Klaus Gröber

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Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass 39500 Schlachtuntersuchungen ohne Genehmigung durchgeführt worden sind, die Tatsache, dass ein Labor ungenehmigt gearbeitet hat, dass die Fleischindustrie nicht richtig informiert und sich einer rechtzeitigen Mitarbeit verweigert hat, und auch die Tatsache, dass Behörden falsch informiert worden sind, berechtigt uns alle dazu, von einem echten Skandal zu sprechen. Was aber heute wieder angeklungen ist und was bisher in der Presse auch immer wieder erwähnt worden ist, war die Frage, wie weit sich der Verbraucher ängstigen muss und wie stark er gefährdet war. Der Beitrag der GRÜNEN heute hat wieder gezeigt, dass man versuchen will, Angst zu schüren. Dieser Antrag fordert nämlich, das gesamte Fleisch vom Markt zu nehmen.
Ziffer 1, von der sich auch Herr Starzmann distanziert hat, zeigt: Es ist richtig, dass wir von der CSU die Sicherheit des Verbrauchers in den Vordergrund unserer Betrachtungen stellen.
Unsere vorrangige Aufgabe ist es sicherzustellen, dass der Verbraucher ordentliche Fleischwaren bekommt, und ihn nicht unnötig zu ängstigen. Erst dann können wir alles Weitere tun. Die Frage, die Sie stellen, wer wann welchen Fehler gemacht hat, muss durchaus geklärt
werden. Kommen wir aber zunächst auf die Tatsachen zurück, die Sie nicht hören wollen.
Das tatsächlich bestehende Risiko wurde von Herrn Minister dargelegt. In Bayern gibt es 65 Fälle – Sie sind Gott sei Dank noch nicht so weit, dass Sie die Schuld dafür irgendjemandem zuweisen –, aber wir haben in Bayern ein hervorragendes System der Risikominimierung; das wissen Sie. Das wurde zwar heute schon mehrmals angesprochen, aber ich möchte es nochmals betonen: Wir haben ein mehrstufiges System der Risikominimierung. Das, worüber wir heute sprechen, nämlich die Testung von in den Schlachthof gelieferten Tieren ist nur ein Teil. Sie wissen ganz genau, dass von den 65 Fällen, die wir in Bayern haben, 40 Tiere den Schlachthof überhaupt nicht erreicht haben, sondern schon im Vorfeld durch ihr Verhalten auffielen, weil sie von verantwortungsbewussten Landwirten überprüft worden sind. Nur 20 Fälle wurden in den Schlachthöfen entdeckt, und das, wohlgemerkt, bei einer Gesamtschlachtung von über einer Million Tieren.
Den Beweis für die Behauptung, Herr Starzmann – vielleicht war das auch Herr Dürr –, die Absaugung erfolge nur dann, wenn der Minister da sei, müssen Sie erst noch antreten. Damit beleidigen Sie viele Handwerker, Metzger und Schlachthöfe in Bayern, von deren Qualität wir uns überzeugt haben. Wir wissen, dass von den insgesamt 41 Schlachthöfen bereits 16 über diese Anlagen verfügen. Sie wissen auch, dass eine strenge Trennung zwischen dem Risikomaterial und dem übrigen Material besteht. Wir haben x-mal darüber diskutiert, wie das sinnvollerweise zu machen ist. Wir alle müssen heute klar sagen, dass die Testung nur das Tüpferl auf dem i ist. Das Wesentliche ist aber die Beobachtung vor dem Schlachthof, die ordentliche Schlachtung und die Entfernung von Risikomaterial. Das ist das Wesentliche. Sie versäumen es zu sagen, dass unsere Nachbarn, die Schweizer, mit diesen beiden Faktoren und mit einem nur epidemiologisch begründeten, sporadischen Test zufrieden sind. Dort tritt keine Panik auf. Wir tun mehr.
