Protocol of the Session on May 20, 2005

Qualität, Leistungsbereitschaft und bürgerschaftliches Engagement der Eltern sind wichtige Elemente einer guten Bildung. Deshalb müssen wir weiterhin zu den freien Schulen stehen. Die Veränderungen im Haushaltsentwurf waren für die freien Schulen gute Entscheidungen. Dadurch werden mehr freie Schulen entstehen. Das wird uns in den nächsten drei, vier Jahren noch etwas mehr Geld kosten; denn wir haben zurzeit noch einen Lehrerüberhang. Hier kann man dem Bildungsministerium nur empfehlen, mit den Spitzenverbänden der freien Schulen in Verhandlungen zu treten mit dem Ziel, dass man dort Lehrer aus dem Staatsdienst übernimmt. Das geschieht zum Teil schon, aber es könnte mehr in dieser Richtung getan werden.

Wir haben gestern hier beschlossen, dass die Wartezeit, bis freie Schulen Zuschüsse vom Land erhalten, weiterhin zwei Jahre beträgt, sie also nicht erhöht wird. Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass die PDS-Fraktion diesem Beschluss nicht zugestimmt hat. Die Förderung von eigenverantwortlichem Engagement war noch nie Politik der PDS. Sie ha

ben immer zuerst auf den Staat gesetzt. Deswegen wird Ihre Partei auch nie wirklich Bürokratie abbauen.

Unsere Entscheidung verbessert die Qualität der Bildung in Brandenburg und sie fördert das bürgerschaftliche Engagement. Es ist doch gut, dass Eltern sagen: Ich gebe Geld dafür aus und ich engagiere mich freiwillig, damit meine Kinder eine bessere Bildung erhalten. Wir können dankbar dafür sein. Es gilt, so etwas zu fördern.

Ich möchte noch zu einem anderen Thema ein paar Bemerkungen machen, nämlich zur Kinderbetreuung. Ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuung wird auch künftig bereitgestellt. In diesem Bereich wird es darum gehen, auch die Bildungsqualität zu verbessern, um den Kindern auch dort eine bestmögliche Bildung und Erziehung zuteil werden zu lassen.

Im Kita-Bereich haben wir noch Reserven. Ich denke beispielsweise an den Ausbau der Betreuung durch Tagesmütter. In Zukunft müssen und werden wir neue Wege beschreiten, um der demografischen Katastrophe in unserem Land etwas entgegenzusetzen. Es hat keinen Zweck, die demografische Veränderung nur zu beschreiben und sie zu verwalten. Wir brauchen auch eine gute Politik für mehr Kinder. Es müssen sich wieder mehr Familien entscheiden, zwei oder drei Kinder zu haben, und diese Leistungsfähigkeit aufbringen. Diese Einstellung brauchen wir. Eine gute Politik für Kinder ist nicht nur eine gute Politik für mehr Kitas. Eine gute Familienpolitik ist eine Politik für mehr Familie und für die Leistungsfähigkeit von Familien. Deshalb muss die Familienpolitik auch immer im Zentrum der Sozialpolitik stehen.

Der Landtag, die Koalitionsfraktionen, werden mehr Geld für Jugendpolitik zur Verfügung stellen. Wir werden das 610-Stellen-Programm auf einem höheren Niveau erhalten, als das geplant war, es also nicht so stark absenken. Wir werden die Mittel flexibilisieren.

Wir wollen, dass man vor Ort entscheiden kann: Wie setzt man diese Gelder ein? Wir wollen, dass man vor Ort entscheiden kann: Stellt man eine Vollzeitkraft dafür ein oder arbeitet man - gerade in ländlichen Gebieten, in denen es viele kleine Städte und Dörfer gibt - möglicherweise mit mehr Teilzeitkräften? Vor Ort könnten die Jugendpfleger in den Kreisen bzw. die Sozialdezernenten diese Entscheidung treffen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Lunacek, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte sehr.

Herr Lunacek, meine Frage bezieht sich auf Ihre Forderung nach einer besseren Familienpolitik für Kinder. In der vorgestern geführten Debatte ist auch vonseiten Ihrer Fraktion, nämlich von Frau Schulz, bemerkt worden, dass es in der Familienpolitik große Defizite gibt. Ich habe in der Debatte - unwidersprochen - angemerkt, dass das geplante familienpolitische

Programm haushaltsseitig für die nächsten zwei Jahre nicht untersetzt ist.

Meine Frage lautet: Wann wollen Sie mit dieser kinderfreundlichen Politik beginnen - 2007?

Nehmen Sie erstens zur Kenntnis, dass Brandenburg ein Betreuungsangebot hat, das zur absoluten Spitze aller deutschen Bundesländer gehört

(Zurufe von der PDS)

- und das trotz der schwierigen Haushaltslage. Das ist in Ordnung und gut so; darauf können wir stolz sein.

