Protocol of the Session on February 28, 2001

Die Bündelung der Zuständigkeiten für Landwirtschaft und Naturschutz in einem gemeinsamen Ministerium war sinnvoll, hat sich bereits bewährt und sorgt zunehmend für effektive Abläufe. Während in den vergangenen Jahren viel Kraft in langwierige Abstimmungsprozesse investiert werden musste, können in diesem gemeinsamen Haus Konflikte auf direktem Weg konstruktiv verhandelt und gelöst werden. Eine weitere Verbesserung wird dadurch erreicht, dass alle mit Verbraucherschutz befassten Stellen in einer eigenen Abteilung in meinem Haus und in einem Landesinstitut für Verbraucherschutz im nachgeordneten Bereich zusammengefasst werden. Ich erwarte hier ein kraftvolles Wirken für den Verbraucher und auch deutliche Synergieeffekte für den Naturschutz.

Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der PDS-Fraktion klopft viele Politikfelder meines Hauses besonders hinsichtlich der Naturschutzzielsetzungen und des Standes der Umsetzung ab. Ich bin der PDS dankbar für die Fragen und für die Möglichkeit, in dieser Breite die immer aufwendigeren Arbeitsfelder des Naturschutzes, aber möglicherweise auch noch bestehende Engpässe darstellen zu können.

Die Beantwortung der Großen Anfrage hat viel Zeit gekostet. Ich kann an dieser Stelle nur auf einige Aspekte eingehen. Ansonsten halte ich die Antwort auf die Große Anfrage für eine sehr interessante Lektüre, die ich Ihnen allen zum Lesen empfehle.

Lassen Sie mich das obere Ziel definieren, auf das wir beharrlich und konsequent hinsteuern. Wir streben im ländlichen Raum das konstruktive Miteinander von wirtschaftenden Menschen und den freien Naturelementen an. Wir wünschen uns eine profitable Land- und Forstwirtschaft, die der Naturentfaltung auf möglichst allen ihren Flächen in abgestufter Form Raum und Daseinsgrundlage bietet. Wir versuchen dies anzustoßen durch ein schon von meinem Vorgänger nachdrücklich ins Werk gesetztes Schutzgebietssystem, durch ein noch zu entwickelndes Programm zur Vernetzung der Lebensräume und durch eine konsequente Verbesserung der allgemeinen Umweltparameter, vor allem was unseren Boden und die Gewässer angeht. Letztlich befinden wir uns hier in Übereinstimmung mit den ehrgeizigen Ansprüchen der EU-Agrar- und -Umweltpolitik, aber auch mit den Zielstellungen des nun als Referentenentwurf vorliegenden Bundesnaturschutzgesetzes.

Ein zentrales Aufgabenfeld in diesem Zusammenhang ist der von der Europäischen Union vorgeschriebene Aufbau des Systems „Natura 2000” aus FFH-Flächen und Vogelschutzgebieten. „Na

tura 2000” umfasst im Land Brandenburg circa 15 % der Landesfläche. Wir wollen bis 2004 für alle Flächen die notwendigen Maßnahmen definiert und mit den Eigentümern und Pächtern der Flächen abgestimmt haben. Auf Details will ich hier nicht eingehen; das Thema war schon mehrfach Gegenstand der Erörterungen in diesem Haus und wird es auch in Zukunft noch sein.

Ich will nicht bestreiten, dass auch heute noch viele Menschen den Naturschutz als eine Belastung und als ein Hindernis auf dem Weg individueller Entfaltung missverstehen. An dieser Stelle möchte die Landesregierung einen besonderen Akzent setzen. Wir sind uns bewusst, dass Naturschutz letztlich nur erfolgreich sein wird, wenn er von den Menschen in unserem Land verstanden und akzeptiert wird. Ich bin insoweit optimistischer als manch anderer und behaupte, dass die überwiegende Mehrzahl unserer Bürger einen wirkungsvollen Naturschutz will, ja, sogar von uns erwartet. Die heftigen Bürgerproteste im Zusammenhang mit der Alleendiskussion dürften noch jedem hier im Raum lebhaft vor Augen stehen.

Dennoch ist es unbestritten: Gerade wenn es um Flächenschutz geht, bedarf es einer umfassenden Beteiligung aller Betroffenen und hinsichtlich der Gebote und Verbote eines gesunden Augenmaßes. Naturschutz muss in die Köpfe und in die Herzen der Menschen eindringen. Naturschutz lässt sich nicht erzwingen.

Dies bitte ich nicht falsch zu verstehen: Ich kündige keinen Schmusekurs und keinen Etikettenschwindel an. Das Verbraucherschutzmotto gilt auch im Naturschutz: Was draufsteht, muss auch drin sein.