Ich räume ein, dass jetzt ein Skandal bei der dritten Säule vorgekommen ist, den wir aufarbeiten. Es kann doch aber nicht die Lösung sein zu fordern, dass das ganze Fleisch aus dem Handel genommen werden muss, weil die dritte Säule einmal versagt hat. Unser Minister war verantwortungsbewusst und hat richtig gehandelt. Wenn man sich im Zweifel darüber ist, welches Ausmaß ein Skandal hat, muss man eine Vollbremsung machen. Das ist wie beim Autofahren: Wenn plötzlich Nebel auftritt, macht man eine Vollbremsung. Was hier stattgefunden hat, war nichts anderes als ein Stochern im Nebel. Niemand hat bei der Aufklärung mitgewirkt. Sie wollen heute noch den gesamten Fleischbestand entfernen. Gleichzeitig aber sagt Herr Starzmann, es sei falsch gewesen, dass Herr Minister diese Vollbremsung gemacht hat.
Jetzt können wir die Fakten definitiv besser bewerten. Bei 270 Erstverdachtsfällen stehen nach 39500 Untersuchungen noch 46 Fälle im Feuer. Was bedeutet das? Bei diesen Fällen war der erste Test positiv, der zweite negativ. Man hätte diese Proben anschließend an ein übergeordnetes Referenzlabor, zum Beispiel an die Staatliche Untersuchungsstelle, zu einem endgültigen Test schicken müssen. Sie dürfen also heute nicht den Eindruck erwecken, als wären diese 46 Fälle positiv: Sie sind ungeklärt. Inzwischen ist der Verdacht aufgetreten – das wurde mit großer Mühe von den Verantwortlichen herausgearbeitet –, dass es in diesem Labor, unabhängig von der Genehmigung, strukturelle Probleme gab. Von den 46 Fällen traten 41 im ersten Monat, noch im Juli auf. Danach gab es bis zum November noch ganze 5 Fälle, danach bis zum Stillstand des Labors keinen mehr. Wir machen bei dem heutigen Kenntnisstand nicht dabei mit, Panik zu schüren und das Ganze als Katastrophe hinzustellen. Politik machen heißt, Entwicklungen erkennen. Herr Minister hat heute den Mut gehabt zu erklären: Der Erkenntnisstand von heute ist nicht der Erkenntnisstand von einigen Wochen vorher. Er war bereit zu sagen: Ich musste zunächst eine Vollbremsung machen; heute sorge ich dafür, dass das Fleisch bis auf Weiteres sichergestellt wird, bis der Bund die endgültige Entscheidung trifft, was damit geschieht. Eines steht fest: Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Fleisch in irgendeiner Form eine Gefährdung darstellt, ist nicht sehr hoch. Das Problem liegt darin, der Bevölkerung glaubwürdig klarzumachen, dass diese Gefahr nicht besteht.
Weiter steht fest, dass eine Firma – ich darf den Namen nennen, nachdem er von der Presse veröffentlicht wurde: Das war die Firma Südfleisch – leider nichts getan hat, um die Glaubwürdigkeit zu verstärken. Heute sagt die Firma Südfleisch, sie könne durchaus die Verbindung zum Test, zum Tier und zum Fleisch herstellen. Heute wissen wir, dass es eine Schlachtnummer und eine Chargennummer gibt, so dass zerlegte Stücke, solange sie nicht einzeln aufgetaut und dem Endverbraucher zugeführt wurden, zugeordnet werden können. Man muss also darüber nachdenken, ob man alles im Gesamtpool zusammenführen und alles verwerfen muss. Oder man kann Chargen differenzieren. Dann ist es unsere Aufgabe zu differenzieren.
Das Fazit, meine Damen und Herren, aus der Geschichte ist Folgendes: Erstens. Gott sei Dank liegt eine relevante echte Gefährdung für den Endverbraucher nicht vor. Das wissen wir jetzt – nachträglich betrachtet. Vorher wussten wir es nicht genau.
