Brigitte Sauer
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Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für die 16. Wahlperiode liegt Ihnen vor. Er gibt einen Überblick über die Arbeit des Petitionsausschusses während der gesamten Legislaturperiode. Auch wenn ich Sie nicht mit Statistiken langweilen will, ein bisschen muss natürlich sein. Wir, die Mitglieder des Petitionsausschusses der Bremischen Bürgerschaft, haben in den vergangenen vier Jahren insgesamt 965 Eingaben erledigt, das sind 277 Eingaben mehr als in der 15. Wahlperiode,
ich denke, das zeigt, dass der Ausschuss sehr intensiv gearbeitet hat. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz besonders bei meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss bedanken. Ihr wart ein tolles Team!
Wir haben in der Regel sehr sachorientiert diskutiert und die Beschlussvorschläge bis auf wenige Aus
nahmen einvernehmlich und fraktionsübergreifend verabschiedet. In etwa 40 Prozent aller erledigten Eingaben ist es dem Ausschuss gelungen, für die Petentinnen und Petenten, zumindest teilweise, positive Ergebnisse zu erzielen. Dafür waren in einigen Fällen lange Diskussionen mit den Ressorts notwendig. In der Mehrzahl der Petitionen hat der Senat selbst eine Lösung zum Wohl der Petenten gesucht oder aber den Bitten aus dem Petitionsausschuss entsprochen. Für diese gute Kooperation möchte ich mich bei allen Vertreterinnen und Vertretern des Senats bedanken!
In der Regel hat der Petitionsausschuss alle zwei Wochen eine Sitzung abgehalten. So konnte eine zeitnahe Erledigung der Eingaben sichergestellt werden. Wir haben viele Anhörungen und Ortsbesichtigungen durchgeführt. Diese Termine sind ein wesentliches Element der Arbeit des Petitionsausschusses. Sie bieten dem Ausschuss oft die Gelegenheit, vermittelnd einzugreifen und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Selbstverständlich dienen sie auch dazu, die vorgetragenen Sachverhalte besser einzuordnen.
Auch die Eingangszahlen haben sich im Vergleich zur vergangenen Wahlperiode erhöht: Insgesamt haben sich 877 Petenten in den vergangenen vier Jahren an den Petitionsausschuss gewandt, das ist sicher darauf zurückzuführen, dass die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit des Petitionsausschusses Früchte trägt. So wurde der Internetauftritt des Petitionsausschusses kontinuierlich verbessert. Mittlerweile gibt es auf der Startseite der Bremischen Bürgerschaft einen Link zum Petitionsausschuss. Das Verfahren wird dort schematisch dargestellt.
Auch wurde ein Formular eingestellt, um die Einreichung einer Petition zu erleichtern. Leider haben wir es in dieser Wahlperiode nicht geschafft, die Einreichung von Petitionen per Internet zu ermöglichen. Dazu sind neben einer Änderung des Petitionsgesetzes auch technische Vorkehrungen zu treffen, damit der Ausschuss nicht mit sogenannten Spams überschüttet wird. Sichergestellt werden muss auch, dass nur ernstgemeinte Petitionen eingereicht werden. Wie das Pilotprojekt des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags zeigt, sind diese Probleme aber lösbar, deshalb sollte die Einreichung von Petitionen per Internet an oberster Stelle auf der Agenda des nächsten Petitionsausschusses stehen.
Auch wenn es hier im Saal mittlerweile jedem bekannt sein dürfte, weisen wir noch einmal darauf hin, dass das Petitionsrecht ein Grundrecht mit sehr langer Tradition ist. Es ermöglicht allen Bürgerinnen und Bürgern, sich mit Bitten, Beschwerden oder Kritik an die zuständige Volksvertretung zu wenden. Damit leistet es einen Beitrag zur unmittelbaren Demokratie,
der gerade in der heutigen Zeit, in der über Politikverdrossenheit geklagt wird, nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Das Petitionsrecht garantiert die parlamentarische Überprüfung von Entscheidungen, darin liegt auch eine Chance, mehr Demokratie zu wagen.
Es ist wichtig und richtig, sich um die Einzelanliegen von Bürgerinnen und Bürgern zu kümmern, weil auch die gewissenhafteste Behörde nicht unfehlbar ist und ebebso das beste Gesetz oder eine politische Entscheidung Mängel aufweisen kann, durch aktuelle Entwicklungen überholt werden oder Sonderfälle aufweisen kann, die bei der Entscheidungsfindung nicht bedacht worden sind. Hier wünsche ich mir, wie es in der Vergangenheit auch guter Brauch war, eine lebhafte Diskussion und die Möglichkeit, getroffene politische Entscheidungen noch einmal zu diskutieren und so auch das eigene politische Verhalten zu reflektieren. Anmerkung von mir an dieser Stelle: Wie Sie wissen, hat sich der Ausschuss bei einer Petition einstimmig für die Abhilfe durch den Senat entschieden, sich aber der Entscheidung durch die Bürgerschaft selbstverständlich beugen müssen.
