Protocol of the Session on June 26, 2003

(Dr. Trunschke [PDS]: Lasst uns doch entscheiden!)

Ihre Große Anfrage atmet einen Geist und ein Staatsverständnis, mit dem wir von der CDU uns niemals anfreunden können, und auch seitens der SPD, unterstelle ich einmal, kann man das nicht: eine Staatsgläubigkeit und vor allem ein Wunsch, dass alle kulturellen Leistungen und Aufgaben möglichst auf Landes-, auf Staatsregierungs- oder vielleicht sogar auf Bundesregierungsebene gezogen werden können. Das können wir nicht leisten und das wollen wir gar nicht, weil Kunst und Kultur freie Güter sind, die sich auch in der Geschichte der letzten Jahrhunderte von unten nach oben entwickelt haben, in Familien, im Handwerk, in Zünften, aber auch in der Adelsgesellschaft.

Wie es mit der bürgerlichen und der Adelsgesellschaft gestanden hat, die einen großen Teil der Kultur und Kunst in Europa wie auch in Deutschland und Brandenburg getragen haben, wissen Sie. Sie sind von Ihrer Vorgängerpartei bzw. Staats- und Parteiführung nahezu eliminiert und ausgerottet worden, jedenfalls was ihre Leistungsfähigkeit für die Kultur betrifft. Es ist sicher eine Eigenart totalitärer, diktatorischer und autoritärer Regierungen, den Kunst- und Kulturbetrieb sehr stark an sich zu ziehen und ihn sehr stark von oben zu bestimmen. Da gibt es bestimmte Kulturkammern, reine Kulturministerien, und sicher gab es für diejenigen, die man förderte, auch eine gewisse Sicherheit, Tarif und Stabilisierung. So etwas gab es bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts in dieser Form nicht, wie Sie es, wie wir es einmal gekannt haben und wie Sie es immer wieder fordern.

Wenn Sie sich auf der anderen Seite die finanzielle Situation, den Umbruch in Deutschland und auch in Brandenburg anschauen, erkennen Sie, dass wir unglaublich viel für die Kultur in Brandenburg tun und auch schon in den letzten Jahren Prioritäten gesetzt haben. Die Theater- und Orchesterstruktur reicht bis in die weite Fläche des Landes. Ich nenne das Kinder- und Jugendtheater in Senftenberg oder die Uckermärkischen Bühnen in Schwedt und - trotz finanzieller Engpässe - die Musikschulen oder im Nordwesten des Landes die Musikakademie in Rheinsberg, mit der quasi ein kleines Stadttheater entstanden ist, oder ein Festival für junge Künstler, die sich dort hervorragend profilieren. Das alles sind Dinge, die wir nicht kleinreden können, die gestützt und gefördert werden, die auch vom Land die Mittel bekommen, die wir ihnen zur Verfügung stellen können, wobei sie dann komplementär durch die Kommunen finanziert werden können.

Was wir vor allem brauchen, ist aber bürgerschaftliches Engagement, das sich auch kommunal niederschlägt. So etwas, was Werner Otto zum Beispiel in Potsdam und in Brandenburg für Kunstdenkmale tut, ist auch für Museen, Theater und Orchester denkbar und wünschbar. Wir müssen das nur fördern und dafür sorgen, dass diese Leute ordentlich Geld verdienen können, das sie dann in Verantwortung für ihr Eigentum auch für uns alle einsetzen können.

Eine weitere Bemerkung zu dem Wunsch, den Kulturbetrieb über ABM- und SAM-Förderung aufrechtzuerhalten. Es ist in den 90er Jahren viel geschehen. Ich sehe den Kollegen Ziel, der eine ganze Menge möglich gemacht hat. Wir haben Erfahrungen mit Leuten gemacht, die im Kulturbetrieb, auch in der Offszene, in der Subkultur, in der Jugendkultur zwei oder drei Jahre gefördert werden. Dann kommen noch einmal zwei Jahre hinzu, und nach fünf Jahren sind sie, wie es umgangssprachlich heißt, „ausgefördert“ und können nicht mehr gefördert werden. Die Beziehungen zu Kultureinrichtungen und zu jungen Menschen reißen dann unwiederbringlich ab. Wenn man Projekte fördert, auch bezüglich der Entlohnung, sollte man darauf achten, Dinge, die wirklich wichtig sind, zu fördern und nicht einen Kulturbetrieb über Sozialmaßnahmen aufrechtzuerhalten, weil wir uns damit in die Tasche lügen bzw. nicht nach vorn kommen würden.

