Protocol of the Session on November 25, 2004

Sehr geehrter Herr Krause, ich muss Sie korrigieren, das von Ihnen angesprochene Papier ist nicht „in Umlauf“. Es ist an die zuständigen Dezernenten der Landkreise und kreisfreien Städte gerichtet worden, um eine Gesprächsgrundlage für eine Diskussion zu haben, die im Oktober in meinem Hause stattgefunden hat. Ich finde es bedauerlich, dass die darin formulierten Überlegungen durch Sie einfach darauf verkürzt werden, dass die Landesregierung die Zahl der geförderten Stellen reduzieren will.

Es gibt, denke ich, nur wenige Bereiche der Landesförderung, in denen die Zuwendungsempfänger eine so langfristige Planungssicherheit hatten und haben wie beim 610-Stellen-Programm. Bereits im Jahr 2003 sind, wie Sie wissen, die Bewilligungen für das kommende Jahr, also 2005, ausgesprochen worden. Die jetzt angestellten Überlegungen beziehen sich auf die Jahre 2006 bis 2009 und dienen gerade der Herstellung einer weitgehenden Planungssicherheit. Alle an dem Diskussionsprozess Beteiligten sind sich bewusst, dass die Landesregierung noch nicht über den Haushaltsplan der Jahre 2005 oder gar 2006 beschlossen hat. Jedoch gehen die bisherigen Absprachen zur mittelfristigen Finanzplanung von einer Weiterführung der Förderung der Personalkosten von sozialpädagogischen Fachkräften in der Jugend- und Jugendsozialarbeit aus.

Es ist unabdingbar, die Partner aus den Landkreisen und kreisfreien Städten frühzeitig in die notwendigen Überlegungen einzubeziehen.

Die an der Diskussion beteiligten Dezernentinnen und Dezernenten haben insofern die Überlegungen meines Hauses nicht als Verunsicherung erlebt, sondern sich - im Gegenteil - zufrieden darüber gezeigt, dass der Diskussionsprozess trotz aller bestehenden Unwägbarkeiten - die gibt es nun einmal - so frühzeitig eingeleitet wurde.

Insofern kann ich Ihre Frage abschließend wie folgt beantworten: Das von Ihnen angesprochene Papier und die darüber begonnene Diskussion zeigen, dass im Hinblick auf die weitere Sicherung der Grundversorgung mit hauptamtlich betreuten Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit noch eine Vielzahl von Fachfragen und inhaltlichen Problemen zu diskutieren und zu lösen ist. Das ist unbestritten. Das Diskussionspapier soll der Strukturierung dieses Diskussionsprozesses dienen, ohne - das ist wichtig - bereits seine Ergebnisse vorwegzunehmen. - So weit meine Ausführungen.

Der Fragesteller hat Nachfragebedarf. Herr Krause, bitte.

Mir ist natürlich bekannt, dass der Haushalt 2005 noch nicht verabschiedet ist. Meine Vermutung ist aber, dass wir, wenn das Ministerium schon mit einer Kürzung des 610-Stellen-Programms in die Verhandlungen geht, nicht mit 610 Stellen herauskommen werden.

Jetzt komme ich zu meinen beiden Nachfragen. Die Zielgruppe des 610-Stellen-Programms sind die 14- bis 20-Jährigen. Für die Neuberechnung werden aber die 0- bis 18-Jährigen herangezogen. Wie klären Sie diesen Widerspruch auf?

Zweitens: Als Schwerpunkt in dem Papier wird Jugendarbeit im ländlichen Raum benannt. Trotzdem fließt die ländliche Fläche mit nur 0,1 in die Neuberechnung ein. Wie können Sie diesen Widerspruch aufklären?

Ich kann diesen Widerspruch an dieser Stelle nicht aufklären, weil - das habe ich betont - ein Diskussionsprozess mit den Leuten, die das in der Praxis auch umsetzen müssen, begonnen wurde; ich denke, das ist auch angemessen. Darin werden solche Fragen, wie Sie sie jetzt gestellt haben, ausführlich diskutiert. Jeder kann sich einbringen, vor allen Dingen die Leute aus der Praxis, vor allen Dingen auch die Leute im ländlichen Bereich, wo es sicherlich die größten Probleme geben wird.

