Sibylle Winther

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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Präsident hatte die Formalien eben gerade erwähnt, insofern werde ich auf den Einsetzungsbeschluss und die Daten jetzt verzichten. Ich werde direkt zu dem materiellen Teil kommen!
Die Antragsteller wollen mit der Verfassungsänderung zum Ausdruck bringen, dass sich die gesellschaftlichen Formen des Zusammenlebens geändert haben. Neben der Ehe werden heutzutage zahlreiche andere Familienmodelle gelebt, sei es in verschiedengeschlechtlichen oder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit oder ohne Trauschein. Nach Auf
fassung der Antragsteller bedürfen diese Lebensgemeinschaften ebenso wie die Ehe des staatlichen Schutzes und der Förderung.
Entsprechend soll Artikel 21 der Landesverfassung dahingehend ergänzt werden, dass auch die Schutzbedürftigkeit anderer auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaften anerkannt wird. Eine solche Anerkennung stehe auch dem besonderen Schutz und der Förderung von Ehe und Familie nicht entgegen. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung auch bestätigt. Verfassungsrechtlich lasse sich kein Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen und mit geringeren Rechten zu versehen.
Der Ausschuss hat zur Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser geplanten Änderung eine rechtliche Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes der Bürgerschaftsverwaltung eingeholt und diesen Antrag in seiner Sitzung am 10. Februar dieses Jahres beraten. Im Zuge der Beratung hat die Fraktion der SPD den ursprünglichen Antrag dahingehend geändert, dass die Formulierung „andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften“ durch die Worte „Eingetragene Lebenspartnerschaften“ ersetzt wird. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass es vorrangiges Ziel aller Antragsteller gewesen sei, die Eingetragene Lebenspartnerschaft von homosexuellen Partnern der Ehe landesverfassungsrechtlich gleichzustellen. Unter dem Begriff „andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften“ seien jedoch auch heterosexuelle nichteheliche Lebensgemeinschaften zu verstehen, deren rechtliche Gleichstellung sei aber nicht tragender Telos der vorliegenden Initiative gewesen.
Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der FDP und der LINKEN haben sich dem geänderten Antrag der Fraktion der SPD angeschlossen. Die Fraktion der CDU hat einen eigenen Antrag im Ausschuss eingebracht. Sie setzt sich dafür ein, in Anlehnung an die Formulierung des Artikels 6 Absatz 1 Grundgesetz für Ehe und Familie einen Anspruch auf besonderen Schutz des Staates zu formulieren und Artikel 21 Absatz 1 der Landesverfassung entsprechend zu ändern. Dort ist bisher nur ein einfacher Schutz für Ehe und Familie verankert. Sie weist darauf hin, dass in sämtlichen Bundesländern, die diesbezügliche Regelungen in der Verfassung hätten, mit Ausnahme des Landes Brandenburg, von dem besonderen Schutz von Ehe und Familie die Rede sei.
Hinsichtlich der Lebenspartnerschaften ist die Fraktion der CDU mit den Antragstellern der anderen Fraktionen der Meinung, dass Eingetragene Lebenspartnerschaften durch die Landesverfassung bisher nicht angemessen geschützt würden. Die Schutzbedürftigkeit der Eingetragenen Lebenspartnerschaften solle daher ausdrücklich in der Landesverfassung anerkannt werden.
Allerdings dürfe keine Gleichstellung dieses Instituts mit der Ehe verfolgt werden. Die Anerkennung der Schutzbedürftigkeit sei lediglich als Diskriminie
rungsverbot zu verstehen. Die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und DIE LINKE haben den Antrag der CDU abgelehnt. Ziel der Änderung der Landesverfassung sei es, Ehe und Eingetragene Lebenspartnerschaften rechtlich gleichzustellen. Eine besondere Heraushebung der Ehe in Artikel 21 Landesverfassung sei damit nicht vereinbar.
Der nichtständige Ausschuss nach Artikel 125 Landesverfassung empfiehlt der Bürgerschaft daher mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU, die Änderung der Landesverfassung gemäß dem Antrag in der vorliegenden Drucksache 17/714 zu beschließen.