Die Kultur im Land Brandenburg könnte sicher wesentlich mehr gefördert werden. Wenn man der Landesregierung und uns unterstellt, wir wüssten nicht, was die Kommunen dafür ausgäben, ist das schlicht die Unwahrheit. Wir wissen es schon, vor allem an den Stellen, an denen wir fördern und an denen wir uns beteiligen. Die anderen Dinge befinden sich nun einmal in der Obliegenheit der Gemeinden und der Städte, die auch wissen müssen, was sie sich leisten können. Ich kann Ihnen garantieren, dass die Städte, die Prioritäten setzen und genau wissen, was sie wollen, das auch richtig tun. Andere, wie die Landeshauptstadt Potsdam, müssen schmerzlich erfahren und in diesem Klärungsprozess sind sie -, dass man sich Theater und Orchester aber nicht alles leisten kann. Man muss sich auch innerhalb von Verbünden, die man gegründet hat, irgendwann einmal entscheiden. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Niekisch und gebe das Wort an die Landesregierung. Frau Ministerin Wanka, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Bemerkungen als Reaktion auf die Redebeiträge, einmal auf eine Äußerung von Herrn Trunschke und dann auf etwas, was Frau Konzack sagte, bevor ich auf die eigentliche Anfrage komme.

Herr Trunschke sprach von dem Problem der Zuwendungen und davon, dass viele freie Kulturträger jetzt erst, Mitte des Jahres, ihre Bescheide bekommen und Geld haben. Die Aussage lautete weiter, dass wir uns nicht darum kümmerten. Das ist wirklich ein zentrales Problem, weil die Mittel im Kulturbereich überwiegend als Zuwendungen vergeben werden. Das heißt, dass die Mittel für alle Theater, Orchester etc. in einem Topf zusammen mit den Geldern für sämtliche kleine Projekte sind. Eine Kürzung bedeutet, man muss das ganze Szenario neu gestalten. Das ist ein schwieriger Prozess. Wenn eine Haushaltssperre kommt, wie wir sie schon seit Beginn des Jahres hatten, können wir die Mittel in diesem Bereich nicht auszahlen, auch nicht an die größeren Orchester und auch nicht an die größeren Institutionen. Das ist für die entsprechenden Einrichtungen sehr schlecht.

Wir haben jetzt reagiert und eine Ausnahmegenehmigung vom Finanzministerium erhalten. Wir haben für dieses Problem für das nächste Jahr, zwar noch nicht mit der Landesregierung, aber einvernehmlich mit der Finanzministerin, einen Weg gesucht und gefunden, der darin besteht, dass wir einen Teil der Zuwendungen über Verpflichtungsermächtigungen sicherstellen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Trunschke [PDS])

Frau Konzack, im Durchschnitt wird in Deutschland 1 % der Landeshaushalte für Kultur eingeplant. Im November letzten Jahres hat der Arbeitskreis für Kulturstatistik für die gesamte Bundesrepublik Zahlen vorgelegt. Diese Zahlen haben in der Presse kaum jemanden interessiert. Sie waren aber sehr Besorgnis erregend für die Kultur. Die Bundesregierung hat in erheblichem Maße die Ausgaben für Kultur gekürzt, alle Bundesländer - auch Bayern - haben ihre Kulturausgaben gesenkt und das Gleiche gilt für die Kommunen. Wir haben damit eine Dreierbewegung, die für die Kultur zu einer sehr schwierigen Situation führt. Das ist kein Spezifikum des Landes Brandenburg, aber es ist eine gefährliche Situation für die Kultur insgesamt. Deshalb ist der Dialog, um über diese schwierige Zeit zu kommen, richtig, denn es wird auch wieder besser.

Zu Ihrer Anfrage möchte ich Folgendes sagen: Ich habe mit Genugtuung gelesen - und freue mich, dass Sie es klar ausgedrückt haben -, dass Sie mit unserer Kulturentwicklungskonzeption einverstanden sind. Bei den Lösungsansätzen - das ist Ihr gutes Recht - sind Sie zum Teil anderer Meinung.

Es sind zwei wesentliche Probleme benannt worden. Das ist zum einen die angemessene Finanzausstattung für freiwillige Leistungen der Kommunen - daraus resultiert auch die Kulturfinanzierung - und zum anderen die Sicherung der Personalausgaben der Träger kultureller und künstlerischer Leistungen. Bei dem Lösungsansatz - das merkt man auch an Ihrer Frage und an Ihrer Argumentation - liegen unsere Auffassungen weit auseinander. Es zeigt sich, dass wir in der Kulturpolitik grundsätzlich andere Positionen verfolgen.

