Wir haben inzwischen Rechtssicherheit und Klarheit über die Fortführung der Sonderprogramme ENTIMON, XENOS und CIVITAS. Ich muss zugeben, dass das Hickhack im Herbst vergangenen Jahres nicht gerade hilfreich war. Die Zielrichtung war klar. Man hätte schon viel früher entscheiden können, dass die Programme weitergeführt werden müssen. Nun haben wir Klarheit, trotz Holprigkeiten; aber vielleicht muss man sich bei einem jährlichen Haushalt und angesichts der Programmdiskussion, die wir ständig führen, daran gewöhnen. Angesichts der nun bestehenden Klarheit kann vernünftig weitergearbeitet werden.
Worum es mir noch geht, ist die Diskussion um das Demokratieverständnis als solches, vielleicht auch um unser gesellschaftliches Selbstverständnis, den Wert von Demokratie und um die demokratischen Werte, darum, dass wir, wie ich glaube,
mit diesen Werten zu wenig vorsorgend arbeiten, um unseren Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, was Solidarität bedeutet und warum uns Solidarität wichtig ist, auch vermitteln, warum wir Toleranz zeigen müssen, und zwar für unsere Volkswirtschaft, aber auch für unser humanes Denken, für unser humanes Dasein, auch vermitteln, warum wir soziale Gerechtigkeit brauchen und dass auch der Wert der Freiheit ganz wichtig ist, und zwar der Freiheit im Denken und im Handeln, die von diesen Herren dort rechts unterdrückt werden soll.
- Ja, auch von den Damen. - Das muss deutlich herauskommen. Da müssen wir viel früher herangehen, müssen wir Kinder und Jugendliche in stärkerem Maße erreichen. Mit „wir“ meine ich jetzt uns Politiker, ohne die Eltern und die Schulen und all die anderen gesellschaftlichen Ebenen dabei ganz herauszunehmen. In meinen Augen wird das heute viel zu sehr als selbstverständlich betrachtet. Mitunter gilt es fast schon als schick, wenn jemand sagt: Ich bin doch nicht in der Partei. Ach, Demokratie interessiert mich nicht. Mit dem, was die Politiker entscheiden, was die da immer tun, habe ich nichts zu tun.
Wir Landes- und Kommunalpolitiker müssen dagegen angehen, auch einmal in eine Schule gehen und sagen: Liebe Schülerinnen und Schüler, das funktioniert so und so. - In manchen Schulen, die ich besuche und dort über Politik, Demokratie usw. diskutiere, wissen die Schülerinnen und Schüler unheimlich viel zu dem Thema. Sie kennen die Kompetenzen eines Bürgermeisters oder eines Kreistagsmitglieds. Auch wissen sie, wer Bundeskanzler bzw. Bundeskanzlerin ist oder wer sonst in diesem Lande an welcher Stelle was zu sagen bzw. zu entscheiden hat. Aber es gibt auch Schulen, in denen ich beispielsweise auf die Frage, wer Bundeskanzler bzw. Bundeskanzlerin ist, keine Antwort bekomme.
Da müssen wir ansetzen. Wenn wir im Sinne der Vorsorge gegen Rechtsextremismus arbeiten, also unsere Kinder und Jugendlichen und auch andere Mitglieder unserer Gesellschaft schlauer machen darüber, wie Demokratie funktioniert und warum sie uns so wichtig ist, können wir wesentlich mehr erreichen, als wenn wir da hinterherhinken. Wir sollten das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ tatsächlich um diesen präventiven, vorsorgenden Faktor „Aufklärung über unsere Werte“ erweitern und ihn entsprechend bereichern. - Schönen Dank fürs Zuhören.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemäß dem Landtagsbeschluss vom April 2005 befasst sich der Landtag alljährlich im Vorfeld des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar mit der Umsetzung des Konzepts der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“. Es ist bedauerlich, dass es im Vorfeld dieser Debatte deutliche Unterschiede in der Auslegung dieser Selbstverpflichtung gegeben hat. Wenn man es ernst meint mit
einer nicht nur anlassbezogenen Auseinandersetzung mit Intoleranz, Gewalt und Ausländerfeindlichkeit, sondern sich im Interesse einer sensiblen und aufgeschlossenen Atmosphäre in unserem Lande auch nicht scheut, Parteiegoismen zurückzustellen und sich selbstkritisch zu prüfen, dann ist eine solche übergreifende Landtagsdebatte eigentlich alternativlos.
Die DVU hat heute mit ihrem Geschäftsordnungsantrag klargemacht, dass sie selbst Gegenstand der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ist. Einen weiteren Kommentar zu dem Entschließungsantrag erspare ich mir deshalb.
Ich möchte unterstreichen, dass das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ auch für die Linkspartei.PDS im Vergleich zu anderen Ländern durchaus Vorbildcharakter hat. Die vielfältigen Aktivitäten und Organisationsformen, die in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Brandenburg entwickelt wurden, sind hoch zu schätzen, und allen Akteuren gilt unser Dank und unsere Anerkennung.