Jetzt komme ich noch zu einem kurzen persönlichen Resümee der letzen vier Jahre. Ich kann zumindest für mich uneingeschränkt sagen, dass mir die Arbeit durchgängig Freude gemacht hat. Es ist ein hohes Ziel, für die Petenten alles auszuschöpfen, was auf der Basis des Gesetzes erreichbar ist. Man hat viel mit unterschiedlichen Menschen und Meinungen zu tun. Dies empfinde ich als Bereicherung. Allerdings stößt man auch an seine Grenzen. Ich möchte hier einmal bewusst die Massenpetitionen außen vor lassen, die ja immer im Fokus der Öffentlichkeit stehen, und von Einzelschicksalen berichten, die uns menschlich oft sehr berühren.
Ich erinnere mich beispielsweise an eine Frau, die in ihrem Leben viel Negatives erlebt hat, was letztlich dazu geführt hat, dass sie krank wurde. Sie konnte es nicht aushalten, in einer Etagenwohnung zu wohnen, hatte allerdings aber auch kein Geld, sich ein freistehendes Häuschen im Grünen leisten zu können. Es war für sie ganz wichtig, sich körperlich zu betätigen und selbst für ihr Leben einzustehen. Deshalb hatte sie für sich als Wohnform eine kleine Hütte in einem Kleingartengebiet gefunden. Natürlich musste ihr die Wohnnutzung dort untersagt werden.
Der Petitionsausschuss wurde eingeschaltet, und wir haben intensiv versucht, uns im Sinne der Petentin einzusetzen. Wir haben eine Ortsbesichtigung durchgeführt und in diesem Rahmen mit der Petentin, ihrer Ärztin und Behördenvertretern gesprochen. Da so keine Lösung zu erzielen war, haben wir die Petentin und Behördenvertreter noch einmal zu einer Anhörung eingeladen. Aber das Wohnen in Kleingartengebieten ist nicht zulässig und schon gar nicht in Hütten, die ohne sanitäre Einrichtungen sind. Was war zu tun? Als Kompromiss konnte zumindest erreicht werden, dass der Petentin eine sehr lange Zeit
eingeräumt wurde, um eine neue Wohnung zu finden. Auch wurden ihr Ansprechpartner genannt. Man weiß aber leider in den wenigsten Fällen, wie so etwas ausgegangen ist.
Ein anderer Fall war ungleich erfolgreicher. Es geht wieder um Wohnen im Kleingartengebiet, dieses Mal allerdings in einem Kaisen-Haus. Der Petent, der nur von einer kleinen Rente lebte, hat sein ganzes Geld in dieses Kaisen-Haus gesteckt. Er sollte das Haus, zumindest teilweise, beseitigen, weil er nach Auffassung der Baubehörde nicht auswohnberechtigt sei. In diesem Fall konnte im Rahmen einer Anhörung mit der Baubehörde und mit der Sozialbehörde erreicht werden, dass doch ein Auswohnrecht eingeräumt wurde. Ausschlaggebend war, dass der Petent sich im Fall eines Auszugs aus dem Kaisen-Haus eine Mietwohnung hätte suchen müssen. Da er allerdings nur über eine kleine Rente verfügt, hätten die Kosten von der Sozialhilfe übernommen werden müssen.
Dies ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass der Petitionsausschuss im Rahmen der geltenden Gesetze Möglichkeiten und Handlungsspielräume ausschöpft, um den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. Es gibt eine Vielzahl weiterer Beispiele, die zeigen, wie wichtig und bürgernah die Arbeit des Petitionsausschusses ist. Darauf kann ich aber nicht eingehen, sonst halte ich die Redezeit nicht ein.
Zum Abschluss bedanke ich mich nochmals bei allen Mitgliedern des Petitionsausschusses für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Mein Dank an dieser Stelle gilt natürlich auch den Mitarbeiterinnen der Bürgerschaftsverwaltung, allen voran Frau Schneider, die für die Ausschussbetreuung und die Protokolle zuständig sind. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Ausschusssitzungen, Ortsbesichtigungen und Anhörungen erfolgreich und reibungslos durchgeführt werden konnten. Nochmals schönen Dank! – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man einen Tätigkeitsbericht vorlegt, ist es üblich, dass man ein paar Worte dazu sagt. Ich will Sie nicht mit Statistiken zu diesem Bericht langweilen, den hat ja jeder hier von meinen Kolleginnen und Kollegen ausgiebig gelesen. Wir machen unsere Arbeit wie jeder hier im Hause, und das ist gut so! Allerdings blüht der Petitionsausschuss im Verborgenen, weil er sich wenig für die Öffentlichkeitsarbeit eignet. Die Daten und Anliegen der Petenten sind uns dann doch zu sensibel. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Ich möchte nun ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen. Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht. Sowohl die Bremische Landesverfassung als auch das Grundgesetz räumen allen Personen das Recht ein, sich mit Bitten oder Beschwerden, Anregung und Kritik an die Volksvertreter zu wenden. Leider wissen dies viele Bürgerinnen und Bürger nicht, was eventuell auch an dem sperrigen Begriff liegen mag. Deshalb heißen die Petitionsausschüsse in einigen anderen Bundesländern auch Eingabeausschüsse.
