Bettina Kähler
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Keine Sorge, es geht ganz schnell.
Wir beschließen mit dieser Drucksache über die Neugründung eines Amtsgerichts, über die erste von zwei Neugründungen, die das zu große Amtsgericht Hamburg-Mitte entlasten sollen. Damit kommt eine sehr lange Planung zum Ende. In diesem Zusammenhang war die Zukunft des Familiengerichts Hamburg-Mitte überaus strittig. Es sollte nach den ursprünglichen Plänen des Senats auf drei Standorte aufgeteilt werden: auf die zwei neugegründeten Amtsgerichte und auf das alte Amtsgericht Hamburg-Mitte. Dieser Plan war bei näherem Hinsehen wenig sinnvoll.
Wir haben es dem Senat in einem sehr mühsamen Prozeß abgerungen, daß das Amtsgericht Hamburg-Mitte als Einheit erhalten bleibt. Dieser von allen drei Fraktionen formulierte politische Wille hat Eingang gefunden in die Drucksache. Um das zu vollenden, braucht es jetzt allerdings eine Verordnung des Senats, die noch die Zuweisung an die neuen Gerichte machen muß. Der Senat hat zugesagt, daß diese Verordnung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Für meine Fraktion zumindest kann ich sagen, daß unsere Zustimmung zu dieser Drucksache heute damit verbunden ist, daß diese Senatsverordnung noch kommt, um das Ganze dann zu vollenden. Ein Entwurf dazu existiert schon. Den hat man uns im Rechtsausschuß vorgelegt.
Ich möchte hier anmahnen, daß der Senat an dieser Stelle Wort hält und seine Zusage gegenüber dem Parlament einhält.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Klare Positionen bekämpfen wir in der Regel eigentlich nicht, Herr Lüdemann, wir bekennen sie allenfalls. Das nur am Rande bemerkt.
Ich finde, die Debatte läuft hier quer. Lassen sie uns doch noch einmal das Problem sortieren. Es ist legal, aus dem Melderegister Daten herauszugeben, die die Parteien zu Zwecken der Wahlwerbung verwenden können. Das ist das Problem. Das geschieht in sehr großem Umfang, und davon profitieren alle Parteien. Daran haben auch fast alle Parteien ein Interesse. Das hat Frau Weise gerade richtig gesagt.
Die Leute, die diese Werbung bekommen, fühlen sich davon belästigt, jedenfalls manche. Die Frage ist, was wir dagegen tun. Wir haben eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder streichen wir diese Möglichkeit, und dann streichen wir sie für alle. Dann müssen wir es aber auch begründen mit dem Argument, daß keine Partei das Recht haben soll, Wahlwerbungen auf diesem Wege zu verschicken beziehungsweise an Adressen zu kommen.
Es besteht kein vernünftiger Grund, warum irgendeine Partei das tun sollte. Deine moralische Empörung, Susanne, über die Werbung der DVU in allen Ehren, aber das geht wirklich an der Sache vorbei, weil dann genau das eintritt, was Frau Weise sagt: Warum die, das ist eine legale Partei, die sind zwar irgendwie eklig, aber das alleine ist noch kein Grund für eine Gesetzesänderung. Das profane Interesse der SPD, Frau Weise, mit dem Satz von Rosa Luxemburg „Freiheit ist immer nur die Freiheit des Andersdenkenden“ zu begründen, ist allerdings auch gruselig.
Dann sagen Sie einfach, die SPD hat ein Interesse an diesen Daten und Punkt aus, aber bemühen Sie nicht Rosa Luxemburg dafür. Das finde ich wirklich zuviel des Guten.
Das ist die Ausgangssituation. Von unserer Fraktion wurde ein Antrag gestellt, der in etwa dem entspricht, was jetzt der REGENBOGEN hier wieder aufgewärmt hat. Das war in diesem kleinen Zeitfenster – hieß es irgendwann ein
mal –, bevor es die Koalition gab. Der Antrag ging dann in den Ausschuß. Dort stellte sich heraus, daß die SPD gegen diesen Antrag ist. Die Grünen waren dafür. In dem Ausschuß wurde er versenkt, versenkt auch deshalb, weil sich von meiner Fraktion niemand mehr so richtig darum gekümmert hat. Das ist der Ausgangspunkt. Deswegen ist es vielleicht ganz gut, daß der REGENBOGEN das jetzt auf diese Art und Weise wieder belebt. Dann kann die Diskussion im Ausschuß noch einmal stattfinden, weil das sowieso nur für die kommende Wahl gilt. Für die jetzige Wahl ist das sowieso zu spät.
Das kann ich dir jetzt noch nicht sagen, wie wir dann abstimmen. Das kommt darauf an, was die Diskussion ergibt, denn es gibt doch durchaus eine Reihe von Möglichkeiten, damit umzugehen. Man müßte zum Beispiel auch erst einmal genau wissen, wie erfolgreich die Sache mit dem Widerspruch ist.
Ich tendiere aber dahin, diese ganze Sache insgesamt zu streichen, weil ich finde, daß es kein berechtigtes Interesse für Parteien gibt, auf diese Art und Weise an Adressen zu kommen. Wie wir dann abstimmen werden, das sehen wir dann. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aus Sicht meiner Fraktion gibt es mehrere Einwände gegen diese Erklärungen der Richterinnen und Richter des Landgerichts. Wenn wir lesen – ich zitiere –,
„Dies hat in allen Bereichen unseres Gerichts zu einer Pro-Kopf-Belastung geführt, die nicht mehr nach rechtsstaatlichen Regeln zu bewältigen ist.“
dann frage ich mich, nach welchen Regeln denn am Landgericht gearbeitet wird, wenn nicht nach rechtsstaatlichen.
Und wenn ich unterstelle, daß das richtig ist, dann wäre das ein Grund für die Richterinnen und Richter, in den Generalstreik zu treten und nicht nur Erklärungen zu verfassen. Wenn mir eine Amtsrichterin sagt, die hätten auch schon vor fast 20 Jahren gesagt, daß keine rechtsstaatlichen Verfahren mehr garantiert werden können, dann drängt sich mir der Eindruck auf, daß sich mit dieser Erklärung der lange aufgestaute Frust über die zweifellos schwierigen Verhältnisse etwas unüberlegt Bahn gebrochen hat.
Interessant ist auch die Aussage der Beteiligten an den Amtsgerichten, wo ich öfter zu tun habe als am Landgericht,
aber die Verhältnisse sind durchaus vergleichbar. Interessant ist dort die allgemeine Aussage, daß es nicht so sehr am richterlichen Personal fehle, sondern vielmehr am nichtrichterlichen. So gab es beispielsweise am Amtsgericht Harburg früher fünf Geschäftsstellen mit fünf Leitern, jetzt sind es bei gleichgebliebener Arbeit nur noch zwei. Die Rationalisierung durch EDV konnte das nicht wirklich auffangen, da die Leute schlecht geschult sind und mit der neuen Technik nur begrenzt gut umgehen können. Ein Amtsrichter sagte mir, ich könnte manchmal um 14 Uhr nach Hause gehen, weil ich keine Akten mehr vorgelegt bekomme, dafür kommen dann am nächsten Tag gleich 70 auf einmal. Sein Fazit war: Es macht im Moment nicht sehr viel Spaß, aber es ist auch nicht Land unter, das kann wirklich niemand behaupten.
