Protocol of the Session on October 27, 2004

Aber die PDS macht die gleichen peinlichen Fehler wie die Experten im Bildungsministerium, wenn sie sich beispielsweise in ihrem Neuentwurf des § 143 a auf den § 22 bezieht, den sie eigentlich ersatzlos gestrichen hat. Man könnte hier, um einmal mit den Worten der PDS zu sprechen, von dümmlicher Hektik ausgehen.

(Beifall bei der DVU - Schulze [SPD]: Nachdem unser Gesetzentwurf vorlag, mussten sie ja ganz schnell mit et- was anderem kommen!)

Mir wäre wohler, wenn wir über die Änderungswünsche der PDS einzeln abstimmen könnten; denn der Änderungswunsch Nr. 6, in dem die Sicherung des Bestehens einer Sekundarschule in allen Grundzentren bzw. Ämtern gefordert wird, ist ein Schritt in Richtung der DVU-Forderung nach dem Erhalt einer weiterführenden Schule pro Gemeinde. Wir könnten schlicht nicht dagegen stimmen, auch wenn uns die Sekundarstufe stört und uns der Antrag nicht weit genug geht.

Der Änderungswunsch Nr. 7 ist eine schlecht abgekupferte Version unserer entsprechenden Anträge aus der letzten Legislaturperiode.

(Lachen bei der PDS)

- Werte Genossen der PDS, hören Sie aufmerksam zu; denn Sie können hier etwas lernen. - Wir haben damals nicht umsonst gefordert, dass die Schulen in der Regel mindestens zweizügig organisiert sein sollten.

(Zurufe von der PDS)

Sie fordern, dass in der Regel eine Zweizügigkeit vorliegen sollte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Drei-, Vieroder sogar Fünfzügigkeit eine genehmigungspflichtige Ausnahme würde. Das wollen Sie doch nicht wirklich. Auch hier könnte ich von einem weiteren Indiz für dümmliche Hektik sprechen.

Mit dem Änderungswunsch Nr. 7 wird das Ziel verfolgt, Schulen in Brandenburg zu erhalten, die aufgrund der demographischen Entwicklung von der Schließung bedroht sind. Dieses

Ziel findet natürlich unsere volle Zustimmung. Sonst hätten wir unsere diesbezüglichen Anträge in der vergangenen Wahlperiode nicht gestellt, Anträge, die damals auch von der PDS abgelehnt wurden.

Auch dem Änderungswunsch Nr. 9 - betreffend die Schülerfahrtkosten - mit dem Kernsatz, die Schülerbeförderung sei für Schülerinnen und Schüler beitragsfrei zu gestalten, könnten die Volksvertreter der Deutschen Volksunion zustimmen. Aber auch hier hat die PDS unsere entsprechenden Anträge in der letzten Wahlperiode abgelehnt. Wir freuen uns über Ihren Sinneswandel.

(Beifall bei der DVU)

Wie gesagt, Teile dieses Gesetzentwurfs könnten sofort oder nach einigen redaktionellen Änderungen unsere Zustimmung finden. Doch leider versucht die PDS wieder einmal, uns neben diesen sinnvollen und begrüßenswerten Zielen auch einen Haufen Unsinn unterzujubeln.

Der wesentliche Inhalt dieses Gesetzentwurfs ist die endgültige Abschaffung der Realschule zugunsten einer Gesamtschule, Sekundarschule genannt. Wenn die PDS das schaffen würde, wäre die Abschaffung des Gymasiums wahrscheinlich das nächste Ziel. Die Genossen trauen sich aber noch nicht, das Ganze „Polytechnische Oberschule“ oder „Erweiterte Oberschule“ zu nennen. Das wäre auch gelogen; denn das alte DDR-Schulsystem, welches manche Bildungspolitiker in Brandenburg so gern loben, unterschied sich erheblich von dem Einheitsbrei, den uns die PDS hier einrühren will.

Anders als der PDS heute war der SED damals sehr wohl an der Herausbildung von Eliten gelegen, wurden die Schüler damals gefördert und vor allem gefordert, um Höchstleistungen zu bringen. Anders als ihre PDS-Nachfolger waren die SEDMachthaber in all ihrer Beschränktheit und Skrupellosigkeit eben Realisten.

Mit Schulen, wie die PDS sie sich wünscht, wäre die DDR wahrscheinlich schon in den 70ern untergegangen. Hier gibt es wieder eine Parallele. Genauso wenig wie die DDR zu finanzieren war, lässt sich die Finanzierung des hier gewünschten Schulmodells in absehbarer Zeit realisieren.

