Hans Rambold
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Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Insbesondere wende ich mich an die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, die uns diese schöne Debatte heute beschert haben. Als Erstes möchte ich wiederholt feststellen, dass die bayerischen Schüler die besten in Deutschland sind und zu den besten Schülern in der Welt gehören.
Ich kann es nicht oft genug sagen. Wenn Sie mir versprechen, heute ganz ruhig zuzuhören, dann verspreche ich Ihnen, dass ich heute keine Bezüge zu Ihren romantischen, revolutionären Vergangenheiten herstellen werde.
Die von Ihnen angesprochenen aufgelösten Hauptschulen sind Teilhauptschulen, die in Hauptschulen integriert wurden. Die von Ihnen angeführten Zahlen sind also schlicht falsch. Darum möchte ich mich Ihren Vorschlägen widmen.
Neun Jahre gemeinsame Schule: Nehmen wir als Beispiel den Landkreis Mühldorf. Im Landkreis Mühldorf befi nden sich in der Grundschule 4900 Schüler, in der Hauptschule 3000 Schüler, in den Gymnasien circa 3000 Schüler und an den Realschulen 1800 Schüler – nur damit Sie einmal sehen können, über welche Zahlen wir sprechen. Damit wird deutlich, dass es nicht einfach möglich ist, die Schüler aus einem dreigliedrigen System in eine neunjährige Schule zu überführen.
Wenn Sie die Kinder bis zur neunten Jahrgangsstufe, wie Herr Kollege Dürr das vorgeschlagen hat, gemeinsam und womöglich noch wohnortnah beschulen wollen, dann bedeutet das, dass Sie den drei Gymnasien von acht Jahrgangsstufen fünf wegnehmen und die beiden Realschulen auf eine Abschlussklasse reduzieren. Die Schüler, die jetzt diese Schulen besuchen, müssen Sie dann auf die acht Hauptschulstandorte in diesem Landkreis konzentrieren. Das bedeutet im Klartext, dass zum Beispiel in einer Gemeinde wie Gars mit gut 3000 Einwohnern ein
leer stehendes Gymnasium zu bestaunen wäre, während in meinem Schulverband beispielsweise 20 Klassenzimmer neu zu erstellen wären. Auf das liefe es hinaus. Sie müssen das zu Ende denken. Ich habe dabei den leisen Verdacht, dass Sie in erster Linie an die Städte gedacht haben und nicht so sehr daran, ob diese Vorstellungen im ländlichen Raum umzusetzen sind. Wer soll denn die gigantischen Kosten einer solchen Umstrukturierung tragen? Sie sind vielleicht versucht zu sagen: Lassen Sie einmal das Geld beiseite.
Wie wollen Sie denn etwas dazulernen, wenn Sie mir nicht zuhören? Das ist wie in der Schule.
So einfach wird es mit der Forderung, das Geld beiseite zu lassen, nicht werden. Die Schulbildung der jetzigen Hauptschüler wird bei dem von Ihnen angedachten System mit Sicherheit theoretischer und damit wesentlich weniger berufsbezogen werden – das geht uns gerade noch ab.
Das ist doch ganz klar. Wenn Sie die mit den Gymnasiasten zusammenstecken, muss sich das doch irgendwie nivellieren.
Die Kinder, die jetzt im Gymnasium sind, werden in den gymnasialtypischen Fächern in Zukunft unterfordert sein. Wozu das ganze Spektakel? – Um das Schulsystem mit den besten Ergebnissen Deutschlands in ein Chaos zu verwandeln.
Das glaube ich schon. Wenn Sie nicht zuhören, können Sie es nicht verstehen. Sie mäkeln immer an der Hauptschule herum und suggerieren dabei, die Hauptschulen hätten schlechtere Lebenschancen, und Ihr Lieblingsthema ist die Abiturientenquote.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus der Praxis schildern, damit Sie etwas dazulernen – ich sage auch immer den Namen dazu:
Seid doch einmal still, ihr müsst doch nicht immer dazwischenreden. Frau Kollegin Tolle, ich habe Sie auch nicht unterbrochen, also hören Sie doch einfach einmal zu.
