Protocol of the Session on October 11, 2007

Deswegen können Sie nicht so tun, als ob das nicht der Fall wäre. Wir hatten im Schuljahr 2005/06 noch über 40 000 Schüler und werden im Jahr 2010/11 nur noch 20 000 haben, also gerade einmal die Hälfte. Aber im gleichen Augenblick werden wir nicht die Zahl der Schulen halbieren, sondern wir werden sie stückchenweise zurückfahren müssen, aber nicht in dem Umfang, wie die Schülerzahlen es uns eigentlich mit auf den Weg geben. Deswegen bitte ich darum - wir können nicht immer die gleiche Meinung haben -, das Problem zu benennen, das diejenigen haben, die regieren und die näher an der Realität sind als diejenigen, die sich das vielleicht wünschen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Was ist denn Rea- lität?)

Ich sage noch etwas dazu: Wir werden im November mit den zentralen Vergleichsarbeiten in Klasse 6 beginnen und damit das Ü-7-Verfahren auf einen fairen, leistungsgerechten Weg umstellen. Das ist Mehrheitsmeinung im Parlament und auch Mehrheitsmeinung der Oberschulvertreter und der Vertreter von den Gymnasien. Deswegen ist auch diese Tatsache einmal zu reflektieren, wenn es darum geht, zukünftig die Schülerzahlen zum Abitur zu entwickeln.

(Frau Große [DIE LINKE]: Aber das ist der falsche Weg. Wir wollen mehr Leute zum Abitur bringen!)

- Ich habe gewusst, dass Sie genau das ansprechen werden. Als ich gestern hier ungefähr um 10.11 Uhr sagte, dass wir mehr für Jungenförderung tun müssen, und Beispiele nannte, da haben Sie diese Beispiele lächerlich gemacht und abgelehnt.

(Frau Große [DIE LINKE]: Das stimmt gar nicht!)

- Doch, haben Sie. Heute steht es in der Zeitung. Wir haben gesagt, wir wollen die Abiturzahlen bei Jungen erhöhen. Heute fordern Sie das Gegenteil.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Das passt nicht ganz zusammen. Ich kann mir Tatsachen, über die gestern geredet wurde, noch sehr gut merken

(Na, na! bei der Fraktion DIE LINKE)

und auch das, was heute gesagt worden ist, entgegenstellen. Vielleicht ist das bei Ihnen nicht ganz so ausgeprägt; das mag ja sein. Aber unabhängig davon: Wir tragen die Verantwortung, und das tun wir gern.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Frau Kaiser, ja, das ist doch gut. Ich finde das ja auch ganz spannend. Ich habe gestern gesagt, Kontroversen müssen auch sein, um zu erkennen, wer auf welcher Seite steht, wer die

Wahrheit vertritt bzw. wer die Wahrheit gepachtet zu haben meint.

Letzter Punkt: Wir werden zukünftig in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Gymnasien haben, damit nach 13 Schuljahren das Ablegen des Abiturs möglich ist. Deswegen auch meine Bitte an die Landkreise und kreisfreien Städte: Erstellen Sie eine vernünftige Planung! Es gibt Landkreise, die es vormachen, die uns zeigen, wie es geht. Andere sagen sich jedoch: Wir warten einmal ab, was passiert. - Deswegen weise ich darauf hin, dass es eine ordentliche Planung geben muss.

Wir werden langfristig über 70 Gymnasien im Land Brandenburg halten können und damit auch wohnortnahe Schulmöglichkeiten bieten.