Wenn man der Presse glauben darf, will die PDS jährlich 60 Millionen Euro durch eine Neuverhandlung des Bahnvertrages einsparen. Davon könnten dann jährlich 35 Millionen Euro zusätzlich ins Bildungswesen investiert werden. Doch das Land Brandenburg hat diesen Bahnvertrag nun einmal geschlossen, was leider auch nicht mehr so schnell zu ändern ist. Selbst wenn es zu Neuverhandlungen käme - wann würden diese abgeschlossen sein und wann würde das erste Geld fließen?

Nichtsdestotrotz werden wir einer Ausschussüberweisung zustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Senftleben. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Die PDS auf dem Kriegspfad“ - Zumindest wenn es nach der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ geht, halten Sie alle, meine Damen und Herren von der linken Seite, das Kriegsbeil in den Händen, das Sie wahrscheinlich nach den Sondierungsgesprächen ausgegraben haben, die aus Ihrer Sicht ja nicht wie gewünscht verlaufen sind.

Das hat meiner Ansicht nach nichts mit seriöser Oppositionspolitik zu tun, sondern ist eher ein schlechter Western. Wenn ich mir das Modell anschaue, das Sie als Finanzierungsgrundlage nennen, muss ich sagen: Es ist ein schlechter und nicht finanzierbarer Western, den Sie uns heute vorgelegt haben.

Damit wären wir bei der ersten Kostenfrage, die Sie gerade angesprochen haben. In der Begründung Ihres Gesetzentwurfs steht: Es ist davon auszugehen, dass 35 Millionen Euro bereitgestellt werden müssen, um das Programm - wie Sie es genannt haben - umzusetzen. Dieses Geld wollen Sie durch eine Kündigung des Bahnvertrags erwirtschaften. Frau Große, ich weiß nicht, ob Sie Frau Tack oder auch Ihre Finanzexpertin in die Beratung des Entwurfs einbezogen haben.

Ich halte dieses Vorgehen für genauso unseriös wie das zur zweiten Kostenfrage. Sie wollen in Ihrem neuen § 109 verankern, dass zukünftig die Schulen festlegen, welchen Ausstattungsanspruch sie erheben und wie viel Geld sie dafür benötigen. Das heißt, wir stellen in Zukunft im Bildungsbereich keinen Haushalt mehr auf. Diese Arbeit können wir uns sparen; denn das machen letztendlich die Schulen für uns. Wir haben dann am Jahresanfang keinen definierbaren Haushalt, wissen aber am Jahresende, wie viel Schulden wir zusätzlich gemacht haben.

Deswegen ist das unseriös und finanziell nicht gestaltungsfähig. Letztendlich liegt das aber nicht in Ihrer Verantwortung; Sie sind ja schließlich Oppositionspartei.

Beim Ausgraben des Kriegsbeils haben Sie wahrscheinlich auch einen Spaltpilz gefunden und versuchen, diesen nun zwischen SPD und CDU zu setzen. Das wird an dem Argument von Frau Enkelmann deutlich, die CDU habe sich auch bei den Gesprächen zum Schulgesetz durchgesetzt. Ich sage ganz deutlich: Das ist womöglich Ihr Eindruck, den Sie auch taktisch nach außen definieren. Die Klärung der Frage, welche Struktur das Land braucht und welche Bildungsmöglichkeiten unsere Kinder brauchen, ist letztendlich jedoch eine gemeinsame Aufgabe, welcher sich die große Koalition gestellt hat. Deswegen gibt es an dieser Stelle keine Durchsetzung, sondern eine klare Prioritätensetzung von SPD und CDU.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie noch darauf hinweisen, dass die Schule nicht Oberschule, sondern Sekundarschule heißen sollte, ist das mit Sicherheit Ihre Freiheit, einen Schulnamen zu wählen, aber da Sie wussten, welche Begrifflichkeit wir am Ende festgeschrieben haben, kann ich das einzig und allein als Spaltversuch deuten, der nicht ernsthaft gewertet und von uns auch nicht ernst genommen werden kann.

Ich denke, im Zuge der Beratungen werden wir feststellen, dass

wir unterschiedliche Auffassungen zum Bildungsbereich haben. Das werden wir an diesem Gesetz deutlich erkennen. Wir werden die Auseinandersetzung im Zuge der Beratungen im Ausschuss fortsetzen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Entwurf der Fraktion der PDS zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes mit Interesse gelesen. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass in der Frage der Änderung der Schulstruktur eine weitgehende Übereinstimmung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalition besteht und sich Ihr Entwurf allein in der Bezeichnung für die neue Schulform davon unterscheidet. Darüber hätte ich mich natürlich gefreut, da wir ja vor nicht allzu langer Zeit schon einmal einen weitgehenden Konsens zur Notwendigkeit der Vereinfachung unserer Schulstruktur erreicht hatten.

