Protocol of the Session on March 2, 2005

Wir haben, was die Kitas angeht, den besten Standard in Europa. Das hat uns die OECD gerade bestätigt. Diesen Kita-Standard werden wir halten. Auch dies wird Folge des jetzt vorliegenden Haushaltsentwurfs sein. Aber auch hier will ich klar sagen: Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle. Es gilt auch, dafür zu sorgen, dass im Bereich der Kinderbetreuung besser vernetzt gearbeitet wird. Die Jugendämter müssen stärker mit den Gesundheitsämtern und mit anderen Behörden, die irgendwie an den Kindern „dran sind“, zusammenarbeiten. Auch auf diesem Gebiet gibt es noch einiges zu tun. Ich darf nur an den traurigen Fall von Dennis in Cottbus erinnern.

Dieser Dreiklang aus Bildungs-, Wirtschafts- und Familienpolitik ist wichtig für den weiteren Aufbau des Landes. Nur mit diesem wohlklingenden Dreiklang wird es uns gelingen, ab dem Jahr 2010 - das ist ja das Ziel - tätsächlich ohne neue Schulden auszukommen und ab dem Jahr 2020, wenn möglich, auf eigenen Füßen zu stehen. Das ist ein hehres Ziel, eine große Aufgabe. Frau Enkelmann, wir alle haben noch die Liedzeile im Kopf: „Du hast ja ein Ziel vor den Augen, damit du in der Welt dich nicht irrst.“ Gerade deshalb halte ich es für wichtig, dass man sich auch solche Ziele stellt.

Mit dem Doppelhaushalt werden wir die Weichen dafür stellen, dass die Bereiche, in denen Brandenburgs Zukunft liegt, tatsächlich zukunftsfähig gemacht werden können und ordentlich aufgestellt sind. Unter diesen komplizierten Bedingungen wird dies nicht ganz einfach sein. Was wir aber brauchen, sind nicht Desillusionen, sondern Illusionen - sind Desillusionen,

(Zuruf von der PDS: Ja, genau! - Beifall bei der PDS)

- sondern sind Zukunftsaussichten. Entschuldigung!

(Weitere Zurufe von der PDS)

- Das sind Zukunftsaussichten, die wir den Brandenburgerinnen und Brandenburgern geben wollen. Es geht schlicht und ergreifend darum, wieder Mut zu machen, Zuversicht zu streuen, zu zeigen, wohin es in diesem Land gehen soll und gehen kann. Dazu brauchen wir die Perspektive und dazu brauchen wir diesen Haushalt. Ich wünsche uns allen einen elan- und schwungvollen Diskurs dazu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Baaske für seinen Redebeitrag.

In Anwendung unserer neuen Geschäftsordnung liegen zwei Wortmeldungen für Kurzinterventionen vor, die jeweils drei Minuten Redezeit in Anspruch nehmen können und dem Vorredner die Möglichkeit zur Antwort einräumen. - Frau Dr. Enkelmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens: Der Vorsitzende der SPD-Fraktion hat in Richtung PDS-Fraktion von „Rattenfängern von Brandenburg“ gesprochen. Herr Präsident, das ist der demokratischen Kultur dieses Landtages nicht würdig.

(Beifall bei der PDS)

Es sagt aus meiner Sicht einiges aus über das Demokratieverständnis des Kollegen. Das ist für mich eine tiefe auch persönliche Enttäuschung und ich erwarte hier die Entschuldigung des Kollegen Baaske.

Zweitens: Einen Untersuchungsausschuss zu verlangen ist ein legitimes parlamentarisches Recht, in der Geschäftsordnung des Landtages geregelt. Dieses Recht lassen wir uns nicht nehmen. Wir haben erfahren, dass die Trennungsgeldaffäre ausgesessen worden ist, dass seit 1997 Informationen dazu vorliegen und dass immer wieder vertröstet worden ist, vertröstet worden auch mit Blick auf eine neue Trennungsgeldregelung, die noch aussteht. Deswegen sind wir diesen Weg gegangen. Dieser Weg ist legitim, er ist richtig und er wird zur Aufklärung beitragen.

Drittens verwahre ich mich gegen den Vorwurf der Lüge. Was ich fordere, ist, dass die Regierung ehrlich mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes Brandenburg umgeht, dass sie ehrlich sagt, welche Konsequenzen die Politik hat, die wir hier betreiben, dass sie die Bürgerinnen und Bürger aufklärt und ihnen nicht die Hirne vernebelt.

