Michaela Kaniber
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Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Gemessen an den Ankündigungen bin ich von den Vorschlägen natürlich enttäuscht. Es sollte ein großer Aufschlag werden. Man hat nur Bestes erwartet. Jetzt kommen diese absoluten Rückschläge. Die Quintessenz ist einfach und lautet: Weniger Unterstützung, höhere Auflagen und mehr Bürokratie. Das kann unmöglich ein faires Angebot für unsere Landwirte sein.
Es gibt zwar vielversprechende Lichtblicke, die Bayern einbringen konnte. Hierzu zählen das klare Bekenntnis zu den zwei Säulen, den Direktzahlungen als Einkommensunterstützung für unsere Landwirte in der EU und die stärkere Umverteilung bis hin zu unseren kleinen und mittleren Betrieben. Aber die Traurigkeit liegt darin, dass eine Kürzung der Direktzahlungen um 3,9 % angekündigt wurde. Das schmerzt natürlich. Unter derzeitigen Verteilungsbedingungen – wir haben dies vom Kollegen Schöffel eindrücklich gehört – würde dies für Bayern derzeit aus der ersten Säule tatsächlich 40 Millionen Euro bedeuten.
Allein etwa ein Drittel des Gewinns unserer landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe stammt aus den EU-Direktzahlungen. Manche haben das anscheinend immer noch nicht begriffen. Lieber Herr Herz, ich danke Ihnen ausdrücklich; Sie haben mir das schon vorweggenommen. Diese Zahlungen sind keine Almosen. Sie sind Nährboden und Basis für vielerlei Leistungen, die unsere Landwirtschaft für die Gesellschaft insgesamt erbringt. Sie sind genau die Basis, die auch wirtschaftlichen Erfolg auf den Höfen garantiert.
Manche Politiker und Gruppierungen sagen so leichtfertig, die Direktzahlungen müssen gekürzt oder mit weiteren Auflagen versehen werden. Wer das so platt sagt, kürzt geradewegs unseren bäuerlichen Betrieben das Einkommen. Er entzieht ihnen regelrecht den Boden unter den Füßen. Am Ende ist genau das der Punkt, liebe Frau Kollegin Sengl, der den Strukturwandel vorantreibt. Ich muss eine kleine Berichtigung einschieben: Der Strukturwandel bei den Betriebsaufgaben liegt seit Jahren bei 1,1 %. Es ist also nicht in Ordnung, wenn Sie das so propagieren.
Aus meiner Sicht ist ebenso unverantwortlich die Kürzung um 15 % bei den Mitteln in der zweiten Säule. Auch hier liegen wir bei einem Wert von 30 Millionen Euro. Diese Kürzungen stehen in völligem Gegensatz zu unseren Angeboten, die wir dem ländlichen Raum immer wieder machen. Wer Kommissar Hogans Vorschläge im Vorfeld gehört hat, konnte seinen Ausführungen durchaus viel Gutes abgewinnen, allem voran das Versprechen von weniger Bürokratie und mehr Entscheidungsspielräumen für unsere Regionen, für unsere Länder und die Mitgliedsstaaten. Den Grundsatz würden wir auch gerne weiterhin uneingeschränkt mittragen, und wir würden uns auch wünschen, dass da noch viel Bewegung hineinkommt. Aber was jetzt gerade als Verordnungstext vorliegt, verfehlt sogar die Ziele der EU, die sie sich selbst gesteckt und selbst vorgeschrieben hat. Sie sind alle verfehlt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der Vergangenheit viele Vorschläge zur Deregulierung eingebracht und haben dafür nicht nur von den Bäuerinnen und Bauern durchwegs positive Rückmeldungen erhalten. Leider muss man sagen, dass es momentan den Anschein hat, dass unsere Saat in Brüssel nicht auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Brüssel täte daher sehr gut daran, den Regionen jetzt in den Aussprachen und dann im EU-Parlament viel mehr Gehör zu schenken.
Der Vorschlag der EU-Kommission wirkt auf mich wie ein großes Missverständnis, und ich hoffe sehr, dass es nicht irgendwann so weit kommt, dass sogar unsere Landwirte das Verständnis für Europa verlieren. Bayern hatte natürlich einen wunderbaren Kämpfer; Helmut Brunner sitzt heute hier. Lieber Helmut Brunner, Du hast in der EU-Agrarpolitik immer wieder sehr große Stärke bewiesen. Deiner Verhandlungsstärke ist es auch zu verdanken, dass wir immer wieder sehr viel für Bayern erreichen konnten. Ich denke da an die Junglandwirteprämie, an die Umverteilungsprämie oder seit heuer den Wegfall der Prüfung des aktiven Landwirts. Daran möchte die Staatsregierung festhalten und weiter anknüpfen.
Unsere Forderungen sind einfach und sehr klar. Erstens brauchen wir mehr Geld für die bayerischen Familienbetriebe, besonders für die kleinen und mittleren Betriebe. Aber ich glaube, da sind wir alle absolut einig.
Aber auch für diese Diskussion sind wir offen, lieber Herr Arnold. Ich weiß nicht, aus welcher Zeitung Sie Ihre Zahl haben. Wir sind da durchaus offen.
Ich bin der absoluten Überzeugung, dass wir genau das ausgleichen müssen; denn es gibt viele Betriebe, die diese Unterstützung brauchen. Wir brauchen unsere Landwirte für den ländlichen Raum, und wir brauchen in unseren Regionen keine Großbetriebe. An ihnen haben wir kein Interesse; denn sie werden in unseren ländlichen Räumen nie eine Verankerung finden.