Gestatten Sie, dass ich hier nicht vorschnell Urteile fälle oder sage, was ich vermute oder was vielleicht kommt. Warten wir diesen Diskussionsprozess ab. Er sollte ruhig und sachlich geführt werden. Sie können sich einbringen. Dann werden wir auch, denke ich, vorzeigbare Ergebnisse haben, mit denen wir alle zufrieden sein können. Allerdings wird es angesichts der finanziellen Lage schwierig werden.

Herr Abgeordneter Hammer, bitte.

Herr Minister, Sie wissen, dass es in den letzten fünf Jahren immer wieder Versuche gab, das 610-Stellen-Programm zu kürzen. Können Sie deshalb verstehen, dass in den Einrichtungen und auch bei den Arbeitern vor Ort entsprechende Skepsis herrscht, sobald solch ein Papier in Umlauf kommt?

Ich kann natürlich jegliche Skepsis verstehen. Alle Leute können rechnen. Wir wissen auch, was in den Medien über die zukünftige Haushaltslage dieses Landes kursiert, dass es Einschnitte in verschiedenen Bereichen geben wird und geben muss. Ich hoffe - das ist mein Bestreben und ich werde mich in den Haushaltsverhandlungen dafür einsetzen -, dass Einschnitte in diesem Bereich so gering wie möglich gehalten werden, dass möglichst erst gar keine entstehen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle aber nichts versprechen; ich werde mich hüten.

Abgeordneter Sarrach, bitte.

Herr Minister, können wir Übereinstimmung darin erzielen, dass es bei der Beantwortung der Frage des Kollegen Krause nicht darauf ankam zu bewerten und festzustellen, ob ein Papier „in Umlauf“ ist oder „kursiert“, sondern ob ein Papier existiert, und dass wir uns viel Zeit bei der Beantwortung von Anfragen sparen können, wenn wir diese Polemik unterlassen?

Zweitens, um sicher zu sein: Wie heißt dann dieser Vorgang in Ihrem Ministerium, wenn ein Papier entsprechend diskutiert wird?

Ich glaube, wir sollten uns nicht an Begriffen festmachen.

(Zurufe von der PDS)

Ich habe damit begonnen, weil es so, wie es auf dem Zettel steht, falsch ist. Für mich ist „in Umlauf“ etwas anderes, als wenn die dafür verantwortlichen Leute per Papier zu einem Diskussionsprozess angeregt werden, also das Papier auch eine Einladung zu einer ersten Veranstaltung auf dieser Ebene ist. Entschuldigen Sie, da sehe ich Unterschiede, darauf wollte ich hinweisen. „In Umlauf“ würde für mich bedeuten: Es ist an die Medien gegangen, es hat jeder bekommen, der Lust darauf hat. Das war nicht so.

Wie mit dem Papier von denen, an die es gerichtet ist, dann umgegangen wird, entzieht sich leider mitunter meinem Zugriff.

Danke, Herr Minister. - Damit ist das mögliche Fragevolumen ausgeschöpft. Selbst der Fragesteller darf nur dreimal nachfragen, sonst entstehen Zwiegespräche.

Wir kommen zur Frage 74 (175. Sitzung der Ständigen Konfe- renz der Innenminister und -senatoren der Länder), die mit Frage 67 getauscht werden soll. Sie wird von Herrn Petke gestellt.

In der vergangenen Woche fand die Konferenz der Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern statt.

Ich frage die Landesregierung: Welche Brandenburg betreffenden Beschlüsse wurden auf dieser Konferenz gefasst?

Für die Beantwortung steht der Innenminister zur Verfügung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Petke, wir hatten in der Tat in der letzten Woche die 175. Sitzung der Innenminister und -senatoren der Länder und haben die Fragen erörtert, die auch in der Öffentlichkeit eine besondere Aufmerksamkeit erfahren.

Zum einen haben wir uns mit dem Thema Terrorismusbekämpfung intensiv befasst. Der Bundesinnenminister und der Chef der BKA haben dazu vorgetragen. Wir haben gemeinsam ein Eckpunktepapier zu ganzheitlichen Ansätzen zur Bekämpfung des islamistischen Extremismus und Terrorismus entwickelt. Es sind noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen worden, da es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt. Aber ich denke, wir werden zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen.