Zweitens, wiederum aus meiner Sicht: Labore sind keine Goldgruben, sondern lebenswichtige Einrichtungen, deren Integrität und Qualität mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gesichert werden muss. Ich bin zwar nicht für Verstaatlichung, aber es muss ausgefeilte Qualitätssicherungssysteme geben. Der Minister hat nicht von Verstaatlichung gesprochen, sondern von vermehrter staatlicher Kontrolle.
Wir brauchen Qualitätssicherungsprogramme, die streng überwacht werden, und eine entsprechende Supervision. Ich kann Ihnen heute schon sagen – insofern ist der Antrag der GRÜNEN völlig überflüssig –, die ordnungsgemäße Aufarbeitung einer solchen Situation erfordert anschließend einen ordentlichen abschließenden Bericht mit entsprechenden Maßnahmen. Dieser wird selbstverständlich vom Minister gegeben.
Ich komme nun zum Dritten. Ich kann die Fleischwirtschaft nicht auslassen. Es wurde demonstriert, dass offensichtlich das Verhältnis zur „gläsernen Produktion“ noch nicht im notwendigen Umfang vorhanden ist. Tatsache ist, dass bei der Mitwirkung zur Darstellung der Entstehung von Produkten – wie wir das alle gefordert haben – geschlampt wurde. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Südfleisch ist eindeutig an der jetzigen Situation mit schuld. Gehen wir von Folgendem aus: Für manchen Lebensmittelhersteller ist es eine heilsame Lehre zu wissen, dass wir mit Chargennummern lückenlos darstellen können, wie gearbeitet wird. Dann muss das auch geschehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, entscheidend ist: Wir müssen klar sagen, dass die Ereignisse ein Denkzettel für die Schlamperei, ein Denkzettel für die Labore und für die Produzenten ist. Gott sei Dank hat der Verbraucher außer den „roten Alarmlampen“ nichts mitbekommen. Er ist dadurch nicht gefährdet worden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollege Starzmann hat mich in seiner Rede wiederholt als Feind und Gegner der Firma Südfleisch hingestellt. Ich möchte dies in aller Deutlichkeit zurückweisen. Ich stelle hiermit zur Klarstellung ausdrücklich fest, dass Südfleisch ein wichtiger Partner der bayerischen Bauern ist.
Ich stelle fest, dass ich die mangelnde offene Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung, die mangelnde Sicherheit bei der Zulassung des Labors und den nicht ausreichenden Nachweis für eine nachvollziehbare Produktionskette kritisiert habe. Zu diesen drei Punkten
stehe ich. Ich bin gerne bereit, darüber mit der Firma Südfleisch zu diskutieren. Alles andere lasse ich mir nicht zuschreiben.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit der Restredezeit von zwei Minuten bleibt nur, eine kurze Zusammenfassung zu geben. Aus Sicht der CSU ist die heutige Diskussion eine logische Fortsetzung der Diskussion, die wir vor Wochen führten, als wir per Gesetz das neue Ministerium eingeführt haben. Herr Minister Sinner hat sich seinerzeit sehr konsequent schwerpunktmäßig mit BSE und MKS beschäftigt.
Er hat heute aufgezeigt, wie wir in den nächsten Jahrzehnten im Interesse der Gesundheit und des Verbraucherschutzes agieren müssen. Ich glaube, es ist konsequent, diesen Weg fortzuschreiten. Ihre Beiträge, sehr verehrte Damen und Herren von der Opposition, waren eigentlich nichts anderes als ein mehr oder weniger geordnetes Rückzugsgefecht. Ich glaube, das ist konsequent, denn eigentlich ist die Welt verkehrt: Ursprünglich
hatten Sie in der Vergangenheit in Sachen Verbraucherschutz und Ähnlichem viele Dinge gefordert, die wir unter Umständen nicht genügend ernst genommen haben – ich sage das ganz offen –, weil wir das Geld nicht zur Verfügung stellen wollten. Heute, unter dem effektiven Druck der Gesamtereignisse, haben alle Politiker darauf reagiert und versuchen neue Wege zu gehen. Nun jammern Sie, dass es schade ums Geld sei und es durch die Errichtung des neuen Ministeriums hinausgeschmissen werde. Das ist der falsche Weg.
