Protocol of the Session on January 25, 2006

Unabhängig davon muss man aber auch sagen, dass der Landesjugendring eine deutlich komfortablere Situation als andere Träger hat, weil schon im letzten Jahr ein Zuwendungsbescheid ergangen ist, der die Arbeit zumindest für die ersten beiden Monate des Jahres 2006 eigentlich vollständig abdeckt. Insofern dürfte kein Träger akut gefährdet sein, sodass er die Arbeit einstellen müsste, weil kein Geld da ist.

Damit hat sich die Nachfrage erledigt. - Vielen Dank für die Beantwortung dieser Fragen.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Fragestunde, aber ich kann Sie noch nicht in die Mittagspause ent

lassen, da wir noch die Tagesordnungspunkte 3 und 4 behandeln wollen, was ohne Debatte vorgesehen ist. - Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zur Neuregelung der Berufsbezeichnung „Ingenieurin“ und „Ingenieur“

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/2227

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft

In dieser 2. Lesung kommen wir sofort zur Abstimmung. Wer der genannten Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist das Gesetz verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Bestimmung der Aufsicht über die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg und zur Anpassung von Rechtsvorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/2350

1. Lesung

Auch zu diesem Tagesordnungspunkt wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Das Präsidium empfiehlt, wie bei einer 1. Lesung üblich, die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Hauptausschuss zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie. Wer diesem Überweisungsansinnen folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Überweisungsansinnen einstimmig gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 sowie die erste Halbzeit der heutigen Sitzung und gebe Ihnen Zeit für eine Mittagspause bis 13.15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.30 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.17 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir setzen die Landtagssitzung fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zu dem Mahngerichtsvertrag

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/2306

1. Lesung

Das Wort erhält die Landesregierung. Frau Ministerin Blechinger, bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wirtschaft, aber auch die Kommunen im Land Brandenburg äußern seit Jahren und immer dringlicher den Wunsch, das Land Brandenburg möge die Bearbeitung der Mahnverfahren bei den Amtsgerichten zentralisieren und vor allen Dingen automatisieren; denn inzwischen bieten die meisten Länder und schon lange auch das Land Berlin den Rechtsuchenden das automatisierte Mahnverfahren an.

Warum hat Brandenburg kein eigenes Mahngericht eingerichtet?, ist die Frage, die vielleicht den einen oder anderen Abgeordneten umtreibt. Die Einrichtung eines zentralen Mahngerichts mit automatisierter Bearbeitung der Mahnanträge allein für das Land Brandenburg lohnt sich nicht. Die hiesigen Antragszahlen sind insgesamt zu niedrig. Circa 90 000 Mahnbescheidsanträge im Jahr 2004, das klingt zwar viel - in Berlin sind es im gleichen Jahr 430 000 Anträge -, ist aber nicht so viel, dass sich dadurch die Beschaffung einer Großrechneranlage, einer Poststraße und eines Beleglesers rechtfertigen ließe. Kein von der Größe her mit Brandenburg vergleichbares Bundesland betreibt ein eigenes Mahngericht mit all den Funktionen eines automatisierten Mahnverfahrens, die für das zentrale Mahngericht Berlin-Brandenburg vorgesehen und für eine zukunftsorientierte elektronische Bearbeitung erforderlich sind.

Nach hiesigen Kostenschätzungen würden für die Einrichtung eines zentralen Mahngerichts nur für das Land Brandenburg mindestens 20 % Mehrkosten im Vergleich zum zentralen Mahngericht Berlin-Brandenburg anfallen. Für den Betrieb in den Jahren bis 2010 lassen sich diese Mehrkosten mit mindestens 12 % pro Jahr beziffern. Zudem würde sich die Errichtung eines zentralen Mahngerichts nur für das Land Brandenburg schon aus technischen Gründen nicht vor Mitte 2007 verwirklichen lassen. Ich hatte aber eingangs ausgeführt, wie wichtig ein solches zentrales Mahnverfahren für die brandenburgische Wirtschaft ist.