Wenn man sich das einmal anhört, sieht man, daß die ganze Diskussion differenzierter zu betrachten ist und sie viel zu kurz greift, wenn sie nur auf den Aspekt der Mehr-Stellen verengt ist. Es ist wirklich witzig, Herr von Beust, zu sagen, fiskalische Argumente seien unzulässig, und dann der SPD ein gestörtes Verhältnis zu Recht und Ordnung vorzuwerfen.
Dann müssen Sie sich fragen, was Sie für ein Verhältnis zum Geld und zur Politik im allgemeinen haben.
Aus unserer Sicht gilt es nicht nur, über die Stellen und das Geld zu diskutieren, sondern auch darüber nachzudenken, welche Aufgaben Justiz eigentlich erfüllen soll und ob sie im Moment die Aufgaben erfüllt, die vielleicht anderswo besser geregelt werden können; das könnte ja auch ein Teil des Problems sein.
Beispiel Verkehrsunfälle: Es werden riesige Ressourcen bei der Polizei und auch bei der Justiz durch die Folgen von Autounfällen gebunden, größtenteils mehr oder weniger Bagatell- und Blechschäden, und die Justiz wird in erster Linie eingeschaltet, um die Ansprüche gegenüber den Versicherungen zu wahren.
Das ist fein, daß Sie das vor zehn Jahren gesagt haben.
In Holland hat man daraus die Konsequenz gezogen,
die Abwicklung dieser Verkehrsunfälle auf die Versicherungsgesellschaften zu übertragen und den Staat herauszuhalten.
Mir ist nicht bekannt, daß wir das abgelehnt haben, aber ich lerne immer gerne dazu.
Zweites Beispiel, Drogen: Jedes Jahr landen bundesweit über 100 000 Konsumenten von Cannabis vor dem Kadi, Benutzer einer Droge, die nicht gefährlicher ist als Alkohol. Eine Legalisierung brächte hier nicht nur für die betroffenen Leute Vorteile, sondern auch Entlastung für die Justiz.
Gleiches gilt für die sogenannten harten Drogen. Konsumenten von Heroin und Kokain können als krank angesehen werden, und es ist völlig sinnlos, Kranke mit dem Strafrecht zu verfolgen. Darüber würde ich mir eine Debatte unter Beteiligung der Richterinnen und Richter wünschen.
Hören Sie auf zu schreien, hören Sie sich meine Rede zu Ende an, und dann können wir darüber diskutieren.
Oder: Wo ist beispielsweise die Debatte in der Justiz darüber, daß sich die Untersuchungshaft...
Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu; erst hier herumschreien und dann Zwischenfragen stellen.
Also: Wo ist beispielsweise die Beteiligung der Richterinnen und Richter an der Debatte über die Untersuchungshaft, die sich immer mehr zu einem eigenständigen Sanktionsinstrument entwickelt und mit dem eigentlichen Zweck der Verfahrenssicherung nur noch sehr begrenzt etwas zu tun hat und hauptsächlich arme Ausländer und Unterprivilegierte trifft?
Ich habe noch einen halben Satz.
Wenn schon Richterinnen und Richter Erklärungen verfassen, warum nicht einmal in diese Richtung denken? Und warum, liebe CDU, denken auch Sie nicht einmal in diese Richtung? Das wäre kreativer, als immer nur mehr Stellen zu fordern.
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! So, so, Herr Wersich, wir sind komplett gescheitert im Kampf gegen den Filz. Ich habe heute nachmittag, als ich zusammen mit Frau Spethmann bei einer Schülergruppe war, gelernt, wie die CDU sich zukünftig den Kampf gegen den Filz vorstellt, nämlich mit einer Koalition zusammen mit Herrn Schill. Das waren die Worte von Frau Spethmann. Zur Bekämpfung des Filzes ist eine Koalition der CDU mit Herrn Schill erforderlich, wobei sie sich das dann so vorstellt, daß Herr Schill nur eine Art Suppenkasper und Mehrheitsbeschaffer für diese Koalition ist und ansonsten nichts weiter zu sagen hat.
Meine erste Reaktion war ein Lachanfall. Meine zweite Reaktion war, zu sagen, das halte ich für dramatisch. Ich halte es für dramatisch, wenn das die Lösung der CDU sein soll, den Kampf gegen den von ihr konstatierten Filz aufzunehmen, indem sie eine Koalition mit einem Mann eingeht, der Ideen hat, wie wir sie aus totalitären Regimes kennen. Das sei hier einmal festgehalten.
Das, meine Damen und Herren, ist ein um so dramatischerer Befund, als die CDU zweieinhalb Jahre mit uns in dem Untersuchungsausschuß gearbeitet hat und offensichtlich von den Konsequenzen, die wir da in mühsamer Arbeit erarbeitet haben, nichts, aber auch gar nichts begriffen hat. Wenn Sie davon nichts begriffen haben, meine Damen und Herren, dann stellen Sie sich aber auch nicht hier hin und sagen uns, daß wir gescheitert sind. Dann sagen Sie einfach, wir haben es nicht begriffen, wir werden es nicht begreifen und deswegen lassen wir es sein und planen die Koalition mit der rechtsradikalen Offensive und alles andere ist uns dann egal. Dann sagen Sie das, aber machen Sie uns nicht den Vorwurf über die Konzepte, die im übrigen erst begonnen haben. Wir haben es doch gehört von der Finanzsenatorin.
Lesen Sie den Bericht einmal im einzelnen, dann wissen Sie, daß das nicht Dinge sind, die da in Gang gekommen sind, die jetzt mit einem Fingerschnippen zu machen sind, sondern daß das ein langdauernder und langwieriger Prozeß sein wird.
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Dann nehmen Sie das zur Kenntnis, und unterstützen Sie uns oder lassen Sie es sein, aber reden Sie nicht solchen Unsinn.
Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Friedrich Engel, dem die Teilnahme an der Erschießung italienischer Geiseln vorgeworfen wird – 1944 –, lebt seit Jahrzehnten unbehelligt in Hamburg. Er wurde 1999 in Abwesenheit von einem italienischen Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
Erstens: Welche Maßnahmen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ergriffen seit Bekanntwerden der Tatsache, daß Friedrich Engel nach wie vor in Hamburg lebt?
Zweitens: Wird jetzt gegen ihn ermittelt, und, wenn ja, wie ist der Stand der Ermittlungen?
Wie viele Personen arbeiten an den Ermittlungen, und sind das Leute, die sich mit NS-Verfahren auskennen und damit Erfahrung haben?
