Protocol of the Session on September 13, 2007

Die Länder haben, glaube ich, auch über die Beschlüsse durch die Sonderverkehrsministerkonferenz eine klare Position aufgezeigt. Am Montagnachmittag wird das Gutachten vorgestellt. Dabei werde ich anwesend sein. Es gilt, die nächsten Wochen wirklich sehr intensiv dafür zu nutzen, dass der Gesetzentwurf auf eine vernünftige Grundlage gestellt wird; denn schließlich wird hier eine Zukunftsentscheidung getroffen.

Zudem bin ich dankbar für den Hinweis von Frau Tack, dass man sich mit dem öffentlichen Eigentum auf den Kern konzentrieren muss; denn etwa bei den Logistikaktivitäten, die ich nachdrücklich unterstütze, ist dauerhaft kein 100%iges Eigentum der öffentlichen Hand notwendig. Dabei kann durchaus eine Privatisierung bzw. Teilprivatisierung vorgenommen werden. Im Übrigen erschließt sich mir nicht, weshalb der deutsche Staat 51 % Aktienanteile an einem Logistikunternehmen halten muss, das sehr stark im asiatischen Raum tätig ist. Das ist nicht notwendig. Darin sind wir uns wohl einig.

In den Medien heißt es im Zusammenhang mit der Diskussion im Bundestag und bald auch im Bundesrat, dass wegweisende Entscheidungen anstehen. Unter anderem gibt es die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums zur Fehmarnbelt-Brücke sowie die Entscheidung zu Stuttgart 21. Derzeit laufen zähe Verhandlungen mit dem Kollegen Huber in Bayern zum

gute Verhandlungen. Uns eint, dass wir den derzeitigen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Zielerreichung nicht für ausreichend halten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die SPD-Fraktion erhält noch einmal der Abgeordnete Dr. Klocksin das Wort.

(Bochow [SPD]: Ich habe dem nichts hinzuzufügen!)

Meine Damen und Herren! Kollege Bochow souffliert mir gerade, ich solle sagen, ich hätte dem nichts hinzuzufügen. Wenn man aber Diskussionen führt, in denen allgemeine Harmonie herrscht, dann weiß man, dass man nur an der Decke ziehen muss, um den Dissens zu finden. Suchen wir ihn! Das ist kein Problem, liebe Frau Tack. Wir können dabei sozusagen kollektiv vorgehen.

Lieber Kollege Schrey, lassen Sie mich zu Ihrem Beitrag zwei Anmerkungen machen. Erstens: Ich halte eine Privatisierung der DB AG grundsätzlich für falsch.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und bei der Faktion DIE LINKE)

Zweitens: Da die SPD auf Bundesebene noch nicht die absolute Mehrheit besitzt,

(Heiterkeit und vereinzelt Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

kann ich mir vorstellen, dass man Kompromisse schließt. Ein solcher könnte lauten - da will ich noch bei Ihnen sein -: Trennung von Netz und Betrieb. Sie von der Fraktion DIE LINKE können sich ja noch einmal darüber unterhalten, ob Sie mitkoalieren wollen. Aber so lange klären wir das hier.

Alle anderen Lösungen als die Trennung von Netz und Betrieb führen dazu, dass die Unternehmenseinheit erhalten wird. Wenn der Gesetzentwurf in der jetzigen Form realisiert wird, dann ist das weg. Das holen Sie nie wieder zurück!

Ich möchte zu dem Aspekt des Wertausgleichs aus dem Gesetz zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes zitieren:

„Der Wertausgleich umfasst den vollen Wert der Eisenbahninfrastrukturunternehmen und bemisst sich nach dem bilanziellen Eigenkapital (Netto-Reinvermögen) der Eisenbahninfrastrukturunternehmen zum Zeitpunkt der Beendigung der Sicherungsübertragung.“

Auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hat die Bundesregierung erklärt, dass der Wertausgleich zum jetzigen Zeitpunkt - also fiktiv - 7,4 Millarden Euro betragen würde. Das ist mehr als das, was der Bund heute erhielte. Ich möchte den Bundesfinanzminister in 18 Jahren sehen, der sagt: Ich zahle dafür. - Das ist weg! Wirken Sie deshalb auf Ihre Leute ein, damit auch sie - wie wir schon jetzt - auf die Bremse treten!