Zweitens: Wir brauchen mehr Familien, die sich für Kinder entscheiden. Das heißt eben nicht nur, irgendwelche Programme zu installieren. Die sind für Problemfälle so notwendig und richtig wie eine gute Beratung. Was wir jedoch brauchen, ist Arbeit für die Menschen, damit sie sich dafür entscheiden, hier zu bleiben, damit die Familien leistungsfähig sind, eigenverantwortlich denken und handeln und sich für mehr Kinder entscheiden. Darauf ist unsere Politik ausgerichtet.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei der PDS)

Herr Lunacek, auch Herr Krause hat eine Frage.

Ich würde meinen Gedanken gern zunächst zu Ende führen.

Die Fachpolitiker der Koalition haben gute Arbeit geleistet, sie haben den Landeshaushalt gründlich unter die Lupe genommen, in verschiedenen Bereichen Schwerpunkte gesetzt und ihn verändert. Wir haben die Arbeit des Verbraucherschutzes gesichert - das ist richtig und notwendig -, wir haben mehr Geld für Opferschutz eingestellt, haben die Technologieförderung gestärkt, die Arbeit der Blaue-Liste-Institute, insbesondere für die landwirtschaftlichen Bereiche, gesichert und vieles mehr.

Deshalb lässt sich feststellen: Dieser Haushalt ist unter sehr schwierigen Bedingungen entstanden. Er hat eine sehr hohe Investitionsquote, nämlich von über 20 %. Die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft steigen, die Neuverschuldung wird zurückgeführt. Deshalb ist dieser Haushalt alles in allem ein Haushalt der Vernunft und der Verantwortung für Brandenburg. Wir empfehlen deshalb den Haushalt für die Jahre 2005 und 2006 zur Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Lunacek. - Wir setzen die Debatte mit dem Redebeitrag der PDS-Fraktion fort. Frau Dr. Enkelmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Das zupackende Land“ - seit der Ministerpräsident eine solche Debatte über Brandenburg angestoßen hat, erleben wir wahrlich packende Momente. Orte wie Spremberg in der Lausitz oder Putlitz in der Prignitz überlegen, ob sie nicht ihre Siebensachen packen und ins Nachbarland übersiedeln sollten. Investoren im Süden denken laut darüber nach, ihre Investitionspläne einzupacken und sich andere Standorte zu suchen.

Äußerst packend, Herr Lunacek, ist im Übrigen auch die Debatte in der Landesregierung: Der Wirtschaftsminister erklärt sein eigenes Konzept zu Branchen und Clustern für hinfällig und behauptet allen Ernstes, Brandenburg habe kein wirtschaftliches Profil. Dem Infrastrukturminister geht wieder ein Licht auf: Rechtssicherheit und Sorgfalt gehen vor Eile. - Das fordert die PDS, mit Verlaub gesagt, seit längerem.

(Beifall bei der PDS)

Plötzlich entdeckt die Landesregierung Selbstverständlichkeiten: dass für eine neue Förderpolitik Gesetze geändert werden müssten, dass man mit dem Partner Berlin reden sollte und dass all die Änderungen nicht vor 2008 zu schaffen sind. - Aus Ihrem Schnellschuss, Herr Ministerpräsident, ist ein Rohrkrepierer geworden.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Nein, meine Damen und Herren, die Einzigen im Land, die nicht zupacken, sind die Koalitionsfraktionen und ihre Landesregierung. Das haben auch die letzten beiden Tage gezeigt. Von zupackendem Gestaltungswillen war in Ihren Beiträgen zur Haushaltsdebatte nichts zu spüren. Nahezu widerstandslos haben die Koalitionsfraktionen den Haushaltsentwurf der Landesregierung abgenickt. Lächerliche 5 Millionen Euro haben Sie umverteilt. Von den angekündigten 30 Millionen Euro sind Peanuts übrig geblieben. Der Berg kreißte und gebar nicht einmal ein Mäuslein, Herr Lunacek!

(Beifall bei der PDS)

In dieser Situation erreichen uns nun neue Hiobsbotschaften über gefährdete Steuereinnahmen des Landes in Höhe von 250 Millionen Euro.

Herr Finanzminister, Sie sind in den Haushaltsberatungen in dieser Woche die Antwort auf die Frage, wie Sie das ausgleichen wollen, schuldig geblieben. Hilfloses Flügelschlagen wird schon irgendwie. - Das, meine Damen und Herren der Regierung, ist hochgradig verantwortungslos.

(Beifall bei der PDS)

Es ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Haushalt auf tönernen Füßen steht.

Dass die Bundesregierung jetzt noch über weitere Steuergeschenke an die Unternehmen in Höhe von mehr als 4 Milliarden Euro nachdenkt, ist schlicht und ergreifend ein haushaltspolitischer Amoklauf.

