Bevor ich zu den Einzelheiten komme, möchte ich mich bei der Landesregierung für die Antworten bedanken, vor allem für das umfangreiche Zahlenmaterial. Hieraus ergeben sich für uns durchaus einige Erkenntnisse, teilweise auch Nachfragen. Auf Letztere möchte ich zunächst eingehen.
Im Vorspann ihrer Antworten heißt es: Mit steigendem Lebensstandard in den neuen Mitgliedstaaten haben sich die Anzeichen für grenzüberschreitende Kriminalität vermindert. - Was die Alltagskriminalität angeht, so will ich Ihnen das glauben. Wie sieht es aber mit der organisierten Kriminalität aus?
Zu den von Ihnen vorgelegten Zahlen zu Diebstählen - Frage 1 b - ist festzuhalten, dass die Zahl insgesamt - Gott sei Dank! rückläufig ist.
Erschreckend hoch sind die Zahlen jedoch im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung beim Fahrrad- und Kfz-Diebstahl sowie der Anteil der Grenzgemeinden und der ausländischen Tatverdächtigen. Wie erklärt sich das?
Bei Kfz- und sonstiger Hehlerei verzeichnen wir einen vergleichsweise noch höheren Anteil der Grenzgemeinden und zudem ab 2002 einen nahezu 80%igen Anteil nicht-deutscher Tatverdächtiger. Wie verhält es sich damit, meine Damen und Herren, angesichts deutlich sinkender Gesamtzahlen von KfzDiebstählen und inwieweit ist daran die organisierte Kriminalität beteiligt? Hat sie ihre Aktivitäten ab 2003 in diese grenznahen Bereiche verlegt?
Im Hinblick auf Geldfälscherdelikte - Frage 1 c - stellt sich diese Frage ebenfalls. Da wir seit 2002 gravierende Steigerungen zu verzeichnen haben, ist zu fragen: Welchen Einfluss hat die Euro-Einführung? Inwieweit hat sich die organisierte Kriminalität hier ein zusätzliches Betätigungsfeld insbesondere in den Grenzgemeinden erschlossen?
Zu den Waffendelikten - Frage 1 d - führen Sie zu den ausgewiesenen Steigerungen von über 100 % ab 2003 die Neuregelung des Waffenrechts an. Dazu kann man die Frage stellen:
Inwieweit gibt es hier Aufklärungsdefizite bei der einheimischen Bevölkerung und bei den Einreisenden? Die Landesregierung hat also noch viel zu tun.
Bei den Antworten auf Frage 3 - Ermittlungsverfahren - fällt auf, dass bei illegalen Grenzübertritten, Diebstählen und Hehlerei sowie bei Einschleusungen durchgehend steigende Fallzahlen zu verzeichnen sind.
In der Antwort auf Frage 1 zeigt sich, dass die Zahlen bei Diebstählen und beim In-Verkehr-bringen von Falschgeld sowie Einschleusung seit 2004 sinken. Das ist wiederum das Gegenteil. Wie erklärt sich das?
Zu unseren Fragen 9 und 10 bezüglich Kfz- und Güterverkehr: Bei den Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten sowie den Verstößen aufgrund technischer Mängel fällt auf, dass sich die Zahlen schon seit 2003 verdoppelt haben. Welcher Zusammenhang besteht hier mit dem EU-Beitritt 2004? Inwieweit sind das Folgen verschärften Wettbewerbs und welche Handlungsmöglichkeiten bestehen, um die Ursachen zu beseitigen?
Schließlich noch zur Zusammenarbeit mit den polnischen Stellen; das ist die Frage 14. Konkrete Zahlen für Ersuchen und Unterstützungen ergeben sich aus den einzelnen Antworten. Wie viele Ermittlungsverfahren oder Verfolgungsmaßnahmen jedoch wurden von der brandenburgischen und der polnischen Polizei gemeinsam durchgeführt und wie viele speziell im Bereich des Kfz- und Güterverkehrs? Diese Fragen haben sich aus den Antworten der Landesregierung noch zusätzlich ergeben. Zu den anderen Dingen im zweiten Teil. - Ich danke zunächst für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Duktus dieser Großen Anfrage der DVU überrascht uns alle in keiner Weise. Was wir lesen, ist Stimmungsmache, man will Ängste schüren und es werden Halbwahrheiten unter das Volk gebracht.
Sie behaupten auf der einen Seite, die Steuerzahler hätten gewaltige Finanzbelastungen. Aber, da denke ich ganz regional, wir sind doch letztendlich die Nutznießer davon. Allein in der laufenden Förderperiode erhalten wir 4 Milliarden Euro aus der Europäischen Union. Das ist ein Großteil unserer Einnahmen.
Sie sprechen darüber, dass durch die EU-Erweiterung ein großer Konkurrenzdruck entstanden ist. Ich sage: Es ist eine Marktchance. Es ist eine Chance auch für unsere Unternehmer, für unsere Kleinbetriebe, weil sich eben nicht alles nur über den Preis regelt, sondern es auch um Qualität geht. Ich glaube, dass unsere deutschen Unternehmer hier wirklich weit vorn sind.
