Protocol of the Session on July 12, 2000

Die Eckdaten sind schon genannt. Was bringt uns dieses Gesetz außer einem höheren Zeit- und Kostenaufwand? Wir erhoffen uns von dem obligatorischen Schiedsverfahren natürlich an erster Stelle eine Entlastung der Amtsgerichte. Die Erfahrungen in Bayern. wo versuchsweise vier Schlichtungsstellen eingeführt wurden, zeigen. dass beachtlich viele Fälle in Schlichtungsverfahren erledigt werden konnten. sodass Gerichte nicht an gerufen werden mussten. Sicherlich wird es keine Entlastung von heute auf morgen geben und es dürfen keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Mittelfristig wird aber eine Entlastung vorhanden sein.

Ein sehr wichtiger Punkt ist die Verbesseruneder Streitkultur in diesem Lande. Man muss nicht bei jeder Kleinigkeit Gerichte anrufen - erst recht muss keine Selbstjustiz ausgeübt werden -, uni zu seinem Recht zu kommen.

Das Schlichtungsverfahren wird in vielen Fällen zu einem dauerhaften Rechtsfrieden zwischen den streitenden Parteien führen: denn die Friedensstiftung steht bei der direkten Auseinandersetzun u einer Güteverhandlung auf rund der persönlichen Atmosphäre im Vordergrund. Nehmen wir beispielsweise Nachbarschaftsstreitigkeiten: Sie alle haben doch von dem mittlerweile bundesweit bekannten Fall vom Knallerbsenstrauch und vom Maschendrahtzaun gehört. Er ist letztlich vor einer Schiedssteile geschlichtet worden und hat gezeigt, dass es nicht uni die Streitsumme geht, sondern schlicht und einfach darum, Recht zu bekommen und es dem anderen vor Gericht einmal so richtig zu zeigen. Gerade in den Fällen. in denen die Parteien in dauerhaften rechtlichen oder tatsächlichen Beziehungen stehen und nach Erledigung des Rechtsstreites miteinander auskommen müssen, ist eine außergerichtliche Streitschlichtung besonders wünschenswert.

Bereits die angesprochene Anhörung im Rechtsausschuss hat gezeigt. dass die Interessenvertreter trotz einiger Bedenken den damals vorliegenden Eckpunkten des Gesetzentwurfs sehr positiv

gegenüberstanden. Eines der Bedenken war, dass ein Verfahren länger dauern und teurer werden wird. Das ist verständl ich: denn wenn die vorgerichtliche Einigung nicht erzielt wird. verzögert sich das Verfahren. Es ist ja gerade Sinn und Zweck des Gesetzes. dass man sich vorher einigt. Wer es schafft. einen Streit ohne einen Richter zu beginnen, soll auch erst einmal versuchen. ihn ohne Richter beizulegen.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Umgehung des Schlichtungsverfahrens durch Einschalten des Mahngerichts ist befürchtet worden. Aber auch Mahnverfahren bringen eine Entlastung der Gerichte. Hier ist allenfalls eine zeitweise Mehrbelastung der Mahngerichte zu erkennen. Dagegen sind die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. In diesem Zusammenhang verweise ich erneut auf einen Prüfauftrag der CDU-Fraktion, die Mahngerichte Berlin und Brandenburg zusammenzulegen, nicht zuletzt weil in Berlin das Mahnverfahren automatisiert ist und effektiver arbeitet.

Mit dem Gesetz zur Einführung. des Schlichtungsverfahrens begeben wir uns auf unbekanntes Terrain. Bislang haben nur zwei Bundesländer - Bayern und Nordrhein-Westfalen - ein Schlichtungsgesetz erlassen. Umfangreiche Erkenntnisse konnten hieraus bislang nicht gewonnen werden. Dennoch sollten wir frühzeitig mit der Einführung des Güteverfahrens beginnen. Gleichwohl kann

es sein, dass sich die Dinge nicht wie gewollt entwickeln. Um dies gegebenenfalls zu korrigieren. ist es begrüßenswert. dass der Landesgesetzgeber gefordert ist, das Gesetz in fünf Jahren entweder zu bestätigen oder es den Gegebenheiten anzupassen oder es ins Nirwana zu entlassen.

Ich bin davon überzeugt. dass dieses Gesetz seine Ziele in angemessener und praktikabler Weise erfüllen wird. Die ausführliche Beratung über Einzelheiten werden wir kurzfristig im Rechtsausschuss vornehmen. Ich teile die Meinung von Herrn Kollegen Muschalla. dass wir eventuell sogar schon in der nächsten Sitzung des Landtages nach der Sommerpause das Gesetz in 2. Lesung werden verabschieden können.

Meine Damen und Herren. die obligatorische Streitschlichtung will den Gedanken der außergerichtlichen Einigung neben der Konfliktlösung durch die Gerichte stärken. Dies ist wünschenswert. wenn hierdurch eine Entlastung der Gerichte herbeigeführt wird. Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Richstein.