Der richtige Weg ist, zu wissen, wie dynamisch die Entwicklung in Sachen BSE – hier müssen wir gemeinsam handeln – und in Sachen Verbraucherinformation ist. Zum Beispiel wirbt in der Ärztezeitung zur Zeit eine Firma für ein Probiotikum „Actimel“, einem Joghurt mit neuen probiotischen Laktobazillus-Kulturen und gleichzeitig gibt es die Überschrift „optimierte Ernährung“. Es geht dort nicht um die optimale, sondern um die optimierte Ernährung. Das heißt, es wird sich immer wieder etwas ändern, die Lebensmittel werden verändert, und wir müssen wachsam auf diese Entwicklungen eingehen und darüber gemeinsam informieren. Ich musste vorhin schmunzeln, als Herr Landwirtschaftsdirektor a.D. Geiger – SPD –, der die Politik der Staatsregierung über Jahre hinweg umgesetzt hat, diese jetzt kritisiert.
Frau Kellner sprach vorhin vom „kw-Vermerk“, was „künftig wegfallend“ heißt. Die GRÜNEN müssen sich sorgen, dass, wenn sie ihre Linie nicht endlich konsequent ändern, nach der Landtagswahl – dafür gehe ich jede Wette ein – der „kw-Vermerk“ bei ihnen steht und nicht beim Gesundheitsministerium. Wir werden den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. In diesem Sinne fordere ich Sie zu einer guten und intensiven Zusammenarbeit auf.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Das Wort zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nun der Herr Staatsminister der Finanzen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die BSE-Folgekosten beschäftigen uns schon seit geraumer Zeit. Wir und – wie ich hoffe – das gesamte Hohe Haus sind der Auffassung, dass sich der Bund nicht aus seiner Verantwortung stehlen darf. Die CSU-Fraktion stellt deshalb folgenden Antrag:
Regelung der BSE-Folgekosten
Der Landtag wolle beschließen:
Der Landtag begrüßt die Initiative der Länder BadenWürttemberg, Bayern, Hessen, Saarland, Sachsen und Thüringen im Bundesrat, eine Regelung der BSE-Folgekosten herbeizuführen, die der Verantwortung des Bundes und den berechtigten Interessen der Länder Rechnung trägt.
Der geforderte faire Ausgleich der finanziellen Lasten zur Bewältigung der BSE-Folgen ist überfällig.
Der Landtag stellt fest, dass das bisherige Finanzierungsangebot der Bundesregierung unzureichend ist. Der Landtag erwartet insbesondere die Übernahme der laufenden Kosten für die Entsorgung und Verwertung von Tiermehl und Tierfetten einschließlich der Erlösausfälle sowie eine überwiegende Beteiligung an den Kosten der BSE-Tests bei Schlachtrindern.
Sehr verehrte Damen und Herren, die BSE-Krise in Deutschland hat nicht nur bei den Landwirten und in der Fleischwirtschaft erheblichen Schaden angerichtet, sondern auch die Bevölkerung zutiefst verunsichert. Wir wissen, dass weder die Staatsregierung noch die Bundesregierung in vollem Umfang die Verluste ersetzen kann, die der Wirtschaft im Allgemeinen und der Landwirtschaft im Besonderen entstehen. Wir stellen fest: BSE nimmt als nationale Krise den Bund stärker in die Verantwortung als die Länder. Der Bund hat schließlich im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz viele Gesetze beschlossen, die letztlich zu Nachteilen geführt haben.
