Protocol of the Session on September 19, 2001

Ähnliches gilt auch für den Bereich der Förderung von Frauen, Gleichstellung und Familie. Die Zuschüsse an freie Träger werden um ein Drittel gekürzt. Es wird zu einschneidenden Reduzierungen kommen, die auch mit Schließungen von Fraueneinrichtungen einhergehen können. Das angekündigte Gewaltschutzprogramm ist mit dieser Haushaltsplanung nicht finanzierbar.

(Beifall aus den Zuschauerreihen)

Seit Jahren sparen Sie auf Kosten der sozial Schwachen, Herr Ministerpräsident. Ich sage: Schamlos sind nicht die, die es benennen, sondern die, die es tun.

(Beifall bei der PDS)

Mit sozialer Verantwortung hat das nur noch wenig zu tun.

Herr Abgeordneter, bitte einen ganz kleinen Moment. - Verehrte Gäste, die Hausordnung gebietet, dass Sie sich jeder Bekundung von Sympathie oder Antipathie enthalten. Ich bitte Sie, sich an die Hausordnung zu halten. - Danke schön.

Ich komme zum Haushaltsplan des Innenministers. Er hat uns in Erstaunen versetzt. So sollen die Personalausgaben für das Ministerium selbst um 20 Millionen Euro auf 22,7 Millionen Euro im Jahr 2003 erhöht werden. Dahinter stehen 40 Personalstellen, davon 38 Beamtenstellen. In der gleichen Zeit, also bis 2003, sollen die Personalausgaben für die Polizeipräsidien des Landes von knapp 242 Millionen Euro auf 237 Millionen Euro verringert werden. Das verbindet sich mit dem Abbau von immerhin etwa 150 Stellen bei der Polizei. Sie erhöhen also Personalmittel und Stellenzahlen beim Ministerium und senken gleichzeitig Personalausgaben und Anzahl der Polizisten. Bisher war das von Ihnen, Herr Minister Schönbohm, immer anders zu hören.

Der Einzelplan 03 soll den Innenminister ermächtigen, nach Neufassung des Polizeiorganisationsgesetzes im Zuge der Polizeireform die Mittel für die jetzt noch sechs Präsidien auf die vorgesehenen neuen Strukturen der zwei Präsidien zu übertragen. Einen solchen Blankoscheck stellen wir Ihnen nicht aus. Hier muss das Parlament einbezogen werden.

(Beifall bei der PDS)

Noch eines: Die Umwandlung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik sowie des Landesvermessungsamtes in

Landesbetriebe war mit hochtrabenden Erwartungen verbunden. Diese Erwartungen sehe ich in den vorliegenden Haushaltszahlen nicht bestätigt. Vielmehr frage ich mich, ob wir im Endeffekt durch die Servicevereinbarungen der einzelnen Ressorts nicht einen größeren bürokratischen Aufwand als bisher haben werden, sodass letztlich gar nichts eingespart wird, sondern vielleicht sogar noch zusätzliche Kosten auftreten könnten.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss den Wunsch äußern, dass die diesjährige Haushaltsdebatte sachlicher als in den vorangegangenen Jahren verläuft. Ich will das hier nur andeuten; Herr Lunacek wird sicherlich wieder auf seine Kosten kommen, zumal er durch unsere Vorschläge ja relativ leicht zu erregen ist, was ich im Übrigen begrüße.

Herr Lunacek, Sie fanden unsere Sparvorschläge damals kurios. Sie hielten uns vor:

„19 Millionen DM sollen dadurch erzielt werden, dass einfach eine höhere Einnahme bei der Lohnsteuer in den Haushalt geschrieben wird.”

Der Mittelzufluss 2000 weist ein Mehraufkommen nicht nur von 19 Millionen DM, sondern von 35 Millionen DM aus.

(Dellmann [SPD]: Denken Sie einmal an die anderen Steu- ern!)

- Damit es fair ist, konzediere ich Herrn Lunacek, dass wir uns bei der Körperschaftssteuer geirrt haben. Aber dann hat er gesagt:

„10 Millionen DM will die PDS dadurch einnehmen, dass sie einfach höhere Einnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer in den Haushalt schreibt.”

Hätte sie es nur getan, denn hier sind 69 Millionen DM mehr eingenommen worden! Dann sagten Sie:

„14 Millionen DM sollen dadurch gespart werden, dass die PDS einfach niedrigere Zinsausgaben in den Haushalt schreiben will.”

Genau diese 14 Millionen DM wurden weniger gebraucht. Herr Lunacek, unsere Trefferquote ist sehr hoch.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, wir werden unsere Vorschläge in die Debatte über die Einzelhaushalte einbringen, erneut keine Erhöhung der Nettokreditaufnahme verlangen und jeweils die Deckungsquellen angeben, obwohl wir erwarten, dass Sie das auch in diesem Jahr wieder nicht zur Kenntnis nehmen werden.