Ich will einen ehrlichen Naturschutz, der auch über Generationen unsere Ökosysteme stabil hält. Aber ich will auch, dass unsere Bürger diesen Weg mit der Landesregierung gemeinsam gehen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)

Sehr gute Erfahrungen haben wir in diesem Zusammenhang mit unseren Großschutzgebieten machen können. Ich höre von vielen Seiten, dass das räumliche Zusammenwirken von Naturschutz, ländlicher Entwicklung bis hin zu den Aspekten der direkten Vermarktung ländlicher Produkte und der Tourismusentwicklung dort große Unterstützung erfährt und schon spürbare Erfolge zeitigt.

Unsere Naturparke und Biosphärenreservate sind auf dem richtigen Weg. Wir werden in diesem Jahr den 15. und damit wohl letzten Naturpark - Stechlinsee - bekannt machen. Die Mitarbeiter der Großschutzgebietsverwaltungen und die Naturwacht ver-stehen sich immer weniger als Aufpasser oder Kontrolleure und immer mehr als Dienstleister, die interessante Angebote entwickeln.

Auf diesem Weg werden wir voranschreiten. Trotz der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten, die die Haushaltskonsolidierung für uns mit sich bringt, werden wir mithilfe von Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und der Umweltbildung versuchen, den Dialog mit den Bürgern gerade in diese Richtung zu lenken und das Verständnis für den Naturschutz weiter zu fördern.

Meine Damen und Herren! Ich will die Gelegenheit nutzen und eine große Sorge ansprechen. Gerade im Naturschutz liegt noch viel Arbeit vor uns. Ein auf Verständnis und Abstimmung

orientierter Naturschutz funktioniert nicht von selbst, sondern muss organisiert werden. Hinzu kommen die zahlreichen neuen Regelungen, die vonseiten der Europäischen Gemeinschaft vorgegeben werden und die gerade im Naturschutz eine enorme Herausforderung darstellen.

Der Prozess „Natura 2000” hat gerade erst begonnen. Mit dem Jahre 2004 wird eine weitere Etappe erreicht, aber der Prozess ist damit noch nicht abgeschlossen. „Natura 2000” ist eine von der EU verordnete Daueraufgabe, der wir uns bei Strafe des Entzugs von Strukturfördermitteln nicht entziehen können.

Auch der Bundesgesetzgeber hat offensichtlich ehrgeizige neue Naturschutzziele. Wir können vor diesen Zukunftsaufgaben nicht die Augen verschließen. Wir dürfen auch nicht darauf hoffen, dass der Schutz der Artenvielfalt auf die Tropen- oder die Entwicklungsländer abgewälzt werden kann. Ich benötige bei der Bewältigung dieser Aufgabe Ihre Unterstützung.

Meine Damen und Herren! Unsere Anstrengungen für den Naturschutz zahlen sich für die Natur und für die Zukunft des Landes aus. Ich bitte Sie alle, die Landesregierung in ihren Bemühungen für eine zukunftsorientierte Naturschutzpolitik zu unterstützen. - Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Die PDS-Fraktion erhält noch einmal das Wort. Sie hat noch knapp drei Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will noch ein Missverständnis aufklären, Herr Dombrowski. Frau Enkelmann hatte nicht Sie gemeint, sondern Herrn Lunacek. Wir korrigieren das und werden Sie in den nächsten Reden direkt ansprechen, weil Sie sich gern bezüglich der PDS äußern. Hoffentlich tun Sie das dann mit weniger Lautstärke und mehr Argumentationskraft.

Es erstaunt mich einigermaßen, dass Sie, Herr Helm, nachdem Frau Enkelmann kaum das Wort „Naturschutz” ausgesprochen hat, schon sagen, das dürfe aber nicht zulasten der Landwirtschaft gehen.

(Zuruf von der CDU: Genauso ist es!)

Das sage ich auch. Die Frage ist doch, warum Sie das sagen. Das Wort „Naturschutz” kann in diesem Hause gar nicht mehr geäußert werden, ohne dass aus Ihrer Ecke zu hören ist, das müsse sich gegen die Landwirtschaft richten.

(Beifall bei der PDS und der Abgeordneten Frau Siebke [SPD])

Es richtet sich nicht gegen die Landwirtschaft. Es richtet sich nicht gegen den Naturschutz. Wir müssen beides zusammen hinbekommen.

(Zuruf von der PDS: Das ist richtig! - Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Soweit Sie, Herr Minister, das versuchen, haben Sie unsere Unterstützung. Beides müssen wir zusammenbringen. Es ist nicht billiger zu haben. Es lohnt sich nicht, immer auf die Bauern und auf den Naturschutz zu schimpfen. Wir brauchen tatsächlich eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.

(Zuruf von der CDU: Das wollen wir doch!)

Wenn Sie das betreiben würden, hätten Sie unsere Unterstützung. Ich bin der Auffassung, dass wir hierbei weniger Ideologie, aber mehr Ökologie brauchen.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Diesbezüglich sind wir durchaus in Sorge, meine Damen und Herren. Ich muss mich äußerst kurz fassen.

