Protocol of the Session on October 27, 2004

Jede Generation muss neu für diese Werte gewonnen werden.

Wir können uns einmal die Wahlergebnisse der Juniorwahl anschauen. Die Darstellung ist zwar nicht repräsentativ, aber ein Fingerzeig dafür, was dort passiert, wie stark Extreme von links oder rechts Stimmen bekommen haben. Die jungen Menschen jeder Generation müssen neu gewonnen werden für die Werte Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat.

(Beifall der Abgeordneten Hartfelder [CDU])

Meine Damen und Herren! Wir haben nicht vor, auf dem halben Bildungsweg stehen zu bleiben. Bildung endet nicht mit dem Abitur, sondern setzt sich an den Hochschulen fort. Zukunft und Ideen entstehen besser an den Hochschulen, die sich möglichst frei entfalten und entwickeln können.

Deshalb wollen wir den Hochschulen zum Beispiel die Freiheit geben, ihre Professoren selbst auszusuchen, und wir wollen die Möglichkeiten der Auswahl von Studenten stärken. Ein Zeichen, dass Anstrengung sich lohnt, ist die Fortschreibung der leistungsbezogenen Mittelvergabe. Diese soll weiter ausgebaut werden. Im Übrigen, meine Damen und Herren, haben wir die Anzahl der Studenten, der Studienplätze an den Hochschulen bereits deutlich erhöht. Frau Enkelmann, Sie nannten vorhin 3 500 als Ziel. Gut zwei Drittel davon sind bereits erreicht. Es geht also voran. Nehmen Sie es einfach zur Kenntnis.

Die Koalition hat sich klare und harte Vorgaben gesetzt, wenn es um das Sparen geht. Im Wissenschaftsbereich setzen wir ein deutliches Zeichen dafür, dass uns dieser am Herzen liegt. Denn trotz der bereits beschriebenen Notwendigkeit von Einsparungen werden die Mittel für Wissenschaft und Forschung nicht gekürzt.

Wissenschaft und Wirtschaft können nur voneinander profitieren, wenn sie verstärkt zusammenarbeiten. Die Wissenschaft wird sich in Zukunft noch stärker um finanzielle Mittel aus der Wirtschaft bemühen müssen und die Wirtschaft muss auf die Hochschulen zugehen, um zu sagen, was sie braucht und erwartet. Der Staat kann Anreize schaffen und das werden wir tun.

Meine Damen und Herren! Neben der Erfüllung der Herausforderung, Brandenburg stark und leistungsfähig zu machen, wollen wir, dass sich unsere Bürger sozial geborgen wissen. Unsere Ansätze weisen in die richtige Richtung.

Wir wollen Familien stärken und unseren jungen Menschen Mut machen, sich für die Familie zu entscheiden. Die Familie ist die Grundlage einer Gesellschaft. Hier werden Werte vermittelt, hier wird Geborgenheit vermittelt, hier gibt es Sicherheit. Die Familie bringt Kinder hervor und sie vermittelt Erziehung und Werte.

Wir werden in der Koalition ein ressortübergreifendes Maßnahmenpaket für ein familien- und kinderfreundliches Brandenburg entwickeln, um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Wir halten auch künftig an einem hohen Niveau der Kinderbetreuung fest. Dabei sind Reserven zu nutzen, zum Beispiel beim Ausbau der Betreuung durch Tagesmütter.

Ein besonderes Anliegen ist für uns der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Misshandlungen und Vernachlässigungen. Wir alle haben noch die Bilder von Dennis aus Cottbus

oder Pascal aus Strausberg und von dem, was an anderer Stelle geschehen ist, vor Augen. Hier hat auch der Staat versagt. So etwas darf nicht passieren. Wir können nicht alles verhindern, aber wir können daran arbeiten, dass genauer hingeschaut und eher gehandelt wird.

(Beifall bei der CDU)

Die Koalition wird Möglichkeiten prüfen - einschließlich etwaiger Rechtsänderungen -, um den Schutz von Kindern vor Misshandlungen und Vernachlässigungen zu verbessern. Das ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Kinder sind das Wichtigste in unserer Gesellschaft und wir wollen und werden mehr für Kinder tun.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren! Gesellschaftliche Teilhabe ist für ältere Menschen und für Behinderte von großer Bedeutung. Sie sind eine Bereicherung unserer Gesellschaft, denn sie vermitteln Erfahrungen.

Die Arbeit der Seniorenverbände und der Behindertenverbände war und ist weiterhin unverzichtbar. Neben den sozialen Diensten müssen die Familienhilfe und ehrenamtliches Engagement weiter an Bedeutung gewinnen.

Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben führen können. Wir wollen darauf hinwirken, dass zum Beispiel die Landesverwaltung der Verpflichtung nachkommt, mindestens 5 % Schwerbehinderte zu beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Keine Gesellschaft kommt ohne Identität aus. Woher wir kommen, was wir sind und was wir denken, definiert sich auch über die Kultur unseres Landes.

