Darüber hinaus ergibt sich meines Erachtens zwingend: Tatsachen oder Rechtsfragen, die bereits Gegenstand eines Asylverfahrens oder eines anderen ausländerrechtlichen Verfahrens waren oder sein könnten, gehören nicht in solch eine Kommission. Entweder können entsprechende Anträge gestellt werden oder die Behörde hat solche Belange von Amts wegen selbst zu beachten, etwa Abschiebehindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 Ausländergesetz wegen konkreter Gefahren für Leib, Freiheit und Leben. Wo das nicht ausreicht, greift automatisch § 54 Ausländergesetz. Dann ist nämlich die oberste Landesbehörde zuständig. Daran ändert auch das neue Zuwanderungsgesetz nichts.
Drittens: Die Ausländerbehörde ist in jeder Lage Herr des Verfahrens, das heißt bis zum Vollzug der Abschiebung ohnehin an Recht und Gesetz gebunden.
Diese Behörde hat unabhängig von jedweden Ergebnissen einer Härtefallkommission Abschiebehindernisse selbst dann noch zu beachten, wenn der Betroffene bereits auf dem Weg zum Flughafen ist. Das gilt insbesondere für die Grundrechte nach Artikel 1 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz bei konkreten Gefahren für Freiheit, Leib und Leben, ganz gleich, worauf diese beruhen: auf Zuständen im Herkunftsland, etwa drohender Verfolgung oder fehlender medizinischer Versorgung oder auf Gründen, die in der Person des Betroffenen liegen, etwa plötzlicher schwerer Erkrankung. Was bleibt, sind doch wohl nur solche Fälle, die sich um die Dauer des Aufenthalts drehen, also außerhalb von Asylanerkennungen und vormals erteilter Aufenthaltserlaubnisse liegen, kurzum: gescheiterte Verfahren.
Viertens: Stichworte gescheiterte Verfahren und Dauer des Aufenthalts; das ist nach gegenwärtigem Recht ein Missstand, der von den Betroffenen selbst oftmals durch „Kettenanträge“ ausgelöst wird und den das Zuwanderungsgesetz nicht beseitigt.
Auch wir von der DVU-Fraktion sehen hier Handlungsbedarf, um künftig Härtefälle zu vermeiden. Oberstes Gebot muss sein, die Verfahren zu beschleunigen. Nur wer den langen Aufenthalt nicht zu vertreten hat, einen rechtschaffenen Lebenswandel führt und die Kriterien von Teilintegration erfüllt, kann - sozusagen als Gratifikation für bundesgesetzgeberisches Versagen der Verantwortlichen - begünstigt werden. In einer Demokratie trägt die Gesamtgesellschaft dafür die Verantwortung. Dazu brauchen wir aber keine Kommission, meine Damen und Herren.
Wir hatten bereits im Jahr 2001 einen Gesetzentwurf zur Altfallregelung eingebracht. Was haben Sie getan? Sie haben ihn
abgelehnt. Anderenfalls brauchten wir heute darüber nicht mehr zu diskutieren. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag setzt die PDS nahtlos ihren populistischen und zum Teil verlogenen Wahlkampf fort. Gestern war es das Schulgesetz, heute ist es der Antrag zur Härtefallregelung. Ich sage gleich vorweg: Wir lehnen den Antrag der PDS-Fraktion aus fachlichen und politischen Gründen ab.
Ich möchte natürlich - darauf haben Sie ein Recht - auf die Gründe dafür eingehen. Aber es gilt zunächst einiges richtig zu stellen. Kollege Sarrach hat hier, wie er es in den vergangenen fünf Jahren auch getan hat, wahrheitswidrig behauptet, dass wir in den letzten fünf Jahren einen überaus restriktiven, unmenschlich harten und zum Teil menschlich nicht zu vertretenden Umgang der Landesregierung, der Verwaltungsbehörden mit dem Ausländerrecht in Brandenburg gehabt haben.
Dies ist falsch und erlogen. Wir haben - die Zahlen belegen das - einen klaren Rückgang, zum Beispiel hinsichtlich der Abschiebung. Dies hat die Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Öffentlichkeit mitgeteilt.
Herr Kollege Petke, kennen Sie den Erlass des Ministeriums des Innern zu Studium und Ausbildung für Asylbewerberinnen und Asylbewerber?