(Beifall bei der PDS)

Danke. Das war Kurzintervention Nr. 1.

Herr Hammer hat Gelegenheit für die zweite Kurzintervention.

(Hammer [PDS]: Ich ziehe zurück; sie war zum selben Gegenstand!)

- Herr Abgeordneter Hammer zieht zurück.

Damit hat Herr Abgeordneter Baaske die Möglichkeit zu reagieren.

(Baaske [SPD]: Nein, jetzt noch nicht!)

- Er verzichtet zum gegenwärtigen Zeitpunkt darauf. Danke.

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Hesselbarth spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Platzecks und Speers Märchenstunde - dieser Gedanke kommt mir unwillkürlich, wenn ich den vorliegenden Haushaltsentwurf sowie die Finanzplanung bis 2008 lese.

Ich will gleich zu Beginn klarstellen: Ich rede heute zum vorliegenden Haushalt. In der morgigen Aktuellen Stunde werde ich zum neuen Leitbild für Brandenburg sprechen.

Sehen wir uns also zunächst die Rahmenbedingungen im Überblick an: So werden von Ihnen die Steuereinnahmen und steuerähnlichen Abgaben für 2005 mit knapp 4,3 Milliarden Euro und für 2006 mit 4,5 Milliarden Euro angenommen. Sie beziehen sich dabei einfach auf die Vergleichszahl von 2004 mit außerplanmäßigen Mehreinnahmen im Vergleich zum Haushaltssoll von 240 Millionen Euro. Selbst die 79 Millionen Euro, welche Brandenburg im Jahr 2004 einmalig durch den Bund als Landesanteil am Umsatzsteueraufkommen aufgrund des Vorziehens der Steuerentlastungsstufe 3 in das Jahr 2004 zuflossen, werden, obwohl sie sich wirklich nur auf das Jahr 2004 bezogen, einfach in Ihre Berechnungen, Herr Finanzminister, einbezogen.

Das ist ebenso eine Milchmädchenrechnung wie ihre Finanzplanung bis 2008. So sollen sich - um ein Beispiel zu nennen ausgerechnet die Gewerbesteuereinnahmen stetig nach oben bewegen. In Wirklichkeit existiert hier in Brandenburg faktisch keine mittelständische Wirtschaft mehr; soweit doch, schreiben die Betriebe seit Jahren rote Zahlen.

(Beifall bei der DVU)

Dem Finanzminister in seinem finanzpolitischen Elfenbeinturm scheint völlig entgangen zu sein, dass die Insolvenzquote von Unternehmen in Brandenburg im letzten Quartal 2004 um 70 % über dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums lag. Im November 2004 war sogar eine Steigerung um 28,4 % zu verzeichnen. Dass die Großbetriebe in Brandenburg aufgrund der unsäglichen Unternehmensteuerreformen der Bundesregierung ohnehin keine Steuern mehr zahlen, müsste eigentlich auch Ihnen geläufig sein, Herr Finanzminister.

Die Polizeibeamten, Herr Innenminister, werden in diesem Jahr beim Ertappen von Verkehrssündern wohl kräftig Überstunden leisten müssen, um den im vorliegenden Haushaltsplan eingestellten Aufwuchs von knapp 18 Millionen Euro an zusätzlichen Verwaltungseinnahmen zu erreichen. Oder planen Sie etwa Gebührenerhöhungen?

Besonders interessant wird es, sieht man sich die von Ihnen geplanten Mehreinnahmen von 195 Millionen Euro 2005 und

weiteren 31 Millionen Euro 2006 aus Zuweisungen und Zuschüssen - sprich: im Wesentlichen Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen und EU-Mittel - an. Als geradezu selbstverständlich nehmen Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung an, dass die Mittel aus dem Länderfinanzausgleich ebenso wie die Bundesergänzungszuweisungen im Vergleich zu den Vorjahren auf hohem Niveau bleiben bzw. sogar noch steigen werden. Doch damit ist aufgrund der desolaten Finanzsituation des Bundes sowie der Haltung insbesondere einiger süddeutscher Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zum Länderfinanzausgleich nicht zu rechnen.

Was die EU-Fördermittel betrifft, so wissen Sie sehr genau, Herr Ministerpräsident und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank - schließlich haben Sie diese Misere ohne Not selbst verschuldet -, dass der gesamte Süden Brandenburgs ab 2007 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr Ziel-1-Fördergebiet sein wird. Damit werden die EU-Mittel drastisch sinken.