Sie sprechen von einer Überlastung unserer Straßen aufgrund des Grenzverkehrs. Sehen wir es doch einmal positiv: Es ist eine Belebung des Marktes vorhanden; denn der Grenzverkehr
geht nicht nur in eine Richtung. Immerhin ist Polen noch immer unser größter Exportpartner; das dürfen wir nicht vergessen. Denn wir in Brandenburg sind nicht nur das Tor zum Osten, sondern auch das Tor zum Westen.
Wenn Sie behaupten, dass wir aufgrund fehlender Kontrollen die gleichen Probleme im innerpolitischen und im sicherheitspolitischen Bereich haben, müssen wir konstatieren: Es ist lediglich eine Kontrolle weggefallen, nämlich die Zollkontrolle. Personenkontrollen an der Grenze sind geblieben. Auch die Zollkontrolle findet statt, wenn auch nicht mehr allein an der Grenze, sondern auch auf der Autobahn. Sie können an vielen Punkten sehen, wenn Sie im Land unterwegs sind, dass Kontrollen stattfinden. Es finden auch vermehrt Prüfungen der Lenk- und Ruhezeiten statt. Dort, wo mehr geprüft wird, wo mehr kontrolliert wird, haben wir natürlich auch höhere Beanstandungszahlen.
Es freut mich, dass der Duktus, den Sie mit Ihrer Großen Anfrage ansprechen, sich durch die Antworten gerade nicht bestätigt. Wie Sie selbst sagten, ist der Lebensstandard in den neuen Beitrittsländern gestiegen. Das reduziert den Anreiz, kriminell zu werden. Es gibt eine viel bessere Zusammenarbeit zwischenstaatlicher Institutionen. Das Ergebnis ist, dass die Kriminalitätsbelastung weiter rückläufig ist. Das ist keine Liebelei, das sind harte Fakten und konkrete Zahlen. Da wir sehen, dass die Zahl solcher Delikte wie die unerlaubte Einreise um mehr als ein Drittel gesunken ist, dass die Zahl der Kfz-Diebstähle um mehr als 50 % gesunken ist, schätzen wir die Entwicklung als positiv ein.
Auf der anderen Seite haben wir, was in Brandenburg sehr bedauerlich ist, einen erheblichen Anstieg der Zahl der Rauschgiftdelikte. Jedoch sind sie gerade im grenznahen Bereich rückläufig.
Sie haben mehrfach die internationale organisierte Kriminalität angesprochen. Nur weil das Wörtchen „international“ darin vorkommt, muss es nicht heißen, dass das ausländische Täter sind. Vielen Berichten der letzten Jahre war zu entnehmen, dass es sich bei der internationalen organisierten Kriminalität zu zwei Dritteln um deutsche und zu einem Drittel um ausländische Täter handelt.
Ich möchte an dieser Stelle die Polizei und das Innenministerium loben. Das Landeskriminalamt und das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) sind, glaube ich, führend und beispielgebend in der internationalen Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden. Ich habe an vielen Seminaren teilgenommen, die unter Beteiligung der polnischen Sicherheitsbehörden stattfanden. Man hat Symposien veranstaltet, die nicht nur Ausfluss der Ereignisse des 11. September waren, sondern beispielsweise auch durch die Geiselnahme veranlasst waren, in deren Verlauf die Täter auch mitten durch Brandenburg bis zur Ukraine fuhren.
Ich plädiere dafür, dass Sie sich noch einmal in Ruhe die Zahlen anschauen. Vielleicht wird Ihnen dann auch die eine oder andere Unklarheit klarer, die Sie vorhin selbst eingestanden ha
ben. Ich würde aber auch bitten, dass Sie irgendwann anfangen, Ihre Deutschtümelei zu vergessen und sich als Europäer zu fühlen.
Recht herzlichen Dank für die Rede. - Die Linkspartei.PDS hat Verzicht signalisiert, die SPD ebenso. Auch von der Landesregierung gab es dieses Signal. Abgeordneter Claus, Sie haben demzufolge noch einmal das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Richstein, in Bezug auf die internationale Kriminalität habe ich nicht gesagt, dass das nur kriminelle Ausländer sind, sondern natürlich haben Sie Recht: Darunter werden sich auch Deutsche befinden.
In Bezug auf die Lenk- und Ruhezeiten ist es gut, dass die Polizei und der Zoll verstärkt kontrollieren. Wir wissen alle, wie es auf diesem Gebiet aussieht. In verschiedenen Fernsehberichten hat man das gesehen - defekte Bremsen, defekte Stoßdämpfer, 36 Stunden nicht geschlafen usw.
Meine Damen und Herren, es geht unserer Fraktion einzig und allein um die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger seit der EU-Osterweiterung und in absehbarer Zukunft - mehr nicht. Dafür benötigen wir Perspektiven.