Das beginnt bei den einzelnen Netzwerkprojekten, geht über Veranstaltungen, in denen sich die Jugendlichen mit der Nazidiktatur auseinandersetzen, und reicht bis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der „Opferperspektive“, die sich um die Opfer rechtsextremistischer Gewalt kümmern. - Ich begrüße bei dieser Gelegenheit all diejenigen, die als Gäste an der heutigen Landtagssitzung teilnehmen.
Aber wir müssen auch feststellen, dass das Handlungskonzept noch viel zu wenig im Land bekannt ist, dass es einer engeren Vernetzung von Wissenschaft und Praxis bedarf und dass man noch viel mehr für eine wirklich durchgreifende Kommunalisierung des Handlungskonzepts tun kann. Wir wissen: Vielerorts gibt es funktionierende Bündnisse und Initiativen. Vielerorts schlafen diese aber auch wieder ein, und nicht immer kann man von Kontinuität oder Nachhaltigkeit der Arbeit sprechen. So stelle ich die Frage: Was ist eigentlich aus den seinerzeit eingesetzten Koordinatoren geworden?
Gleichwohl können wir feststellen, dass der Protest oder Widerstand gegen den Rechtsextremismus immer dort besonders wirkungsvoll ist, wo sich alle Akteure der staatlichen und der kommunalen Seite sowie die Akteure der sogenannten Zivilgesellschaft vor Ort und auf Landesebene einig sind, und das nicht nur anlassbezogen, sondern vor allem im Alltag. Das haben wir am 18. November 2006 in Halbe und in Seelow gesehen, das erleben wir in Lübben, und wir sehen das aktuell in Kleinow, wo sich die Bürger entschieden gegen die Einrichtung eines Bildungszentrums der Nazis wehren. Ich wünsche mir auch, dass am 27. Januar in Frankfurt (Oder) viele Demokraten der NPD Paroli bieten werden.
Im Zusammenhang mit dem Handlungskonzept geht es aus meiner Sicht besonders darum, zu prüfen, ob es neuen gefährlichen Entwicklungen des Rechtsextremismus Rechnung trägt
und wie es demzufolge fortzuentwickeln ist. Der Kollege Baaske hat die Erfolge der NPD bei den Landtagswahlen genannt.
Der Osten Deutschlands ist zum Pilotprojekt der NPD geworden. In Brandenburg versucht sie, zunehmend Fuß zu fassen. Die NPD bildet neue Kreisverbände wie beispielsweise im Dezember im Barnim. Sie verbündet sich mit den nazistischen Kameradschaften wie dem Märkischen Heimatschutz, der sich auflöste, um einem Verbot zu entgehen, und sie sucht im Land Immobilien. Ihre Mitgliederzahlen wachsen, zwar gering, aber sie wachsen.
Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ist insgesamt weiter angestiegen. Erfreulich ist, dass die Zahl rechtsextremistischer Gewaltstraftaten gegenüber dem vergangenen Jahr zurückgegangen ist. Allerdings ist hier auch die Aufklärungsquote um 8 % gesunken.
Das Ziel der NPD besteht darin, die extreme Rechte zu einen und in Brandenburg bei den Kommunalwahlen 2008 ähnliche Stimmengewinne wie in Sachsen, in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin zu erreichen und somit in weitere Kommunalparlamente einzuziehen.
Sie versucht besonders im ländlichen Raum, in Vereinen Platz zu greifen, die Hoheit über Jugendklubs zu gewinnen und das kulturelle Leben zu bestimmen, um so ihre vermeintlichen Alternativen an die Wählerinnen und Wähler zu bringen. Das dürfen wir nicht zulassen.
Besonders an die Adresse der DVU gerichtet will ich hier ganz deutlich sagen: Unsere Toleranz hat dort ihre Grenze, wo Nationalismus, Deutschtümelei, Europa- und Ausländerfeindlichkeit, die Verharmlosung der Nazidiktatur und die Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Ostgrenze Deutschlands anfangen.
Gerade in Ostdeutschland müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Zukunftsangst der Menschen wächst. Nach dem aktuellen Sozialreport des Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts Berlin-Brandenburg hat die Lebenszufriedenheit der Ostdeutschen einen Tiefpunkt erreicht. Nur noch 39 % der Befragten sind danach mit ihrem Leben zufrieden. Hinzu kommt ein geringes Vertrauen in die Demokratie. 5 % der Befragten zeigen Sympathien für rechtsextremistische Parteien. 57 % lehnen das jedoch entschieden ab. Allerdings bezeichnen die Forscher die 27 % der Unentschiedenen als gesellschaftlich und politisch ernst zu nehmendes Potenzial. Dem müssen wir uns alle stellen. Das ist eine Herausforderung für alle Demokraten.