Die an den Ausschuss herangetragenen Eingaben betreffen nicht nur die Lösung schwieriger Einzelfälle, in denen die Betroffenen nicht mehr allein weiterkommen. Zunehmend nutzen die Bürgerinnen und Bürger das Petitionsrecht auch, um das Parlament auf Missstände oder Lücken und Härten in der Gesetzgebung sowie der Verwaltung hinzuweisen. Die Menschen sehen in dem Petitionsrecht eine Möglichkeit, ihre Vorstellungen an den Gesetzgeber weiterzugeben. Das wird ganz besonders deutlich in der zunehmenden Anzahl von so genannten Massenpetitionen, in denen viele Menschen gemeinschaftlich ein Anliegen vorbringen.
Der Petitionsausschuss beurteilt die an ihn herangetragenen Sachverhalte nicht ausschließlich nach der geltenden Rechtslage – dazu sind die förmlichen Rechtsbehelfe vorgesehen –, vielmehr bemühen sich die Mitglieder des Petitionsausschusses, pragmatische Lösungen für die konkreten Anliegen zu finden. Dabei sind sie relativ erfolgreich im Sinne der Petenten.
So konnte der Petitionsausschuss im Berichtszeitraum in der Hälfte aller Fälle dem Begehren der Petenten, jedenfalls zum Teil, zum Erfolg verhelfen. Dank des Engagements der einzelnen Abgeordneten lassen sich häufig einvernehmliche Regelungen zwischen Petenten und Ressort finden. Förmliche Bitten an den Senat, einem Petitionsbegehren abzuhelfen, müssen nur relativ selten ausgesprochen werden. Viele Beispiele aus der Praxis zeigen, dass die Arbeit des Petitionsausschusses da anfängt, wo die Gerichte und Verwaltungen an die Rechtslage gebunden sind und den Betroffenen deshalb nicht geholfen werden kann. Das heißt natürlich nicht, dass sich der Petitionsausschuss über das geltende Recht hinwegsetzt. Vielmehr geht es darum, Sachverhalte in einen größeren Zusammenhang zu setzen und teilweise mit viel Phantasie andere Lösungswege zu finden, die auch zum Ziel führen.
An dieser Stelle erlaube ich mir eine persönliche Bewertung der Arbeit im Petitionsausschuss. In Gesprächen mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses habe ich immer wieder gehört, dass die dort gemachten Erfahrungen für die Arbeit als Abgeordnete sehr hilfreich sind. Fraktionszwänge gelten dort nicht, vielmehr werden die Entscheidungen, zumindest in der Regel, fraktionsübergreifend getroffen. Gerade in der täglichen Arbeit des Petitionsausschusses begreifen sich die dort tätigen Abgeordneten als Ver
treterinnen und Vertreter des Volkes, können sie doch unmittelbar für die Belange Einzelner eintreten.
Noch einmal erwähnenswert ist, dass wir über die Hälfte der Petitionen als abhilfefähig erklären konnten, also dem Petenten und der Petentin zu ihrem Recht verhelfen konnten. Auffällig sind die Rückgänge der Petitionen in einigen Bereichen. Allerdings sind sie wesentlich arbeitsintensiver geworden.
Ich möchte hier unter anderem die Mobilfunkpetition und die Petition zur BWK erwähnen. Hier ist es uns gelungen, eine Kommission einzusetzen, die unter anderem mit dem Ausschussmitglied Frau Arnold-Cramer besetzt ist. Auch möchte ich die immer wiederkehrende Forderung nach einer Härtefallkommission nicht unerwähnt lassen. In bestimmten Situationen kann es dazu kommen, dass, obwohl die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, Härtefälle entstehen.
In diesen Einzelfällen sollte es zukünftig möglich sein, eine für den Betroffenen gute Lösung zu finden. Die Meinungen über die Einrichtung einer Härtefallkommission gehen jedoch weit auseinander. Einerseits gibt es parlamentarische Gremien, in denen sich Abgeordnete dieser Härtefälle annehmen, andererseits ist ein externes Gremium denkbar, in dem gesellschaftlich relevante Gruppen vertreten sind. Für beide Positionen sprechen gute Gründe. Zurzeit werden Lösungsvorschläge beraten, um eine entsprechende Regelung zu finden.
Mein Dank für hervorragende Zusammenarbeit geht besonders an meine Stellvertreterin Frau Ingrid Reichert und an die Ausschussmitglieder. Wir arbeiten zu 98 Prozent parteiübergreifend gut und einvernehmlich zusammen. Dank auch an Frau Schneider, der guten Seele des Ausschusses, sowie der Protokollführung, die sich gerade bei unseren zahlreichen Außenterminen als sehr schwierig gestaltet, da dort nicht immer alles strukturiert laufen kann!
Dank auch an Verwaltung und Senatsressorts, die durch ihre detaillierten Stellungnahmen viel Arbeit mit uns haben! Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Nochmals vielen Dank an alle! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!