60 % der Arbeitsplätze in meiner Gemeinde konzentrieren sich auf vier Betriebe, alle vier sind von den Unternehmern praktisch als Ein-Mann-Betriebe gegründet worden. Elektro Bauer: 460 Mitarbeiter, die Chefs ehemalige Realschüler, drei Projektleiter, Monatsumsätze um die 400 000 Euro, sind türkische Mitarbeiter mit Hauptschulabschluss – so viel zu den Chancen von Kindern mit Migrationshintergrund –, Kerbl, Tierzuchtbedarf: Chef ehemaliger Hauptschüler, anschließend landwirtschaftliche Winterschule, 430 Mitarbeiter, Müller, Spritzguss:
Chef ehemaliger Hauptschüler, 50 Mitarbeiter, Hartmann, Kabelkonfektion: Chef ehemaliger Hauptschüler, 40 Mitarbeiter. Schauen Sie zu mir her, Herr Kollege Pfaffmann, wenn Sie in der Schule nach hinten schauen, werden Sie weggesetzt oder in die erste Reihe gesetzt.
Denken Sie einmal um. Herr Kollege Dürr hat mir versprochen, zu meinem Starkbierfest zu kommen. Vielleicht kommen Sie mit, Frau Kollegin Tolle, dann unterhalten wir uns einmal mit den Menschen und reden vor Ort mit den Praktikern über Ihre Ideen zum Schulsystem.
Wir haben ein gegliedertes Schulsystem, das so durchlässig ist wie kein anderes, und man kann auch nach dem Quali noch ein Universitätsstudium absolvieren.
Die Frage ist nur: Wozu eigentlich? Es gibt viel zu wenig Praktiker. Das ist das Problem bei uns. Das gegliederte Schulsystem hat Mängel, an deren Beseitigung wir aber permanent arbeiten; das wissen unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss. Die Tatsache, dass viel zu viele Eltern glauben – daran sind solche Einstellungen schuld, wie Sie sie pfl egen –, ihr Kind würde nur mit dem Abitur glücklich, werden Sie mit keinem Schulsystem ändern, auch nicht mit dem von Ihnen favorisierten.
Sie haben wie immer, ohne konkret zu werden, unser gutes Schulsystem schlechtgemacht und Allgemeinplätze wie Weihnachtsplätzchen verteilt.
Sie haben – was ich schlimm fi nde – so getan, als ob die Schüler in Bayern schlechter wären als andere. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.
Die Ergebnisse unseres bayerischen Schulsystems sind exzellent. Wir werden weitere Verbesserungen im System vornehmen. Aber wir müssten verrückt sein, wenn wir das ganze System wegwerfen würden und womöglich ein Bremer Modell übernähmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere liebe Kolleginnen
und Kollegen von der Opposition! Gerade um Sie mache ich mir die meisten Sorgen, weil ich den Eindruck habe, dass Sie in die Problematik der Schule im ländlichen Raum nicht so tief eingedrungen sind.
Kein Wunder, stammen doch die meisten von Ihnen eher aus den Häuserschluchten der Großstädte.
Ich habe gesagt, die meisten.
Ich habe darauf gewartet, dass Sie während der Debatte etwas Neues bringen. Ich hätte mir aber denken können, dass es Ihnen immer nur um eines geht: mehr Geld, egal woher. Frühere Aussagen wie „Bildungspolitik nicht nach Kassenlage“ oder „Lassen wir mal das Geld beiseite“, sprechen für sich. Ihre Neigung, die Kassenlage nicht zu berücksichtigen, sieht man am „Großen Bruder“ Rheinland-Pfalz. Dieses Bundesland hat in den ersten schwierigen Jahren nach dem Krieg in 43 Jahren 10 Milliarden DM Schulden gemacht. Ministerpräsident Beck hat in 13 Jahren 14 Milliarden DM dazugelegt. Wie soll das weitergehen? Wer soll das zahlen? – Das wird die Generation sein, die Ihnen so sehr am Herzen liegt.