So wenig wie die Bundesrepublik Deutschland eine Verantwortung für die Finanzierung des Staatstheaters Cottbus oder des staatlichen Landeshauptarchivs des Landes Brandenburg trägt, so wenig haben wir als Landesregierung die Aufgabe, darüber zu entscheiden, wie die einzelnen Kommunen und Träger die entsprechenden Stellen einrichten. Das ist individuell vor Ort zu klären. Das ist auch im Grundgesetz geregelt.

Die Landesregierung hat dabei natürlich zwei wesentliche Aufgaben: Zum einen fördert sie Kunst und Kultur, wo ein landespolitisches Interesse besteht und wo sie sich beteiligen will, zum anderen setzt sie einen wichtigen Teil der Rahmenbedingungen dafür, welche Finanzmittel für Kultur in den Kommunen zur Verfügung stehen. Der Umfang der kommunalen Finanzausstattung und seine Struktur wird vom Landtag festgelegt. Darüber wird beraten und das Ergebnis dann als Entwurf der Landesregierung vorgelegt. Wir stehen gerade in den Beratungen zum GFG für das Jahr 2004. Es geht nicht, dass die Landesregierung Dinge postuliert, die noch nicht mit dem Parlament beraten oder bei denen wir wie beim GFG noch im Diskussionsprozess stehen.

Sie fragen nach dem notwendigen finanziellen Rahmen. Das ist bei der Kultur nicht naturgesetzlich. Wie viel Kultur und Kunst kosten ist zu diskutieren und vor Ort zu entscheiden. Das ist das Ergebnis eines Meinungsbildungsprozesses in den Kommunen und nicht die Sicht der Landesregierung. Eine wesentliche Rolle wird spielen, welche Schwerpunkte die Kommunen sich setzen und wie sich ihre Haushaltssituation darstellt. Im GFG haben wir bis jetzt eine Regelung mit der Theaterpauschale. Das ist ein horizontaler Finanzausgleich, der insbesondere die größeren Städte in die Lage versetzt, ihre Theater und Orchester zu unterhalten. Wir diskutieren zurzeit darüber, wie im GFG dieser Spielraum günstig gestaltet wird. Für die Kommunen erwarten wir einen erweiterten Spielraum durch das Artikelgesetz. Sie haben Recht mit dem, was Sie sagen. Wenn dieses Artikelgesetz greift und die Kommunen mehr Geld oder mehr Spielräume zur Verfügung haben, dann bedeutet das nicht automatisch, dass das Geld in die Kultur fließt. Es gibt konkurrierende Interessen und dann ist vor Ort zu entscheiden, wofür das Geld eingesetzt werden kann.

Ich stelle fest, dass Ihre Frage nach dem notwendigen finanziellen Umfang für die Kultur in den Kommunen gewisse zentralistische Vorstellungen über die kulturpolitische Rolle des Staates offenbart. Diese Vorstellungen teile ich nicht. Da haben wir unterschiedliche Denkansätze und es besteht somit ein Grundproblem.

Im zweiten Teil Ihrer Anfrage geht es um die Personalkosten und die Frage, wie man von den vielen AB- und SA-Maßnahmen zu stabilen Personalkosten kommt. Es ist der finanzielle Aufwand zu prüfen. Ferner ist die Frage zu prüfen, wie die Landesregierung die Kommunen einbeziehen will. Auch hier wieder der Denkansatz einer staatlichen Allzuständigkeit für das, was in den Kommunen passiert und dort gewachsen ist.

Frau Ministerin, was halten Sie davon, wenn Sie zum Schluss kommen?

Minsterin Prof. Dr. Wanka:

Sehr viel.

Ein wenig verräterisch ist die Formulierung, wie die Landesregierung die Kommunen dabei einbeziehen will. Ich nenne ein Beispiel, um das abschließend zu illustrieren. Wir hatten Anfang der 90er Jahre in Brandenburg ca. 100 Museen, jetzt sind es rund 350 Museen. Es gab sehr viele große Projekt mit Unterstützung von SAM und ABM. Jetzt laufen diese Maßnahmen nicht mehr und es muss vor Ort entschieden werden, welche Museen haltbar sind, was anders zu finanzieren ist und was aufgelöst werden muss. Diese Entscheidung muss vor Ort und nicht von uns getroffen werden.

