Protocol of the Session on July 12, 2001

Das Wort geht an den Abgeordneten Schuldt. Er spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wirtschaftsförderung tut Not. Das wissen auch wir. Herr Minister Fürniß, wir bitten Sie - auch ich möchte mich kurz fassen - um eines: Sie sagten in der letzten Ausschusssitzung, dass die Agentur auch eine klassische Unternehmensberatung betreiben werde. Das würde ich nicht tun, denn dann würden Sie klassischen Unternehmensberatungen das Wasser abgraben.

Herr Minister, weiterhin bitte ich Sie darum - Sie deuteten an, dass sich die ZAB auf vielen Feldern ausbreiten will -, dass Sie dieses vielleicht dementieren. Wir wollen nicht noch einmal ein solches Millionengrab wie bei der LEG, die sich auf Gebieten ausgebreitet hat, von denen sie nichts verstand. Wir stimmen dem Antrag selbstverständlich zu. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Damit wären wir bei der Landesregierung. Herr Minister Fürniß, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! All das, was zu sagen war, ist gesagt worden. Ich bedanke mich für die Unterstützung. Beweisen müssen wir in der Arbeit, dass die Einrichtung richtig und die größere Flexibilität, die wir dadurch erreichen, angemessen ist.

Selbstverständlich wollen wir keine klassische Unternehmensberatung, sondern wir wollen die Vorarbeiten leisten, damit Unternehmensberater am Markt ihre Arbeit machen können. Das ist das, was wir tun wollen.

Im Übrigen werden wir die größere Flexibilisierung dazu nutzen, um dann zu beweisen, dass eine solche Einrichtung mit einer solchen Budgetierung in der Lage ist, ohne Defizitfinanzierung auszukommen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 3/2996, zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Antrag einstimmig gefolgt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 12 und rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Bundesratsinitiative zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2999

Frau Birkholz ist schon auf dem Wege. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mehrwertsteuer gehört bekanntermaßen zu den Haupteinnahmequellen der öffentlichen Haushalte. Relativ unbestritten ist auch, dass sie insofern als unsozial anzusehen ist, als alle Endverbraucher, egal ob arm oder reich, den gleichen Steuersatz zahlen. Eine soziale Komponente ergibt sich daraus, dass nicht für jede Ware oder Dienstleistung der gleiche Steuersatz erhoben wird: einen ermäßigten Steuersatz von 7 % für Lebensmittel oder für Zeitschriften, gar keine Mehrwertsteuer für ärztliche Leistungen.

Wenn man davon ausgehen kann, dass der Staat Dinge, die sich jeder gönnen soll, geringer besteuert, dann stellt sich schon die Frage, warum er Medikamente höher besteuert als Lebensmittel.

Ein zweiter Aspekt ist folgender: Eine ganze Reihe europäischer Länder verzichtet auf die Erhebung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel oder erhebt einen ermäßigten Steuersatz. Die Bundesrepublik Deutschland findet sich damit zusammen mit Dänemark in einer Minderheitenposition. Forderungen und Initiativen zur Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel werden deshalb immer wieder in die Diskussion gebracht. Im Bundestag gab es solche Initiativen außer von der PDS - soweit ich das überblicke - auch schon von der FDP.

Auch von den Akteuren im Gesundheitswesen sehe ich niemanden, der eine solche Initiative nicht mittragen würde - seien es die Krankenkassen, die Apotheker, die Arzneimittelhersteller oder auch die Ärztinnen und Ärzte.

Dass den Forderungen bisher noch kein Erfolg beschieden war, liegt offensichtlich allein an fiskalischen Überlegungen. Geht man davon aus, dass einschließlich der so genannten Selbstmedikation jährlich Arzneimittel für 45 bis 50 Milliarden DM umgesetzt werden, dann kann man sich ausrechnen, dass jedes Prozent Steuersenkung Einnahmeverluste von ca. 500 Millionen DM nach sich ziehen würde.

Dass Finanzminister - egal welcher Partei sie angehören - einer Reduzierung bisher immer widersprochen haben, ist deshalb nicht verwunderlich. Warum also trotzdem eine neue Initiative zum jetzigen Zeitpunkt?