Die Rendite von Unternehmen im Lande Brandenburg wird längerfristig höher sein, wenn die Entwicklung und wenn der Einsatz moderner und umweltgerechter Technologien, die zum sparsamen und schonenden Ressourceneinsatz führen, durchgesetzt werden.

Statt Milliarden für die Stilllegung von landwirtschaftlichen Flächen und für Viehexporte auszugeben und einen internationalen Intensivierungsdruck zu erzeugen, wäre es sicherlich sinnvoller, naturverträgliche Bewirtschaftung zu unterstützen. Nachhaltigkeit der Entwicklung ist in allen Bereichen der Wirtschaft angesagt. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei PDS und SPD)

Das Wort geht erneut an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Dellmann, bitte!

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Umweltschutz und Naturschutz sind Zukunftsvorsorge. Es geht um die Sorge für zukünftige Generationen. Es ist wie bei der Schulpolitik. Es ist nicht sofort messbar, sondern das, was wir dort investieren, holt man erst in einigen Jahren wieder herein.

Es geht uns in Brandenburg im Bereich des Naturschutzes um Entbürokratisierung. Diesbezüglich sind wir uns alle einig. Wichtiger ist aber die Diskussion darüber, was wir unter Nachhaltigkeit verstehen. Nachhaltigkeit bedeutet vor allem Entwicklung. Nachhaltigkeit bedeutet nicht Stillstand, sondern es bedeutet, dass man vorangeht und moderne Dinge mitmacht.

Ich war dankbar für das, was Herr Schönbohm sagte. Er äußerte - ich hoffe, ich darf Sie wörtlich zitieren -:

„Konservative marschieren an der Spitze des Fortschritts.”

Was versteht man unter Fortschritt im Naturschutz? Das ist Nachhaltigkeit und das ist vor allem das, was wir in die Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben haben, nämlich die Umsetzung der Agenda 21. Wenn wir den Innenminister beim Wort nehmen, dann dürfte nicht allzu viel passieren, Frau Dr. Enkelmann.

Wir müssen allerdings sehr genau aufpassen, dass etwas nicht geschieht und zwar, dass Keile getrieben werden.

Ich lese ganz gern einmal zwischen den Zeilen. Ich rede gar nicht so gern über Forst und Naturschutz. Für mich ist es eine Landesaufgabe, bestimmte Dinge zu tun. Die sekundäre Frage ist: Wer nimmt dies wahr? Denjenigen, die hier im Landtag fordern, dies müssten die oder die machen, weil es Landesverwaltung sei, möchte ich sagen, dass Sie sich auch fragen lassen sollten, ob das die richtige Diskussion ist. Ich glaube, Herr Dombrowski, wir werden darüber noch im Detail zu diskutieren haben.

Ich möchte noch einige Sätze zur Übernahme der BVVG-Flächen sagen. Es sind Naturschutzflächen. Der Bundesgesetzgeber hat uns ganz klar vorgegeben: Es geht nicht um die Übernahme von Wirtschaftswald, sondern um Naturschutzflächen. Auch denjenigen, die heute eine Resolution überreicht haben, muss man das deutlich sagen. Ich persönlich wünschte mir auch, dass wir alle Flächen übernehmen können. Aber es muss auch bezahlbar sein. Fakt ist, dass in diesem Bereich ein kräftiger Zuschuss notwendig wäre.

(Zuruf von der CDU)

Naturschutz kostet Geld und die Summe von Einzelinteressen ist nicht mit Gemeinwohlinteresse gleichzusetzen. Im Einzelfall heißt das, dass wir hierbei harte Entscheidungen zu treffen haben.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch etwas zur Naturwacht sagen. Wir werden uns darüber zu unterhalten haben, wie das zu finanzieren ist. Wer Großschutzgebiete kennt, der weiß genau, welch wichtige Funktionen sie im Bereich des Tourismus wahrnehmen.

Herr Fürniß, vielleicht können wir einmal darüber diskutieren, wie wir bezüglich der Aufgaben, die die Naturwacht im Bereich des Tourismus wahrnimmt, Kombinationen mit Ihrem Hause finden können. Denn wenn an der Naturwacht gespart wird, dann habe ich die große Sorge, dass gerade bei dem Teil, der sich mit Regionalentwicklung beschäftigt, geknapst werden muss.

Wir sollten also nicht so deutlich die Forderungen stellen, sondern in Ruhe darüber reden, was wirklich notwendig ist und wie es finanziert werden kann.

Meine Damen und Herren! Der Naturschutz in Brandenburg ist nicht auf dem falschen Weg. Der Naturschutz wird auch in Zukunft nicht in den Hintergrund geraten. Wir brauchen die Diskussion. Ich glaube schon, dass die Diskussion zum Naturschutzgesetz mit dazu beitragen wird, dass wir auf der einen Seite Nachhaltigkeit organisieren, auf der anderen Seite aber auch eine Entbürokratisierung herbeiführen. - Vielen Dank.