Thema Transrapid. Gestern unterhielten wir uns über den ICHalt in Elsterwerda. Dazu gibt es bereits Signale dahin gehend: Lasst uns darüber sprechen. Zwei oder drei IC-Halte in Elsterwerda könnten auch die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf erleichtern. - Hier geht es jedoch um einiges mehr.

Des Weiteren möchte ich auf die Frage des internationalen Vergleichs eingehen. Vom Kollegen Mehdorn ist immer wieder Folgendes zu hören: Unser System ist doch das beste in Europa. - Was nützt es zu sagen, wir seien besser als andere? Es stellt sich doch vielmehr die Frage: Was geschieht, wenn es so weitergeht wie bisher? Darauf muss ich antworten: Es wird schlechter. Insbesondere die in unserem Auftrag durchgeführten Untersuchungen des Verkehrsverbundes - meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen - besagen deutlich, dass wir hier mit einer Verschlechterung der Situation zu rechnen haben.

Was die Privatisierung der Infrastruktur als Teilprivatisierung angeht, die von Mehdorn & Co. immer als Erfolgsgeschichte dargestellt wird, so zeigt aber vor allem das Beispiel Großbritannien, dass das genau das Gegenteil war. Nicht die Trennung von Netz und Betrieb war es, die zum Zusammenbruch des Eisenbahnsystems geführt hat, sondern die Ursache war das Aussetzen der Infrastrukturrenditeerwartungen. Aufgrund dessen ist nun der Aufwand der öffentlichen Hand so groß; denn genau diese Privatisierung in Großbritannien hat dazu geführt, dass diesbezüglich ein erheblicher Nachholbedarf eingetreten ist.

Dagegen gibt es ein Beispiel, bei dem es hervorragend funktioniert, dass die Infrastruktur bzw. die Verfügung darüber hundertprozentig bei der öffentlichen Hand bleibt. Das ist die Schweiz. Das Beispiel der Schweiz wurde uns immer - zu Recht - vorgehalten nach dem Motto: Schaut doch einmal, was dort getan wird. Dort gibt es allerdings auch eine über viele Jahre angelegte Strategie im Eisenbahnbereich. Genau das fehlt uns. Das Bundesverkehrsministerium hat bis zum heutigen Tag nicht deutlich erklärt, wie seine Vision zum System Eisenbahn in Deutschland aussieht. Es gibt zwar markige Sprüche wie den, dass der Eisenbahnverkehr tatsächlich gestärkt werden soll. Jedoch fehlt es an einer Strategie. Es gibt nicht einmal klare Zusagen, die sich aus dem Grundgesetz eigentlich ableiten lassen müssten, in denen erklärt wird: Wir wollen tatsächlich 32 000 bzw. 34 000 km Eisenbahnsystem in Deutschland aufrechterhalten. - Solche Zusagen gibt es nicht. Das ist eine der Ursachen für die derzeitige Diskussion. Hätte das Bundesverkehrsministerium eine klare Strategie - gekoppelt mit sauberen Leistungsfinanzierungsvereinbarungen -, würde es an vielen Stellen einfacher für uns sein.

Einen Beitrag von Alexander Gauland in den „PNN” bzw. im „Tagesspiegel” vom 10.09.2007 fand ich sehr schön. Daraus möchte ich kurz zitieren:

„Die Skeptiker der Bahnreform können sich auf Bismarck berufen, der die Bahn einst verstaatlichen ließ. Zwar hatte das damals militärische Gründe, doch die Aufrechterhaltung einer öffentlichen Grundversorgung ist im Krieg wie im Frieden eine staatliche Aufgabe und zudem Ausdruck eines funktionierenden Gemeinwesens.“

Bismarck war zwar nicht Verkehrsminister, aber wir sollten uns diesbezüglich an ihn halten. In diesem Sinne wünsche ich uns

Eine weitere Bemerkung, was die Privatisierung angeht: Mit der Privatisierungsideologie, der manche hier immer noch nachhängen, muss einmal Schluss sein!