Wir wissen, dass die Ministerpräsidenten-Sonderkonferenz am 16. Februar ein Konzept erstellt und einstimmig beschlossen hat. Dieses Konzept wurde letzten Endes von der Bundesregierung nicht angenommen. Auch ein Versuch der Ministerpräsidenten Dr. Ringstorff und Dr. Stoiber hat nicht zum gewünschten Erfolg geführt.
Zur Ausgangssituation in Bayern möchte ich darstellen, dass nach konkreten Schätzungen die bayerische Wirtschaft insgesamt allein im Jahr 2001 voraussichtlich 327 Millionen DM Ausfälle und Schaden haben wird, die man entsprechend aufschlüsseln kann. Davon entfallen allein 159 Millionen DM auf Entsorgungskosten von Tiermehl und Tierfetten zuzüglich Erlös- bzw. Wertausfall. Insbesondere durch BSE-Schnelltests, durch tierseuchenrechtliche Maßnahmen und Ähnliches entstehen erhebliche Belastungen. Die Bayerische Staatsregierung hat wegen dieser Ausfälle Hilfsmaßnahmen in wesentlich höherem Umfang angesetzt als die Bundesregierung. Diese Hilfsmaßnahmen belaufen sich insgesamt – ich möchte sie heute nicht mehr im Detail aufführen – auf zirka 240 Millionen DM und gleichzeitig 70 Millionen DM – –
Ich weiß nicht so recht, ob wir so weiterdiskutieren sollten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, die Gespräche vor dem Plenarsaal zu führen, hier die Plätze einzunehmen und dem Redner zuzuhören.
Es ist bezeichnend, dass ein solches Thema zuerst durch die Presse getragen wird, dann jeder schreit und dann Leute angeklagt werden, wie das vor kurzem geschehen ist. Wenn wir jetzt über die Zukunft sprechen, interessiert dies manche überhaupt nicht mehr. Ich glaube, wir sollten mehr über die Zukunft sprechen.
Fest steht auf jeden Fall, dass Bayern für das Lösen der Probleme und zur Hilfe der Bevölkerung wesentlich mehr tut als der Bund. Fest steht auch, dass der Bund die Hauptverantwortung hat. Bundesweit haben wir 2,05 Milliarden DM an geschätzten Ausfällen für die Landwirtschaft und die Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund entzieht sich der Bund bisher in einer nicht näher zu definierenden Weise – ich will fast sagen: schäbig – seiner Verpflichtung.
Deswegen fordern wir – bereits die MinisterpräsidentenSonderkonferenz, der ja bekanntlich auch Vertreter der SPD angehören, hat das deutlich gefordert –, dass die Kosten für die einmalige Entsorgung von Altbeständen an Futtermitteln einschließlich eines Wertausgleichs für die Futtermittelhersteller und den Handel sowie für die Landwirte in vollem Umfang, also in Höhe von rund 190 Millionen DM, übernommen werden, weil dieses Gesetz letzten Endes der Bund verfasst und beschlossen hat. Weiterhin soll er an den laufenden Kosten für die Entsorgung und Verwertung von Tiermehl, Tierfetten und anderen Rohstoffen einschließlich der Erlösausfälle von rund 681 Millionen DM jährlich sowie an den Kosten der BSETests bei Schlachtrindern mit einem Anteil von mindestens 60% beteiligt werden sowie an einem Hilfsprogramm für die Landwirtschaft und die gewerbliche Wirtschaft ebenfalls mit einem Anteil von 60% beteiligt werden, gegebenenfalls über eine Öffnung des Gemeinschaftsaufgabenprogramms Entwicklung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes.
Insbesondere kritisieren wir, dass in dem Programm der Bundesregierung verdeckt Mittel enthalten sind, die der deutschen Bevölkerung bzw. der deutschen Wirtschaft überhaupt nicht zugute kommen. In der bis jetzt angebotenen Summe sind allein 500 Millionen DM als deutscher Beitrag zur Finanzierung des EU-Nachtragshaushalts enthalten. Dieses Geld kommt nur zu einem Teil deutschen Bauern zugute. Weiterhin sind 360 Millionen DM, die für Hilfsmaßnahmen ausgegeben werden, zu nichts anderem angesetzt als zur Stützung der Rückkaufmaßnahmen, also zu einer Stützung des Rindfleischmarktes, aber letzten Endes nicht zur Lösung der BSE-Problematik im engeren Sinne.
