Protocol of the Session on October 18, 2000

Herr Wamick. Sie fordern die bundesweite Abschaffun g der so genannten Verwertungskündigung. Das halte ich nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen für problematisch, weil Vermietern die wirtschaftliche Grundlage nicht auf Dauer entzogen werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat aber in Grundsatzentscheidungen enge Grenzen für diesen Kündigungsgrund gesetzt.

Zweitens zur Verwertungskündigung in den neuen Ländern: Sie alle wissen, dass eine Kündigung zur angemessenen wirtschaftlichen Verwertung in den neuen Ländern bei Altverträgen ausgeschlossen ist, da es sie nach dem Zivilgesetzbuch der DDR nicht gab. Die Landesregierung hält an diesem Grundsatz fest.

Im Hinblick auf die Leerstandsprohlcmatik ist aus Sicherheitsgründen hinsichtlich des Allgemeinwohls jedoch eine Lockerung dieses Kündigungsverbotes erforderlich. Die Ostbauminister haben diese Problematik ein gehend diskutiert. Auch der Bauminister von Mecklenburg-Vorpommern, Herr Holter - ich glaube. Sie wissen, welcher Partei er angehört -, teilt die Auffassung. dass der vollständige Ausschluss einer Kündigung zum Zwecke einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung eines Grundstückes.an gesichts des wachsenden Wohnungsleerslandsproblems in den neuen Ländern nicht mehr sachgerecht und angemessen ist.

(Vereinzelt Beifall hei der CDU)

Die ostdeutschen Länder einigten sich darauf eine Verwertungskündigung unter sehr engen Voraussetzungen zuzulassen. Eine Verwertungskündigung soll danach nur möglich sein, wenn es sich um ein Wohngebäude mit mehr als drei Wohnungen handelt. wenn das Wohngebäude überwiegend leer steht und nach einer von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Planung gemäß Baugesetzbuch teilweise oder vollständig beseitigt werden soll.

Herr Wamick. sprechen Sie doch einmal mit Mietern in zu 80 % leergezogenen Häusern. Wir beide arbeiten in der Mietenproblematik und im Wohnungsbau seit, glaube ich, zehn Jahren zusammen. Ich werde auch dieses Jahr zur Hauptversammlung des Mieterbundes kommen. Ich gehe davon aus, dass wir uns dann wieder mit sachlicher Kritik gemeinsam in dieser Richtung bewegen werden. Sie werden sehen, dass es kein Teufelchen war. sondern Verstand, diese Problematik jetzt anzugehen. damit unsere Städte nicht so verfallen. wie es droht. wenn wir nicht die entsprechenden Maßnahmen umsetzen_ und wie wir es in den 80er Jahren erlebt haben. als tatsächlich wertvolle Bausubstanz abgerissen wurde. ohne dass die entsprechende Absicherung der Mieter gegeben war. Außerdem muss der Vermieter dem Mieter - das ist wichtig; das entspricht auch meinem Sozialempfinden - Ersatzwohnraum nachweisen und die angemessenen Umzugskosten erstatten. Die entsprechenden Anträge der Länder in den Bundesratsausschüssen wurden mit ganz überwiegender Mehrheit angenommen.

Drittens: Bei der Frage. ob eine Vertragspflichtverletzung, insbesondere die Störung des Hausfriedens. schuldhaft erfolgen muss, um einen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu geben, fand ein entsprechender Antrag Brandenburgs in den Beratungen des Bundesratsausschusses _Wohnen'. keine Mehr

heit. Bekannterweise scheiterte Brandenburgs Antrag. der Ihr Anliegen beinhaltete. an der Enthaltun g Ihres Parteifreundes aus Mecklenburg-Vorpoimma-n.

Viertens zur einheitlichen Kündigungsfrist von drei Monaten für Mieter: Der Regierungsentwurf sieht zu den Kündigungsfristen folgende Regelung vor Für Mieter beträgt die Frist drei Monate, nach fünf Jahren verlängert sie sich auf sechs Monate. Für Vermieter bleibt es bei der bisherigen Regelung von drei bis zwölf Monaten. je nach Mietdauer. Die Landesregierung hält den Entwurf im Hinblick auf die Kündigungsfristen für einen unannehmbaren Kompromiss und wird insoweit keine weiteren Initiativen ergreifen.

Eine gesetzliche Pflicht zur Mietspiegelerstellung greift unangemessen in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ein und ist auch wegen der finanziellen Belastung kommunaler Haushalte abzulehnen. Zur Regelung des Mietspiegels im Gesetzentwurf hat Brandenburg, wie von Ihnen gewünscht, im Bundesratsausschuss _Wohnen- beantragt, die Zustimmungspflicht der Verbände entfallen zu lassen.

Meine Damen und Herren von der PDS. Demokratie lebt auch von Anregungen und Anträ gen der Opposition.

(Zustimmendes Klopfen der Abgeordneten Frau Osten [PDS])

Deshalb gilt für Ihre Anträge im Grundsatz immer: Danke. Bei dem speziellen Antrag aber. der aus meiner Sicht nicht hinreichend recherchiert ist und außerdem zu spät kommt. sage ich: Nein. danke.