Wir erleben zurzeit wieder ausgesprochen heftige Diskussionen über die Finanzierung des Gesundheitswesens. Nach ersten Beitragsverhandlungen einiger AOKs steht die Befürchtung im Raum, dass wir Anfang des nächsten Jahres vor einer regelrechten Welle weiterer Beitragserhöhungen stehen könnten.

Wir hatten vor zwei Wochen im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen eine sehr rege Debatte über die ambu

lante Versorgungssituation in Brandenburg. Für mich ist dabei deutlich geworden, dass wir nichts unversucht lassen sollten, um die Finanzbasis der GKV zu stärken.

Das Thema Mehrwertsteuer für Arzneimittel ist dabei als ein Beitrag zur Kostenentlastung mit in die Debatte gebracht worden. Die Reduzierung wäre sicher nicht das Allheilmittel der Lösung aller Probleme des Gesundheitswesens, aber es wäre eine Maßnahme, über die bei den Beteiligten ein weitgehender Konsens besteht.

Zu einem solchen Schritt besonders ermutigt hat mich die klare Unterstützung des Kollegen Dr. Wagner. Ich meine, wenn sich Gesundheitspolitikerinnen und -politiker mit ansonsten sehr unterschiedlichen Auffassungen schon einmal einig sind, dann muss man die Gunst der Stunde nutzen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke auch. - Wir sind damit bei der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Kallenbach, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS-Fraktion, mit diesem Antrag machen Sie es sich in der Tat nicht leicht. Im Bundesrat ein Gesetz zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel auf den Weg bringen zu wollen dürfte noch aussichtsloser sein als im Bundestag, wo Sie mit Ihrem Anliegen, wie eben erwähnt, wiederholt gescheitert sind.

Die jüngsten Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich und zum Solidarpakt II, aber auch das Ringen um die Steuerreform vor gut einem Jahr müssten auch Ihnen bewiesen haben, wie differenziert sich die Interessenlage der Bundesländer darstellt, wenn es um Finanzgesetze geht.

Eine Argumentation des Antrages hebt darauf ab, dass es nur sachgerecht wäre, wenn auf Medikamente ebenso der ermäßigte Steuersatz gelten würde wie auf Lebensmittel. Zu Recht wird sich auf die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt berufen, die vor kurzem laut über eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes nachdachte, gleichzeitig jedoch auf die haushaltspolitischen Auswirkungen dieser Maßnahme hinwies und eine Angleichung der Steuersätze auf europäischer Ebene zu bedenken gab. Darauf werde ich an entsprechender Stelle noch eingehen.

Meine Damen und Herren, der PDS-Antrag, der wohl weder ein Beitrag zur Steuerreform noch zur Reform der Europäischen Union sein soll, sondern eine Kostenreduzierung im Gesundheitswesen zum Ziel hat, ist gerade dazu nicht geeignet, und zwar aus drei Gründen:

Erstens: Zur Reform des Gesundheitswesens muss man sich gesundheitspolitischer Instrumente bedienen. Die Veränderung

von Steuersätzen ist jedoch Fiskalpolitik in ihrer reinsten Form und hat mit Gesundheitspolitik nur sekundär zu tun.

In der Debatte zur Beantwortung der Großen Anfrage der PDS zur Gesundheitsreform am 21. Juni haben Minister Ziel und auch ich die Mittel und Methoden benannt, mit denen Einsparpotenziale erschlossen und Kosten gesenkt werden können.

Beim Thema dieses Antrags bleibend möchte ich nur auf den Entwurf des Arzneimittelbudgetablösungsgesetzes hinweisen, der unter anderem vorsieht, die Beratung der Vertragsärzte in Fragen der Wirtschaftlichkeit noch weiter zu verbessern. Diese Erweiterung des § 305 a SGB V zielt darauf ab, die niedergelassenen Haus- und Fachärzte noch mehr dafür zu sensibilisieren, dass jeder Einzelne von ihnen mit seinem Verschreibungsverhalten zur Effizienz oder Ineffizienz des Systems beiträgt.

Zweitens: Die PDS-Fraktion begründet den Antrag weiterhin damit, dass die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel zur Stabilisierung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen könnte.