Ich habe noch einmal die Frage nach dem Oktober 1997. Herr Engel ist im Rahmen des Rechtshilfeersuchens aus Italien in der Staatsanwaltschaft gewesen, wo man den Versuch gemacht hat, ihn zur Sache zu vernehmen. Warum ist nicht gleich im Oktober 1997 begonnen worden, gegen ihn zu ermitteln, und warum hat man zu dem Zeitpunkt nur erst einmal das Rechtshilfeersuchen bearbeitet? Gibt es dafür einen vernünftigen Grund.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Professor Karpen, Ihr Versuch, zu zeigen, daß die Strafjustiz kurz vor dem Kollaps stehe, ist ein weiteres Mal mißraten. Erstens ist das, was Sie als unzulässige Praxis bezeichnen, ein ganz normales Mittel, das das Gesetz vorsieht. Und zweitens haben Sie die Zahlen, die Sie erfragt haben, nicht richtig gelesen, denn daraus geht hervor, daß der Bedarf an diesen Hilfsstrafkammern offenbar abnimmt. Die meisten sind aufgelöst worden und die „abgeleiteten“ Verfahren, die in diese Hilfsstrafkammern gegangen sind, sind seit 1995 in etwa gleich geblieben, und das trotz des stattgefundenen Personalabbaus.
Insofern ist die These von der völligen Überlastung der Strafjustiz nicht zu halten. Das deckt sich im übrigen auch nicht mit den Erkenntnissen aus der Praxis. Alle Leute, die
damit zu tun haben, zum Beispiel die Anwälte, wissen das. Es läuft an vielen Stellen gut, an anderen Stellen aber weniger gut. Insofern kann von Zusammenbruch wirklich keine Rede sein.
Zum Stichwort nachlässiger Umgang mit dem Parlament: Wenn Sie die Zahlen, die Sie in der Anfrage erfragen wollten, innerhalb einer Viertelstunde selber herauskriegen können, dann frage ich mich, warum Sie Anfragen stellen.
Das ist dann irgendwie vergebliche Mühe. Im übrigen gilt das, was Herr Klooß sagt. Es ist wirklich müßig, im Zusammenhang mit der Justiz immer nur die Stellensituation zu diskutieren. Die ist sicherlich wichtig und entscheidend, aber es ist auch entscheidend, was drumherum ist, nämlich die Frage der Organisation, der Modernisierung, der Inhalte der Rechtsprechung, der Qualität und so weiter und so fort. Das würde eine viel größere und auch anspruchsvollere Debatte erfordern, als nur zu sagen, da ist ein Verfahren auf eine Hilfsstrafkammer abgeleitet worden und das geht nicht in Ordnung; da müßten Sie sich schon etwas mehr einfallen lassen. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, aber ich kenne viele Leute, die hin und wieder oder auch des öfteren Haschisch rauchen. Diese Leute sind durchweg bürgerliche Existenzen, Anwälte, Buchhändler, Politikwissenschaftler, Jüngere wie Ältere. Sie sind in keiner Weise sozial auffällig. Sie gebrauchen diese Substanz wie andere Leute mal ein Glas Wein oder ein Bier am Abend.
Meine persönliche Erfahrung deckt sich insoweit mit den Erkenntnissen aus dem Suchtbericht, in dem 1999 festgestellt wurde, daß ungefähr 2,1 Millionen Menschen in den sogenannten alten Bundesländern regelmäßige Konsumenten von Cannabisprodukten sind. Das ist eine konservative Schätzung, andere gehen von der bis zu vierfachen Anzahl aus. Diese Zahlen zeigen: Haschischkonsum, Cannabiskonsum ist normal. Und, auch das belegen mitt
Ergebnisse siehe Seiten 4779 bis 4782.
lerweile medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse, es ist in seiner Wirkung ungefährlicher als Alkohol.
Diesen Erkenntnissen haben mittlerweile die Strafverfolgungsbehörden wenigstens zum Teil Rechnung getragen. Der Konsum von Cannabis ist zwar immer noch nicht legal, aber er wird längst nicht mehr so streng verfolgt wie noch vor ungefähr zehn Jahren. Das gilt zumindest für Hamburg. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1994 – also vor bald sieben Jahren – einen Prüfauftrag an die Politik formuliert, ob nicht angesichts des vergleichbar geringen Gefährdungspotentials Cannabis zu legalisieren sei. Die Politik ist in dieser Sache leider nicht vorangekommen. Zu tief sitzt offenbar die Angst, sich mit diesem Thema, das wie kaum ein anderes – leider immer noch – mit Mythen, Falschinformationen und Vorurteilen befrachtet ist, öffentlich unbeliebt zu machen.
In diese Situation des Stillstands trat vor zwei Jahren die Verabschiedung der sogenannten Fahrerlaubnisverordnung. Diese Fahrerlaubnisverordnung regelt den Umgang mit Menschen, die im Besitz eines Führerscheins sind und den Behörden in irgendeinem Zusammenhang mit Cannabis aufgefallen sind, sei es durch ein Strafverfahren, sei es, weil man sie mit einer Portion Cannabis in der Tasche angetroffen hat, oder sei es was auch immer. Das wäre vollkommen in Ordnung und überhaupt kein Grund für eine Große Anfrage, wenn das so gehandhabt würde, wie wir das alles vom Alkohol kennen. Es gibt definierte Grenzwerte, und eine Sanktion setzt dann ein, wenn Fahren unter Alkoholeinfluß auch tatsächlich nachgewiesen ist.
Auf der Grundlage dieser Fahrerlaubnisverordnung kann allerdings eine umfassende medizinische Untersuchung eines Führerscheinbesitzers schon dann angeordnet werden – und das wird in der Praxis auch regelmäßig so gemacht –, wenn er, wo auch immer, mit Haschisch oder Marihuana angetroffen wird. Es ist dann völlig egal, ob der Betroffene selbst Konsument ist oder vielleicht auch nur seine Frau oder ob er überhaupt mit dem Auto fährt. In einer solchen Situation sind die Betroffenen dann sofort einem umfangreichen Verwaltungsverfahren ausgesetzt, das ihn oder sie zwingt, Haar- und Urinproben abzugeben. Mit einer Haarprobe läßt sich auch noch monatelang zurückliegender Konsum nachweisen; deshalb wird das gemacht. Das wird dann zum Anlaß genommen, eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen, mit der geklärt werden soll, ob die Teilnahme am Straßenverkehr – Autofahren – und der Konsum von Cannabis getrennt werden kann. Völlig egal ist – und das muß man in diesem Zusammenhang wirklich beachten –, ob der Betroffene tatsächlich unter dem Einfluß von Cannabis gefahren ist oder nicht. Der bloße Besitz der Substanz oder auch nur die Kenntnis der Behörden von zum Beispiel einem Strafverfahren gegen jemanden reicht für den Entzug des Führerscheins aus. Das ist ungefähr so, als würde man Sie am Samstag nach dem Einkaufen im Auto in einer Verkehrskontrolle mit einem Kasten Bier auf dem Rücksitz antreffen und dann daraus schließen, daß Sie zum Fahren ungeeignet sind, weil schließlich dieser Kasten Bier darauf schließen läßt, daß Sie gern einmal Alkohol trinken. Da Sie außerdem ein Auto fahren, erklärt man Sie für ungeeignet.
Die Praxis der Anwendung dieser Fahrerlaubnis vor Ort kann in Hamburg durchaus als ausufernd bezeichnet werden. In der Praxis wird in aller Regel der Besitz von Cannabisprodukten mit dem Konsum gleichgesetzt und beides zusammen mit der Unfähigkeit, verantwortlich ein Auto zu lenken.