Wenn ich fortfahren darf: Wir haben in den fünf Jahren eine Praxis gehabt, die sich sehr wohl an den Einzelfallschicksalen orientiert hat. Wir haben das Bemühen gehabt
(Sarrach [PDS]: Eine Studiumsaufnahme haben Sie mit dem Erlass untersagt! - Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Eine Ausbildungsaufnahme auch!)
einige Kollegen aus den Koalitionsfraktionen haben daran im Stillen mitgewirkt -, innerhalb des bestehenden Rechts nach Möglichkeiten zu suchen, Menschen, die hier dauerhaft bleiben wollen, dies zu ermöglichen, ohne Öffentlichkeit,
Wir haben diesbezüglich durchaus Erfolge vorzuweisen. Das Innenministerium hat sich an dieser Stelle auch extern humanitären Sachverstands bedient und dies nicht an die große Glocke gehängt. Ich nehme es der PDS übel, dass sie, obwohl sie es besser weiß - denn es wurde im Innenausschuss und im Plenum entsprechend erörtert -, ein Bild zeichnet, als wäre die Ausländerpolitik des Landes Brandenburg in den vergangenen fünf Jahren von Unmenschlichkeit gekennzeichnet gewesen.
In der Praxis haben wir in diesem Bereich eine rechtsstaatliche Verwaltung gehabt. Wir haben uns sehr bemüht, die menschlichen Härten, die es in diesem Bereich zugegebenermaßen gibt, abzubauen und vernünftig damit umzugehen.
Lassen Sie mich auf einen zweiten Bereich zu sprechen kommen: Als die Kollegin Stark hier zum Zuwanderungsgesetz ausführte, kam der Zwischenruf: Wir hätten dem Zuwanderungsgesetz zustimmen können. - Im Erstentwurf der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz war keine Härtefallkommission vorgesehen. Ich finde es lachhaft, dass gerade Sie, die Sie im Bundestag mit zwei oder drei Gestalten vertreten sind, sich
hier hinstellen, als hätten Sie zum § 23 a des Aufenthaltsgesetzes - sprich Härtefallkommission - irgendeinen Beitrag geleistet. Dies haben CDU/CSU und die SPD in Bund und Ländern so verhandelt. Wir haben uns auf Bundesebene darauf verständigt, dass eine Härtefallkommission ab 01.01.2005 bis zum Jahre 2009 möglich ist. In beiden Parteien gibt es dagegen rechtliche Bedenken. Aufgrund dessen hat man gesagt, man wolle es zeitlich befristen, um zu schauen, welche Erfahrungen damit gemacht werden und ob nach 2009 eine solche Regelung noch erforderlich ist.
Frau Kollegin Stark hat von überwiegend positiven Erfahrungen mit Härtefallkommissionen gesprochen. Es sind meines Wissens vier Länder - und nicht einmal alle SPD-regierten Länder -, die eine Härtefallkommission eingeführt haben. Ich bin sehr gespannt auf die Erfahrungen, die wir damit in Brandenburg ab dem 01.01. sammeln werden. Man sollte nicht hergehen und so tun, als ob man all die damit zusammenhängenden Probleme über Nacht durch eine solche Kommission lösen könne.
Was wollen wir? Wir haben uns bereits auf erste Schritte in der Koalition verständigt. Was will die CDU-Fraktion? Wir möchten, dass ab 01.01.2005 - wenn das Gesetz in Kraft tritt - die Härtefallkommission in Brandenburg ihre Arbeit aufnimmt. Wir möchten ein schmales Gremium mit acht bis zehn Leuten. Wir möchten dort kommunalen Sachverstand vertreten wissen; denn es geht auch um die Frage - das findet man ebenfalls im Aufenthaltsgesetz - der Finanzierung des Aufenthalts von Menschen, die möglicherweise in den Genuss einer Härtefallentscheidung zu ihren Gunsten kommen.
Meine Kollegen und ich möchten nicht, dass die Entscheidung einer solchen Härtefallkommission in der Öffentlichkeit politisch diskutiert, zerredet und kritisiert wird. Zur Wahrheit gehört auch, dass eine solche Härtefallkommission negativ entscheiden und entsprechende Anträge ablehnen kann. Ich möchte es möglichst vermeiden, dass dieses Gremium infrage gestellt und es in seiner Arbeit insgesamt kritisiert wird. Die Vertreter sollten deshalb angesehene Persönlichkeiten mit fundierter Bildung sein, damit man auf der sicheren Seite ist. Wir möchten die Geschäftsstelle beim Innenministerium anbinden. Erfahrungen von anderen Ländern, die eine solche Kommission in der Vergangenheit eingesetzt haben, haben gezeigt, dass es regelmäßig beim Innenministerium angesiedelt war.