Meine Damen und Herren. wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. die Drucksache 31426 an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgen möchte. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Sie haben diesem Überweisungsantrag einstimmig zugestimmt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Aufgaben kritik in der brandenburgischen Landesverwaltung und Prozess der Verwaltungsoptimierung im Land Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages vom 24.11.1999 - DS 3/194-B)

Konzept der Landesregierung

Drucksache 3/1398

Es wurde vereinbart. zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen, sodass ich sofort zur Abstimmung über einen Überweisungsantrag der Fraktion der PDS kommen kann. Die Fraktion der PDS hat beantragt. dieses Konzept der Landesregierung an den Hauptausschuss - federführend - und an alle Fachausschüsse zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Verschuldung von Kommunen im Land Brandenburg/ Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage

Nr. 265 des Abgeordneten Werner Firneh urg (DVU)

-Drucksache 3/608

Große Anfrage 6 der Fraktion der DVU

Dnucksache 31:36

Antwort der Landesregierung

Drucksache 3/1391

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile das Wort der Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Firneburg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion wollte mit ihrer Großen Anfrage erreichen. dass die Landesregierung über die Finanzsituation der Kommunen im Lande lückenlos Auskunft erteilt. Bedauerlicherweise ist dies nicht geschehen. sodass noch Bedarf für Nachfragen besteht.

Lassen Sie mich aber zunächst etwas Gnindsätzliches sagen. Die kommunale Selbstverwaltung wird durch Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz und Artikel 97 der Landesverfassung verfassungsrechtlich abgesichert. Diese Vorschriften gewährleisten den Gemeinden das Recht. alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze und in eigener Verantwortung zu regeln.

Aus der Selbstverwaltungsgarantie abgeleitet wird der Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens. Er verpflichtet den Staat, insbesondere das Land, im Ennessensbereich die Interessen der kommunalen Selbstverwaltung gebührend zu berücksichtigen und sie nur hei hinreichender Notwendigkeit zu beeinträchtigen. Es handelt sich um eine Parallele zum Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens im Verhältnis Bund - Länder. Neben den Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen die Gemeinden auch Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben zur Erfüllung auf Weisung.

Diese Landesregierung ist bekanntlich bemüht - das haben auch die Haushaltsberatungen deutlich gemacht -. immer mehr öffentliche Aufgaben auf die Kommunen zu verlagern. wobei dann die Frage entsteht. oh die Deckung der Kosten wirklich gewährleistet ist.

Die Landesregierung bemüht sich - das ergibt sich aus der Antwort zu Frage 9 -, ein optimistisches Bild der kommunalen Finanzen zu zeichnen. Der Schuldenstand, bezogen je Einwohner, sei der niedrigste unter allen Bundesländern. Es stellt sich aber die Frage, ob die Kommunen wirklich gut gewirtschaftet haben oder oh nicht vielmehr Schulden in so genannte Schattenhaushalte verlagert worden sind.

Die Landesregierung räumt immerhin ein, dass sich in Einzelfällen Kommunen über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit hinaus verschuldet haben und der Hilfe bedürfen. Um welche Kommunen es sich handelt. hat die Landesregierung nicht ausgeführt. Ich bitte aus diesem Grunde diese Frage zu beantworten.

Welche konkreten Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsfonds nach § 16 Gemeindefinanzierungsgesetz an Kommunen gezahlt wurden. die über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit hinaus verschuldet sind. hat die Landesregierung ebenfalls nicht mitgeteilt. Ich bitte diesbezüglich auch um einen entsprechenden Nachtrag. Der Landtag hat ein Recht zu erfahren. hei welchen Gemeinden Länger andauernde Liquiditätsengpässe vorliegen und wo zurzeit welche Prüfungen für Hilfsmöglichkeiten vorgenommen werden. Mit den allgemeinen Darlegungen in der Antwort zu Frage 4 geben wir uns nicht zufrieden.

Zu Frage 3 antwortet die Landesregierung. dass nach geltendem Haushaltsrecht die Kommunen nicht verpflichtet seien. ihr Vermögen - mit Ausnahme ihrer Geldvermögen - offen zu legen. Folglich besitze die Rechtsaufsichtsbehörde regelmäßig keine Kenntnis über das Kommunalvermögen. "Re gelmäßig" heißt aber auch. dass die Landesregierung bzw. die Rechtsaufsichtsbehörden teilweise oder in bestimmten Fällen sehr wohl über entsprechende Erkennmisse verfügen. Wo ist dies der Fall. meine Damen und Herren von der Landesregierung?

Die Landesregierung erklärt, dass ihr keine detaillierte Aufschlüsselung vorliege, welche Kommunen ihren Zahlungsverpflichtungen dauerhaft nicht mehr nachkommen können. Da es sich hierbei um eine besonders brisante und wichtige Angelegenheit handelt, erwartet die DVU-Fraktion von der Landesregierung, hier nachzuforschen und den Landta g eingehend zu unterrichten.