Der vorliegende Mahngerichtsvertrag stellt in jeder Hinsicht einen sehr ausgewogenen Interessenausgleich zwischen beiden Ländern dar. Das gilt insbesondere für die Kostenregelung. Gerichtsverfassungsrechtlich wird das zentrale Mahngericht Berlin-Brandenburg Abteilung eines Berliner Gerichts sein. Das geht nach der Zivilprozessordnung nicht anders. Kostenmäßig behandeln wir die Mahnabteilung indessen wie ein gemeinsames Gericht. Das heißt, beide Seiten tragen einen Anteil der Kosten, erhalten aber auch einen Anteil der eingehenden Gebühren, und zwar nach einem fairen Maßstab. Die Kosten werden im Verhältnis der Zahl der jährlichen Mahnantragseingänge aus den beiden Ländern geteilt. Die Gebühreneinnahmen gehen - vereinfacht gesagt - jeweils in das Land, aus dem das Verfah

ren stammt. Das ist ein Prinzip, das in jeder Hinsicht dem speziellen Verhältnis von Berlin und Brandenburg gerecht wird. Auch der Standort des zentralen Mahngerichts ist in jeder Hinsicht sachgerecht; denn in Berlin ist die Technik bereits vorhanden, die wir für eine automatisierte Bearbeitung der Mahnsachen in der Region benötigten. Es wäre geradezu unsinnig, das alles ohne Not aufzugeben und in Brandenburg neu aufzubauen.

Im Mahngerichtsvertrag ist auch eine Änderung des Staatsvertrages über die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin bei Rechtsstreitigkeiten über technische Schutzrechte geregelt. Dieser Vertrag aus dem Jahr 1995 muss an zwischenzeitliche Änderungen angepasst werden. Er ist ein Beleg dafür, dass Berlin und Brandenburg im Bereich der Justiz bereits lange erfolgreich zusammenarbeiten. Ich appelliere an Sie: Lassen Sie uns dieser Zusammenarbeit ein neues Kapitel hinzufügen!

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein paar Bemerkungen zum Personal. Es wird gefordert, die durch die Bearbeitung der Brandenburger Mahnanträge in Berlin erforderlichen 13 neuen Stellen müssten alle von Brandenburg besetzt werden. Ich darf darauf hinweisen, dass bei der bisherigen Fusion der Obergerichte ausschließlich Brandenburg profitiert hat, was die Stellen beim nichtrichterlichen Personal anbelangt. Allein durch die Größenverhältnisse der Gerichte - Berlin hat bekanntlich 3,5 Millionen Einwohner, Brandenburg 2,5 Millionen - hat natürlich immer der Berliner Teil des fusionierten Gerichts ein größeres Gewicht und damit einen größeren Personalkörper. Wir haben bei dem fusionierten Sozialgericht nur sehr wenige Bedienstete aus dem nichtrichterlichen Personal aus Berlin übernommen. Das heißt, die meisten Stellen werden von Brandenburgern besetzt. Das Landesarbeitsgericht wird ab 1. Januar 2007 fusionieren und geht nach Berlin. Die Brandenburger Bediensteten haben jetzt schon Verträge, nach denen sie dann an das Landessozialgericht wechseln können. Ähnlich wird es mit dem Finanzgericht sein. Aus dem nichtrichterlichen Personal von Berlin werden kaum Bedienstete nach Cottbus gehen. Insofern werden dort natürlich Stellen für das nichtrichterliche Personal von Brandenburgern besetzt werden. Das sind weit mehr als 13 Stellen.