Wichtig für Brandenburg ist die beabsichtigte Änderung des Versammlungsgesetzes. Dieses Thema erörtern wir seit Jahren. Nunmehr hat der Bundesinnenminister ein Eckpunktepapier vorgelegt, auf dessen Basis ein Gesetzentwurf verabschiedet werden sollte. Dabei sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, durch Landesgesetz Versammlungen an bestimmten Stätten zu verbieten oder von Beschränkungen abhängig zu machen. Dies ist in Brandenburg für Halbe von besonderer Bedeutung.

Es ist des Weiteren eine neue Anzeigefrist vorgesehen, dass Versammlungen 72 Stunden und nicht wie bisher 48 Stunden vorher anzumelden sind. Durch eine neue Definition des Versammlungsbegriffs soll die Abgrenzung zu anderen Veranstaltungen erleichtert werden.

Wir haben auch intensiv über weitere Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse gesprochen und sind uns darüber einig, dass wir die DNA-Analyse in ihren Einsatzmöglichkeiten erweitern müssen. Es geht dabei auch darum, dass der Richtervorbehalt bei der Untersuchung anonymer Spuren wegfallen sollte. Hierüber ist noch kein Einvernehmen erzielt worden.

Auch ausländerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem neuen Zuwanderungsgesetz sind erörtert worden. Dabei ging es um die Rückkehr irakischer Staatsangehöriger und um die Rückführung von Minderheiten in den Kosovo. Wir waren uns darüber einig, dass zum jetzigen Zeitpunkt irakische Staatsangehörige nicht zurückgeführt werden können; denn die Lage ist bekanntlich außerordentlich schwierig. Uns ist aber daran gelegen, so schnell wie möglich Personen zurückzuführen, auch in den Irak, die schwere Straftaten begangen haben, und Personen, die die innere Sicherheit gefährden. Der Bund wird prüfen, zu welchem Zeitpunkt dies ab 2005 möglich ist.

Kosovo-Flüchtlinge werden zum Teil bereits zurückgeführt. Der Bundesinnenminister verhandelt mit den dortigen Autoritäten und der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo über Kontingente und Zeitpunkte.

Das Beamtenrecht ist ebenfalls angesprochen worden. Hier gibt es zwischen dem Bundesinnenminister und dem Deutschen Beamtenbund eine Vereinbarung, die vermutlich durch die Ergebnisse der Föderalismuskommission überholt wird. Dazu gibt es zwischen den Bundesländern unterschiedliche Auffassungen. Es wird wohl dazu führen, dass im Rahmen der Föderalismuskommission das Beamtenrecht weitgehend in die Zuständigkeit der Bundesländer mit all den Konsequenzen, die das haben kann, gerade bei uns im berlinnahen Raum, übertragen wird. Wir müssen abwarten, was dabei herauskommt.

Wir hatten ein Thema in der Kaminrunde, das auch durch die Presse bekannt wurde, das Thema Sicherheitsarchitektur. Ich habe vor einem Jahr vorgeschlagen, dass wir eine Arbeitsgruppe der Innenminister bilden, der zwei CDU-Mitglieder, zwei SPD-Mitglieder und Minister Schily angehören. Wir haben dreimal getagt und sind zu keinem Ergebnis in der Frage gekommen, wie weit die Zuständigkeiten des Bundesinnenministers reichen. Dabei gibt es in der Frage, wie viel zentral und wie viel dezentral gemacht werden muss, nicht nur Unterschiede - dass das klar ist - zwischen SPD und CDU, sondern auch zwischen den Ländern und dem Bund. Dies wird wohl auch Gegenstand der Beratungen der Föderalismuskommission sein.

Zusammengefasst: Es war eine Konferenz, auf der viele Fragen besprochen wurden, die unmittelbare Auswirkungen auf Brandenburg haben.

Herr Minister, es gibt Nachfragebedarf. Herr Petke, bitte.