Diese Problematik wollten wir mit der Großen Anfrage näher beleuchten. Sie betrifft, ich habe es eingangs erwähnt, mitnichten nur eine kleine Gruppe mehr oder weniger sozial verwahrloster Süchtiger, sondern einen nicht geringen Anteil der Bevölkerung und vor allen Dingen einen nicht geringen Anteil unter den Jüngeren.
Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen, daß dem Senat die Tragweite dieser Problematik nicht bewußt zu sein scheint. Die Antworten zeigen auch, daß es kaum Erhebungen über wirklich wesentliche Fragen gibt, die in diesem Zusammenhang überhaupt erst einmal geklärt sein müßten, bevor man Menschen mit einer derartig unverhältnismäßigen staatlichen Reaktion überzieht.
So ist zum Beispiel überhaupt nicht geklärt, wie häufig Unfälle passieren, weil sich jemand nach dem Genuß von Cannabisprodukten ins Auto gesetzt hat und einen Unfall gebaut hat.
Das wäre eigentlich das Minimum, das überhaupt erst einmal feststehen müßte, bevor man den Betroffenen den Führerschein entzieht oder ihnen zumindest damit droht.
Was also muß geschehen? Die gegenwärtige Praxis muß durch eine verhältnismäßige und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Vorgehensweise abgelöst werden, die im übrigen, wie das beim Alkohol selbstverständlich ist, die tatsächliche Gefährdung im Straßenverkehr zum Ausgangspunkt für einen Entzug des Führerscheins nimmt. Dafür ist es zunächst erforderlich, klare Grenzwerte dafür zu entwickeln – denn auch die existieren nicht –, ab wann von einem Cannabisrausch eine gefährliche Wirkung für den Verkehr ausgeht.
Damit einhergehen muß auch die Entwicklung einer tauglichen Technik, die einen Verstoß vor Ort nachweisen und dokumentieren kann, analog dem Ins-Röhrchen-pusten. Alles andere ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig, weil es den Gleichheitsgrundsatz kraß mißachtet.
Wir erwarten und wünschen uns vom Senat, daß er die Erkenntnisse aus dieser Großen Anfrage ernst nimmt und auf eine Änderung der Praxis in dem hier skizzierten Sinne hinwirkt. – Ich danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich habe einmal in aller Ruhe zu Hause an meinem Computer gearbeitet, und zwar so lange, bis vor einem Jahr meine Tochter geboren wurde. Dann hatte die Telearbeit zu Hause ein Ende. Insofern glaube ich kaum, Herr Professor Karpen, daß Ihr Vorschlag, alleinerziehende Rechtspflegerinnen seien die ideale Zielgruppe für Telearbeitsplätze,
eine gute Idee ist.
Und Sie wollen die Telearbeit auch noch als Frauenförderung verkaufen – na ja. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussionen in der Deputation der Justizbehörde, als es um den Justizkindergarten ging, in den die Beschäftigten der Justiz ihre Kinder unterbringen konnten. Ihre Fraktion war strikt dagegen und
hielt ihn für völlig überflüssig, zu teuer und so weiter. Vielleicht hat sich diese Meinung inzwischen geändert.
Ich schlage deshalb vor: Wenn schon Frauenförderung, dann doch eher in die Richtung.
Da ich nicht glaube, daß hier irgend jemand die Feinheiten der Justizpolitik interessieren, halte ich mich kurz.
Nein, nicht Justizpolitik, sondern Justizpersonalpolitik. Lassen Sie mich zwei, drei kurze Anmerkungen machen.
Wir sind nicht dort beschäftigt. Ich habe mich mit Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern unterhalten, Frau Blumenthal. Ich weiß, wie die Situation dort ist.
Sie ist in vielen Bereichen nicht einfach. Das gilt aber für viele Bereiche der Justizpersonalpolitik. Ich weiß, daß von seiten der Justizbehörde vieles unternommen wird, um diese schwierige Situation unter Kontrolle zu halten. Insofern will ich auch nicht mit den Details des Aufstiegs von A9 nach A13 und den Feinheiten einer Amtsanwältin als Volljuristin oder Rechtspflegerin langweilen. Das hat keinen Zweck.
Das ist die eine Bemerkung, die ich mir notiert hatte. Die zweite ist: Auch wir sehen die dort möglicherweise stattfindende Verdrängung kritisch. Es ist noch nicht ganz heraus, ob es überhaupt eine sein wird. Wir werden dies beobachten und befinden uns darüber in der Diskussion.
Dies gilt aber für die Gesellschaft im allgemeinen. In vielen Bereichen der Arbeitswelt ist dadurch eine Verdrängung zu beobachten, daß besser Qualifizierte weniger Qualifizierte von bestimmten Positionen verdrängen. Das ist natürlich auch im Bereich der Justiz so. Dieses aber zum Anlaß zu nehmen, wieder zu einer Rundumschelte gegen die Justizsenatorin auszuholen, halte ich für unangebracht.
Ja, insofern ist es nichts Neues.
Insgesamt ist die Anfrage für die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker, die das zu lesen wissen, sehr aufschlußreich. Wichtig ist, das Problem im Hinterkopf zu behalten und in der Diskussion zu bleiben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich diese Drucksache las, war mein erster Gedanke: Manchmal hat Verbrechen sogar etwas Gutes. Das kann man natürlich so nicht sagen. Trotzdem gefällt mir der Gedanke, den eben auch Professor Karpen formuliert hat, daß aufgrund der Gewinnabschöpfungen aus diesem illegalen Vermögen die Gelder auf Umwegen zu einer Art Wiedergutmachung beitragen.
Ich möchte Ihnen zwei Beispiele geben. Es kann jeden Tag jedem von uns passieren, daß wir Opfer eines Unfalls werden. Mit den körperlichen Folgen wird das Krankenhaus fertig. Aber was ist mit den seelischen, den Albträumen, den Schlafstörungen, den Konzentrationsstörungen und einigen anderen Begleiterscheinungen, die mit einer überlebten Katastrophe einhergehen?
Bisher gab es in Hamburg keine Stelle, die die seelischen Folgen von Unfallopfern hätte betreuen können. Nun gibt es aufgrund der Finanzierung durch die sogenannten Mafia-Gelder wenigstens ein Projekt, das beim Verein Opferhilfe e.V. angesiedelt ist.
Denn die psychischen Folgen eines Unfalls sind oft genauso dramatisch wie bei den Opfern von Gewalttaten, die der Verein Opferhilfe e.V. ansonsten betreut; in diesem Bereich verfügt er über eine langjährige Erfahrung.
Nun gibt es wenigstens ein Modellprojekt, um den Bedarf festzustellen und die Vernetzung voranzutreiben, ein Konzept für die Betreuung dieser Opfer zu erarbeiten und eine dauerhafte Finanzierung zu entwickeln.
Daneben gibt es die Koordinationsstelle für die Opfer von Frauenhandel. Sie hat in eineinhalb Jahren schon über 40 Frauen betreut, die überwiegend aus Osteuropa stammen und vom Frauenhandel betroffen waren, wie es in einer Pressemitteilung der GAL etwas seltsam heißt. Hinter dieser Formulierung verbergen sich schlimme Schicksale, deren Folgen durch die Arbeit der Koordinierungsstelle wenigstens etwas gemildert werden können. Die Frauen erhalten hier Unterstützung, ihre Angelegenheiten zu regeln, und können sich klarwerden, ob sie bereit sind, in einem Prozeß gegen ihren Mißhandler als Zeugin aussagen zu wollen oder zu können.