Was können wir als Land tun? Wir können über den Museumsverband eine qualifizierte Beratung vor Ort anstreben, die der Einzelne vor Ort nicht leisten kann. Wir können Anregungen geben und Diskussionen führen. Aus der Sicht der Landesregierung können wir den Museumsverband stärken. Hierbei kümmern wir uns um die Personalstellen. Das tun wir aber nicht in Form von Funktionären, indem wir die Stellen sichern. Wir werden dort einen neuen Weg gehen und das Geld nicht einfach zuweisen, indem wir sagen, der eine Verband bekommt soundso viel Stellen und der andere Verband bekommt soundso viel Stellen. Wir müssen Leistungsverträge abschließen und darin definieren, was der Verband leisten muss. Dafür erhält der Verband dann eine bestimmte Summe. Wenn sich die Landesfinanzen verändern, verändert sich auch das Leistungsvolumen und das, was wir zahlen können. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Wanka. - Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Ich stelle fest, dass Sie die Antwort der Landesregierung - Drucksache 3/5789 - auf die Große Anfrage 58 zur Kenntnis genommen haben. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Aufwachsen im Land Brandenburg - 3. Kinder- und Jugendbericht

Bericht der Landesregierung

Drucksache 3/5865

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der Landesregierung das Wort. Bitte, Herr Minister Reiche.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem 3. Kinder- und Jugendbericht - Aufwachsen im Land Brandenburg - folgt die Landesregierung dem gesetzlichen Berichtsauftrag an den Landtag. Der Bericht enthält, wie ich finde, eine große Menge sehr interessanter Zahlen. Es ist aber auch ein Bericht über die sehr spannende Entwicklung, die sich derzeit im Land Brandenburg abspielt.

Herr Präsident, wenn Sie das vor mir leuchtende Lämpchen,

welches das Redezeitende signalisiert, ausschalten würden, wäre ich froh, denn am Anfang kann nicht schon das Ende sein.

(Heiterkeit bei SPD und CDU - Zuruf von der SPD: Doch, das ist manchmal möglich!)

Ich wusste gar nicht, dass Minister Reiche so schreckhaft ist.

Kolleginnen und Kollegen, ich kann meine Rede auch zu Protokoll geben, wenn Ihnen das lieber ist. Sie können den Bericht dann bei einer guten Flasche Champagner zu Hause lesen, wir können aber auch hier darüber diskutieren.

Nach den Berichten von 1994 und 1998 hat der 3. Kinder- und Jugendbericht neben der Darstellung von wesentlichen Entwicklungen, Maßnahmen, Perspektiven und Herausforderungen die Qualitätsentwicklung der Jugendhilfe zum Schwerpunkt. Dabei sind Untersuchungen, Expertisen und Modellprojekte, die Einfluss auf die Qualitätsentwicklung genommen haben, besonders berücksichtigt worden. Die Aufgabe dieses Kinder- und Jugendberichts ist es, die Entwicklung der Kinderund Jugendhilfe und die Jugendpolitik darzustellen.

Im Bericht findet sich eine Zusammenfassung der wesentlichen kinder- und jugendpolitischen Entwicklungen, Schwerpunkte, Ziele und Perspektiven. Des Weiteren findet sich eine Darstellung des Handlungsschwerpunkts der Weiterentwicklung der Angebote und Leistungen der Jugendhilfe unter besonderer Berücksichtigung der Qualitätsentwicklung. Das betrifft im Einzelnen die Punkte Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Kinder- und Jugendschutz, Hilfen zur Erziehung, Kindertagesbetreuung, Fachkräfteentwicklung und Praxisbegleitung, bürgerschaftliches Engagement und Partizipation, Landesjugendplan, aber auch die Reformen des Kindschaftsrechts und des Adoptionsrechts sowie die Fragen der Jugenddelinquenz.

Der Bericht beschreibt zudem die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in den ausgewählten Politikbereichen wie Arbeitsmarkt, Beschäftigung, Schule, Gesundheit, Verkehr, Familie, Umwelt, Kultur, Sport, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus.