Letzter Punkt: Sie schreiben unter Punkt 2 Ihres Antrags, dass Sie die Schulen quasi so auslaufen lassen wollen, dass die Schüler noch an ihnen das Abitur ablegen können. Frau Große, Sie kennen doch die Regeln der Verfahren bei Schulschließungen und wissen, dass es eben nicht geht, dass nur eine einzige Jahrgangsstufe in der Schule aktiv ist. Deswegen hat Frau Siebke zu Recht auf die Dinge hingewiesen, die uns auch mit Blick auf die Qualität wichtig sind. Es geht nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität. Unter einem Mangel an Qualität haben die Brandenburger Schülerinnen und Schüler immer noch zu leiden. Deshalb sage ich, dass wir die Qualität verbessern müssen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordneten Geywitz [SPD])

Herr Senftleben, ich gehe davon aus, dass Sie die Regeln kennen und wissen, dass fünf Minuten fünf Minuten sind.

Nun erhält Herr Minister Rupprecht das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben das Thema, über das wir jetzt sprechen, schon ausgiebig in der letzten Landtagssitzung miteinander ausgefochten. Es gab viele Nachfragen der Opposition; deshalb habe ich dem, was ich vor vier Wochen gesagt habe, nicht viel hinzuzufügen. Ich will trotzdem zumindest in Kürze auf den Antrag eingehen.

Mich wundert sowohl die Zielstellung des Antrags als vor allen Dingen auch seine Überschrift. Der Erhalt von gymnasialen Standorten und die damit verbundene Forderung, die 50er Regelung ein Jahr vorzeitig in eine 40er umzuwandeln, passen eigentlich überhaupt nicht zusammen. Ich habe Ihnen, sehr verehrte Frau Große, in der letzten Sitzung schon vorgetragen und das steht heute genauso im Raum; Vorredner haben es auch bestätigt -: Das Vorziehen dieser Regelung wird nicht einen einzigen Standort retten. Daraufhin meinten Sie beim letz

ten Mal, dass es Ihnen ja auch gar nicht um die Schulstandorte, sondern um die einzelnen Jahrgänge ginge, die man damit erhalten könnte. Heute geht es laut Überschrift des Antrags wieder um die Standorte. Ich weiß nicht so recht, was Sie eigentlich wollen.

Ich kann an dieser Stelle sagen: Schulen, die ab Schuljahr 2009/10 weniger als 40 Schülerinnen und Schüler in der Jahrgangsstufe 11 haben, werden ihre gymnasiale Oberstufe definitiv leider verlieren, und zwar ganz gleich, wie viele Schülerinnen und Schüler im vorigen Jahrgang in dieser Schule waren. Alles, was die Umsetzung Ihres Antrags also bewirken würde, wäre, dass an einigen Schulen ein Jahr länger eine Jahrgangsstufe 11 gebildet würde. Gut!, argumentieren Sie, das ist doch immerhin etwas.- Schlecht!, sage ich, denn ich bin als Minister für das gesamte Schulsystem des Landes Brandenburg verantwortlich und kann nicht - wie die Opposition - nach Gutdünken Schwerpunkte setzen. Ich will die Auflösung gymnasialer Oberstufen an einzelnen Schulen nicht durch einmalige Sonderregelungen hinauszögern, also sehr kleine Oberstufen auf Kosten der anderen Schulen weiterfinanzieren, wenn völlig klar ist, dass sie nicht zu halten sein werden. Ich trage die Verantwortung für die Sicherung einer dauerhaft stabilen Struktur in der gymnasialen Oberstufe, und genau aus dem Grunde will ich das Regelwerk an der langfristig stabilen Schülerzahl von 8 000 in der Jahrgangsstufe 11 festmachen. Das heißt, genau diese vier Jahre, nämlich von 2009 bis 2012, in denen diese Marke vorübergehend unterschritten wird, will ich mit der Ausnahmeregelung für Gesamtschulen, berufliche Gymnasien sowie für die Gymnasien im ländlichen Raum überbrücken. Für diese kleinen gymnasialen Oberstufen werden wir es uns dann auch leisten, sie mit zusätzlichen Lehrerstellen auszustatten, damit nicht etwa - was fatal wäre - die geringe Schülerzahl zulasten der Qualität geht. Mehr ist nicht möglich, und mehr ist aus meiner Sicht auch nicht sinnvoll.