Ihr Vorwurf, wir würden Teilhauptschulen auflösen, hört sich an, als würden wir die Kinder zum Ernteeinsatz schicken. Wir lösen die Teilhauptschulen nicht auf, sondern wir konzentrieren sie dort, wo differenzierter Unterricht möglich ist.
Liebe Kolleginnen von den GRÜNEN, am Kirchweihsonntag und am Montag isst man etwas mehr als sonst, ist also am Dienstag etwas schlechter drauf und etwas lästiger. Am Mittwoch sollte man sich aber wieder gefangen haben.
Frau Kollegin Tolle, Sie wiederholten, die Hauptschulabgänger hätten keine Berufschancen. Sie sprachen von „vergessenen Kindern“. Glauben Sie, dass eine solche Aussage das Selbstbewusstsein der Kinder, der Lehrkräfte oder der Eltern stärkt?
Es ist nicht so.
Kolleginnen und Kollegin, ich bin seit acht Jahren ehrenamtlicher Bürgermeister einer kleinen Gemeinde und Schulverbandsvorsitzender. Ich weiß, wovon ich spreche. Jeder Schulabgänger meiner Hauptschule hat eine Lehrstelle bekommen,
obwohl dieser Landkreis die höchste Arbeitslosenquote Oberbayerns hat. Wir haben auch nicht mehr Geld oder kleinere Klasse als andere Schulen. Wir haben aber sehr engagierte Lehrer und Berufspaten und keine Alt-68erNörgler, die stets nur „mehr Geld“ fordern.
Ich möchte nicht wissen – die meisten sind nicht anwesend –, wie viele Abgeordnete von der Opposition in den Sechzigerjahren während der chinesischen Kulturrevolution durch die Brienner Straße gezogen sind und Mao Tsetung gehuldigt haben.
Heute reden die Gleichen klug über Denkmalschutz oder den ländlichen Raum.
Die Bayerische Staatsregierung bietet wesentlich mehr Kontinuität.
Der ländliche Raum hat Probleme. Das war immer so. Wir können Sie jedoch lösen. Es ist eine Sache des Selbstverständnisses, dass jeder Bürgermeister seine einzügige fünfte und sechste Klasse behalten möchte.
Trotzdem ist unbestritten, dass die weiterführende Hauptschule als zwei- und dreizügige Schule im Interesse der Kinder sinnvoller ist. Niemand käme auf die Idee, die ersten beiden Klassen des Gymnasiums auf dem flachen Land zu belassen.
Jeder will an seiner Schule so geringe Klassenstärken wie möglich. Das Verantwortungsbewusstsein müsste jedem sagen, dass kleine Klassen an sozialen Brennpunkten wichtiger sind als auf dem Dorf, wo die Welt noch halbwegs in Ordnung ist und die Kreuze noch an der Wand hängen.
Bayern hat weniger Schulden, zahlt also weniger Zinsen und hat mehr Geld für Investitionen und mehr Geld für
Lehrerstellen. Die Politik, die sie und all Ihre sozialistischen Kollegen machen, wird sich rächen. Irgendwann werden diese Länder es nicht mehr schaffen.
Hätten wir Ihre Vorschläge immer berücksichtigt, könnten wir uns heute nur noch die Zinsen leisten, aber gewiss keine neuen Lehrerstellen. Herr Pfaffmann, ich gehe davon aus, dass Ihnen die Zukunft der bayerischen Kinder genauso am Herzen liegt wie uns. Ich schätze Sie persönlich sehr – obwohl diese Meinung in meiner Fraktion wahrscheinlich nicht mehrheitsfähig ist. Das Problem ist, dass Ihre Rezepte nicht helfen. Sie wollen den bayerischen Kindern das Bildungssystem aufzwingen, mit dem Ihre sozialistischen Kameraden zum Beispiel in Bremen an das Ende der Pisa-Rangliste gelangt sind.
Dazu sagen wir nein. Wir sind auf dem richtigen Weg. Dieser Weg wird kein leichter sein.
Die bayerischen Kinder sind in Deutschland an der Spitze. Sie sind bei den Besten auf der Welt.
Wir werden einen Teufel tun und diesen Weg verlassen.