Protocol of the Session on October 10, 2007

Wenn Sie fordern: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, dann klingt das zwar ganz toll; dennoch ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Wenn Sie sich vor Augen führen, dass nach der IAB-Studie, die auch Sie zitiert haben, schon mehr als jeder sechste Vollzeitbeschäftigte für einen Niedriglohn arbeitet, wobei es im Osten ein Anteil von mehr als 17 % ist, und dass es gerade auch in Brandenburg Tarifverträge mit einem darin festgelegten Stundenlohn von unter 5 Euro brutto gibt, etwa in der Überwachungsbranche, dann werden wahrscheinlich auch Sie gar nicht erst darüber reden wollen, was in Branchen ohne Tarifbindung gezahlt wird.

Wenn Sie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ sagen, dann kann das richtig nach hinten losgehen; denn hier gibt es einen Tarifver

trag, 6,22 Euro werden gezahlt. Ich sage nicht, dass das ein toller Stundenlohn ist. Es kann aber sein, dass in den betreffenden Betrieben durch die Leiharbeit höhere Einkommen erzielt werden, als sonst in dem Betrieb gezahlt werden, und zwar dann, wenn ein solcher Betrieb ansonsten seine Mitarbeiter außerhalb des Tarifs entlohnt. Nicht zuletzt deshalb bitte ich Sie, mit diesem Slogan sehr vorsichtig umzugehen. Das klingt im ersten Moment immer zustimmungsfähig, ist es aber nicht in jedem Fall.

Aus meiner Sicht sollte die Leiharbeit auch in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen werden. In der Debatte ist schon mehrfach gesagt worden, dass akzeptable Mindestarbeitsbedingungen geschaffen werden müssen; das ist keine Frage. Die Branche gehört ja auch zu denen, die nach dem zum Thema Mindestlohn auf Bundesebene erzielten Kompromiss noch in der laufenden Legislaturperiode in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen werden könnten.

Was das Thema der betrieblichen Mitbestimmung angeht, so ist darauf in der Debatte noch nicht eingegangen worden. Ich kann auch nicht nachvollziehen, was Sie eigentlich damit gemeint haben, Herr Görke; schon jetzt gibt es die Beteiligungsrechte von Betriebsräten nach dem Betriebsverfassungsgesetz.

Zusammenfassend kann ich also sagen: Es ist richtig und wichtig, dass wir die bestehenden gesetzlichen Regelungen immer wieder auf den Prüfstand stellen und sehr genau beobachten, was auf EU- und auf Bundesebene passiert. Dass wir das alles im Zusammenhang mit der Debatte um einen Mindestlohn betrachten, versteht sich von selbst. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Herr Görke, Sie stehen nicht noch einmal auf meiner Liste, aber Redezeit hätten Sie noch. Wenn Sie Bedarf haben sollten, dann würde ich Ihnen die Möglichkeit gern einräumen.

(Unruhe bei SPD und CDU - Schulze [SPD]: Herr Görke, eben waren wir noch guter Laune; jetzt sind wir es nicht mehr!)

Inzwischen begrüße ich Gäste aus unserem neuen EU-Mitgliedsland Lettland, Landwirtschaftsminister Martin Roze und seine Delegation.

(Allgemeiner Beifall)

Leider sind wir bereits beim letzten Tagesordnungspunkt; über den Zeitverzug haben wir uns eben schon unterhalten.

Bitte, Herr Kollege Görke.

Sehr geehrter Kollege Schulze, ich bin nicht verantwortlich für die Harmonie in diesem Hause - vielleicht sind Sie es -, sondern möchte mich vielmehr auch heute den Fakten weiter nähern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht überhaupt nicht darum, die Vorstellungen der Ministerin zur Leiharbeit in Bausch und Bogen abzulehnen. Leiharbeit als Brücke in ein reguläres Arbeitsverhältnis wird von uns begrüßt. Aber solche Arbeitsverhältnisse dürfen nicht zur Umgehung von normalen Arbeitsverhältnissen führen, wie es seit fast zweieinhalb Jahren im Ergebnis der Arbeitsmarktreform der Fall ist. Das muss hier einfach einmal gesagt werden.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir Sie auffordern, im Bundesrat aktiv zu werden, damit Leiharbeit eine flexible und vor allem faire Beschäftigungsform wird. Gestatten Sie mir, bei dieser Gelegenheit auf das Zitat „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ zurückzukommen. Das ist der Slogan Ihrer Genossin Kraft, der Spitzenkandidatin der SPD in Nordrhein-Westfalen, womit sich für die weitere Auseinandersetzung zu diesem Thema zumindest eine Relativierung ergeben dürfte.

Sie sagten zum Beispiel, mit der Aufnahme in das Entsendegesetz könnten wir das Thema beherrschen bzw. entkrampfen, wenn ich das einmal so platt formulieren darf. Damit hätten wir aber das Problem des Dauerverleihs und der Verdrängung der Stammarbeitskräfte nach wie vor nicht vom Tisch. Vielleicht gäbe es dann einen etwas höheren Tariflohn, jedenfalls höher als die 5,70 Euro pro Stunde, die der Christliche Gewerkschaftsbund unter anderem mit dem mittelständischen Personaldienstleister AMP hier in Deutschland verabredet hat.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. Das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, eine Begrenzung der Verleihdauer und ein gesetzlicher Mindestlohn sind notwendig, um im Leiharbeitssektor flächendeckend eine faire Beschäftigungsform zu schaffen.

Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung. Dabei geht es um Ihre Bezugnahme auf meine Frage zum Thema Mindestlohn in der Fragestunde. Ich bitte Sie, Frau Ministerin Ziegler, an dieser Stelle, Ihre Aussage zu meiner Anfrage 1430 nach Einsichtnahme in das Protokoll des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates in der Niederschrift 761 vom 29.07.2007 freundlichst zu überdenken. Vielleicht finden wir morgen noch einmal das Gespräch dazu. Ich meine, dazu bestünde Anlass. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Weiterer Redebedarf ist mir nicht angezeigt worden.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/5183. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist dieser Antrag ohne Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und damit auch die 55. Sitzung des Landtages. Ich erinnere Sie an den Parlamentarischen Abend um 18 Uhr, zu dem uns der Waldbesitzerverband erwartet.

Ende der Sitzung: 17.08 Uhr