(Zuruf des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Wir wollen unsere Kultur weiter fördern und sicherstellen, dass sie in erreichbarer Nähe stattfinden kann.

Wir können - auch das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden - nur das ausgeben, was wir im Geldbeutel haben. Deshalb muss nach Wegen gesucht werden, die Kultur in Brandenburg auch in Zukunft trotz knapper Kassen zu erhalten. Die eingeleitete Kulturentwicklungskonzeption zeigt einen richtigen Weg. Sie bündelt die vorhandenen Mittel und das gilt es fortzuentwickeln.

Meine Damen und Herren, Potsdam soll 2010 Kulturhauptstadt Europas werden. Die Chancen dafür stehen gut und wir werden - ich denke, da sind wir uns alle einig - diese Bewerbung gemeinsam und mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften unterstützen. Wir wollen, dass Potsdam im Jahr 2010 Kulturhauptstadt wird, und werden unseren Beitrag dafür leisten.

Meine Damen und Herren! Die Streichung des Begriffes „Landwirtschaft“ aus der Bezeichnung des entsprechenden Ministeriums hat bei den berufsständischen Verbänden zu Unmut geführt. Ich kann ihnen sagen: Diese Sorgen sind unbegründet. Dafür haben wir zu viele Landwirte im Parlament, die dieses wichtige Anliegen vertreten.

Die Koalition - insbesondere meine Fraktion - wird gewährleisten, dass die Landwirtschaft ebenso wie die Bereiche der Forstwirtschaft, der Fischerei und des Gartenbaus die tragenden Säulen der Entwicklung im ländlichen Raum bleiben. Bei allen Überlegungen und Entscheidungen zum ländlichen Raum wird in der Politik wie in der Verwaltung von diesem Grundgedanken ausgegangen.

Wir haben zukunftsfähige Agrarstrukturen in Brandenburg. Die Landesregierung ist gefordert, darauf zu achten, dass diese Agrarstrukturen nicht durch Regelungen der Europäischen Union oder des Bundes benachteiligt werden - benachteiligt werden im Wettbewerb gegenüber anderen Staaten und anderen Regionen in Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Was wir brauchen, ist mehr denn je der unternehmerisch handelnde Landwirt, der in Eigeninitiative auch andere Geschäftsfelder erschließt, um die Zukunftsfähigkeit seines Betriebes zu sichern.

Meine Damen und Herren, auch Biotechnologie müssen wir endlich als eine Chance der brandenburgischen Landwirtschaft im weltweiten Wettbewerb begreifen. Abschottung und Ächtung dieser Technologie benachteiligt Brandenburger Agrarbetriebe und lässt die Lücke zur Weltspitze immer breiter klaffen. Dringend notwendig ist eine ideologiefreie Beratung und Information.

Die Koalitionspartner haben sich darauf verständigt, im Naturund Umweltschutzrecht keine Landesregelung über Bundesund EU-Standard hinaus zu verfolgen, eine Entscheidung, die nicht nur die Politik, sondern vor allem auch die nachgeordneten Verwaltungen in ihrer täglichen Arbeit fordern.

Angesichts der Finanzlage des Landes und der Notwendigkeit, gerade im ländlichen Raum Arbeit zu schaffen, muss etwas getan werden. Schauen Sie sich einmal die Arbeitslosenquoten an. Im Raum Templin in der Uckermark liegt die Arbeitslosenquote bei 25 %. Schwedt ist Industriestandort, da geht es noch. Aber je weiter man in den ländlichen Bereich kommt, umso schwieriger wird es. Dort gibt es Arbeitslosenquoten von bis zu 30 %. Wir haben die Pflicht, alles möglich zu machen, damit dort Arbeitsplätze entstehen. Das heißt, wir können uns in bestimmten Bereichen keine Sonderwege oder Extravaganzen mehr leisten. Deshalb haben wir uns darauf verständigt, im Natur- und Umweltschutzrecht pragmatischer zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir bekennen uns zu den Großschutzgebieten und wir bekennen uns zu einer Umweltpolitik, die nachhaltig den Erhalt der Brandenburger Kultur- und Naturlandschaft sichert. Alle Maßnahmen zur Sicherung des Natura2000-Schutzes - FFH-Richtlinie - sind unter diesen Aspekten zu sehen und durchzuführen. Es gilt für uns, Konflikte vor Ort zu vermeiden und die Akzeptanz der betroffenen Bürger in den Vordergrund zu stellen. Wir müssen die betroffenen Bürger dafür gewinnen. Wir können nicht zulassen, dass es zu Konflikten kommt wie denen im Nationalpark „Unteres Odertal“, sodass der Naturschutz dort einen schlechten Ruf bekommt. Das kann auch nicht im Interesse der Naturschützer sein.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Wir wollen deshalb das Nationalparkgesetz Unteres Odertal novellieren und den Trägerwechsel im Nationalpark „Unteres Odertal“ durchsetzen.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Nicht alles kann in einer Koalitionsvereinbarung geregelt oder in einer Regierungserklärung gesagt werden. Dennoch gibt es viele Dinge, die wir nicht vergessen und an denen wir festhalten. Die viel diskutierte Kormoranproblematik ist ein Beispiel dafür, denn daran hängen am Ende Existenzen. Dazu gehören auch die Industriehäfen in Rathenow und Döberitz an der Unteren Havel; davon hängen viele Arbeitsplätze ab.