Übrigens, verehrte Abgeordnete der Opposition, ist der zweite Teil Ihres Antrags schlichtweg überflüssig, denn es gab bisher keinen Fall - ich habe auch zukünftig nicht die Absicht, so etwas zu tun -, in dem auslaufende gymnasiale Oberstufen gegen den Willen der betroffenen Schüler vorzeitig abgewickelt worden wären. Als ehemaliger Schulleiter weiß ich natürlich, dass es fatal ist, wenn man Schüler im laufenden Kurssystem, die sich in der Vorbereitung auf das Abitur befinden, an andere Schulen verteilt. Worüber man reden kann dies ist allerdings nur an wenigen Stellen möglich -, ist eine Kooperation, so wie wir es jetzt in Frankfurt (Oder) mit der Hutten-Schule und dem Karl-Liebknecht-Gymnasium tun. Regelungen in einer Verordnung bedarf es dafür jedoch nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag in der Drucksache 4/5185 - Erhalt von gymnasialen Schulstandorten - zur Abstimmung vor. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Antrag? - Wer enthält sich der Stimme? Es ist mehrheitlich gegen diesen Antrag gestimmt worden. Er ist damit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Einrichtung eines grundständigen Studiengangs für das Lehramt an beruflichen Schulen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/5186

Ich eröffne die Aussprache. Auch hierzu erhält die Abgeordnete Große als Erste das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei diesem Tagesordnungspunkt freue ich mich schon auf die Auseinandersetzung mit einem anderen Mitglied der Landesregierung - mit Ihnen, Frau Prof. Wanka. Auf der letzten Landtagssitzung beendete der zuständige Minister Rupprecht die Vorstellung des Konzepts der Landesregierung zur Ausbildung für das Lehramt an beruflichen Schulen mit der Bemerkung, dass dieses Konzept ein erster Schritt sei, dem weitere folgen müssten. Dabei wollen wir als Opposition gern mithelfen; der künftige Bedarf an Fachkräften wird ja täglich auch medial dargestellt.

In dem Konzept und auch in der Rede des Ministers wurden verschiedene Modelle vorgestellt. Jedoch wurden sie letztlich sämtlich ad absurdum geführt, weil die personellen oder finanziellen Kapazitäten zu ihrer Realisierung nicht vorhanden sind und auch nicht bereitgestellt werden können. Als ein Modell wurde ein grundständiges Studium in Brandenburg in den Raum gestellt, allerdings sehr vage und unverbindlich, mit vielen Einschränkungen behaftet.

Favorisiert wurde letztendlich die Nutzung der Studienkapazitäten an den Berliner Universitäten und die Gewinnung von Seiteneinsteigern. Beides wird seit Jahren praktiziert, funktioniert aber nicht so, dass auf diese Weise der Bedarf an Berufsschullehrern im Land Brandenburg auch nur annähernd gedeckt werden könnte. Die Kooperation mit Berlin hat sich bisher nicht bewährt. Obwohl eine jährliche Ausbildungskapazität von 30 für Brandenburg festgelegt worden war, kamen in den letzten vier Jahren ganze acht Absolventen nach Brandenburg. Auf diesen Weg zu bauen scheint zumindest fahrlässig zu sein.

Ich räume natürlich ein, dass sich keine zureichende Anzahl von jungen Menschen darum beworben hat, ein Studium zum Berufsschullehrer zu absolvieren. Das ist auch bei den 30 Berlinern nicht passiert; auch für die Berliner Schulen reicht es nicht. Wir können, wie gesagt, auf diesen Weg nicht bauen, weil auf ihm eine unzureichende Zahl von Menschen, die an den Berufsschulen als Lehrer arbeiten könnten, in unser Land käme.