Was die Abwassersituation im Land betrifft, hüllt sich die Landesregierung in Schweigen. Obwohl es in verschiedenen Kommunen die Spatzen von den Dächern pfeifen. dass die Verschuldung infolge von Fehlplanungen und Fehlbauten im Bereich des Abwassers entstanden ist. hat die Landesregierung keine Ahnung. Die Aufgabenträger der Abwasserversorgung haben zwar der Landesregierung wichtige Geschäftsdaten offen gelegt. an eine Weiterleitung an die Abgeordneten sei aber nicht gedacht. weil die Aufgabenträger um vertrauliche Behandlung gebeten hätten und die Landesregierung dies auch zugesichert habe.

Die DVU-Fraktion hält diese Verhaltensweise für einen Skandal. Immerhin werden die Abwasserverbände auch mit öffentlichen Mitteln gefördert. Der Landtag ist immerhin ein Kontroll- und Gesetzgebungsorgan und hat einen Anspruch auf umfassende Aufklärung. Sollten tatsächlich datenschutzrechtliche Gründe im Wege stehen, besteht immerhin noch die Möglichkeit. in nicht öffentlicher Sitzung dieses Thema zu beraten. Es geht deshalb die Frage an die Landesregierung. ob sie bereit ist, in einer nicht öffentlichen Ausschusssitzung die Daten offen zu legen.

Die Landesregierung erklärt, dass 54 % des Anlagevermögens durch Aufnahme von Krediten finanziert wurden. Es handelt sich hier um einen Durchschnittswert. Uns interessieren aber vor allem die Spitzenwerte. um festzustellen. wo eine drastische Verschuldung vorliegt. Immerhin gibt die Landesregierung zu erkennen. dass ihr einige Aufgabenträger Sorge bereiten, die über den Wert ihres Anlagevermögens hinaus Kredite aufgenonunen haben. Insgesamt spricht die Landesregierung von einer Überschuldung in Höhe von 114 Millionen DM. Wir hätten gern eine konkrete Antwort. um welche Aufgabenträ ger es sich handelt.

In zehn Abwasserzweckverbänden sind Beauftragte für die Wahrnehmung der Aufgaben des Verbandsvorstandes bestellt worden. Warum war die Bestellung von Beauftragten erforderlich?

Weil die Verbandsorgane ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkamen und Weisungen der zuständigen Behörden nicht ausführten oder weil sie rechtlich oder tatsächlich an der Ausübung ihrer Befugnisse gehindert sind und die Erfüllung der gemeindlichen Aufhaben die Bestellun g erforderte? Sie sehen. meine Damen und Herren der Landesre gierung. hier besteht noch Aufklärungsbedarf.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Die Landesregierung rückt Informationen nur spärlich heraus. Man muss - und das haben wir schon wiederholt getan - durch parlamentarische Anfragen nachbohren. uni sc heibchen weise die Wahrheit zu erfahren. Offenbar glaubt die große Koalition die parlamentarische Opposition an die Wand drücken zu können. Aber da irren Sie sich. meine Damen und Herren. Wir haben als Opposition einen Anspruch auf Gleichbehandlung, einen Anspruch auf Information und vor allem obliegt es uns. insbesondere Regierungshandlun gen zu kontrollieren.

Die DVU-Fraktion erwartet Ihre Stellungnahme zu den aufgeworfenen Fragen hier und heute, andernfalls müssen wir wieder den Weg über Kleine bzw. Große Anfragen gehen. - Ich bedanke mich.

(Beifall hei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Firneburg. - Das Wort geht an den Abgeordneten Homevier. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.

Herr Präsident? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion. welche die Große Anfrage eingereicht hat. wollte sich anscheinend das Basiswissen. das die anderen Fraktionen dadurch haben. dass sie sich seit vielen Jahren mit den Problemen der Kommunen des Landes beschäftigen. erfragen.

Für die Regierungskoalition kann ich. was die Beurteilung der finanziellen Situation der Kommunen angeht, auf die Protokolle des Brandenburger Landtages der vergangenen zehn Jahre verweisen, in denen wir uns intensiv mit dieser Thematik beschäftigt haben. Im Übrigen bleibt mir nur der Dank an die Landesregierung für die Fleißarbeit. die sie mit der ausführlichen Beantwortung der Großen Anfrage leistete.

Trotz der Schuldenbelastung, meine Damen und Herren, möchte ich den in der Regel ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikern meinen Respekt dafür aussprechen.

(Beifall bei CDU. SPD und PDS)

dass der Schuldenstand der Brandenburger Kommunen insgesamt erheblich unter dem anderer Bundesländer liegt. Er betrug - so ist es in der Antwort zu Frage 9 nachzulesen - im Jahre 1998 1 353 DM je Einwohner und war damit seit dem Jahre 1992 durchgehend der niedrigste aller Bundesländer. Dies sollte, so finde ich. besondere Erwähnung finden.