Aus diesem Grunde sind wir der Auffassung, dass folgende Maßnahmen konsequent zu übernehmen sind: Erstens, volle Übernahme der Kosten für einmalige Entsorgung – ich habe das schon angedeutet. Zweitens, generelle Übernahme der Kosten für Tiermehl, Tierfett und Reststoffe. Im Übrigen stellen wir fest: Das Wesent
liche ist, in die Zukunft zu blicken. Wir fordern, ich hoffe, mit Ihrer Unterstützung, dass das bis zum 30. Juni 2001 befristete EU-weite Tiermehl-Verfütterungsverbot durch ein zeitlich unbegrenztes Verfütterungs-, Verwertungsund ein Export- und Importverbot für Tiermehl und Tierfett ersetzt wird und dass weiterhin – ich glaube, auch das ist eine ganz wichtige Forderung – aus Drittländern eingeführte Erzeugnisse hinsichtlich des BSE-Risikos denselben Sicherheitsstandards entsprechen müssen wie solche aus dem EU-Binnenmarkt, zum Beispiel den BSE-Tests.
Sehr verehrte Damen und Herren, ich bitte Sie alle, konsequent in die richtige Richtung zu gehen. Frau Künast zeigt leider – wir haben es heute früh schon angesprochen – bei einigen Dingen, zum Beispiel bei der Thematik des Fischmehls, Symptome einer schleichenden Aufweichung, denen wir etwas entgegensetzen müssen. Helfen Sie mit, und stimmen Sie unserem Antrag zu.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Starzmann, bitte.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede unmittelbar an meine Vorrednerin, Frau Biedefeld, richten. Frau Biedefeld, ich nehme an, Sie haben Verständnis dafür, dass ich Ihrer Rede nicht applaudieren konnte. Man konnte diese Rede nicht unter dem Aspekt verstehen, dass wir dem Verbraucher in Zukunft gemeinsam Sicherheit geben wollen. Dass Sie sich zu Wort melden, war von vornherein klar, denn wir haben in der Zeitung gelesen, dass Sie die künftige Ute Vogt Bayerns sind. Unter dieser Prämisse mussten Sie natürlich zu allem etwas und zu nichts etwas Konkretes sagen.
Ich glaube, dass Sie mit Ihrem Beitrag bereits den Einstieg, eine solche Lichtgestalt zu werden, gründlich verpasst haben. Ich denke, mit Rundumschlägen und allgemeinen Verunglimpfungen ist letztlich niemandem gedient. Sie versuchen, Ihre Vergangenheitsbewältigung, die wir schon seit Wochen im Plenum erleben, fortzusetzen, indem Sie fragen, was im Zusammenhang mit BSE wann gewesen ist und wer wann was wo gesagt hat.
Das kann nicht die Zukunft sein. Das haben die Bürgerinnen und Bürger in Bayern gründlich satt.
Frau Biedefeld, die persönlichen Angriffe gegenüber Staatsminister Sinner wird er anschließend selbst entkräften. Ich glaube, hier hört sich die Fairness auf. Sie haben heute überhaupt nichts Konkretes darüber gesagt, wie Sie sich einen besseren Verbraucherschutz und eine zukunftsweisende Politik in Bayern vorstellen. Sie haben von einem völlig überflüssigen Ministerium gesprochen und damit gezeigt, dass Sie von der ganzen Sache keine Ahnung haben. Sie haben Berlin als Vorbild hingestellt, wobei man nicht nur in Brüssel weiß, dass eine solche Politik, wie sie von Frau Künast betrieben wird, und eine solche Koppelung wie in ihrem Ministerium nicht zukunftsweisend sein können.