Ausgehend von der bisherigen Förder- bzw. Kofinanzierungspraxis des Landes stört Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, diese Tatsache offenbar überhaupt nicht. So erklärte doch kürzlich der SPD-Europaabgeordnete Norbert Glante gegenüber der Presse:

„Brandenburg hat bisher seine EU-Fördermittel nicht komplett in Anspruch nehmen können, weil die Gegenfinanzierung fehlte. Bei den neuerlichen Etateinsparungen wird dies nicht besser werden.“

Oder im Klartext: Bisher ließ man einen nicht unbeträchtlichen Teil der Brandenburg zustehenden EU-Fördermittel einfach verfallen, um sie nicht kofinanzieren zu müssen. In Zukunft ist man ganz frohgemut darüber, dass diese EU-Mittel erst gar nicht nach Brandenburg kommen. Ein Antrag unserer Fraktion, bei der Haushaltsaufstellung in Zukunft die Kofinanzierung des Bundes und EU-Mittel wirklich sicherzustellen, wurde von Ihnen ja auch ohne mit der Wimper zu zucken vom Tisch gefegt.

Doch zurück zu den Zahlen. Mit einem radikalen Personalabbau von über 9 000 Stellen in der Landesverwaltung wollte und will die Landesregierung den defizitären Haushalt konsolidieren und die Schulden senken. Immerhin verschlingen Löhne und Gehälter für die Beschäftigten inzwischen fast ein Drittel der pro Jahr im Etat vorhandenen knapp 10 Milliarden Euro. Doch Ihre Rechnung geht offenbar nicht auf. Das musste inzwischen selbst der Finanzminister einräumen. Die zwischen 2000 und 2003 erfolgte Streichung von rund 4 500 Stellen im Landesdienst führte zwar zur Einsparung von rund 210 Millionen Euro pro Jahr; aber durch die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst und die fortschreitende Ost-West-Anpassung der Gehälter und Löhne wurde und wird der Sparbeitrag fast vollständig aufgezehrt. Somit dürften die Personalkosten trotz der radikalen Verschlankung der Landesverwaltung in den kommenden Jahren sogar noch wachsen. Ob Sie Ihr Ziel, bis 2009 weitere 7 400 Stellen zu streichen, wirklich erreichen werden und vor allem auch, mit welchen arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Folgen für die Betroffenen -, steht in den Sternen.

Kommen wir zur Nettoneuverschuldung. Diese soll im Haushaltsjahr 2005 um 146 Millionen Euro unter der von 2004 bleiben und im Jahr 2006 sogar auf 831 Millionen Euro gesenkt werden. Doch ist dieser Schuldenabbau in Wahrheit eine Mo

gelpackung. Die Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler Brandenburg e. V., Frau Angela Mai, erklärte kürzlich gegenüber der Presse:

„Die Schulden steigen jetzt schneller statt langsamer als geplant. Damit bricht die Landesregierung ihr Versprechen, die Neuverschuldung konsequent abzubauen.“

Frau Mai forderte, die Landesausgaben jährlich um 3 % gegenüber dem Stand von 2004 zurückzufahren, um endlich einen Schuldenabbau einzuleiten, der den Namen auch verdiene; alles andere sei eine Mogelpackung.

Der von Ihnen, Herr Ministerpräsident, in Ihrer Regierungserklärung vom 27. Oktober 2004 versprochene und im Koalitionsvertrag festgeschriebene Abbau der Neuverschuldung um 175 Millionen Euro jährlich findet jedoch bereits im Haushaltsjahr 2005 nicht statt - in den Folgejahren auch nicht; darauf gebe ich Ihnen als DVU-Vertreterin Brief und Siegel. Kein Wunder, dass die Zinsausgaben galoppieren. Sie verschlingen bereits heute 10 % und mehr der künftigen Haushalte - Geld, das an anderer Stelle fehlt.