Meine Damen und Herren, die demographische Entwicklung in Brandenburg hat zu erheblichen Unterschieden zwischen dem engeren Verflechtungsraum und dem äußeren Entwicklungsraum des Landes geführt. Wir wollen deshalb die Landesplanung überprüfen und anpassen. Die als Orientierungswerte und Ziele einstmals formulierten Grundsätze sind zum Teil einfach von der Zeit überholt worden. Das geschah spätestens mit der Gemeindereform. Deshalb müssen wir hier nachsteuern. Angestrebt werden Vereinfachungen, weniger Bürokratie und ein geringerer Verwaltungsaufwand.

Für den weiteren Ausbau und die Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur ist die Verlängerung der Geltungsdauer des Bundesverkehrswegebeschleunigungsgesetzes eine sehr wichtige Voraussetzung. Wir können in den neuen Ländern Verkehrsprojekte noch forcieren und schneller umsetzen, als das in den alten Ländern der Fall ist. Das muss auch so weitergehen, denn wir haben noch großen Nachholbedarf. Die Landesregierung ist gefordert, gemeinsam mit den anderen neuen Ländern eine entsprechende Initiative im Bundesrat auf den Weg zu bringen. Planverfahren mit einer Dauer von zehn Jahren und mehr zum Neubau oder zur Erweiterung einer Straße sind einfach nicht mehr zeitgemäß und kosten auch viel Geld.

(Beifall bei der CDU)

In den Städten ist weiterhin zur Wohnumfeldverbesserung viel zu tun, um auch bei sinkenden Einwohnerzahlen die Städte lebenswert zu erhalten. Der Rückbau von nicht mehr genutztem Wohneigentum ist unverzichtbar. Wichtig ist auch, mit der Bundesregierung zu Regelungen über die weitere Entlastung von Altschulden zu gelangen. Sonst haben unsere Wohnungsbaugesellschaften ein Problem und am Ende hat das Land wegen der ausgereichten Förderkredite dieses Problem.

Meine Damen und Herren, die Herausforderungen, vor denen wir stehen, wenn wir Brandenburg nach vorn bringen wollen, sind größer denn je. Wir sind gewillt, gemeinsam mit den Brandenburgerinnen und Brandenburgern entschlossen anzupacken. Wir möchten der Regierung Mut machen, konsequent zu handeln und Veränderungen durchzusetzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass derjenige, der sich die Herausforderungen anschaut, vor denen wir stehen - die Bevölkerungsentwicklung, die Lage der Finanzen, die wirtschaftliche Entwicklung, die neuen Wettbewerber im Osten -, und das alles nüchtern betrachtet, erkennt: Diese Regierung steht wohl vor den schwierigsten Problemen und den größten Herausforderungen, vor denen je eine brandenburgische Landesregierung gestanden hat.

Ich erwarte, dass die Landesregierung die Lösung dieser Probleme entschlossen in Angriff nimmt. Seien Sie gewiss: Wir als CDU-Fraktion, als Koalitionsfraktion, das Parlament werden sie dabei mit aller Kraft entschlossen unterstützen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Lunacek für seinen Beitrag. Damit sind alle Fraktionen einmal zu Wort gekommen.

Ich nutze die Gelegenheit, die Schüler der 12. Klasse des Spreeland-Gymnasiums aus Cottbus recht herzlich zu begrüßen und ihnen einen interessanten Tag in Potsdam zu wünschen.

(Allgemeiner Beifall)

Die Fraktionen haben ihre Redezeiten in unterschiedlichem Maße ausgeschöpft. Ich frage daher: Gibt es weiteren Redebedarf bei der PDS-Fraktion? - Gibt es noch Redebedarf bei der SPD-Fraktion? - Gibt es weiteren Redebedarf bei der DVUFraktion? - Gibt es noch Redebedarf bei der CDU-Fraktion? Es gibt keinen weiteren Redebedarf. Ich danke Ihnen und schließe die Aussprache zur Regierungserklärung. Diese ist damit vom Parlament zur Kenntnis genommen worden.

Damit komme ich zum Tagesordnungspunkt 2:

Bestellung der Ausschüsse des Landtages Brandenburg sowie Festlegung der Zahl ihrer Mitglieder

Antrag des Präsidiums