Herr Minister, auf der Tagesordnung stand auch die Kostenübernahme des Bundes in Bezug auf die immensen Kosten, die Brandenburg durch die Räumung von Kampfmitteln entstehen. Ist es zu einer Einigung gekommen?

Zur Kampfmittelbeseitigung hat es auf der Innenministerkonferenz keine Einigung gegeben, aber eine Verständigung.

Ich muss noch einmal in Erinnerung rufen - Sie haben es gestern hier erörtert-: Wir haben einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der im Bundestag keine Mehrheit gefunden hat. Die Bundesregierung möchte die bisherige Staatspraxis beibehalten. Nunmehr hat der Bundesfinanzminister gesagt, er möchte, abweichend von der bisherigen Staatspraxis, nur noch den Transport und die Entsorgung der geborgenen Munition übernehmen, was konkret bedeutet: Wir haben in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 30 Millionen Euro für die Kampfmittelbeseitigung ausgegeben. Wenn sich die neue Auffassung des Bundesfinanzministers durchsetzt, dann würde die Kostenbeteiligung des Bundes nur noch 1 Million Euro betragen. Die Innenminister der Länder stimmen unserer Auffassung zu, dass dies nicht akzeptabel ist. Der Bundesinnenminister hat vor dem Hintergrund der notwendigen Abstimmung im Kabinett gesagt, dass er dies zur Kenntnis nimmt. Er wird es vortragen, kann sich aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festlegen. Es bleibt also auf der Tagesordnung.

Herr Abgeordneter Schippel, bitte.

Herr Innenminister, Sie erwähnten das Versammlungsrecht und in dem Zusammenhang die Vorgänge um Halbe. Nun ist aus Presseberichten bekannt, dass Rechtsextreme über mehrere Jahre hinweg dort Anmeldungen vorgenommen haben. Wie bewerten Sie die in meinen Augen unmögliche Praxis? Wird das Eingang in diese Gesetzesdiskussion finden?

Herr Abgeordneter Schippel, das war einer der wenigen Punkte, weshalb ich seit langer Zeit darauf dränge, das Versammlungsrecht zu ändern, ausgehend von den Erfahrungen mit dem Holocaust Memorial in der Nähe des Brandenburger Tors und mit Halbe. Aber auch das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig wird oft missbraucht. Wir wollen mit diesem Gesetz die Möglichkeit haben, den Missbrauch zu beenden und deutlich zu machen, dass dort keine Demonstrationen stattfinden dürfen. Ich hoffe, dass das im Bundestag - das ist das Wichtigste - so beschlossen wird. Diesbezüglich gibt es innerhalb der Bundesregierung noch Arbeit.

Herr Abgeordneter Domres, bitte.

Herr Minister, ich habe zwei Nachfragen.

Erstens: Gab es bei der Innenministerkonferenz Vereinbarungen hinsichtlich des Umgangs mit den einzurichtenden Härtefallkommissionen bzw. bezüglich dessen, wie man bundeseinheitlich mit dem Thema Härtefallkommission umgeht?

Zweitens: Sie haben die Problematik Irak und Kosovo angesprochen. Gab es weitere Vereinbarungen hinsichtlich eines Abschiebestopps?

Es gab keine Vereinbarung über einen Abschiebestopp, weil wir der Auffassung sind, dass erst einmal abgewartet werden muss, welche Auswirkungen die Möglichkeit der Härtefallregelung durch die Härtefallkommission hat.

Von Berlin war angemeldet worden, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Wir haben kurz darüber gesprochen und waren mit deutlicher Mehrheit der Auffassung, dieses Thema zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erörtern. Es wird in der Frühjahrskonferenz noch einmal auf die Tagesordnung kommen.

Zur Härtefallkommission: Dieses Thema liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit der Bundesländer. Hierzu gab es einen Meinungsaustausch darüber, wer was macht. Ich habe das mit den CDU-Kollegen und mit Rot-Grün aus NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein festgestellt und denke, dass wir auf der Basis dieses Gedankenaustausches eine gemeinsame Lösung finden werden. Es war nicht formal auf der Tages

ordnung, aber Gesprächsgegenstand. Die Länder werden wohl in der Mehrzahl Härtefallkommissionen einrichten.