Allein im Haushaltsjahr 2005 müssen für Zinsen sowie deren Nebenkosten 813 Millionen Euro ausgegeben werden. Die Ausgaben dafür werden im Haushaltjahr 2006 voraussichtlich auf 852 Millionen Euro steigen - und dies bei einem Haushaltsvolumen von knapp 10 Milliarden Euro im Jahr 2005 und 9,8 Milliarden Euro im Jahre 2006. Minister Speer erwartet selbst bis zum Jahr 2008 eine Erhöhung des Schuldenstandes des Landes auf 20,5 Milliarden Euro. Die Zinsausgaben werden dann über 900 Millionen Euro pro Jahr liegen. Der Anteil der Zinsen an den bereinigten Gesamtausgaben wird dann von rund 10 % der Steuereinnahmen auf rund 20 % gestiegen sein. Dabei bewegt sich das Land bereits jetzt am Rande des finanziellen Ruins. Mögliche Risiken aber, die sich aus der Liquidation der Pleite-LEG oder aus dem Schattenhaushalt des Landeswohnungsbauvermögens mit einem Schuldenstand zum 31.12.2004 von über 2,5 Milliarden Euro ergeben, sind in keiner Weise berücksichtigt.

Ihr Haus, Herr Minister Speer, verweist stattdessen natürlich lieber auf den vorläufigen Jahresabschluss des Haushaltsjahres 2004, in dem die Nettoneuverschuldung in Höhe von 704,3 Millionen Euro um 417,7 Millionen Euro unter dem Soll lag. Dabei erweisen sich die 240,3 Millionen Euro an Steuermehreinnahmen 2004 bereits dadurch als finanzpolitische Luftblase, dass nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums aufgrund des Kassenergebnisses 2004 mit einer Rückzahlung Brandenburgs von bis zu 150 Millionen Euro zu rechnen ist, die das Kassenergebnis 2005 belasten wird. Von Ihnen wurden aber nur 50 Millionen Euro dafür in den Haushalt eingestellt, sodass sich ein weiteres unübersehbares Risiko ergibt. Zieht man dann die erwähnte Einmalzahlung in Höhe von 79 Millionen Euro aus Umsatzsteuermitteln ab, verbleibt für 2004 noch ein effektives Plus von ganzen 11,3 Millionen Euro. Ziemlich mager, finden Sie nicht, Herr Speer?

Für welchem Preis wurden die Einsparungen des letzten Jahres erkauft? Für den Preis einer radikalen wirtschafts- und infrastrukturzerstörenden Absenkung der Investitionen in der Hauptgruppe 8 von 186 Millionen Euro. Diese resultieren im Wesentlichen aus Minderausgaben im Wirtschaftsressort in Höhe von über 81 Millionen Euro sowie im Landwirtschaftsressort

in Höhe von 188 Millionen Euro bei gleichzeitigen Mehrausgaben im Einzelplan 07 in Höhe von 87 Millionen Euro. Der ausgeglichene Haushalt 2004 wurde also auf Kosten der mittelständischen Wirtschaft unseres Landes sowie zulasten der Infrastruktur unseres Landes erkauft. Indem man die geplante Investitionsquote von 20,8 % einfach um eineinhalb Prozentpunkte auf 19,3 % drückt, kann man natürlich auch Haushaltskonsolidierung betreiben.

Wir glauben in Übereinstimmung mit der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger sowie insbesondere der Selbstständigen dieses Landes nicht, dass Sie im laufenden Doppelhaushalt die Investitionsquote bei über 20 % halten können und werden. Die für 2005 versprochenen höheren Investitionsausgaben in der Hauptgruppe 8 von knapp 126 Millionen Euro werden durch die Absenkung der öffentlichen Bauinvestitionen um 122 Millionen Euro völlig kompensiert - ein haushaltspolitisches Nullsummenspiel.

Berücksichtigt man die Kürzungen der Investitionsausgaben der Hauptgruppe 8 um 2 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2004 sowie die weitere Kürzung der Baumaßnahmen um 12 Millionen Euro, landet man summa summarum bei einem Investitionsminus von insgesamt 10 Millionen Euro. Wie heißt es doch so schön im Märchen? Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute. Ich sage Ihnen: Dieser ganze Haushalt ist nichts anderes als ein Märchen, und zwar ein ziemlich schlechtes.

(Beifall bei der DVU)

Auf die Einzelpläne will ich heute noch nicht eingehen, nur einige Anmerkungen seien mir dazu gestattet. Erstmals sollen sogar bei der Polizei des Landes bis 2006 400 Stellen gestrichen werden, wogegen sich unter anderem die Gewerkschaft der Polizei vehement wehrt. So sieht es aus, Herr Innenminister, wenn man eine Koalition mit den Sozis eingeht.