(Beifall hei SPD und CDU)

Ich danke Minister Meyer. - Die Fraktion der PDS hat noch drei Minuten Redezeit. Herr Abgeordneter Wamick. Sie haben das Wort.

%arnick (PDS):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier noch einmal zu einigen Aspekten und Argumenten Stellung nehmen. Ich hin selbst im Aufsichtsrat eines kommunalen Wohnungsuntemehmens tätig, sozusagen auch auf der Vermieterseite. Ich kann aus der Sicht unseres Wohnungsunternehmens nur sagen. dass, wenn wir alle Maßnahmen. die wir vorgeschlagen haben, durchführen würden. dieses Wohnungsunternehmen nach wie vor stabil und wirtschaftlich tragbar funktionieren könnte. Es geht also nicht darum, Vermieter in den wirtschaftlichen Ruin zu treiben. Das ist mit diesen vorgeschla genen Änderungen auf keinen Fall möglich,

Ich möchte noch etwas zu dem Argument von Herrn Dellmann sagen. die verfehlte Wohnungspolitik und die verfehlte Wirtschaftspolitik der DDR seien dafür verantwortlich. Diese Behauptung halte ich für sehr abenteuerlich. Das würde bedeuten. dass die DDR schon 1950 hätte wissen müssen. dass sie in Eisenhüttenstadt keine Wohnun gen und kein Werk errichten darf, weil es 1989 eine Wende und 1990 eine gesamtdeutsche Regierung geben würde. Das würde ebenfalls bedeuten, dass man auch in Schwedt schon Anfang der 60er Jahre hätte wissen müssen, dass man dort kein Werk errichten darf, das den Zuzug von Zehntausenden Menschen zur Folge hatte, weil wir dadurch jetzt einen hohen Wohnungsleerstand haben. Eine solche Weitsicht hatte in der DDR wohl niemand. Wenn das so einfach gewesen wäre. wären etliche von uns Millionäre geworden.

(Klein [SPD]: Da sind wir nicht so sicher. oh das nicht doch geklappt hat, Herr Warnick!)

1346 Landrag 131-zilidenhurn - 3. Wahlperiode - Plenarprolokoll 3.22 - 18. Olafeer 2000

In diesem Punkt kann man der DDR nun wirklich keine Vorwürfe machen. Sie hat versucht. in wirtschaftlich schwachen Regionen Industrie anzusiedeln.

Hinsichtlich der Kappungsgrenzen ist auch mir bekannt. dass es jetzt eine Verbesserung dahin gehend gibt. dass die Kappungsgrenzen von 30 auf 20 % gesenkt wurden. Wir von der PDS haben allerdings immer gefordert. dass diese Senkung im Zusammenhang mit der Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes vonstatten geht. Diese sehr weit gehende Forderung haben wir noch nicht einmal in unseren Forderungskatalog aufgenommen,

Zur Frage der Mietspiegel, die von der CDU hier angesprochen wurde: Dass nach unseren Vorstellungen die Zustimmung der Verbände entfallen soll. stimmt so nicht. In der Regel haben wir vereinbarte Mietspiegel. Bei diesen vereinbarten Mietspiegeln muss es bei der Zustimmung der Verbände bleiben, sowohl der Vermieter- als auch der Mieterseite. Das gilt nur für qualifizierte Mietspiegel. die wissenschaftlich fundiert erstellt worden sind. Da. sind wir der Meinung. muss nicht notwendigerweise zusätzlich eine Zustimmung erfolgen.

Zu der Zerrüttungskündigung. die Sie ebenfalls angesprochen haben: Das haben Sie wahrscheinlich nicht richtig gelesen: das müssten Sie noch einmal recherchieren. Sie sprachen von einem pflichtgemäßen Handeln des Mieters. Da gibt es natürlich schon im jetzigen Mietrecht Passagen. die besagen, dass der Vermieter kündigen kann, wenn der Mieter seine Pflichten in irgendeiner Art und Weise grob verletzt. Aber der neu einzufügende Passus der Zerrüttungskündigung geht bei weitern darüber hinaus. Er würde die Verhältnisse für die Mieterseite wesentlich verschlechtern.

So weit zu einigen Argumenten, die hier vorgebracht worden sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Wamick und stelle fest. dass wir

am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen sind.

Ich rufe zur Abstimmung den Antrag der Fraktion der PDS auf. der Ihnen in der Drucksache 3 J 1807 vorliegt. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrau mehrheitlich abgelehnt worden. Somit schließe ich den Tages-ordnungspunkt 13.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Wahl von einem Mitglied und eines stellvertretenden Mitgliedes des Untersuchungsausschusses 3/1

u Antra mit Wahlvorschlag der Fraktion der SPD

Drucksache 3/1764

Es wurde vereinbart, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen. sodass ich sofort zur Abstimmung über diesen Antraf kommen kann.

Wer der Drucksache 311764 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmernhaltungen? - Damit haben Sie einstimmig dem Antrag zugestimmt und dem Wahlvorschlag der SPD entsprochen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14 und ich schließe die 22. Sitzung des Landtages Brandenburg.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmitta g und Abend und erwarte Sie morgen pünktlich um 10 Uhr an dieser Stelle wieder.

Ende der Sitzung: 15.56 Uhr