Ich danke dem Abgeordneten Homeyer und gebe das Wort an die Landesregierung, Herrn Ministerpräsidenten Platzeck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Vietze, es steht völlig außer Frage, dass sich eine Landesregierung jeglicher Öffentlichkeitsarbeit enthalten muss, die werbenden Charakter für die eine oder andere zur Wahl stehende Partei hätte.
Das gilt ganz allgemein und nicht nur in Wahlkampfzeiten. Übrigens hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1977 dazu im Grundsatz eine Entscheidung gefällt und das in aller Deutlichkeit herausgearbeitet.
Die geforderte Zurückhaltung ist Ausfluss des Gebots der Chancengleichheit aller politischen Parteien. Sie ist für unsere Demokratie unabdingbar. Den Staatsorganen ist somit Zurückhaltung auferlegt, Zurückhaltung beispielsweise in der Selbstdarstellung durch mit Haushaltsmitteln finanzierten Broschü
ren, die Arbeitsleistungs- und Erfolgsberichte zum Gegenstand haben. Das gilt natürlich - auch das steht im Verfassungsgerichtsurteil - in besonders heißen Wahlkampfphasen.
Gleichzeitig aber, Herr Kollege Vietze, haben wir auch das Gebot der Transparenz der Regierungsarbeit zu beachten, das für eine auf Bürgerbeteiligung angewiesene Demokratie ebenfalls unabdingbar ist.
Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung nicht nur unschädlich, sondern erwünscht und geboten ist, soweit sie die oben skizzierten Grenzen respektiert.
Ich kann, Herr Vietze, anders als Sie, nicht erkennen, dass Mitglieder der Landesregierung in der Vergangenheit gegen diese strengen Grundsätze verstoßen haben. Wir werden das auch in Zukunft nicht tun. Hierzu bedarf es auch keiner gesonderten Richtlinien. Die Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hat, sind deutlich genug. Ein Verstoß dagegen würde niemandem nutzen. Deshalb werden wir so etwas auch nicht tun. - Herzlichen Dank.
Ich danke Herrn Ministerpräsidenten Platzeck und gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der PDS und auch ich persönlich haben keinen Grund, den Aussagen des Ministerpräsidenten und der beiden Parlamentarischen Geschäftsführer, Herrn Klein und Herrn Homeyer, in irgendeiner Weise etwas anderes zu unterstellen als die ehrliche, klare Meinung: Es gibt eine Pflicht für Öffentlichkeitsarbeit, für herzustellende Transparenz, dafür, die Entwicklung in entsprechender Weise darzustellen.
Ganz offensichtlich ist in den Wahlkampfzeiten der eine oder andere leicht irritiert. Das trifft dann nicht nur die Opposition, sondern auch die Regierungsbank.
Nun weiß ich, dass wir im Parlament darüber sehr vernünftig geredet haben. Demzufolge kann ich Ihnen den Vorschlag unterbreiten, auf die Abstimmung zu verzichten. Wir ziehen den Antrag zurück. Ich glaube, es ist alles gesagt.
Ich danke dem Abgeordneten Vietze. Die einreichende Fraktion zieht den Antrag zurück. Ich beende die Aussprache und schließe den Tagesordnungspunkt 9.
Ehe ich Tagesordnungspunkt 10 aufrufe, möchte ich wieder Gäste im Landtag begrüßen. Es sind 19 ausländische Deutsch
Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU - Drucksache 3/6612 - vor.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben schon wieder das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag und der Bundesrat haben am 16. bzw. am 17. Oktober beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung einzusetzen, die bis Ende 2004 Vorschläge für eine Neuordnung des Kräfteverhältnisses zwischen Bund und Ländern erarbeiten soll.
Dabei sollen im Mittelpunkt der zu erwartenden Reformvorschläge besonders solche Themenkomplexe stehen wie Zuordnung von Gesetzgebungszuständigkeit auf Bund und Länder, Zuständigkeiten und Mitwirkungsrechte der Länder in der Bundesgesetzgebung und die perspektivische Gestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern.
Bundestag und Bundesrat werden mit je 16 Mitgliedern und der gleichen Zahl an Stellvertretern in der Kommission vertreten sein. Die Länder, also auch wir, die von der Zuordnung von Gesetzgebungszuständigkeiten im Bund und in den Ländern, von der Zuständigkeit und den Mitwirkungsrechten in der Bundesgesetzgebung und von den Finanzbeziehungen durchaus betroffen sind, dürfen als ständige Gäste mit Fragerecht an den Zusammenkünften derer, die im Bund die Kommission stellen, teilnehmen. Ich finde, das ist ein großer Fortschritt.
Der Konvent der Landtagspräsidenten und der Fraktionsvorsitzenden aller Landtage hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass die Parlamente durch Parlamentspräsidenten und Fraktionsvorsitzende direkt beteiligt sein sollten. So weit geht das demokratische Selbstverständnis der Ministerpräsidenten bzw. derjenigen, die Bundestag und Bundesrat in der Föderalismuskommission vertreten, wiederum nicht, was die demokratische Mitbestimmung der Länder und deren Parlamentarier betrifft.