Frau Biedefeld, Sie haben erklärt, glaubwürdige Verbraucherpolitik zu machen. Sie haben der CSU Politik der Verbrauchertäuschung vorgeworfen und die Chance für eine Neuorientierung angemahnt. Sie liegen gründlich falsch, da Sie das anmahnen, aber nichts dergleichen bringen. Ich werde Ihnen sagen, was Neuorientierung heißt. Eigentlich müssten wir darüber sprechen, wie wir künftig das Ministerium gestalten und in Bayern Verbraucherpolitik machen wollen. Wir diskutieren heute über den Weg, der von der Staatsregierung durch die Einrichtung des Ministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz beschritten und vom zuständigen Minister Sinner vorbildlich näher beschrieben wurde. Das ist der richtige Weg. Er hätte in allen Bundesländern – das sollten Sie sich merken, Frau Biedefeld – schon früher beschritten werden müssen. Ich würde mich über Ihre Selbstkritik freuen, weil wir einen gemeinsamen Weg gehen und uns nicht mit Ihnen herumschlagen wollen. Dieser Weg hätte in allen Bundesländern früher beschritten werden können und müssen
und auch von der Bundesregierung, die es bis heute noch nicht kapiert hat.
Wir haben den Weg beschritten. Die anderen wollen die Notwendigkeit auch heute noch nicht einsehen. Wo der Verstand und das Verständnis fehlen, ist auch keine Hoffnung zu erwarten.
Wir haben ihn beschritten. Ich habe die Einrichtung des Staatsministeriums für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz stets vorbehaltlos unterstützt. Ich räume ein, ich hätte ihm noch einige Kompetenzen mehr aus dem klassischen Gesundheitsbereich gegeben. Darüber kann man noch lange diskutieren. Wesentlich ist – darauf kommt es an –, dass wir den einzig richtigen Weg beschritten haben, der Bevölkerung – das sind Produzenten und Verbraucher – aufzuzeigen, dass die Gesundheit von der gesunden Ernährung und allem,
was dazu führt, nicht zu trennen ist. Gesundheit, gesunde Ernährung und Verbraucherschutz sind untrennbar. Solange Sie das nicht erkennen, brauchen wir nicht über Gesundheit zu reden. Sie sagten, Gesundheit gehöre nicht dazu, sondern Umweltschutz gehöre dazu.
Das ist Unfug. Lassen Sie uns unseren Weg gehen. Bis jetzt hat uns der Wähler vertraut. Er wird uns künftig noch mehr vertrauen. Er wird Ihnen für Ihre Politik bei der nächsten Wahl den Denkzettel geben.
Erfolgreiches Wirken auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes und der gesunden Ernährung ist der beste Verbraucherschutz. Verbraucherschutz darf nicht defensiv sein, sondern er muss die richtigen Wege aufzeigen. Der richtige Ansatz ist, dass grundsätzlich die Angelegenheiten des Gesundheitswesens einschließlich der Umweltmedizin, wie in Artikel 1 des Gesetzes beschrieben, Kernstück des neuen Ministeriums sind. Hierher gehört die Gesundheitsfür- und -vorsorge, oder fachlich näher determiniert: die Primär- und Sekundärprävention. Darum rede ich heute als Arzt.
Ausgerechnet der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen – von der SPD-Regierung berufen – stellte dieser Regierung wegen gravierender Versäumnisse in der Prävention ein schlechtes Zeugnis aus. Darüber habe ich heute von Ihnen, Frau Biedefeld, nichts gehört. Durch richtige, erfolgreiche Prävention kann man ein Viertel der Gesundheitsausgaben sparen.
