Unter Genossen hilft man sich natürlich. Das dürfte mit der Hauptgrund für diesen Antrag sein. Denn was haben bisher all die vielen Programme gegen Rechts gebracht?
Leider gibt es für solche Programme keine Kosten-NutzenRechnung. In Brandenburg bricht die Landesregierung sogar bewusst die Haushaltsordnung und verweigert die Evaluation dieser Programme. Frau Stark, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, diese Programme müssen evaluiert werden, dann frage ich mich, warum Sie unserem Antrag auf Evaluation des Programms Tolerantes Brandenburg nicht zugestimmt haben.
Herr Präsident, es gibt keine Zwischenfrage, sondern eine Bemerkung nach der Geschäftsordnung. Ich finde, dass die Behauptung...
Es gibt während der Rede keine Bemerkung nach der Geschäftsordnung. Es gibt anschließend die Möglichkeit, eine persönliche Erklärung abzugeben. Zwischenfragen wären zulässig.
Es wird natürlich der Verdacht laut, dass diese Programme schlichtweg keinen Nutzen gebracht haben. Nach Ansicht der DVU-Fraktion werden hier Steuergelder verpulvert,
Meine Damen und Herren, Herr Schulze, wir haben hier in Brandenburg einen absoluten Bildungsnotstand,
fast eine Viertelmillion offiziell registrierte Arbeitslose; immer mehr Jugendliche sind ohne einen Ausbildungsplatz.
Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt steigt. - Hören Sie ruhig einmal zu! - Der Werteverfall in der Gesellschaft schreitet unaufhörlich fort. Fast täglich liest man von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung. Die Anzahl sozial und moralisch Verwahrloster steigt. Tagtäglich gehen Arbeitsplätze verloren. Doch all das findet nicht halb so viel Beachtung wie der vermeintliche Rechtsextremismus. Ich würde vorschlagen, Sie wenden sich den wirklichen Problemen hier im Lande zu, die da neben dem Bildungsnotstand und der Ausbildungsmisere die hohe Arbeitslosigkeit ist.
Statt Beschäftigungsprogramme für linientreue Genossen zu fördern, fordern wir ein Landesprogramm für die Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen.
Wenn auch Sie sich den wirklichen Problemen zuwenden würden, dann könnte es hier im Land ganz anders aussehen. Den Antrag der PDS lehnen wir selbstverständlich ab.
Damit komme ich zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Unter anderem wird in der Begründung zu diesem Antrag ausgeführt, dass die Zahl der politisch motivierten Gewaltstraftaten im Jahr 2005 116 Fälle beträgt - 116 Fälle -, und das rechtfertigt es, millionenteure Programme aufzulegen.
Ich nenne Ihnen einmal einige aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2005, die unlängst veröffentlicht wurden. Im Land Brandenburg gab es im Jahr 2005 227 714 registrierte Straftaten, fast eine Viertelmillion registrierte Straftaten. Davon sind 5 607 der Gewaltkriminalität zuzuordnen - 5 607! Die Hälfte dieser 5 607 Gewaltstraftaten sind im häuslichen Bereich angesiedelt - fast 50 %. Lediglich „2 %“ sind politisch motivierte Straftaten.
Ich würde mir wünschen, auch von Herrn Schulze, dass Sie in Zukunft Ihr Augenmerk auf die wahren Problemfelder im Land Brandenburg richten würden; denn - wie gesagt - es könnte hier ganz anders aussehen.
Ich weise unsere Gäste darauf hin, dass Beifallsbekundungen auf den Gästeplätzen im Plenum nicht zulässig sind. Ich müsste Sie sonst des Saales verweisen.
Persönliche Erklärungen können am Endes eines Tagesordnungspunktes abgegeben werden. So steht es in der Geschäftsordnung. Herr Schulze, ich werde Sie gern ans Mikrofon lassen, wenn Sie sich dann melden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man ist im Leben und in der Politik nie vor Überraschungen gefeit. Der Antrag der PDS - das ist insofern keine Überraschung - ist natürlich völlig überholt. Die Koalitionspartner in Berlin haben sich ganz klar und deutlich darauf verständigt, dass die 19 Millionen Euro, die die Bundesregierung eingestellt hat, um zivilgesellschaftliches Engagement in Deutschland voranzubringen, auch im nächsten Haushaltsjahr erhalten bleiben. Um diesen 19 Millionen Euro einmal etwas gegenüberzustellen: 19 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt erhält die Viadrina. Das heißt, die Bundesregierung nimmt ordentlich Geld in die Hand, um diesbezüglich etwas voranzubringen. Daher ist also dieser Antrag überholt.