Gegen Seiteneinsteiger ist prinzipiell nichts einzuwenden; insbesondere an beruflichen Schulen sind sie eine große Bereicherung und ein Weg zur Gewinnung entsprechenden Fachlehrerpotenzials. Doch die Gewinnung von Seiteneinsteigern kann aus unserer Sicht immer nur ein ergänzender Pfad und keineswegs der einzige Weg sein.

Wir brauchen in Brandenburg eine grundständige Berufsschullehrerausbildung, und das nicht erst in fünf oder zehn Jahren, sondern so schnell wie möglich. Dazu bedarf es möglicherweise unkonventioneller Lösungen. Denkbar wären aus unserer Sicht beispielsweise ein Zusammengehen von BTU und Fach

hochschule Lausitz oder eine stärkere Einbeziehung der Studienseminare in die Ausbildung. Nachgedacht werden muss auch darüber, Absolventen von Fachhochschulen zum Beispiel im technischen Bereich dahingehend zu qualifizieren, dass sie an Berufsschulen unterrichten können.

Das könnten wir hier im Land doch viel besser befördern, weil wir die Landesprüfungsordnung festlegen sowie die Studienseminare und das Lehrerbildungszentrum hier haben. Auf diesem Weg kämen wir schnellerer voran. Ich habe erst unlängst einen Menschen getroffen, der fünf Jahre Maschinenbau an einer Fachhochschule studiert hat und jetzt in Berlin noch einmal fünf Jahre dranhängen soll, um Berufsschullehrer zu werden. Das ist doch schade. Er ist dann nicht mehr jung, wenn er auf junge Menschen, wie sie da hinten sitzen, losgelassen wird.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Landesregierung hat es sich aus unserer Sicht mit dem vorgelegten Konzept, was die Schlussfolgerungen und die konkreten Maßnahmen anbelangt, etwas zu leicht gemacht. Wir können uns des Eindrucks nicht erwähren, dass auf Zeit gespielt wird. Was bisher nicht funktioniert hat, wird auch weiterhin nicht so gut klappen. Es reicht nicht, auf freie Ausbildungskapazitäten - diese gibt es; das wissen wir - in Berlin zu verweisen und die mangelnde Bereitschaft junger Leute, diese Ausbildung aufzunehmen, zu beklagen. Es werden auch in Zukunft nicht genügend Lehrkräfte zu bekommen sein, wenn den jungen Menschen keine klaren Perspektiven oder Anreize gegeben werden, diesen Ausbildungsweg zu wählen. Solange Studierende gerade einer solchen Fachrichtung für sich keine klaren Zukunftsperspektiven sehen, werden sie andere Studienrichtungen wählen oder - als Absolventen - in Länder gehen, die ihnen klare Perspektiven aufzeigen.

Wir erwarten von Ihnen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, und zwar sowohl vom MBJS als auch und ganz besonders vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, dass Sie schnellstens konkrete Schritte einleiten, um eine grundständige Berufsschullehrerausbildung in Brandenburg zu installieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Geywitz, die für die SPD-Fraktion spricht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Große, Ihnen dürfte bekannt sein, dass wir in einigen Regionen Brandenburgs einen Mangel an niedergelassenen Ärzten haben. Als Schlussfolgerung aus den Worten, die Sie gerade wählten, müsste man eigentlich erwarten, dass Sie demnächst den Antrag einbringen, Frau Prof. Wanka solle prüfen, ob wir nicht auch in Brandenburg ganz gut eine Medizinische Fakultät gebrauchen könnten.

(Jürgens [DIE LINKE]: Wäre eine Idee!)

- Herr Jürgens, ja, bis aufs Nächste.

(Unruhe bei der Fraktion DIE LINKE)

Sie haben ein Problem beschrieben und gleichzeitig eine ganz einfache Lösung skizziert. Das ist das Gute, wenn man in der Opposition ist: Problem-Lösungs-Antrag - die Regierung muss dann machen.