Ich fordere Sie, Herr Ministerpräsident, auf: Beziehen Sie hier

im Hause und vor allem im Bundesrat deutlich gegen die jüngsten Steuersenkungspläne der Bundesregierung Stellung! Tun Sie das nicht, haben Sie jedes Recht verwirkt, über leere Kassen des Landes zu klagen.

(Beifall bei der PDS)

Versprechen, zupackend tätig zu sein, haben wir in den letzten Monaten einige gehört. Eines lautete:

„Wir finden uns mit der Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit nicht ab! Wir sind bereit, auch neue Wege zu ihrer Bekämpfung zu gehen.“

Dieses Zitat stammt im Übrigen aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten.

Ich bin weit davon entfernt, der Landesregierung allein die Schuld für die hohe Arbeitslosigkeit in die Schuhe zu schieben. Dass sie ernsthaft gewillt ist, etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun, und auch bereit ist, dazu neue Wege zu gehen, ist jedoch nicht erkennbar. Sie haben sich - wie die rot-grüne Bundesregierung - entschlossen, das Problem Arbeitslosigkeit auf dem Rücken der Betroffenen abzuladen.

Einst sollte die Arbeitslosigkeit innerhalb von drei Jahren halbiert werden. Nicht nur dieses Ziel wird weit verfehlt. Hartz IV erweist sich inzwischen als einziges Desaster. Statt existenzsichernder Arbeit gibt es Billigjobs, statt sozialer Sicherheit droht der Umzug in Wohngettos, statt Einsparungen kommen auf die öffentlichen Hände Mehrbelastungen in Milliardenhöhe zu. Man müsste, wird aus den Koalitionsfraktionen allen Ernstes behauptet, nur den Mut haben, das Schiff Hartz IV auf die hohe See zu schicken. Nur, was passiert dann? Das erleben wir derzeit zur Genüge. Ohne viel Federlesens wirft man die Arbeitslosen in die raue See namens Arbeitsmarkt, lässt sie ohne Schwimmhilfen oder Kompass treiben. Keine Chance, das rettende Ufer zu erreichen. Wo sind die neuen Wege, die Sie bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gehen wollen?

Für Arbeitsmarktprogramme stehen dem Land derzeit jährlich rund 140 Millionen Euro, größtenteils aus dem Europäischen Sozialfonds, zur Verfügung. Gemessen an den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit ist das relativ wenig, aber mehr als nichts. Es ergibt sich daraus die Pflicht, spezifische Landesaufgaben deutlich zu bestimmen und die Mittel auf diese Aufgaben zu konzentrieren.

Für die PDS liegen die Landesaufgaben vor allem in Folgendem: in der Verknüpfung von Wirtschafts-, Struktur- und Arbeitsmarktpolitik; in der Konzentration auf besonders Benachteiligte wie ältere Arbeitnehmer, Jugendliche, Frauen und vor allen Dingen Nichtleistungsbezieher; aber auch im Erschließen von Beschäftigungsfeldern, die gesellschaftlich notwendig sind, für die es aber - aus welchen Gründen auch immer - keine Beschäftigungsverhältnisse auf dem ersten Arbeitsmarkt gibt.

Mit dem Antrag zur Förderung gemeinwohlorientierter Arbeitsförderprojekte legt die PDS-Fraktion dazu einen Vorschlag vor. Wir möchten Projekte fördern, die im öffentlichen Interesse liegen, insbesondere in den Bereichen Soziales, Umwelt, Jugend und Tourismus. Über einen Zeitraum von zwei Jahren könnten mit unserem Vorschlag 1 250 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Das ist

unser Weg in der Arbeitsmarktpolitik: die Mittel auf das eine Ziel zu konzentrieren, Arbeitsplätze zu schaffen.

Wir lehnen uns dabei ganz bewusst an Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern an. Dort gibt es ein solches Programm seit Jahren. Insofern ist nicht nachvollziehbar, warum die Brandenburger SPD nicht bereit ist, diesen Weg mitzugehen. Immerhin ist sie in Mecklenburg-Vorpommern an diesen Arbeitsförderprojekten beteiligt.

Wir wissen sehr wohl, dass auch im Nordosten diese Projekte nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein sind. Arbeitslosigkeit dauerhaft abzubauen erfordert ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass sie nicht allein vom Land zu bewältigen sind. Zu diesen Maßnahmen gehören ein öffentliches Investitionsprogramm, die Stärkung der Binnennachfrage, Arbeitszeitverkürzung mit zumindest teilweisem Lohnausgleich genauso wie Bildungs- und Qualifizierungsangebote. Dass Sie sich aber, meine Damen und Herren von der Koalition, von jedweder aktiven Arbeitsmarktpolitik verabschieden, nenne ich vor den Problemen zu kapitulieren, die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten allein zu lassen.