Dazu noch einige Überlegungen: Handlungsschwerpunkte ergeben sich danach aus Sicht unserer Fraktion vor allem in folgenden Bereichen, und zwar in den grenznahen Räumen unseres Landes. In der letzten Sitzung des Ausschusses für Inneres ist eine interessante Bemerkung gefallen: Grundversorgung mit Polizei nach Einwohnerzahl. Ganz so einfach werden wir es uns bei der Diskussion um Normen und Standards im Land Brandenburg nicht machen können, vor allem nicht in den grenznahen Gebieten. Wir werden uns trotz teilweise sinkender Deliktzahlen in einigen Bereichen aufgrund der hohen potenziellen Beteiligung der grenznahen Gemeinden sowie nichtdeutscher Täter fragen müssen, ob die vom Innenminister aufgestellte Formel - ein Polizist für soundso viele Einwohner -, überhaupt noch Gültigkeit hat.
Wir sind der Ansicht, dass zwischen Alltagskriminalität und organisierter Kriminalität zu unterscheiden ist. Die Alltagskriminalität - Frau Richstein, Sie sagten es - mag sinken, wenn das wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen den alten und den neuen EU-Staaten ausgeglichen ist. Das wird aber noch einige Jahre dauern; das wissen Sie so gut wie ich. Es wird zudem darauf ankommen, wie es sich angleicht - in den neuen EUStaaten nach oben oder bei uns hier in Brandenburg bzw. in Deutschland nach unten. Geschieht Letzteres, werden wir aufgrund damit einhergehender sozialer Verwerfungen wohl kaum von sinkender Kriminalität ausgehen können. Organisierte Kriminalität in Brandenburg und in Deutschland wird sich auch bei wachsendem Wohlstand in den neuen EU-Staaten kaum verringern. Hier gelten harte wirtschaftliche Prinzipien. Nach denen werden sich für die organisierte Kriminalität bei wachsendem Wohlstand in den neuen EU-Staaten zusätzlich räumliche Betätigungsfelder ergeben.
Diese Entwicklung werden wir sehr genau beobachten müssen. Auch die Antworten der Landesregierung geben uns dafür Anlass.
Wachsender Wohlstand - egal wo - trägt bei bereits ausgeprägten Strukturen organisierter Kriminalität dazu bei, dass sie wächst, und zwar nach dem wirtschaftlichen Prinzip, dass sie sich „rechnet“. Da das Anwachsen dieser Kriminalität zu erwarten ist, verändern sich auch die Geschäftsfelder. Wenn sich diese Kriminalität mehr oder weniger rechnet, dann kann es natürlich passieren, Frau Richstein, dass sich die organisierte Kriminalität mehr nach Polen zieht; das ist klar. Dass Letzteres bei uns in Brandenburg gerade stattfindet, darauf können die Entwicklungen der Kriminalitätszahlen etwa bei Kfz-Diebstählen und Hehlerei einerseits sowie bei sonstigen Hehlereien und Falschgelddelikten andererseits hindeuten.
Ein nahezu unverändertes Problem haben wir in Bezug auf Drogendelikte. Das zeigen die Zahlen in den Antworten auf Frage 1 f. Für problematisch halten wir deshalb, dass die Landesregierung zu Warenzeichen-, Wettbewerbs- und Urheberrechtsverstößen, auf die sich die Fragen 6 und 7 beziehen, keine Angaben machen kann. Wir haben es hierbei mit einem Bereich wachsender organisierter Kriminalität zu tun. Sie macht erstens vor Zuständigkeiten ebenso wenig Halt wie vor offenen Grenzen; zweitens ist für eine effektive Bekämpfung organisierter Kriminalität eine Gesamtübersicht über ihre Betätigungsfelder vonnöten.
Deutlicher zusätzlicher Handlungsbedarf zeichnet sich auch im Güterverkehr ab. Das zeigen die Zahlen für die Jahre ab 2003 in den Antworten auf die Fragen 9 und 10 eindrucksvoll. Wir gehen hierbei davon aus, dass dies eine Folge des erhöhten Konkurrenzdrucks aufgrund des wirtschaftlichen Gefälles ist. Deshalb wäre es richtig, wenn die Statistiken auswiesen, inwieweit der grenzüberschreitende Güterverkehr und der Inlandsgüterverkehr an den Verstößen beteiligt sind. Bis jetzt wurde bei den Statistiken immer nur aufgezeichnet...
Ich beende die Aussprache. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 15 der Fraktion der DVU ist damit zur Kenntnis genommen.
Die Brandenburger Entscheidung: Familien und Kinder haben Vorrang! Programm für Familien- und Kinderfreundlichkeit
Bevor Frau Ministerin Ziegler für die Landesregierung das Wort erhält, begrüße ich die Besucher, die zu uns gekommen sind, nämlich den SPD-Ortsverein Schwante-Oberkrämer. Ansonsten ist uns nicht ganz klar, ob es sich bei den anderen Herrschaften um die ausländischen Deutschlehrer handelt. Wenn Sie es sein sollten, so seien auch Sie gegrüßt. Herzlich willkommen!