Ein weiterer Punkt: Die CDU ist oft gescholten worden, sie habe die Härtefallkommission in der Vergangenheit abgelehnt. Die Härtefallkommission, über die wir jetzt reden, und die Härtefallkommission, über die wir damals geredet haben, haben nur die Bezeichnung gemeinsam, jedoch nicht die gesetzliche Grundlage. Hier haben damals Kollegin Richstein und Jörg Schönbohm zu Recht immer wieder ausgeführt, dass es darum geht, eine Kommission auf einer klar definierten gesetzlichen Grundlage einzuführen. Die hatten wir damals nicht. Sie steht mit unserer Zuarbeit zum 01.01.2005 in Aussicht. Insofern gibt es eine grundsätzliche Veränderung der Rechtslage. Man darf auch hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Wir unterstützen dieses Vorhaben, unterstützen auch das Vorhaben der Landesregierung. Die PDS muss sich aber die Frage gefallen lassen, wieso sie in diesem Bereich, in dem es um Menschen, die vielleicht auch von negativen Entscheidungen betroffen sind, geht...
... einen rein populistischen Antrag einbringt und nicht die in der nächsten oder übernächsten Woche stattfindende Sitzung des Innenausschusses abwartet
(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Weil wir das Parlament sind! Das sollten Sie langsam zur Kenntnis nehmen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl sich die PDS-Fraktion in ihrem Antrag auf den § 23 a Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes bezieht, hat sie das oben genannte Gesetz offensichtlich nicht vollständig gelesen. Nur so ist es zu erklären, dass sie die Landesregierung auffordern will, bis zum 30.11.2004 eine Rechtsverordnung zu einem Gesetz zu erlassen, das erst ab 1. Januar 2005 in Kraft tritt. Wenn es nach dem Willen der PDS geht, soll sich der Landtag mit inhaltlichen Vorgaben für eine Rechtsverordnung bis ins kleinste Detail befassen, obwohl der Gesetzgeber des Zuwanderungsgesetzes gerade geregelt hat, dass die Landesregierungen und nicht die Landesparlamente durch Rechtsverordnung eine Härtefallkommission einrichten und dabei auch das Verfahren, Ausschlussgründe und sonstige Fragen regeln können.
Mit ihrem Antrag will die PDS-Fraktion aber nicht nur die Grenzen zwischen Exekutive und Legislative verwischen. Ihr ist offensichtlich entgangen, dass sich die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag bereits auf die Einrichtung einer Härtefallkommission durch Rechtsverordnung verbindlich geeinigt haben. Die Fachleute im Innenministerium haben bereits mit der Ausarbeitung einer solchen Rechtsverordnung begonnen. Damit setzt der Innenminister um, was er seit Jahren auch im Parlament angemahnt hat.
Ich darf insoweit auf die Plenarprotokolle vom 22. Mai 2003 und 31. März 2004 verweisen, in denen Herr Minister Schönbohm sehr deutlich eine gesetzliche Härtefallregelung gefordert hat. Diese ist mit dem Aufenthaltsgesetz geschaffen worden, wodurch die Tätigkeit einer Härtefallkommission eine gesetzliche Grundlage und damit erst ihren Sinn, nämlich einen rechtlichen Spielraum erhält.
Termindruck ist also weder erforderlich, noch wird er der Bedeutung einer Härtefallkommission gerecht. Die Zusammensetzung einer solchen Kommission und das Verfahren, in dem sie sich der Härtefälle annimmt, bedarf gründlicher Prüfung und sorgfältiger Abstimmung innerhalb der Landesregierung. Aus diesen Gründen möchte ich mich mit einer inhaltlichen Bewertung der PDS-Vorstellung nicht aufhalten. Offensichtlich wurde aus veralteten Grundlagen eines anderen Bundeslandes abgeschrieben; denn viele Punkte passen nicht zu den Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes. Dies sei nur am Rande vermerkt.
Die Landesregierung wird ihre Arbeit an einer fundierten Rechtsverordnung zur Einrichtung einer Härtefallkommission fortsetzen. Sie können davon ausgehen, dass das In-Kraft-Treten dieser Verordnung zu Beginn des nächsten Jahres mit Nachdruck angestrebt wird. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.