Mein Haus hat zur Berichterstellung die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, aber auch die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, den Landesjugendring und den Landesjugendhilfeausschuss gebeten, ihre Einschätzung der Jugendhilfeentwicklung zu übermitteln. Auch die kommunalen Spitzenverbände sind dazu aufgefordert worden. Die Erfahrungen, Erkenntnisse und Einschätzungen sowohl hinsichtlich der Weiterentwicklung der Jugendhilfe als auch fachpolitisch besonders interessante Aspekte, Entwicklungen und Probleme sind in die Darstellung, die Ihnen vorliegt, eingeflossen.

Vor wenigen Wochen haben wir an vielen Orten unseres Landes eine außerordentlich engagierte Jugend erlebt. An vielen Orten haben die Jugendlichen sich zu Friedensdemos, zu Friedensgebeten und Friedensaktionen versammelt und damit ihren Friedenswillen bekundet. Diese Aktionen widerlegen die Meinung derjenigen, die seit Jahren behaupten, die Jugend von

heute sei komplett unpolitisch, eigensüchtig oder nur den banalen Dingen des Lebens zugewandt. Die Demonstrationen der jungen Menschen sind ein erfreuliches Signal des Aufstehens für Werte, für Gerechtigkeit und für den Frieden. Die Schüler zeigten mit ihren phantasievollen Aktionen ihre geradezu bewundernswerte Unbekümmertheit, die uns alle zum Nachdenken gebracht hat. Ich denke, wir können insgesamt stolz sein auf unsere selbstbewusste und verantwortungsvolle Jugend.

Das Bild von Jugendlichen wird durch die mediale Darstellung von jugendlicher Gewalt oft verzerrt. So war es nicht verwunderlich, dass viele Zeitschriften nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der 14. Shell-Jugendstudie despektierlich titelten, „Generationen der Egotaktiker“, während zeitgleich die enorme Hilfsbereitschaft sehr vieler junger Menschen entlang der Elbe beim Einsatz gegen die bedrohliche Flut zu erleben war. Sie haben, denke ich, nicht als Egotaktiker agiert, sondern aus dem spontanen Gefühl heraus, dass Hilfe dringend nötig ist, ein bewundernswertes Engagement gezeigt, denn die Jugend von heute ist - und das verbindet sie als Jugendliche mit uns besser als ihr Ruf.

(Beifall der Abgeordneten Frau Redepenning und Kuh- nert [SPD])

Die Kinder- und Jugendpolitik knüpft an positive Einstellungen und Sichtweisen sowie an die Verhaltensbereitschaft von jungen Menschen an. Die 14. Shell-Jugendstudie und andere Studien belegen dies durch eine ganze Reihe von Forschungsergebnissen. Insbesondere ist dabei zu nennen, dass die NullBock-Stimmung früherer Generationen passé ist. Zukunftsoptimismus, hohe Leistungsbereitschaft und große Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, sind die weit verbreiteten Grundhaltungen der jungen Generation. Sie stehen in engem Zusammenhang mit einem hohen Selbstbewusstsein, einem spürbar veränderten Verhalten zur Familie, nämlich einem deutlichen Ja zur Familie, und mit dem bürgerschaftlichen Engagement im Lebensumfeld der jungen Menschen.

Gegenüber Europa besteht Offenheit. Europa ist für die Jugend eine Realität und wird von den meisten auch als persönliche Chance betrachtet. Wenn Sie sehen, dass es mir in meiner Amtsperiode gelungen ist, die Zahl der Jugendlichen, die in ihrer Schulzeit ein Jahr ins Ausland gehen, zu verdoppeln, dann ist das nicht nur ein Ausdruck der guten Arbeit, die von den Sparkassen und anderen - auch meinem Haus -, die auch Gelder zur Verfügung gestellt haben, geleistet wurde, sondern es ist auch Ausdruck einer veränderten Lebenshaltung der jungen Generation.

Diese positiven Ergebnisse sind für die Kinder- und Jugendpolitik eine gute Voraussetzung; sind es doch gerade diese Eigenschaften und Einstellungen, die benötigt werden, um auf die erhöhten Leistungsanforderungen und Risiken unserer Gesellschaft positiv zu reagieren.

Diese jungen Menschen, diese neue Generation, wachsen unter verbesserten Bedingungen auf. Ich sage das so ausdrücklich, weil ich es ein bisschen leid bin, an vielen Stellen der Berichterstattung immer nur von verschlechterten Rahmenbedingungen zu hören, die es in manchen Bereichen auch gibt, zum Beispiel die Begleitung und Unterstützung der jungen Menschen durch ihre Eltern, die sozusagen an der Front des Arbeitsmarktes häufig so stark gefordert sind, dass sie ihre Erziehungsauf