbeitskraft andererseits. Maßgeblich für die gewährten Direktzahlungen pro Arbeitskraft ist nicht die Betriebsgröße, sondern vielmehr das Produktionsprofil und die Unternehmensstruktur.

2. Eine Degression der Direktzahlungen ist insoweit absolut kontraproduktiv. Sie würde zu einem massiven Abbau von Arbeitskräften, vorrangig in den Betrieben mit Tierproduktion führen, mit all seinen negativen Auswirkungen auf den vor- und nachgelagerten Bereich und den ländlichen Raum in Gänze.

3. Marktorientierung, umweltgerechte Produktionsverfahren, artgerechte Tierhaltung, Umsetzung der guten fachlichen Praxis, letztendlich aber auch Arbeitsplatzbereitstellung sind keine Frage von Betriebsgröße und Rechtsform.

Frage 1551 Fraktion der DVU Abgeordnete Birgit Fechner - Kriminalitätsatlas

Die Berliner Polizei will im kommenden Jahr zusätzlich zur Kriminalitätsstatistik erstmals einen Stadtteilatlas vorlegen. Darin soll die Kriminalitätsstatistik für jeden Ortsteil Berlins statistisch erfasst werden. Bereits seit längerem fordert die Gewerkschaft der Polizei einen solchen „Kriminalitätsatlas“.

Ich frage die Landesregierung: Welche Vor- oder auch Nachteile hätte ein „Kriminalitätsatlas“ für das Land Brandenburg?

Antwort der Landesregierung

Minister des Innern Schönbohm

Ein Kriminalitätsatlas kann einen Überblick über die Kriminalitätsverteilung in einfacher tabellarischer und grafischer Form geben. Er könnte ein Hilfsmittel sein, um der Politik und der interessierten Öffentlichkeit die Kriminalitätsentwicklungen im Raum-Zeit-Bezug in einfacher Form darzulegen sowie der Erkennung von Kriminalitätsschwerpunkten, der Beobachtung der Kriminalität, der Anzahl der Tatverdächtigen und der Erlangung von Erkenntnissen für die vorbeugende und verfolgende Verbrechensbekämpfung dienen.

Um aber die Ursachen und Zusammenhänge von Kriminalitätsentwicklungen zu erkennen, bedarf es genauer und spezifischer Untersuchungen. Als Arbeitsmittel für die Polizei ist der Atlas nicht geeignet, dafür stehen andere Statistiken, Lagebilder und Auswertungen, wie zum Bespiel die Polizeiliche Kriminalstatistik, das Lagebild OK, Rauschgift, Wirtschaftskriminalität und anderes zur Verfügung.

Frage 1552 Fraktion DIE LINKE Abgeordnete Birgit Wöllert - Situation der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte in Brandenburg

Im Dezember 2005, also vor nunmehr zwei Jahren, hat sich der Landtag mit der Situation in der ambulanten ärztlichen Versorgung beschäftigt. Hintergrund waren akute Finanzierungsprobleme für eine ganze Reihe niedergelassener Ärztinnen und Ärzte.

Inzwischen erreichen uns erneut Hinweise von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, die eine existenzbedrohende Situation beschreiben. So wurde zum Beispiel darüber berichtet, dass eine hausärztliche Praxis in der Uckermark aus einer finanziellen Notsituation heraus geschlossen werden musste.

Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt sie die wirtschaftliche Situation der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte in Brandenburg ein?

Antwort der Landesregierung

Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie Ziegler

Der Landesregierung ist bekannt, dass es unter den Vertragsärztinnen und -ärzten eine zum Teil erhebliche Einkommensspreizung gibt, insbesondere zwischen den verschiedenen Facharztgruppen. Über entsprechende Einkommensunterschiede liegen ihr für Brandenburg keine konkreten Zahlen vor. Bekannt ist, dass zwar die mit den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung erzielten Bruttoeinnahmen der Vertragsärzte in den neuen Ländern leicht unter dem Bundesdurchschnitt, die Einnahmen pro Fall jedoch deutlich darunter liegen. Dieses Einkommensgefälle soll mit der ab 2009 geltenden neuen Vergütungsordnung verringert werden. Ferner können auch Zuschläge für Arztpraxen in unterversorgten Gebieten gezahlt werden. Über die konkreten Umstände einzelner Praxisschließungen in Brandenburg liegen der Landesregierung keine Informationen vor.