Wir wollen die Probleme der Menschen im Rahmen einer demokratischen Gesellschaft lösen. Es kommt darauf an, diese Demokratie für die Bürgerinnen und Bürger wieder erlebbarer, nachvollziehbarer zu machen. Das ist eine der wirkungsvollsten Formen der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Die Rechtsextremisten wollen dagegen unter einem demokratischen Deckmäntelchen die Demokratie abschaffen. Das werden wir nicht zulassen.
Wir plädieren in diesem Zusammenhang für die Aufnahme des Verbots der Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts in das Grundgesetz und in die Verfassung des Landes Brandenburg.
Nach der Verlagerung der Kompetenz für das Versammlungsrecht, die im Zusammenhang mit dem Waldfriedhof in Halbe für unser Land von besonderem Interesse ist, könnte es günstigere Voraussetzungen für die Aufnahme einer solchen Klausel in die Landesverfassung geben. Ich beziehe mich hierbei auf eine entsprechende Diskussion im Rahmen einer Anhörung im Innenausschuss. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie eine Verfassungsänderung vorbereitet und durchgesetzt werden kann - auf der Basis eines gemeinsamen Grundkonsens der drei demokratischen Parteien hier im Landtag.
Für die Fortentwicklung des Handlungskonzepts der Landesregierung haben wir eine ganze Reihe von Vorschlägen, die ich hier nur kurz aufzähle, über die wir dann aber weiter diskutieren sollten und müssen.
Das Handlungskonzept der Landesregierung muss im Lande noch bekannter gemacht werden. Darüber hinaus kann dieses Handlungskonzept auf eine noch breitere Grundlage gestellt werden, wenn die bisherige Arbeit überprüft und im Landtag diskutiert wird und der Landtag das Konzept im Ergebnis fortentwickelt.
Wir schlagen die Einrichtung eines Beirats zur ständigen Begleitung und Bewertung der Arbeit unter Beteiligung der Landkreise und Kommunen vor, um über diesen Beirat Empfehlungen für eine weitere Programmoptimierung zu erarbeiten. Die Arbeit dieses Beirates muss auch stärker durch die Wissenschaft begleitet werden. Um den ressortübergreifenden Charakter der Auseinandersetzungen mit dem Rechtsextremismus noch deutlicher zu machen, sollte die Anbindung der Koordinierungsstelle an die Staatskanzlei geprüft werden. Es ist erforderlich, den Kommunen noch mehr Unterstützung zu geben. Wir brauchen überall kommunalpolitische Konzepte gegen Rechtsextremismus und für Demokratie zur Prävention wie auch als Reaktion. In die Konzepte müssen die konkrete Problemlage vor Ort ebenso einfließen wie die zur Verfügung stehenden Akteure, die Stimmung in der Kommune, der Organisationsgrad der rechtsextremistischen Szene etc., wie das gerade in Bad Freienwalde passiert.
Die Wertediskussion in unserem Land muss anhand der Brandenburger Verfassung und den darin enthaltenen Rechten und Pflichten sowie der Staatsziele geführt werden. Die Jugendprojektarbeit und insgesamt die Arbeit mit der Jugend vor Ort muss fortgeführt werden. Mittelkürzungen sind an dieser Stelle die falsche Reaktion.
Die Bundesprogramme, die nach längerem Hin und Her - wie Herr Baaske das auch eingeräumt hat - nunmehr auf Dauer angelegt sein sollen, müssen umfassend genutzt werden. Die Landesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass die Finanzierungsmodalitäten geändert werden und der Bund wieder zwei Drittel der Kosten übernimmt, wie das im abgelaufenen Programm der Fall war.
kontinuierlich fortgesetzt werden. Sorge macht uns dabei, dass die zukünftigen Handlungsmöglichkeiten von TOMEG und MEGA im Zuge des erheblichen Personalabbaus bis zu 16 % eingeschränkt werden könnten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe bereits festgestellt: Das Thema Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ist ungeeignet für parteipolitische Profilierungen. Lassen Sie uns in diesem Sinne weiter zusammenarbeiten und über unsere Vorschläge diskutieren! - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war in diesem Hohen Hause sehr oft die Rede von Demokratie. Herr Baaske erwähnte sie, Herr Bernig erwähnt sie. Doch ich frage mich allen Ernstes: Wie sieht es mit Ihrer Demokratie, mit Ihrem demokratischen Verständnis hier im Land aus? Immer mehr Leute lehnen Ihre praktizierte Demokratie ab.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich und offen: Auch die nationalen Kräfte in diesem Land lehnen Ihre praktizierte Demokratie ab;
denn das, was Sie praktizieren, ist keine Demokratie. Ich sage Ihnen auch, warum: weil sich heutzutage jeder Demokrat nennen kann, sogar Die Linke.PDS,