Natürlich müssen wir uns im Land bzw. hier im Landtag die Frage nach den Ursachen des Rechtsextremismus und der rechtsextremen Gewalt stellen. Wenn ich den ehemaligen Parteivorsitzenden und gescheiterten Wirtschaftssenator von Berlin, Gregor Gysi, im Fernsehen sehe, wie er erklärt, dass es ja wohl nicht an der DDR gelegen haben könne, denn dann müssten es ja 50-Jährige sein, die heute rechtsextrem sind, und dann nachlese und feststelle, dass das Schild und Schwert der Partei, das Ministerium für Staatssicherheit, eine eigene Abteilung hatte, um mit rechtsextremer Gewalt und Rechtsextremismus in der Deutschen Demokratischen Republik umzugehen, komme ich schon ins Grübeln, meine sehr geehrten Damen und Herren von links außen,
und überlege, woran es denn eigentlich liegt, dass wir heute in Brandenburg dieses Problem haben. Niemand in der Politik ist davor gefeit, an der einen oder anderen Stelle Straftaten, schlimme Ereignisse, auch menschliche Schicksale für die eigene politische Argumentation zu nutzen. An dieser Stelle ist es wohl an der Zeit, uns trotz schlimmer Straftaten nicht den Blick verstellen zu lassen und zu erkennen, was wir in Brandenburg in dieser Auseinandersetzung bereits erreicht haben.
Nun komme ich zum ersten Punkt, zur Repression. Unsere Polizei und Justiz gehen an die Grenzen des Rechts. In Brandenburg wird von der Polizei niemand links bzw. rechts oder wo auch immer liegen gelassen, der eine rechtsextreme Tat begangen hat. In Brandenburg werden diese Täter zu harten Strafen verurteilt, zum Teil sogar im Schnell- bzw. beschleunigten Verfahren. Wir haben im Bereich der rechtsextremen Gewaltstraftaten mit 90 % eine sehr hohe Aufklärungsrate.
Das ist etwas, wofür es auch einmal an die Polizeibeamten und an die Justiz Dank dafür zu sagen gilt, dass sie diesbezüglich so konsequent handeln.
Zur Realität in Brandenburg gehört auch, dass wir ein Land sind, in dem eben nicht weggesehen wird, in dem niemand von der Regierung oder von den Koalitionsfraktionen des Parlaments hergeht und sagt, dass wir kein Problem hätten.
Es ist dann eben kein Ausrutscher, wenn ein ehemaliger Regierungssprecher, der ja den Umgang mit Medien gewöhnt ist - da hatte Rot-Grün wirklich einiges vorzuweisen -, dieses über unser Land sagt. Dann ist es unsere Aufgabe, uns vor die Menschen dieses Landes zu stellen. Es war einfach falsch und eine Dummheit, dass dieses so gesagt wurde. Denn wenn ich die Menschen für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gewinnen will, kann ich ihnen nicht erst mit dem Vorschlaghammer eins vor die Stirn hauen und dann sagen: Jetzt macht aber alle einmal schön mit. - Damit erreiche ich genau das Gegenteil.
Lassen Sie mich zu einem weiteren positiven Punkt kommen. Die Straftaten dürfen auch nicht den Blick für das versperren, was wir erreicht haben. Im Bereich der Schulen - sie gelten zum Teil als Nährboden des Rechtsextremismus - gibt es einen wesentlichen Rückgang rechtsextremer Straftaten. Ich denke, auch das ist Ausdruck all der Anstrengungen, die wir im Land unternommen haben.
Darauf sollten wir setzen, müssen aber gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass sich Jugendkultur verändert. Heute wird in der rechtsextremen Szene anders agiert als in der Skinheadszene vor zehn Jahren. Deswegen der Antrag der Koalition, was die Evaluierung der Mittel betrifft. Wenn sich die Jugendszene und die Ausgestaltung des Rechtsextremismus und des Extremismus verändern, können wir doch nicht hergehen und bei der Bekämpfung alles so lassen, wie es ist. Da müssen wir schon genau schauen, ob wir an der einen oder anderen Stelle nachsteuern müssen. Ich würde mir wünschen - das Aktionsbündnis „Tolerantes Brandenburg“ wurde genannt -, dass es auch intern knirscht und man nach entsprechenden Lösungen sucht. Deshalb ist das, was die Koalition hier vorlegt, sinnvoll und richtig. Es kann nicht sein, dass wir immer noch die Antworten von vor fünf oder zehn Jahren geben, wenn sich die Welt verändert.