Der Schwerpunkt aller Maßnahmen, die mit diesen Geldern zusätzlich finanziert werden, liegt eindeutig auf der Verbesserung der Situation von Opfern; das ist gut so. Der Schwerpunkt rotgrüner Politik findet sich in dieser Legislaturperiode also auch hier wieder.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Vorbereitung für meine Rede habe ich heute mittag noch einmal meine Reden zu den Haushalten der vergangenen Jahre gelesen.
Der rote Faden – vielleicht sollte ich sagen, der grüne Faden –, der in allen Reden der letzten Jahre erkennbar war, ist die Aussage: Es muß gespart werden, aber es läßt sich viel Vernünftiges verwirklichen. Ich halte diese Aus
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sage, bezogen auf den Justizhalt 2001, nach wie vor für richtig.
Ich möchte kurz Revue passieren lassen, was in den letzten drei, vier Jahren im Bereich der Justiz passiert ist:
Das Projekt „Justiz 2000“ ist erfolgreich zu Ende gebracht worden mit der Option, daß es weitergeht. Obwohl es formal abgeschlossen ist, sollen die Ideen, die dahinterstecken, weitergeführt werden.
Zum Modellversuch „Gerichtsmanager“: Dieser Versuch ist bislang einmalig in der Bundesrepublik. Zwei Personen werden in Kürze ihre Arbeit aufnehmen. Die Zeugenbetreuung wurde ausgeweitet; der Spritzentausch in den Gefängnissen wurde auf die geschlossenen Abteilungen ausgedehnt; im Bereich der Schnellverfahren wurden Verfahren gestrafft; nicht zuletzt gab es Initiativen zur Stärkung der Verletztenrechte, die auch Herr Klooß erwähnt hat. Das war ein kleiner Überblick über das, was im Bereich der Justiz passiert ist.
Wenn Sie die Schwerpunktsetzung auf die Stärkung der Verletztenrechte betrachten, dann wird ziemlich schnell klar, daß von Täterschutz statt Opferschutz keine Rede sein kann; auch das wurde von Herrn Klooß erwähnt.
Im übrigen lege ich Wert auf die Feststellung, daß das Sich-Kümmern um die Täter letztlich indirekt zum Schutz der Opfer beiträgt.
Das ist eine Feststellung, die so alt ist, wie sie wahr ist.
Rotgrün setzt deshalb im Bereich des Strafvollzuges auf die Erhöhung der Anzahl derer, die im Gefängnis eine Ausbildung machen. Denn wenn wir für Resozialisierung eintreten, müssen wir in erster Linie dafür sorgen, daß die Entlassenen eine bessere Chance auf dem Weg in die Freiheit haben; dazu gehört unter anderem eine gute Ausbildung. In diesem Bereich sind deutliche Fortschritte erkennbar.
Wir unterstützen auch das Bemühen der gefängniseigenen Betriebe, im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit weiterzukommen. Wir stehen hier noch am Anfang, aber wir denken, daß die Weichen in die richtige Richtung gestellt wurden.
An diesen Beispielen erkennen Sie, daß Sparen und Fortschritt nicht zwingend ein Widerspruch sind. Gerade das Projekt „Justiz 2000“ hat gezeigt, daß in gewisser Weise der Sparzwang auch sein Gutes hatte, insofern als er einen schwerfälligen Apparat in der Justiz nachhaltig in Bewegung brachte.
Bei allem, was noch hätte besser sein können oder besser sein kann, gebe ich doch zu bedenken, daß die fünfjährige Laufzeit dieses Projektes genau genommen relativ wenig Zeit war, um im Bereich des Justiz etwas in Gang zu setzen, das einer kleinen Revolution gleichkam.
Trotzdem lassen sich die schwierigen Bedingungen nicht leugnen. Insbesondere die Personalsituation an den Gerichten ist nach meiner Einschätzung an einem Punkt angekommen, an dem nicht weiter gespart werden kann, ohne daß das Funktionieren der Rechtspflege gefährdet ist. Längerfristige Krankheiten können kaum noch aufgefangen werden. Um Vertretungsrichter zur Verfügung zu haben – so hörte ich –, muß eine ganze Zivilkammer aufgelöst werden. Ob das stimmt, kann ich nicht sagen.
Der jetzige Justizhaushalt trägt diesen Zuständen schon Rechnung. Auch die Finanzsenatorin hat vor einigen Tagen in einem Interview für die „Welt“ gesagt:
„Für die ganze Stadt gilt: Wenn wir das Funktionieren der Verwaltung nicht gefährden wollen, müssen wir anfangen, neues Personal einzustellen und die Sparauflagen im Personalbereich auf Null fahren.“
Insofern befinde ich mich in guter Gesellschaft.
Trotzdem gab und gibt es dazu keine Alternative. Wenn Herr Freytag gestern gesagt hat, daß die Stadt vor diesem Senat und seiner Finanzpolitik geschützt werden muß, dann sage ich: Die Stadt muß vor uferlosen Personalforderungen gerade auch im Bereich der Justiz von der Opposition geschützt werden, deren Folgekosten nämlich wirklich – so ein gestriges Zitat von Herrn Freytag – „die Zukunftschancen der jungen Generation verfrühstücken würden“.
Natürlich würde auch ich mir in vielen Bereichen mehr Personal – zum Beispiel Gerichtsvollzieher – wünschen. Wenn das aber nicht nach dem Motto gehen soll: Ich wünsch mir was von der guten Märchenfee, dann muß ich auch sagen, wovon ich das finanzieren will.
Ich muß die Härten der Gegenwart gegen die der Zukunft abwägen, wenn die nächste Generation mit den Pensionsund Personallasten für das jetzt eingestellte Personal konfrontiert wird, ganz abgesehen von der Frage, wovon wir das jetzt finanzieren und woher wir die Gerichtsvollzieher nehmen sollen, die noch nicht ausgebildet sind. Wir können das nicht so machen, wie Adam und Eva, indem wir sie uns aus den Rippen schnitzen.
Ich kann nur das wiederholen, was unsere Fraktionsvorsitzende gestern gesagt hat: Die CDU verweigert die Debatte über die inhaltliche Veränderung und beschränkt sich auf populistische Platitüden.
Der Gipfel dieser Methode war die Aussage des CDUFraktionsvorsitzenden von Beust: Alle Gerichtspräsidenten und auch die Generalstaatsanwältin seien Mitglieder der SPD; sie machen noch nicht einmal vor der Justiz halt. Was unterstellen Sie den Genannten damit? Daß die ganze Justiz parteiisch ist, im Sinne von der SPD gekauft? Das ist absurd und beleidigend für die Beteiligten und Betroffenen.
So einfach ist das nicht mit dem Filz; aber das hatten wir schon vor vierzehn Tagen.
Für einen Antrag der CDU habe ich ein wenig Sympathie. Das ist der zu den Familiengerichten. Zu Beginn der Haushaltskonsolidierung schien der Plan vernünftig, das Amtsgericht Mitte – das Familiengericht ist ein Teil davon – in mehrere Teile, in kleinere, überschaubare Einheiten zu zerlegen. Angesichts der Auswirkungen der Konsolidierung insbesondere im Personalbereich ist meiner Ansicht nach ein Überdenken dieser Pläne erforderlich.
Die Verlegung eines gut funktionierenden Gerichts auf mehrere Standorte erscheint mir doch problematisch. Aber ich weiß, daß in dieser Sache noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, und ich glaube nicht, daß dieses Problem
durch einen förmlichen Antrag zu lösen ist. Vielmehr muß es in der Diskussion mit allen Beteiligten gelingen, eine Lösung zu finden.
Damit bin ich beim Ausblick. Im letzten Jahr habe ich an dieser Stelle die Fortsetzung einer modernen, liberalen Justizpolitik gefordert, die auf mehr als blindwütiges Strafen setzt. Das wird im nächsten Jahr mehr als nötig sein. Es ist zu befürchten, daß das Thema Justizpolitik von den Thesen eines rechtsradikal angehauchten Richters dominiert werden wird, der sich selbst als Politpopstar sieht.
Die Grundlage für eine moderne Justiz hat Rotgrün in den vergangenen Jahren gelegt. Darauf können wir aufbauen, mit einem kritischen Blick für drohende Fehlentwicklungen.
Herr Professor Karpen, so geht das nicht. Sie können nicht einerseits den Anstand, die Souveränität und das Selbstbewußtsein des Parlaments einfordern und andererseits mit solchen Reden agieren. Das geht einfach nicht.
Ganz ruhig, Herr Salchow. Wenn Sie so herumschreien, bekommen Sie einen Herzinfarkt.
Es ist wirklich ärgerlich und nicht das erste Mal, wie Sie hier, anstatt inhaltliche Konzepte zu liefern, auf einer persönlich diffamierenden Ebene gegen die Senatorin und Herrn Klooß agieren. Das ist eines Parlaments unwürdig
und fällt letztlich auf Sie zurück, wenn Sie hier mit Altherrenphantasien wie die Hörigkeit von Herrn Klooß gegenüber der Senatorin agieren.
Es wäre doch wirklich interessanter gewesen, einmal die Inhalte Ihrer kürzlich herausgegebenen Broschüre im Detail darzustellen. Wenn Sie die besseren Konzepte haben, warum legen Sie sie hier nicht dar? Das wäre der parlamentarischen Debatte und der Haushaltsdebatte angemessen. Statt dessen reden wir hier immer über denselben Blödsinn, den angeblichen Kontaktsperreerlaß. Dazu hat die Diskussion gerade erst angefangen. Wir anderen Parlamentarier verfügen erst jetzt über Unterlagen und müssen sie lesen, um zu verstehen, worum es genau geht; das können Sie einfach nicht machen.
Sie machen es aber, ich finde es allmählich wirklich ärgerlich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuß hatte immer ein Problem, und dieses Problem hat jetzt in weiten Teilen auch diese Debatte.
Es ist viel kleinteilige Arbeit geleistet worden, es gab viel differenzierte Erkenntnisse, aber in der öffentlichen Wahr
nehmung reduzierte sich das Ganze immer auf die Frage: Gab es Filz, ja oder nein?
Schade, Herr Christier, schade, Herr von Beust, daß auch Sie jetzt so viel nichtig Blendwerk verbreiten, anstatt sich mit den Ergebnissen zu beschäftigen.
Ja, ich werde es versuchen, denn es lohnt sich.
Wohlgemerkt, angreifbar ist nicht, daß parteipolitische Ziele durch Verwaltungshandeln umgesetzt werden sollen.
Das ist schließlich der Sinn von Politik.
Deswegen sitzen wir hier, weil wir das wollen. Deswegen möchte die CDU gerne, daß Herr von Beust Bürgermeister wird, damit auch sie endlich einmal ihre parteipolitischen Ziele umsetzen kann.
Dafür braucht es selbstverständlich Beamte, das ist ebenso selbstverständlich.Im übrigen fragen Sie in Schleswig-Holstein, was da los war, nachdem Herr Barschel nicht mehr da war. Fragen Sie, wie dort die Behörden aussahen, welche Parteibücher dort die Beamten hatten. Auch die Tatsache, daß in einer Behörde, wie der BAGS, nur überwiegend SPD-Parteibücher vorhanden sind, garantiert nicht einen reibungslosen Ablauf des Verwaltungshandelns.
Eine Zeugin hat es so treffend mit den Worten beschrieben: Dort fand der Kampf SPD Altona gegen SPD Nord statt. Auch das ist nicht das Problem. Angreifbar ist vor diesem Hintergrund absolut nicht, daß das von der Sozialdemokratie für wichtig erachtete Ziel, junge Menschen in Arbeit zu bringen, in behördliches Handeln umgesetzt werden sollte.
Problematisch ist aber – das haben die Untersuchungen deutlich ergeben –, daß die Distanz verlorenging, die zwischen dem parteipolitischen Handeln und dem staatlichbehördlichen Handeln bestehen muß.
Das parteipolitische Ziel, junge Menschen in Arbeit zu bringen und dafür Beschäftigungsträger zu gründen – das war es, womit wir im Fall der AJa und der HAB zu tun hatten –, wurde für so wichtig erachtet, daß bei der Umsetzung im Bereich des staatlich-behördlichen Handelns nach dem Motto verfahren wurde:Der Zweck heiligt die Mittel.Es fand überhaupt keine kritische Reflexion mehr darüber statt, ob die Maßnahmen eigentlich sinnvoll waren, die man dort gemacht hat. Wir waren jedenfalls der Meinung, daß man trefflich darüber streiten kann, ob es Sinn hat, Langzeitarbeitslose, die erst einmal lernen müssen, morgens um 8 Uhr pünktlich irgendwo zur Arbeit zu erscheinen, mit historischem Schiffbau zu beschäftigen, was selbst für ausgebildete Tischler eine ziemlich schwierige Aufgabe ist.
Es fand keine vernünftige Evaluation statt, wie viele der Betroffenen eigentlich tatsächlich in den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt wurden. Geltende Gesetze wurden nicht eingehalten, und es fanden auch keine geordneten Vergabeverfahren der Zuwendungen statt.
In weiten Teilen war die Kontrolle darüber verlorengegangen, welches Geld eigentlich wohin ging.Noch nicht einmal der Arbeitsstab mit seinen elf hochqualifizierten Juristen war in der Lage, in bezug auf die HAB im nachhinein detailliert darzulegen, welche Gelder wohin und warum gegangen sind. Probleme wurden einfach ignoriert oder erst angegangen, als es schon viel zu spät war.
Das alles hätte so nicht stattfinden dürfen trotz oder gerade wegen der Wichtigkeit dieser Ziele.Der Bürgermeister hätte den erheblichen strukturellen Mängeln bei der Zuwendungsvergabe, die er kannte, abhelfen müssen. Das wäre seine Pflicht gewesen.So steht es auch auf Seite 1787 des Berichts.
All diese Mängel wurden sicherlich dadurch begünstigt, daß in der Behörde nicht nur, aber doch überproportional häufig Beamte mit SPD-Parteibuch saßen. Wenn man das feststellt, ist das keine Diskriminierung von Beamten, die der SPD angehören, sondern es ist eine Kritik an Leuten, die schlecht gearbeitet haben und die außerdem in der SPD waren.
Wir von der GAL waren immer der Meinung, daß es in dem Untersuchungsausschuß deshalb in erster Linie nicht um die Feststellung individueller Schuld ging, sondern um die Analyse von Strukturen. Das jedenfalls war unser Verständnis, und das halte ich nach wie vor für richtig.
Wesentlich interessanter als die Fragen „War es Filz?“, „War es keiner?“, „Wann ist der Bürgermeister in die SPD eingetreten?“, „Wer hat noch ein SPD-Parteibuch?“ erscheint uns die Frage, was wir tun können, um zukünftig eine derartig außer Kontrolle geratene Verwaltung, wie wir sie in dem Untersuchungszeitraum analysiert haben, besser zu kontrollieren.Wir meinen, es gilt dafür in erster Linie die Rechte und das Selbstbewußtsein des Parlaments zu stärken, damit diese verbesserte Kontrolle stattfinden kann.
Es ist schade, daß die CDU oder überhaupt die Opposition diesen Schritt nicht mit nachvollzogen hat. Ich muß lachen, wenn Norbert Hackbusch die HAB als die Inkarnation des Filzes bezeichnet. In Koalitionsverhandlungen hast du selber mit Herrn Scheele, dem Geschäftsführer der HAB, dafür gesorgt, daß diese noch zusätzlich mit Geld gemästet wird. Und nun ist sie die Inkarnation des Filzes.
Aufgrund der Erfahrung in dem Untersuchungsausschuß würde uns so etwas wie diese Koalitionsverhandlung zu diesem Punkt sicherlich nicht wieder passieren.
Weiterhin findet sich in den REGENBOGEN-Konsequenzen außer der Forderung, daß Herr Riez weg muß, der Griff in die Mottenkiste des Zuwendungsberichts.Was dazu gesagt werden mußte, ist schon gesagt.
Bei der CDU steht die Einhaltung des geltenden Rechts in den Konsequenzen ganz oben. Ich gebe zu, man könnte auf solche Ideen kommen, nachdem man den Bericht gelesen hat.
Das aber als Konsequenz zu fordern, ist geradeso, als wenn ich einem Ladendieb sage, er solle nicht stehlen, und ihn dann laufen lasse. Es muß schon etwas mehr folgen.
Besonders witzig ist es, wenn die CDU sagt, die Reform des Status der Abgeordneten ergibt sich nicht aus den Untersuchungsergebnissen. Ich habe noch ziemlich gut das Lamento von Frau Blumenthal im Ohr, daß sie all diese vielen, vielen Papiere gar nicht lesen kann, weil sie bis 17 Uhr berufstätig sein muß.
Selbst wenn ich vermute, daß die schwachen Konsequenzen der Opposition in erster Linie auf mangelnde politische Phantasie zurückzuführen sind, habe ich aber in dem Untersuchungsausschuß doch die Bestätigung gefunden, daß dieses mit dem Status der Abgeordneten zu tun hat. Es ist eine schlichte Rechnung. Wer viel Zeit hat und viel Zeit investieren kann, kann fundierter arbeiten. Nur wer wirklich viel Zeit hat, hat eine realistische Chance, einer machtbewußten Verwaltung, die immer einen Wissens-und einen Informationsvorsprung hat, und zwar einen riesig großen, eine eigene Vorstellung entgegensetzen oder auch konstruktiv mit ihr zusammenarbeiten. Das kann ja auch vorkommen.
Das gilt natürlich im Untersuchungsausschuß ganz besonders. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß in einem Untersuchungsausschuß praktisch nur die normale parlamentarische Tätigkeit verdichtet stattfindet. Deswegen gilt natürlich die Erkenntnis, daß wir in dem PUA die gesamten Akten nur lesen konnten, wenn wir ausreichend Zeit hatten, für die ganz normale politische Arbeit ebenso.
Die Verwaltung kontrollieren und ihr eigene Vorstellungen entgegensetzen kann nur, wer überhaupt Zugang zu den Informationen hat, wer nicht darauf angewiesen ist, daß es erst einen Untersuchungsausschuß geben muß, um festzustellen, daß der Senat gelegentlich auf ganz wichtige Fragen in Kleinen Anfragen schlicht die Unwahrheit schreibt.
So sind wir zu der Erkenntnis gekommen, daß unsere alte Forderung nach einem allgemeinen Akteneinsichtsrecht auch eine Konsequenz sein muß, denn ein allgemeines Akteneinsichtsrecht stärkt letztlich auch die Abgeordneten. Gerade im Bereich Altonaer Jugendarbeit war nicht nur die parlamentarische, sondern auch die öffentliche Aufmerksamkeit für die Mißstände sehr hoch. Aber das geht mitunter Hand in Hand.
Wir gehen davon aus, daß die äußerst verzögerten Konsequenzen in diesem Fall mit Sicherheit früher gezogen worden wären, wenn die Abgeordneten oder auch die Bürgerinnen und Bürger die Akten hätten einsehen und das Gelesene auch öffentlich verwerten können.
Ausschlaggebend, diese alte Forderung von uns noch einmal zu thematisieren, war aber auch der verheerende Zustand der behördlichen Akten. Fehlende Originale waren praktisch der Normalfall, und damit war auch der Normalfall, daß nicht mehr nachvollzogen werden konnte, wer welche Entscheidung getroffen hatte und wer welche Entscheidungen kannte und/oder sie zu verantworten hatte. In Handakten, die es eigentlich nach der Aktenordnung gar nicht geben durfte, fanden sich brisante Informationen, so auch beispielsweise das sogenannte Non-Paper. Dort fanden sich mitunter auch die Originalakten, die wir in den Hauptakten vermißt hatten.
Wir sind sicherlich nicht so naiv zu glauben, daß ein allgemeines Akteneinsichtsrecht solche Vorgänge mit einem
A C
B D
Mal quasi wegzaubern könnte. Wir setzen darauf aber die berechtigte Hoffnung, daß durch die Möglichkeit einer verbesserten öffentlichen Kontrolle die Verwaltung zu sorgfältigerer Arbeit gezwungen ist und Mißstände rechtzeitiger aufgedeckt werden können. Wenn eine Behörde damit rechnen muß, daß einmal jemand ihre Akten einsehen will – und das jederzeit und nicht nur zu einem Zeitpunkt, der irgendwann drei Monate vorher angemeldet wird –, dann muß sie ihre Akten so organisieren, daß das Gewünschte auch zu finden ist und nicht erst auf dem Dachboden, in Kellern oder in abgelegenen Räumen gesucht werden muß.
Zu alledem, was wir dort in den Konsequenzen unter dem Stichwort „Verbesserung des Status der Abgeordneten, Verbesserung der Stellung des Parlaments“ beschlossen haben, ist natürlich der Wille zur Gestaltung nötig. Es ist sicherlich bequemer, wie die CDU im Schmollwinkel zu verharren und die bösen, bösen Filzverhältnisse zu beklagen. Es ist sicherlich auch bequemer, sich, wie die SPD es bisweilen tut, auf den Standpunkt zurückzuziehen, der Senat will einen solchen Bericht nicht, also wollen wir Abgeordnete ihn auch nicht; so gehört neulich in einem Ausschuß. Spannender ist es aber allemal, die Probleme anzupacken. Wir sollten den Rest der Legislaturperiode dazu nutzen.Ein bißchen Zeit haben wir noch. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Neumann, irgendwie konnten wir nicht mehr so ganz folgen. Das ist aber vielleicht auch nicht wichtig.
Dieser Antrag ist – das haben Sie gesagt – déjà vu. Man könnte auch sagen, Sie haben alte Kamellen wieder aufgekocht.
Die Entwicklung geht weiter. Man kann darüber streiten, ob Videoüberwachung sinnvoll ist.Wir tendieren – das ist kein Geheimnis – zu Letzterem.Daß die Videoüberwachung unproblematisch ist, glauben wir auf keinen Fall. Insbesondere beim Datenschutz gibt es noch viele ungelöste Probleme.
Nur weil eine Innenministerkonferenz etwas beschlossen hat, muß das Parlament übrigens nicht automatisch nicken und dem zustimmen. Es gilt, diese Beschlüsse umzusetzen, die auch eine länderspezifische Komponente beinhalten. Darüber müssen wir uns im Innenausschuß noch einmal Gedanken machen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich lange gefragt, welchen Hintergrund die Debattenanmeldung der CDU hat. Jetzt weiß ich es: Herr Karpen wollte wieder einmal das sagen, was er immer sagt. Deswegen werde ich dazu nicht viel sagen, damit ich nicht auch das sage, was ich immer sage.
Die Lage der Justiz ist sicherlich ernst, an vielen Stellen brennt es. Aber im Gegensatz zu Herrn Professor Karpen, der wieder nicht gesagt hat, welche Lösungsvorschläge er hat, hat die Senatorin eine Steigerung des Justizhaushaltes um 4 Prozent erreicht. Das liegt nicht nur an den geplanten Gefängnisneubauten, sondern es liegt auch daran, daß gezielt die Bereiche personell verstärkt werden sollen, bei denen es öfter einmal brennt. Das ist zum Beispiel eine Lösung.Deswegen sehe ich keine Notwendigkeit, hier Horrorszenarien an die Wand zu malen, zumal in dem genannten Prozeß des sogenannten Albaner-Willi noch nichts passiert ist.
Im übrigen kann ich auch den Kollegen de Lorent zitieren, der auf die Frage „Was machen Sie, wenn eine Grippewelle ausbricht?“ sagt, daß dieses Problem auch in der Schule auftritt. Das Problem haben wir überall, und es ist ernst zu nehmen. Es ist auch nicht witzig, wenn wochenlang Unterricht ausfällt oder im Krankenhaus die Patienten nicht operiert werden können. Das ist keine Besonderheit der Justiz oder was die Senatorin persönlich verschuldet.
Deswegen sollten wir uns für den Justizbereich zukünftig Themen ausdenken, die es wirklich wert sind, diskutiert zu werden, und die uns voranbringen. Aber so macht es wirklich keinen Spaß.
Am Donnerstag und Freitag der vergangenen Woche ging ein Computervirus unter dem Titel „I love you“ um die Welt und legte in wenigen Stunden die Computer von Wirtschaft und Verwaltung lahm. Auch zwei Abgeordnete meiner Fraktion erhielten aus der Führungsebene der Finanzbehörde eine E-Mail mit dem Virus, der sich ausschließlich in Microsoft-Programmen ausbreitete. Ich frage den Senat:Wie viele Computer waren in welchen Behörden von dem besagten Virus betroffen? Welche Schäden entstanden dabei? Zweitens: Welche Sicherheitsvorkehrungen und Notfallkonzepte gibt es für das FHHinfoNET gegen Computerviren, und wie zuverlässig arbeiten diese?
Sie sagten vorhin, daß die E-Mails alle auf Viren gescannt werden. Wie ist dann die Vertraulichkeit beispielsweise der E-Mails gewährleistet, die zwischen den Fraktionen und einer Behörde hin- und hergehen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute war schon ein paar Mal von ritualisierten Debatten die Rede, und mich beschleicht das Gefühl, daß wir es hier auch mit einer solchen zu tun haben. Herr Klooß sagte schon so etwas ähnliches. Das Ganze wird davon nicht besser, und ich beschränke mich auf zwei Bemerkungen.
Das Weltbild der CDU ist doch ein wenig arg simpel.Es lautet, die einen legen sich krumm, um ihre Geldstrafen zu bezahlen, die anderen gehen lieber in den Knast, weil sie wissen, daß sie dann begnadigt werden, weil das die Politik der Justizsenatorin ist, und das ist dann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.Das ist wirklich eine äußerst absurde Konstruktion.Dieser Gleichheitsgrundsatz, den Sie da konstruieren, Herr Professor Karpen, ist doch wirklich ein sehr seltsamer.Er ist nicht nur absurd, er geht völlig an den Realitäten vorbei.
Wenn Sie sich mit Richtern unterhalten und mit denen die Gnadenpraxis der Senatorin diskutieren, dann sollten Sie sich vielleicht auch einmal die Mühe machen und sich mit den Leuten unterhalten, die Ersatzfreiheitsstrafen antreten. Vielleicht haben Sie dann in der nächsten Debatte mal ein Gefühl dafür, wen das trifft und welche Zusammenhänge dazu führen, daß Leute Ersatzfreiheitsstrafen antreten müssen, denn das machen die ja nicht aus Quatsch, weil sie dann wissen oder hoffen, daß sie begnadigt werden.
Statt solchen Unsinn in die Welt zu setzen, täten Sie besser daran, den Sinn von Ersatzfreiheitsstrafen zu hinterfragen. Herr Klooß hat das getan, ich will mich da gar nicht wiederholen.
Zu den 65 Prozent, die angeblich keine Einzelfälle sind. Ab wann ist denn ein Einzelfall ein Einzelfall? Ist es nur ein einziger Fall oder sind es zwei Fälle, oder wo beginnt die Grenze, was kein Einzelfall mehr ist? Das ist auch eine sehr merkwürdige Rechnung, die Sie da aufmachen. Man kann durchaus diese ganzen Fälle einzeln prüfen und in jedem einzelnen Fall zu dem Ergebnis kommen, daß hier eine Begnadigung angemessen ist. Ich weiß nicht, wo da das Problem ist, und ich weiß auch nicht, woher Sie dann daraus den Vorwurf nehmen, daß hier eine pauschalierte Massenabfertigung im Wege der Gnade stattfindet.
Wenn man die Antworten auf die Anfragen gründlich liest, hat man schon den Eindruck, daß keine Ihrer Unterstellungen zutrifft, sondern daß diese Gnadenpraxis sehr sorgfältig, sehr verantwortungsvoll gehandhabt wird, und ich denke, dabei sollten wir es belassen.Wir sollten es lassen,
daran herumzumeckern, sondern die Frage der Begnadigung dort lassen, wo sie hingehört, nämlich in den Senat.