Es wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler, die sogenannte zweite Säule der GAP im kommenden mehrjährigen Finanzrahmen um über 15 % zu kürzen. Daran ändert auch der Vorschlag Hogans nichts, zweckgebunden bis zu 30 % der Direktzahlungen in die zweite Säule umzuschichten. Nein, ich bin der Auffassung – dabei bleibe ich auch –: Es braucht definitiv eine sehr starke erste Säule zur Einkommensstützung für unsere bäuerlichen Betriebe, und wir
brauchen eine ebenfalls finanziell besser ausgestattete zweite Säule, wenn wir die künftigen Herausforderungen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum ernst nehmen wollen.
Wenn Deutschland schon wesentlich mehr Geld in den EU-Haushalt einzahlen soll, sollte, finde ich, Brüssel auch nachsteuern. Wir sollten schauen, dass auch ein gewisses Quantum an Geld zurückfließt.
Heute stehen wir am Beginn der Debatte, und ich bin dankbar für alle Anträge, die eingegangen sind. Das zeigt, dass wir uns aneinander reiben und hoffentlich gemeinsam zu guten Lösungen kommen werden.
Von bestimmter Seite kommt leider immer wieder die Forderung, öffentliches Geld nur noch für öffentliche Leistungen zu erbringen. Dieses Ziel ist kurzsichtig und eindeutig; denn das deutet ganz genau auf die Abschaffung der einkommenswirksamen Anteile der Direktzahlungen hin. Dies ist mit Verlaub tatsächlich ein Generalangriff auf unsere Bäuerinnen und Bauern, und das können wir unmöglich zulassen.
Zweitens wollen wir keine zusätzlichen bürokratischen Lasten durch die Hintertür. Was hat es denn für einen Sinn, CrossCompliance und Greening in ein neues System mit dem Namen Konditionalität zu überführen, wenn am Ende die Vorgaben für die Betriebe nicht weniger, sondern sogar mehr werden, wenn keine Vorgabe, nicht einmal die Tierkennzeichnung, gestrichen wird und die Landwirte trotz dieser Vorgaben dann auch noch bestraft werden, indem sie künftig nicht nur für 30 %, sondern für 100 % der Direktzahlungen gelten?
Genauso unverständlich ist die Wiederauflage des aktiven Landwirts unter einem neuen Namen, genannt "der echte Landwirt". Wir müssen versuchen, auch das wieder herauszunehmen. Höhere Auflagen bei weniger Geld können wir, denke ich, alle miteinander nicht wollen und auch nicht mittragen.
Drittens wollen wir keine Übergehung der nationalen Parlamente, sondern genau das Gegenteil: Wir wollen mehr Freiraum für eine regional passende Ausgestaltung. Die geplante Übertragung zahlreicher politischer Entscheidungsbefugnisse an die EU-Kommission durch die Hintertür mit Hilfe sogenannter delegierter Rechtsakte ist für uns völlig inakzeptabel. Das würde der Brüsseler Regelungswut unter dem Stichwort Konditionalität nur noch mehr Tür und Tor öffnen.
Ich habe schon gesagt, wir stehen am Anfang der Diskussion. Ich werde am 10. Juli zur Agrarministerkonferenz fahren und die Wünsche, Anregungen und
Hoffnungen Bayerns direkt mit einbringen. Ich freue mich natürlich, dass Österreich in der zweiten Jahreshälfte den Ratsvorsitz übernimmt und wir da hoffentlich im engen Schulterschluss mit Österreich weiterkämpfen werden. Ich denke, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir jetzt auf allen Ebenen – in der EU, im Parlament und im Rat – für die Belange Bayerns kämpfen. Ich werde persönlich alles dafür tun, dass wir das Beste ermöglichen können. Ich danke allen, die sich heute eingebracht haben.
Liebe Frau Kollegin Sengl, ich kann Sie ja verstehen, hat doch Ihr Antrag gewissermaßen eine komplett andere Grundhaltung. Er zielt darauf ab, nur auf Bio umzustellen und nur dahingehend Unterstützung zu gewähren. Ich finde, das kann nicht der richtige Weg sein. Es gibt dafür keinen ausreichenden Markt. Das wissen Sie besser als ich. Ich glaube, dass wir in vielen Naturschutzprogrammen und auch im KULAP sehr viele Möglichkeiten haben. Ich bin überzeugt: Unsere Landwirte leisten eine großartige Arbeit mit jetzt schon vielen Auflagen. Wir kämpfen gegen weitere Verschärfungen und wollen das einfach nicht. Schlussendlich geht es nur darum, dass wir den Landwirten ermöglichen können, tatsächlich ein normales und anständiges Leben zu führen für die harte Arbeit, die sie machen. Wir finden einfach nicht in Ordnung, diejenigen Säulen anzupacken, die genau dieses Leben ermöglichen.
Ich würde sagen, da gibt es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen,
außer, dass man noch einen Satz nachschiebt, und zwar: Wenn man an das Tierwohl denkt und an alle Probleme, die Sie genannt haben, liebe Frau Sengl, dann finde ich, leugnet man viele Wahrheiten, dass nämlich jeden Tag ein wunderbarer Hof in Betrieb geht, der perfekt auf Tierwohl achtet. All diese Dinge wollen Sie einfach unter den Tisch fallen lassen. Das finde ich nicht in Ordnung. Aber ich denke, der Kollege Schöffel hat das bestens ausgeführt. Dem gibt es wahrlich nichts mehr hinzuzufügen.
Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.