Beim weiteren Lesen des Entwurfs gelangte ich jedoch zu der Auffassung, dass es mit den Übereinstimmungen leider doch nicht so weit her ist. Die Fraktion der PDS beabsichtigt in ihrem Gesetzentwurf zwar auch, die Real- und die Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe durch eine neue Schulform zu ersetzen, jedoch musste ich feststellen, dass die Sekundarschule in Ihrem Gesetzentwurf gar keine Sekundarschule ist.

Eine Sekundarschule ist entsprechend den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz dadurch gekennzeichnet, dass sie die Haupt- und Realschule pädagogisch und organisatorisch zusammenfasst. Die PDS beschreibt die Sekundarschule in ihrem Gesetzentwurf jedoch als Schule mit drei Bildungsgängen. Diese Schule gibt es bereits; es ist die Gesamtschule. Dies bedeutet faktisch, dass die PDS gar keine neue Schulform einführen, sondern nur die Realschule abschaffen will.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu hätte es nicht der komplizierten Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes bedurft; eine Streichung des § 22 hätte ausgereicht.

Die Vorschläge der PDS-Fraktion zur Sicherung von Schulstandorten sind beeindruckend. Ich bin gespannt, wie Sie einen Frequenzrichtwert von 15 Schülerinnen und Schülern und eine Klassenhöchstgrenze von 24 in den Ausschussdiskussionen finanziell seriös unterlegen werden.

In der Grundrichtung, Schulstandorte in Grundzentren zu sichern, stimmen wir überein. Deshalb hat mein Haus die Klassenbildung in der Jahrgangsstufe 7 auch unter erleichterten Bedingungen ermöglicht. Aber eine pauschale und womöglich schülerzahlenunabhängige Standortsicherung in Grundzentren und Ämtern kann - Entschuldigung! - nicht wirklich ernst gemeint sein.

Sie scheinen das komplexe Gesamtsystem auch nicht ganz zu durchschauen, wenn Sie glauben, Sie könnten die Ausnahmen

nur auf den ländlichen Raum begrenzen - da kann ich auf meine Potsdamer Erfahrungen zurückgreifen -; denn die von Ihnen vorgeschlagene Standorterhaltung im ländlichen Raum würde sich auch auf die Schülerzahlen in den größeren und den kreisfreien Städten extrem auswirken. Die Schülerinnen und Schüler aus dem ländlichen Raum, die heute dort lernen und Schulen in der Stadt wählen, würden dann an vielen Stellen fehlen, womit eine sinnvolle Schulorganisation schwierig würde.

Ihr Vorschlag zur Änderung des § 112, also die Regelung der Beteiligung der Eltern an den Schülerfahrtkosten, wurde in der Vergangenheit umfassend diskutiert. Die Landesregierung hat hierzu mehrfach erläutert, warum sie den von der PDS unterbreiteten Vorschlägen nicht zustimmen kann. Deshalb werde ich dazu jetzt nichts weiter ausführen.

Wie Sie wissen, hat das Land Brandenburg den Kommunen nach dem strikten Konnexitätsprinzip einen entsprechenden Kostenausgleich zu schaffen, wenn es sie zu neuen Aufgaben verpflichtet, die zu einer Mehrbelastung führen. Der Entwurf der PDS führt zu einer erheblichen Mehrbelastung der Landkreise und kreisfreien Städte, zumal Sie sogar über die bis zum August 2003 geltende Rechtslage hinausgehen. Das widerspricht aber eindeutig unserem Ziel der Konsolidierung des Landeshaushalts.

Meine Damen und Herren von der PDS, mein Vorredner ist schon auf den Artikel in der „Märkischen Allgemeinen“ eingegangen; gestatten Sie mir, dass ich es auch noch einmal tue. Dieser Artikel sprang uns heute Morgen an.

In der „MAZ“ lesen wir, dass Sie nach dem Wahlkampfmotto „Wir sind die Roten“ sozusagen das Kriegsbeil wieder ausgegraben haben und gegen die Einführung der Oberschule sind, obwohl Sie bis zur Wahl noch engagiert das SPD-Modell unterstützt haben.

(Zurufe von der PDS)

Ich fordere Sie hiermit auf und bitte Sie auch: Graben Sie das Kriegsbeil wieder ein

(Beifall des Abgeordneten Schulze [SPD])

und lassen Sie uns bei allen Gegensätzen im Detail, über die wir uns gern unterhalten können, dieses für Brandenburg so wichtige Reformprojekt gemeinsam durchführen - im Interesse der Weiterentwicklung unseres Bildungswesens bzw. im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler, deren Wohl uns allen gleichermaßen am Herzen liegt. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich frage die einbringende Fraktion, ob sie von den restlichen 90 Sekunden Redezeit noch Gebrauch machen möchte. - Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.