Frage 1553 Fraktion DIE LINKE Abgeordnete Kornelia Wehlan - Richtlinie zur Förderung der Konversion

Das Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg bringt gegenwärtig eine überarbeitete Richtlinie zur Förderung der Konversion im Land Brandenburg auf den Weg. Ursprünglich sollte diese Richtlinie zum 1. September 2007 in Kraft treten. In dieser sollen sich zukünftig die Kommunen mit einer Eigenbeteiligung von 10 % an Maßnahmen der Konversionsförderung beteiligen. Bei Kommunen mit geringer Finanzkraft kann auf Antrag und nach Prüfung bei einer Investitionssumme von mehr als 500 000 Euro der Eigenbetrag auf 5 % reduziert werden. Beispielsweise würde das im günstigsten Fall für die Stadt Jüterbog für den Rückbau der Kaserne Forst-Zinna mit einem prognostizierten Investitionsbedarf von 2 Millionen Euro einen Eigenanteil von 100 000 Euro bedeuten. Dies vor dem Hintergrund, dass die Stadt Jüterbog nicht einmal Eigentümerin - die Kaserne ist Eigentum des Landes Brandenburg - ist. Bisher ermöglichte es die alte Konversionsrichtlinie, dass der

Eigenanteil der Kommunen durch das Sondervermögen ersetzt bzw. dargestellt werden konnte.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die geplante Veränderung der Konversionsrichtlinie vor dem Hintergrund, dass Kommunen sich an der Förderung von Projekten beteiligen sollen, die sich nicht in ihrem Eigentum befinden, währenddessen die, den Eigenanteil aus dem Sondervermögen zu finanzieren, weiter besteht?

Antwort der Landesregierung

Minister für Wirtschaft Junghanns

Der Entwurf der Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft zur Förderung der Konversion im Land Brandenburg wird derzeit hinsichtlich seiner Regelung zur Bereitstellung eines kommunalen Eigenanteils bei Fördermaßnahmen überprüft. Ziel dabei ist es, die Städte und Gemeinden so weit wie möglich zu entlasten. Über das Ergebnis der Prüfung werde ich Sie informieren.

Frage 1554 Fraktion DIE LINKE Abgeordnete Birgit Wöllert - Frühförderung

Die Sozialpädiatrischen Zentren im Land Brandenburg, die für die frühestmögliche Diagnostik bei entwicklungsverzögerten, einschließlich behinderten Säuglingen und Kleinkindern, zuständig sind, werden seit Jahren von den Landkreisen und kreisfreien Städten in immer geringerem Maße finanziell unterstützt. Auch die Krankenhausträger dieser Zentren setzen andere Schwerpunkte des Ausbaus ihrer Einrichtungen.

Das hat zur Folge, dass aus Personalmangel und anderen finanziellen Gründen bei der Erstvorstellung Wartezeiten bis zu mehreren Monaten entstehen. Durch diese unnötige Verzögerung von Diagnostik und therapeutischer Hilfe verfestigen sich Schädigungen im Kleinkindalter, die die Entwicklung dieser Kinder einschränken und nicht unerhebliche Folgeschäden und Folgekosten verursachen können.

Darum frage ich die Landesregierung: Wäre es nicht sinnvoll und angesichts des Maßnahmenpakets der Landesregierung für Familien- und Kinderfreundlichkeit auch geboten, die Sozialpädiatrischen Zentren in Brandenburg direkt dem Land zu unterstellen und sie finanziell so auszustatten, wie es für das Kindeswohl und bei Vermeidung künftiger Folgekosten notwendig wäre?

Antwort der Landesregierung

Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie Ziegler

Die Landesregierung bestätigt, dass ein Teil der Landkreise und kreisfreien Städte die Kosten für Leistungen der Sozialpädiatrischen Zentren in den letzten Jahren nicht bzw. nicht in dem Umfang erstattet haben, wie 1992 mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart. Vom Land, aber auch von den Krankenkassen, wurde diese Entwicklung wiederholt bemängelt.

Im Sommer dieses Jahres haben die Rehabilitationsträger eine

Rahmenvereinbarung zur Komplexleistung Frühförderung geschlossen. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Kommunen auf Grundlage dieser Rahmenvereinbarung und unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben nach § 9 Abs. 2 Frühförderungsverordnung ihrer Kostenerstattungspflicht gegenüber den Sozialpädiatrischen Zentren in den Entgeltvereinbarungen nachkommen.

Die Frage, ob es sinnvoll bzw. geboten wäre, die Sozialpädiatrischen Zentren dem Land zu unterstellen und durch das Land zu finanzieren, ist mit Nein zu beantworten. Die Kostenzuständigkeit für die in den Sozialpädiatrischen Zentren erbrachten Leistungen ist gesetzlich klar geregelt.

Die Landesregierung wird die Verhandlungen über Entgelte für die Komplexleistung Frühförderung aufmerksam verfolgen und darauf achten, dass die für die Leistungen der Frühförderung zuständigen Kostenträger ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen.

Frage 1555 Fraktion DIE LINKE Abgeordnete Kornelia Wehlan - Windkraftgebiet in Sperenberg?

Die Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming hat vorgesehen, auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Sperenberg und Umgebung ein Windkraftgebiet auszuweisen. Die Anliegergemeinden und der dortige Planungsverband lehnen das Vorhaben ab.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie den Sachverhalt besonders hinsichtlich ihrer eigenen Aktivitäten zur wirtschaftlichen Erschließung der Region?