Vor diesem Hintergrund ist die Forderung, dass die jetzigen 13 Stellen in Berlin von Brandenburgern besetzt werden müssten, obwohl Berlin sein nichtrichterliches Personal aus dem Finanzgericht ab Januar nächsten Jahres unterbringen muss und sein nichtrichterliches Personal aus dem Sozialgericht seit Juli letzten Jahres unterbringen musste, nicht sachgerecht. Wenn man eine gutnachbarliche Zusammenarbeit will, dann müssen beide Seiten von einem Vertrag profitieren. Es wäre zu kurz gesprungen, wenn wir versuchten, Berlin über den Tisch zu ziehen. Das würde sich nachteilig auf die zukünftige Zusammenarbeit auswirken. Wir haben Interesse daran, dass diese gute Zusammenarbeit auch in Zukunft erhalten bleibt. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Recht herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Es spricht jetzt der Abgeordnete Sarrach.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass heute auch Schüler einer Projektgruppe „Rechts

kunde“ aus meinem Wahlkreis bei einem rechtspolitischen Thema hier im Landtag dabei sein können.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Natürlich steht es der Landesregierung frei, vertane Chancen, nicht gemeisterte Herausforderungen, begangene Fehler und eigene Verhandlungsschwäche gegenüber Berlin heute als Erfolg, als bestmögliche Lösung und als Wahrung der Interessen Brandenburgs darzustellen.

Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat als einzige in diesem Hause das maschinelle Mahnverfahren und die Errichtung eines zentralen Mahngerichts mehrmals thematisiert. Unsere Erfahrungen mit der bisherigen Zusammenarbeit beider Länder bei gemeinsamen Justizeinrichtungen bestärkten uns darin, Anträge zu stellen, die ein zentrales Mahngericht für das Land Brandenburg vorsahen. Auch wenn Sie es leid sein sollten, liebe Kolleginnen und Kollegen, so möchte ich Ihnen die Darstellung der Gründe dafür heute dennoch nicht ersparen.

Bis heute gibt es keine öffentliche Analyse der Kosten der Zusammenlegung beider Oberverwaltungsgerichte. Aufgrund von inoffiziellen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe beider Länder wussten wir jedoch schon vor der Errichtung des OVG Berlin-Brandenburg in Berlin, dass nach dem Auszug des Gerichts noch jahrelang Miete in Frankfurt (Oder) weiterzuzahlen ist, dass die Verwaltungsgerichte in Berlin und in Brandenburg verschiedene Software benutzen, die vereinheitlicht werden muss, usw. usf.

Den Streit um den Sitz des gemeinsamen Finanzgerichts in Cottbus als angeblich unzumutbarer Arbeitsort für Berliner Richterinnen und Richter muss ich nicht vertiefen; denn das ist eine Provinzposse eigener Art.

Bezüglich des Strafvollzugs waren sich, wie ich hörte, die Justizsenatorin und die Justizministerin in Fragen der Zusammenarbeit einig, aber die Abteilungsleiterebene setzte sich dennoch durch. Ohne Rücksprache mit Brandenburg wird jetzt in Großbeeren eine Berliner JVA neu gebaut, während Brandenburg bei Haftplätzen und Personal reduzieren und eine geschlossene Anstalt wie die in Spremberg aufgeben wird.

Schließlich waren auch meine kleinen Anfragen 914 und 915 zu Startschwierigkeiten beim gemeinsamen Justizprüfungsamt in Berlin erhellend. Erste gefrustete Mitarbeiter sind in den Dienst des Landes Brandenburg zurückgekehrt. Die neu angeschaffte Prüfungssoftware erfüllte die Anforderungen nicht. Aber statt einer Quotelung der Kosten hierfür vereinbarte unsere Justizministerin die hälftige Teilung der Kosten zwischen Berlin und Brandenburg. Doch genug der Beispiele.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu dem Mahngerichtsvertrag geht es jetzt erneut darum, eine gemeinsame Justizeinrichtung, selbstverständlich mit Sitz in Berlin, zu errichten. Scheinbar spricht alles für diese Lösung, wie wir von der Justizministerin mehrfach, auch heute wieder, hören konnten, da Brandenburg als eines der letzten Bundesländer bisher kein maschinelles und zentrales Mahnverfahren eingeführt hat.