Zusammenfassend sage ich: Dieser Haushaltsentwurf ist unsozial. Dieser Haushaltsentwurf verhindert notwendige strukturpolitische Entscheidungen. Dieser Haushaltsentwurf lässt in hohem Maße Innovationen vermissen. Deshalb lehnen wir ihn ab. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Frau Blechinger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem letzten Dienstag hat sich die Welt verändert und die Auswirkungen dieser Veränderung sind noch nicht abzusehen. Diese Haushaltsdebatte ist unser gemeinsamer Versuch, zur Normalität zurückzukehren. Das ist notwendig und richtig, weil sich in der Erledigung unserer wichtigsten Pflicht auch Verantwortungsgefühl widerspiegelt. Die Generaldebatte eröffnet darüber hinaus trotz kontroverser Auseinandersetzung die Möglichkeit, erneut zu verdeutlichen, was uns als Demokraten verbindet und worin sich die Basis unseres Gemeinwesens begründet, nämlich im Bekenntnis zu Recht und Freiheit.

Wir werden eine Antwort auf die Frage finden müssen, wie wir dieses Bekenntnis mit der Gewährleistung der Sicherheit der Bürger in Einklang bringen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist im Übrigen nicht ein starker Staat, sondern das begründete Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das staatliche Handeln.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Schippel [SPD])

Bei allen Streitpunkten der letzten Monate kann doch niemand ernsthaft bestreiten, dass wir in Deutschland allen Grund für ein derartiges Vertrauen haben. Dennoch müssen wir uns regelmäßig neuen Herausforderungen stellen und gegebenenfalls neue Prioritäten festlegen. Neue Herausforderungen wie etwa die jüngsten Terroranschläge bedürfen also möglicherweise auch neuer Instrumentarien des Staates.

Angesichts unserer geographischen Lage sollte es einen regionalen Sicherheitspakt Berlin-Brandenburg geben. Sowohl Polizei als auch Verfassungsschutz beider Länder müssen aufs Engste miteinander kooperieren. Vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Woche sind Diskussionen über die Rechte der Polizei und über technische Überwachungsanlagen wie Videokameras oder über die Angemessenheit von polizeilichen Einsätzen nicht mehr zu verstehen, weil sie das Vertrauen in die Polizei oder auch in den Verfassungsschutz grundsätzlich infrage stellen.

An dieser Stelle weise ich darauf hin, dass sich der Innenausschuss des Landtages am vergangenen Donnerstag in eindrucksvoller Weise hinter unsere Polizei gestellt hat, die auch von Teilen der PDS wegen der Großeinsätze anlässlich der „ChaosTage” in Cottbus, der „German Bike Week” und des Castortransportes sowie des Einsatzes anlässlich des Fußballspiels Babelsberg 03 gegen Hertha BSC heftig kritisiert wurde. Der Innenausschuss nahm die diesbezüglichen Berichte des Ministeriums des Innern und der Polizeipräsidien Cottbus, Potsdam und Oranienburg zustimmend zur Kenntnis. Wegen der Reaktionen zu meiner Linken weise ich ausdrücklich darauf hin, dass vonseiten der PDS keine Zustimmung erfolgte, auch wenn ich keinen Grund dafür erkenne, warum sie darauf auch noch stolz sein sollte.

(Beifall bei der CDU)

Ich werbe dafür, die Diskussion um die innere Sicherheit unter sachlichen Gesichtspunkten zu führen und unserer Polizei ein ähnliches Grundvertrauen entgegenzubringen, wie es beispielsweise gegenüber der Feuerwehr selbstverständlich besteht. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit unserer Polizei Dank aussprechen, die, wie nicht zuletzt die jüngste Kriminalstatistik zeigte, eine hervorragende Arbeit leistet, Leib und Leben für unsere Sicherheit einsetzt und selten genug den Dank der Gesellschaft erhält, den sie verdient.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Unsere Aufgabe ist es, der Polizei bei ihren Bemühungen die notwendige Unterstützung zu geben, und zwar sowohl durch Gesetze und Reformen als auch durch bessere Ausstattung und Motivation. Dies ist der CDU in den vergangenen beiden Jahren in der Regierungskoalition gelungen.

Frau Blechinger, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Frau Blechinger, ist Ihnen entgangen, dass die PDS-Fraktion den Einsatz der Polizei in diesem Zusammenhang durchaus gewürdigt hat und dass es lediglich unterschiedliche Auffassungen zu Fragen der Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes in Potsdam und der Anwendung einiger Regelungen in Cottbus gab?