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und Beifall bei der Frak- tion DIE LINKE)

Wir haben Erfahrungen gesammelt, die belegen, dass dieses Vorgehen nicht taugt. 1987, zu BRD-Zeiten, wurde die Post privatisiert, das heißt in drei Teile aufgespalten.

(Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

- Lieber Kollege Homeyer, wir haben heute eine Situation, in der Kabel Deutschland das - vom Steuerzahler bezahlte! - Kabelnetz besitzt und die Preise diktiert. Das ist doch nicht Sinn der Sache!

Wir haben heute eine Situation, in der wir Gefahr laufen, mit der Bahn das Gleiche zu machen.

(Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

- Das ist die reine Wahrheit. In der von Ihnen Anfang der 90er geführten Koalition gab es einen Minister, der sagte, Wirtschaft finde in der Wirtschaft statt, der Markt werde das schon regeln. Diese Annahme lag den Privatisierungsvorhaben zugrunde, und das ist heute das Problem.

(Erneuter Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

- Wollen Sie mir nicht eine Zwischenfrage stellen, damit sich meine Redezeit verlängern kann? Sie könnten insoweit ein bisschen kooperativer sein.

(Heiterkeit)

Die SPD hat klar Position bezogen. Ich bin froh darüber, dass es innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion auch eine deutliche kritische Linie gibt. Wir, die SPD Brandenburgs, haben gegen die Privatisierung klar Position bezogen. Ein entsprechender Beschluss, in dem sich die SPD des Landes explizit gegen jede Privatisierung ausspricht, hat in Cottbus eine überwältigende Mehrheit gefunden und ist in das Memorandum einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten - angeführt von Hermann Scheer; Kollege Danckert aus Brandenburg gehört im Übrigen auch dazu - eingeflossen.

Im Übrigen gibt es ein Volksaktienmodell - nicht zu verwechseln mit Manfred Krug und der Telekom -, das im Wesentlichen darin besteht, Aktien ohne Stimmrecht, aber mit garantierter Dividende auszugeben.

Wesentlich attraktiver könnte in der aktuellen Situation ein Kompromiss sein; über innovative Modelle lohnt es sich nachzudenken.

Herr Präsident, wenn Sie gestatten, darf ich am Ende meiner Rede aus besagtem Memorandum zitieren; ich finde unsere Intentionen darin gut zusammengefasst:

„Das Problem der Bahn ist nicht ihr Kapitalbedarf, sondern die verfehlte Strategie ihres Vorstandsvorsitzenden, der seinen gesetzlich verankerten Auftrag kaltschnäuzig

ignoriert hat und dennoch weiterhin erwartet, dass die Politik seiner Strategie folgt.“

Das ist eine klare Ansage. Die Länder sind aus eigenem Interesse gefordert, insoweit auf eine Veränderung hinzuwirken. Ich bitte darum.

Ich bin mir ganz sicher, dass sich Minister Dellmann nicht mit kleinen Bonbons, beispielsweise der Regionalisierung von marginalen Netzen, abspeisen lassen wird, um die Zustimmung des Bundesrates zu erreichen. Hier Linie zu halten und Kante zu zeigen sollte unser Brandenburger Interesse sein.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

- Herr Senftleben, ich glaube, da stehen wir zusammen.

Stimmen Sie bitte in diesem Sinne heute Nachmittag unserem Antrag zu! - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält noch einmal die antragstellende Fraktion. Frau Abgeordnete Tack, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Klocksin, wir wollen noch ein bisschen weiter an der Decke ziehen, damit deutlich wird, wo der Dissens wirklich liegt.

Der Verkehrsminister, Herr Schrey und Sie haben wunderbar von den Risiken gesprochen und verdeutlicht, was im Falle einer Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG eintreten würde. Dann aber sagen Sie: Wir bringen heute Nachmittag einen Antrag ein, in dem zwar nicht für dieses, aber doch für ein verbessertes Gesetz für die Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn plädiert wird. So widersprüchlich sind Ihre Aussagen gewesen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)