Richtig, da war noch etwas, was für brandenburgische Justizpolitik symptomatisch ist. Sie erinnern sich noch: Als Sachsen das 1 000 000. elektronische Grundbuchblatt öffentlich feierte,

wurde in Brandenburg noch über die Software für das elektronische Grundbuch gestritten, dies jedoch nicht vor ihrer Anschaffung, sondern nach der Feststellung der Unbrauchbarkeit des zunächst eingekauften Programms. Ist hierfür eigentlich jemals jemand zur Rechenschaft gezogen worden? Der im Landgerichtsbezirk Frankfurt kürzlich eingerichtete elektronische Gerichtsbriefkasten wird wohl deswegen ein Erfolgsprojekt werden, weil er hauptsächlich im Verantwortungsbereich des dortigen Landgerichtspräsidenten organisiert wird. Das beruhigt mich ein wenig.

Zurück zum Thema des zentralen Mahngerichts und der in diesem Zusammenhang vertanen Chancen. Sie kennen unsere Auffassung, dass die Errichtung eines zentralen Mahngerichts für Brandenburg ein aktueller Beitrag zum Erhalt eines von der Schließung bedrohten Amtsgerichts wäre, dass sich zusätzlich als zentrales Mahngericht profilieren und dessen Bestand dann gesichert werden könnte. Dieses Argument nicht zu bedenken ist eine sträfliche Nachlässigkeit.

Stattdessen hören wir gebetsmühlenartig, dass sich für nur 90 000 Mahnverfahren im Jahr eine Umstellung in Brandenburg nicht lohne, da in Berlin-Wedding schon ein Zentralrechner stehe, für den diese 90 000 Mahnsachen sozusagen ein Abfallprodukt seien. Des Weiteren hören wir, dass die Zentralisierung des Mahnverfahrens ausschließlich den Bürgerinnen und Bürgern und vor allem der Wirtschaft diene. Schließlich hören wir, dass Brandenburgs Interessen in dem Vertrag mustergültig gewahrt worden seien.

Frau Ministerin, ich frage Sie - in den Beratungen in den Ausschüssen und der Anhörung der Deutschen Justizgewerkschaft, des Bezirkspersonalrats beim OLG und von ver.di werden diese Fragen wohl ebenfalls aufgeworfen -: Welche Kosten entstehen neben den Personal- und Sachkosten, den Investitionskosten, den Anschub- und laufenden Mehrkosten dadurch, dass in Brandenburg eine technische Umstellung erfolgen muss? Ist für kleine und mittelständische Unternehmen sowie für Privatpersonen der gleiche Zugang zum maschinellen Mahnverfahren gesichert wie für größere Wirtschaftsunternehmen?

Da es mit dem Vertrag auch darum geht, Stellen im nichtrichterlichen Bereich abzubauen - an allen Amtsgerichten sind nach der Personalbedarfsplanung 5,36 Stellen für Rechtspfleger und 16,18 Stellen im Servicebereich für Mahnsachen vorgesehen -, muss auf den Tisch, wie hoch der Anteil hier am Einsparungsziel der 463 Stellen bis zum Jahr 2009 ist. Wie sicher ist es, dass die anteiligen 13 Stellen am zentralen Mahngericht in Berlin durch Mitarbeiter an brandenburgischen Amtsgerichten besetzt werden? - Solche Zusagen hat es gegeben. In Artikel 2 Abs. 3 des Staatsvertrages ist nur von einer Übernahme der Bediensteten Brandenburgs in einem „angemessenen Umfang“ die Rede. Wie also wird das versprochene Zugriffsrecht in Höhe von 13 Stellen gesichert? - Nach Ihren Äußerungen von soeben scheint es Ihnen darum nun nicht mehr zu gehen.