An dieser Stelle möchte ich an die Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen vom 22. November vergangenen Jahres erinnern. Dort haben wir die Summen, die sich bei der Umsetzung des PDS-Vorschlages einsparen ließen, vorgerechnet bekommen. Die Krankenkassen sollen zwar um 3 bis 4 Milliarden DM entlastet, der Fiskus aber um den gleichen Betrag belastet werden. Wenn man dabei bedenkt, dass dieser Einsparbetrag den Kassen eine Absenkung des Beitragssatzes um lediglich 0,15 % erlaubt, stehen hier Aufwand und Nutzen in einem krassen Missverhältnis. Ohnehin ist diese Rechnung rein theoretischer Natur, da die freigesetzten finanziellen Mittel in der Praxis wahrscheinlich als Volumen für weitere Leistungssteigerungen verwendet würden.

Drittens: Die Fraktion der PDS führt aus, dass die Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten auf Arzneimittel einen reduzierten Mehrwertsteuersatz erheben. Das ist richtig, um genau zu sein: Neun von 15 Staaten tun dies. Dazu muss man aber sagen, dass in sieben dieser neun Länder der normale Mehrwertsteuersatz nicht wie in der Bundesrepublik bei 16 % liegt, sondern zwischen 17 und 22 %. Man sollte also nur vergleichen, was man auch wirklich vergleichen kann. Solange wir von einer Harmonisierung der Mehrwertsteuersätze innerhalb der EU noch so weit entfernt sind wie momentan, sticht dieses Argument genauso wenig wie die anderen.

Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen ist der Antrag der PDS-Fraktion leider kein zielführender Beitrag zur Kostenreduzierung und schon gar nicht zur Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen und sollte deshalb von Ihnen abgelehnt werden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke auch. - Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Fechner. Sie spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes bei Medikamenten war aufgrund einer Zuschrift an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen bereits in der 16. Sitzung des Ausschusses Thema. Frau Birkholz als Ausschussvorsitzende stellte damals noch anheim, die Zuschrift als Petition zu behandeln und sie dem Petitionsausschuss zu überweisen. Deshalb finde ich es sehr bemerkenswert, dass die PDS-Fraktion dieses Thema aufgegriffen und hier einen Antrag eingebracht hat.

Wie bereits während der Ausschusssitzung festgestellt wurde, ist dieses Thema mehrfach im Bundestag debattiert worden. Leider wurde die Änderung des Mehrwertsteuersatzes für Medikamente immer wieder abgelehnt, da dies ein rein fiskalisches Problem sei. Das sagte während der damaligen Ausschusssitzung auch die Vertreterin des Ministeriums.

Ich finde es jedenfalls ganz gut, dass die PDS diesen Antrag eingebracht hat. Allerdings glaube ich nicht, dass er eine Mehrheit finden wird. Es ist aber schön, dass man wieder einmal darüber gesprochen hat. Wir werden diesem Antrag zustimmen. - Danke.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Landesregierung. Frau Ministerin, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorschlag der PDS klingt nach dem Patentrezept: Würden Arzneimittel künftig mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz besteuert, sänke die Belastung von 16 % auf 7 %. Damit könnte - so die Begründung des Antrages - ein Beitrag zur Stabilisierung der Krankenversicherungsbeiträge geleistet werden. Offensichtlich sind sich die Antragsteller selbst nicht sicher, ob die erhoffte Wirkung wirklich eintritt - vielleicht ist deshalb dieser Konjunktiv „könnte” gewählt worden.

Diese Unsicherheit besteht nach meiner Überzeugung ganz zu Recht. Um es deutlich zu sagen: Ich halte aus landespolitischer Sicht natürlich nichts von dem Vorschlag. Das Einzige, was mit Sicherheit eintreten würde, wäre ein Steuerausfall in einer geschätzten Größenordnung von 4 Milliarden DM bundesweit.

Leider enthält der Antrag keinen Vorschlag zur Gegenfinanzierung der dadurch im Landeshaushalt ausfallenden Einnahmen.

Im Übrigen: Ob die Pharmaindustrie, die Pharmahändler und die Apotheker den entstehenden Preisvorteil an die Endverbraucher weitergeben, steht auf einem ganz anderen Blatt. Selbst dann, wenn niedrigere Arzneimittelausgaben die Krankenversicherungen entlasten würden, bedeutete dies nicht zwangsläufig Beitragsstabilität und somit die erstrebenswerten Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger.