Walter Arnold
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Frau Abg. Erfurth, die Landesregierung ist davon überzeugt, dass eine Bilanzierung nach dem deutschen Handelsrecht den Anforderungen einer staatlichen Gebietskörperschaft besser als andere Rechnungslegungsvorschriften gerecht wird. Übrigens hat sich auch die Innenministerkonferenz für Bewertungsfragen auf kommunaler Ebene für eine Anlehnung an das Handelsrecht entschieden.
Die Kenntnis der handelsrechtlichen Vermögenssituation ist nach der Überzeugung der Landesregierung eine Grundvoraussetzung für eine ehrliche gesellschaftspolitische Diskussion über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Die Bilanzierung nach handelsrechtlichen Standards ist eine große Herausforderung, weil in der traditionellen Staatskameralistik Vermögenswerte weder systematisch erfasst noch bewertet werden. Es müssen daher jetzt Wertansätze für Immobilien, für Straßen, für Waldvermögen, für Kunstgegenstände, für Denkmäler, aber auch für Forderungen und Verbindlichkeiten aus Steuerschuldverhältnissen sowie für die Pensionsverpflichtungen gefunden werden – um nur einige wichtige Beispiele zu nennen.
Gleichzeitig sollen keine Abstriche an den handelsrechtlichen Bewertungsstandards nach HGB gemacht werden. Mit einer zeitlich gestaffelten Eröffnungsbilanzierung der Teilkonzerne einerseits und einer flankierenden qualitätssichernden Prüfungstätigkeit des Hessischen Rechnungshofs durch die Quickchecks andererseits, die in verschiedenen Buchungskreisen durchgeführt wurden, sind – zeitversetzt – erstmalig Erfahrungen mit der Bilanzierung auf Ressortebene gemacht worden. Wir erhalten dadurch viele hilfreiche Hinweise auf noch vorhandene Schwachstellen in der unterjährigen Buchführung und auf noch zu klärende Fragen hinsichtlich der bilanziellen Abbildung, die aber ihre Zeit brauchen, um umgesetzt werden zu können.
Erstes Ziel der Bilanzierung sind Transparenz und Glaubwürdigkeit hinsichtlich der tatsächlichen Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage. Hier gilt der Grundsatz: Sorgfalt geht vor Schnelligkeit. – Über die Erstellung einer Staatsbilanz wird seit Langem diskutiert, und seit fast einem Jahrzehnt wird sie vorbereitet. Daher dürfen wir um weniger Monate willen nicht von dem Grundsatz „Sorgfalt vor Schnelligkeit“ abweichen.
Die Glaubwürdigkeit des Vorhabens wäre gefährdet, wenn die Eröffnungsbilanz angreifbare Wertansätze enthielte. Um dies zu vermeiden, hat sich die Landesregierung entschlossen, die qualitätssichernde Probephase bis Ende 2008 zu verlängern.
Herr Abg. Frömmrich, damit hat das nichts zu tun. Ich weiß nämlich aus eigener Erfahrung – ich verweise auch auf die Diskussion, die wir mit den haushaltspolitischen Sprechern der verschiedenen Fraktionen führen –, dass die Schwierigkeiten in bestimmten Bereichen sehr deutlich angesprochen worden sind,ob es nun um Wertansätze für unsere Pensionsverpflichtungen, die bilanzielle Abbildung unseres 18er- oder 17er-Haushalts oder um die Frage geht, wie wir unsere Förderbuchungskreise bilanziell behandeln.
Ich sage ganz deutlich: Ich habe gemeinsam mit den Mitarbeitern, die sich sehr viel Mühe geben, diese Punkte schnell umzusetzen, heftig dafür geworben, dass uns die entsprechende Zeit gegeben wird und dass wir die abschließende Eröffnungsbilanz, die dann von der Qualität ist, die wir alle fordern, vorlegen, wenn wir diese Arbeit geleistet haben. Das braucht seine Zeit. Mir wäre es lieber gewesen, wenn das sehr viel schneller und effektiver gegangen wäre.
Aber vergessen Sie bitte eines nicht: Hessen ist das erste Bundesland, in dem so etwas gemacht wird. Das, was in Hamburg gemacht worden ist, ist damit in keiner Weise vergleichbar. Insofern sollten wir alle den Ehrgeiz haben, dafür zu sorgen, dass das, was wir vorlegen, ehrlich und richtig das abbildet,was sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite steht.
Frau Abg. Erfurth, die Eröffnungsbilanz, wie wir sie jetzt planen, wird voraussichtlich zum 01.01.2009, in der Mitte oder im Frühherbst des Jahres 2009 als eine Eröffnungsbilanz des Landes Hessen erscheinen. Aber wir werden weiterhin unverändert Bilanzen der einzelnen Buchungskreise und Teilkonzernbilanzen – sprich: Bilanzen einzelner Ministerien – erstellen. Daran werden wir unverändert festhalten, um auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landesverwaltung Gelegenheit zu geben, sich mit der neuen Materie vertraut zu machen und über die Quickchecks, die der Rechnungshof macht, bestimmte Schwachstellen herauszufinden.
Wir werden also sicherlich schon im Jahr 2008 die eine oder andere Teilbilanz haben: fix und fertig und teilweise bereits so weit geprüft, dass sie übernommen werden kann. Aber wir werden noch nicht in allen Bereichen fertig sein.
Herr Abg. Al-Wazir, ich glaube, angesichts der Tatsache, dass wir von den 23 Milliarden c, die der Landeshaushalt umfasst,4 Milliarden c für die Bildung ausgeben,was sich in keiner Weise in einer Bilanz niederschlägt – das gilt auch für die innere Sicherheit und die Justiz, wo wir ebenfalls keine Anlagen, keine Vermögensgegenstände und auch kein Umlaufvermögen schaffen –, kann sicherlich niemand die Erwartung hegen, dass wir bei einer Bilanz mehr auf der Aktivseite denn auf der Passivseite stehen haben. Es ist klar, dass ein Bundesland wie Hessen – wie andere Flächenländer auch – sicherlich ein negatives Eigenkapital ausweisen wird.
An dem Punkt sind wir anders aufgestellt als z. B. das Bundesland Hamburg, das nicht nur ein Bundesland ist,
sondern gleichzeitig auch eine Kommune. Es kann beispielsweise die vielen Schulbauten, die dort errichtet worden sind, aktivieren, während uns das verschlossen ist.
Aber ich glaube, dass es nicht darum geht, ob wir ein negatives Eigenkapital haben.Auch in Gesprächen mit Vertretern von Ratingagenturen ist selbstverständlich anerkannt worden, dass dem so ist. Entscheidend ist vielmehr die positive Zukunftsprognose, die wir haben. Entscheidend ist, ob wir auf der Passivseite Posten stehen haben, die wir im Laufe der Jahre abbauen. Das wird das Entscheidende bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz und vor allen Dingen auch bei der ersten Jahresbilanz des Landes Hessen sein.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung hält die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer für unverzichtbar. Auch wenn wir zu Beginn des Jahres 2006 eine gewisse tendenzielle Besserung feststellen können, bleiben die öffentlichen Haushalte nach wie vor in einer außerordentlich ernsten Lage. Trotz vielfacher Ausgabenbegrenzungen liegen die regelmäßig fließenden Einnahmen noch immer dramatisch unter den laufenden Ausgaben.
Daraus ist ein enormer struktureller Handlungsbedarf entstanden,
den die Bundesregierung mit voller Unterstützung der Hessischen Landesregierung zielstrebig angeht. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD wurde vereinbart,in gemeinsamer Anstrengung die öffentlichen Finanzen wieder auf eine solide Basis zu stellen. Meine Damen und Herren, das ist eine ganz wichtige Zielsetzung dieser großen Koalition. Es wurden bereits haushaltsentlastende Maßnahmen beschlossen. Ich erinnere an die Abschaffung der Eigenheimzulage, an die Kürzung der Pendlerpauschale.
Jetzt wird in dem Haushaltsbegleitgesetz – darin ist die von der FDP kritisierte Anhebung der Mehrwertsteuer
um 3 % enthalten – ein weiterer wichtiger Schritt unternommen. Lieber Kollege von Hunnius, zu den Worten „doppelter Wahlbetrug“ sage ich Ihnen ganz deutlich: Die CDU hat vor der Bundestagswahl gesagt: 2 %.
Die SPD und die CDU/CSU haben in einem ausgewogenen Koalitionsvertrag verantwortungsvoll gegeneinander abgewogen, was notwendig ist. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 % ist notwendig. Ich denke, das ist auch deutlich geworden.
Ich sage ausdrücklich mit Blick auf das, was Sie zum Mittelstand gesagt haben: Die Koalition hat auch Impulse für Wachstum und Beschäftigung in einem Umfang von 37 Milliarden c vereinbart – 25 Milliarden c durch den Bund, die anderen 12 Milliarden c durch die Länder und die Gemeinden. Das ist der notwendige Mix aus Wirtschaftsbelebung und entschlossener Konsolidierung.
Lieber Herr Kollege von Hunnius, das ist auch ein Zeichen für den Mittelstand. Sie und ich wissen, dass die Umsatzsteuer, wenn eine Vorsteuerabzugsberechtigung vorliegt, eigentlich nur ein Durchlaufposten für mittelständische Unternehmen ist.
Die beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 %
dient auch der Senkung der Lohnnebenkosten bei der Arbeitslosenversicherung. Das wurde bereits von Herrn Kahl deutlich gesagt. Ich bin deshalb der festen Überzeugung, dass die im Rahmen dieses Gesamtkonzepts vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer auch mit Blick auf unsere Verpflichtung im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes notwendig und alternativlos ist.
Alle anderen Vorschläge und Forderungen, so notwendig sie im Einzelnen sind und so wichtig sie auch in ihrer Bedeutung sind, führen nur mittelfristig, lieber Herr Kaufmann, zu einer entsprechenden Entlastung.
Wir brauchen unmittelbare, zeitnahe Wirkungen. Das heißt:Wenn wir es in Deutschland nicht schaffen, wenigstens im kommenden Jahr – nach fünf Überschreitungen in Folge – das Maastricht-Kriterium für das Defizit einzuhalten, dann werden Strafzahlungen nicht auszuschließen sein. In der Situation, wo das Defizit der öffentlichen Haushalte noch immer bei rund 54 Milliarden c liegt, der Schuldenstand der öffentlichen Hand insgesamt an der 1,5-Billionen-c-Grenze liegt,halte ich es für politisch verantwortungslos, wenn man auf dringend benötigte Einnahmen verzichtet.
Sie haben Zahlen zu Hessen genannt. Herr Kahl, die Gesamtzahlen, auch für den Bund: Wir reden hier von einer
Größenordnung von 45 Milliarden c in den nächsten drei Jahren. Für die Länderhaushalte stehen davon in den Jahren 2007 bis 2009 jeweils jährlich knapp 7,5 Milliarden c zur Verfügung. Für den hessischen Landeshaushalt bedeutet dies Mehreinnahmen zwischen 350 und 450 Millionen c.
So, wie Sie es gesagt haben.
Ich fasse zusammen. Meine Damen und Herren, die derzeitige Situation aller öffentlichen Haushalte lässt keinen Raum zum Verzicht auf schnell und zuverlässig wirkende Maßnahmen. Deswegen ist die Mehrwertsteuererhöhung auch aus unserer Sicht eine dringend notwendige Maßnahme im Rahmen der Gesamtkonzeption. Mit einem solchen Bündel struktureller Maßnahmen – dazu zähle ich auch Einsparungen auf der Ausgabenseite, den Abbau von Steuervergünstigungen, die Schließung von Steuerschlupflöchern – werden das Ausgabeniveau und die Finanzierungsmöglichkeiten der öffentlichen Haushalte sukzessive wieder in Einklang gebracht.
Ich lade Sie deshalb alle ein, daran konstruktiv mitzuwirken – im Interesse der Zukunft Deutschlands
und damit auch im Interesse der Zukunft unseres Bundeslandes Hessen. – Herzlichen Dank.