(Homeyer [CDU]: Da habe ich aber eine andere Wahr- nehmung, Frau Kollegin! - Lunacek [CDU]: Das ist Janusköpfigkeit!)

Ich bin auf dieses Problem eingegangen und habe deutlich gemacht, dass die PDS im Innenausschuss den Berichten ihre Zustimmung versagt hat.

Meine Damen und Herren, wir diskutieren den neuen Haushalt in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit. Die Entwicklung ist bei weitem nicht so verlaufen, wie sie noch vor kurzem von den Wirtschaftsinstituten prognostiziert wurde. Ging man noch zu Jahresbeginn von einem realen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Höhe von 2,7 % für Deutschland aus, so haben große Wirtschaftsinstitute ihre Prognosen auf 1 bis 1,7 % nach unten korrigiert. Auch die Arbeitsmarktsituation hat sich im August gegenüber dem Vorjahresmonat verschlechtert; das heißt, die Arbeitslosenquote steigt wieder. Die Einnahmeausfälle durch die Steuerreform werden noch nicht durch positive wirtschaftliche Impulse kompensiert, da die bisherigen Steuererleichterungen den kleinen und mittelständischen Unternehmen nur bedingt zugute kommen. Der Strukturwandel im ostdeutschen Baugewerbe konnte durch das vorhandene Wachstum in anderen Branchen nicht aufgefangen werden.

Meine Damen und Herren, unsere Politikansätze entscheiden über die Zukunftsfähigkeit des Landes. Wir sind in der Pflicht, die Prioritätensetzungen bei den Ausgaben des Landes so vorzunehmen, dass die Wirtschaftsstruktur gefestigt, das Wirtschaftswachstum gefördert und der Unternehmensstandort und der Wohnort Brandenburg attraktiver werden.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der PDS: Wo denn?)

Nur so können wir das drängende Problem aller neuen Bundesländer, die Schaffung neuer wettbewerbsfähiger Arbeits- und Ausbildungsplätze, lösen.

Positiv hervorzuheben sind die finanziellen Rahmenbedingungen, die sich aus dem Solidarpakt II und dem Länderfinanzausgleich ergeben. Die Verhandlungsergebnisse haben gezeigt, dass der Aufbau Ost weiterhin vom Bund und von allen Ländern solidarisch mitgetragen wird.

Durch die Solidarität, die uns gegenwärtig und bis zum Jahr 2020 entgegengebracht wird, haben wir die Chance, aber auch die Pflicht, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ausgaben, die unser Gemeinwesen erfordert, nach dieser Zeit in Brandenburg erwirtschaftet werden können.

Wenn uns die Landesregierung einen Haushalt vorlegt, der - wie auch in den vergangenen Jahren - Einschnitte in vielen Bereichen aufweist - das wollen wir nicht wegdiskutieren -, dann müssen wir den Menschen erklären, warum wir diese Kürzungen vornehmen müssen. Wir wollen helfen, das zu schaffen, was für viele Menschen das Wichtigste ist - Arbeitsplätze hier im Land. Deshalb sind auch in den nächsten Jahren hohe Ausgaben für Investitionen notwendig. In vielen Bereichen der Infrastruktur liegen wir unterhalb von 60 % des durchschnittlichen Ausstattungsniveaus der alten Bundesländer. Gerade die Infrastruktur ist aber entscheidend für die Attraktivität eines Standortes.

Voraussetzung dafür, dass es uns gelingt, die Infrastrukturlücke zu schließen, ist die vollständige Kofinanzierung der EU-Strukturfondsmittel, wie es auch in dem uns vorliegenden Entwurf des Landeshaushaltes vorgesehen ist.

Die geplante Entwicklung der Investitionsquote, die sich zum einen aus der Reduzierung der Investitionszuschüsse von Bund und EU ergibt, zum anderen aus der Verringerung der Zweckbindung bei den Zuweisungen an die Kommunen, wird auch von der CDU-Fraktion kritisch gesehen. Wir wissen, dass die Kommunen vor einer schwierigen Entscheidung stehen, diese zusätzlichen Mittel angesichts der Finanzknappheit, die in vielen Kommunen herrscht, für Investitionen auszugeben. Aber wir hoffen auch in den Kommunen auf das Verantwortungsbewusstsein, hier eine zukunftsfähige Entscheidung zu treffen.

Angesichts der hohen Schulden des Landes und einiger Fehlinvestitionen in der Vergangenheit - erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Engagement der LEG - haben wir die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die vorhandenen Investitionsmittel möglichst effizient eingesetzt werden, und auch dafür, dass vermehrt Finanzierungsinstrumente genutzt werden, die wirtschaftlicher sind.