Nun wäre dies alles nicht so problematisch, wenn nicht ein Teil der Gründe, aus denen eine Reform der föderalen Struktur, der föderalen Ordnung notwendig ist, nicht gerade darin läge, dass in den letzten 50 Jahren sukzessive eine Gesetzgebungskompetenz der Länder nach der anderen mit - wie Bundespräsident Rau sagte - einer solchen Detailverliebtheit auf die Bundesebene gezogen worden wäre, dass es zunehmend zur Entleerung
der parlamentarischen Arbeit auf der Länderebene kam. Schauen Sie sich, meine Damen und Herren, die heutige Tagesordnung an. Ich habe Ihre kritischen Bemerkungen zu unseren Anträgen genau im Ohr und wollte Ihnen nur sagen: Hätte die PDS-Fraktion am heutigen Tag auf die Einbringung ihrer Anträge verzichtet, hätten Sie nach Fragestunde und Aktueller Stunde kein Thema gehabt.
(Homeyer [CDU]: Wenn Ihr doch einmal richtig was tä- tet! - Widerspruch der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])
- Herr Homeyer, ich weiß, dass es Ihnen eine große Freude ist, einen Beitrag zu unseren Anträgen hier zu leisten. Sie erheischen auch den Beifall Ihrer Abgeordnetenkollegen; das ist ja alles in Ordnung und überhaupt kein Problem. Ich will nur darauf aufmerksam machen, Herr Homeyer, wie tragisch es wäre, wenn wir nur noch Anträge behandeln dürften, deren Wirksamkeit sich vielleicht in solchen Fragen wie beim vorletzten Tagesordnungspunkt erschöpfte.
Wo ist die Mitsprache, wo das demokratische Mitwirkungsrecht eines Parlaments? Ich wende mich eben nicht nur als Abgeordneter der Opposition zu diesem Thema an Sie; denn ich meine: Wenn die Landesparlamentarier aller Parteien nicht begreifen, dass wir, wenn es um die Reform des Föderalismus geht, nicht nur auf den Regelungsbedarf von Bundestagsabgeordneten und Mitgliedern des Bundesrates vertrauen dürfen, sondern dass es um die Wahrnehmung von Landesinteressen und der Interessen derer, für die wir im Landesparlament sitzen, geht, dann muss ich einfach sagen, dass wir die verdammte Pflicht haben, uns stärker für die Entwicklung und die Reform des Föderalismus einzusetzen. Wir müssen natürlich auch ein Mehr an Information und Mitwirkung einfordern.
Nun haben Sie unsere Anträge ja immer abgelehnt; das war Ihr großer „Vorzug“, wobei der Präsident einmal - dafür möchte ich ihm noch danken -, weil er vor Lübeck noch etwas brauchte, um zuzustimmen, unseren Antrag eingebracht hat. Bezüglich unserer Mitwirkung ist also alles in Ordnung; das ist aber nicht das Thema.
Wir haben uns im Parlament in den letzten anderthalb Jahren dreimal zum Föderalismus verständigt, allerdings ausschließlich auf Anträge der PDS hin. Warum gibt es nicht einen Antrag vonseiten der Koalitionsfraktionen, der das Anliegen der Entwicklung föderaler Strukturen, der Mitgestaltung in diesem Prozess zum Inhalt hatte? Können Sie sich nicht einigen? Ist das der Grund oder eher mangelndes Interesse?
Ich habe Sorge, dass wir auf diesem Gebiet eine Situation hinnehmen, die in zunehmenden Maße zu einer weiteren Zentralisation führt. Das Bedürfnis, zunehmend Rechtsklarheit zu schaffen, ist auch im Zuge der europäischen Verfassung und angesichts der anderen Bemühungen, die es auf europäischer
Ebene gibt, verständlich. Die Regelungswut in Brüssel und Straßburg wächst. Die Bundesgesetzgebung zielt ebenfalls auf Konzentration. Daher sage ich Ihnen: Am Ende leiden kommunale Selbstverwaltung und die Wahrnehmung von Länderinteressen. Deswegen möchte ich Sie mit diesem Antrag auffordern, darüber nachzudenken, ob wir nicht in der Verantwortung stehen, uns in diesen Prozess anders einzubringen als nur als beratende Zaungäste einer zentralen Kommission.
Das Zweite: Wir haben gelesen - dies war in dieser Woche Agenturmeldung -, dass der Ministerpräsident seine Aufgaben als Kommissionsmitglied persönlich wahrnehmen wird, was für unser Land sicherlich sehr gut ist. Der Chef der Staatskanzlei ist sein Stellvertreter. Das ist anderswo ebenso geregelt; ist kein Thema und für die uns gegebenen Bedingungen sicher die praktikabelste Lösung. Fakt ist aber auch: Es hat am 1. Juli Gespräche gegeben mit der Zusage, nach der Sommerpause, im September über das zu informieren, was vonseiten der Ministerpräsidenten zu diesem Thema geäußert wird. Dazu fehlen uns - außer der Tatsache, dass wir die Materialien anderer Länder erhalten haben - die entsprechenden Informationen.
Wir haben im vergangenen Jahr den Beschluss gefasst, dass uns die Regierung einen Bericht vorlegen soll. Sie hatten unseren Antrag abgelehnt und einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht. Die Erfüllung des Beschlossenen aber kontrollieren Sie nicht, meine Damen und Herren; denn auch danach hätte die Regierung informieren müssen.
Wir sollten, wenn wir schon nicht selbst präsent sind, zumindest darauf achten, dass diejenigen, die dann auf Bundesebene in der Kommission aktiv sind, ihre Pflicht gegenüber dem Landesparlament und den Abgeordneten aller Fraktionen erfüllen.
Folgendes will ich noch sagen: Es gibt durchaus Länder, die eine andere Situation oder eine andere Kultur - oder wie man dies bezeichnen will - haben, beispielsweise Sachsen-Anhalt. Dort verabschiedet das Parlament mit den Unterschriften aller Fraktionsvorsitzenden - von CDU, FDP, PDS...