Hier schließt sich bereits wieder der Kreis im Wirkungsbereich des neuen Ministeriums. Frau Biedefeld, hören Sie gut zu. Vielleicht setzt auch bei Ihnen ein Umdenkungsprozess ein. Die Kosten für ernährungsbedingte Krankheiten werden in Deutschland auf über 50 Milliarden Euro geschätzt. Ernährung und Gesundheit sind nachweislich eng miteinander verknüpft. Deshalb wird von wissenschaftlicher und ökonomischer Seite gefordert, dass die Erkenntnisse aus der Ernährungsforschung in alltägliche gesundheitsfördernde Lebensmittel umgesetzt werden. Glauben Sie nicht auch, dass unsere Kombination des neuen Ministeriums zielführend ist? Hier setzen völlig neue Wege der Forschung, der Biochemie, der Physiologie und der Biotechnologie an. Davon habe ich von Ihnen auch nichts gehört. Bei Ihnen heißt der neue Weg „Verdrängung“. Sie wollen die Zukunft nicht meistern.
61% der deutschen Bevölkerung sind übergewichtig, 20% haben ein behandlungsbedürftiges Übergewicht – ich unterscheide zwischen übergewichtig und behandlungsbedürftig. Jedes vierte Kind leidet bei der Einschulung unter behandlungsbedürftigem Übergewicht.
Ihnen ist das vermutlich egal. Was heißt denn „Verbraucherschutz“? Dass die Leute gesund bleiben, dass sie noch gesünder werden und dass wir die Verantwortung übernehmen. Das wäre heute das Thema gewesen. Sie lachen darüber. Lachen Sie ruhig weiter!
Langzeitstudien bestätigen, dass das Übergewicht ein wesentlicher Risikofaktor für Koronarerkrankungen darstellt. Übergewicht fördert Hypertonie, Blutfetterhöhung, Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen. Das interessiert Sie alles nicht. Das sind aber die volkswirtschaftlichen Probleme der Zukunft, die es zu meistern gilt.
Die Bevölkerung kauft inzwischen mehr oder weniger unbemerkt neuartige Lebensmittel, seien sie als Novelfood, Designerfood oder Funktionalfood bezeichnet.
Diese Entwicklung zeichnet sich ab, und es ist ihr nichts entgegenzusetzen. Wir müssen sie aber vernünftig kontrollieren und überwachen. Dazu braucht es neue Instrumente. Sie tun nichts dergleichen. Bei der Diskussion um Gewichtsreduktion muss man bedenken, dass eingesetzte Eiweiß-Nährstoffkonzentrate, hochwertiges Molkeneiweiß mit Zusatz an Vitaminen und Mineralien benötigt werden. Das ist für die, die es brauchen, Ernährung für die Zukunft. Wenn Cholesterin mit Hilfe einer entsprechenden phytöstrolesterhaltigen Margarine abgesenkt werden soll, fällt auch dieses Thema unter „gesunde Ernährung“.
Fazit: Der Übergang vom landwirtschaftlichen Primärprodukt über die Anreicherung, die Veredelung und auch die Aufschlüsselung der Nahrungsmittel bis hin zum Arzneimittel ist fließend. Schon lange gilt es, darauf eine Antwort zu finden. Wir haben sie mit dem neuen Ministerium gefunden.
Wir gehen davon aus, dass wir damit den Weg in die Zukunft beschritten haben. Ich halte diese Rede gern vor Ihnen, weil ich Ihnen zwei Eindrücke vermitteln möchte, die mich gestern tief beeindruckt haben. Ich nahm gestern Vormittag am Forum Lifescience in Garching teil. Von Ihnen habe ich niemanden gesehen; das passt auch nicht in Ihr Konzept. Das war ein Highlight und eine beeindruckende bayerische Standortbestimmung in den Bereichen Lebensmittelsicherheit und neuartige Lebensmittel.
Funktionalfood, biotechnologisch gewonnene Produkte, Antioxidantien, Vitamine, Provitamine, Ballaststoffe, Pro-, Prä- und Synbiotika sind Realität und heute nicht mehr wegzudenken, auch wenn wir nicht darüber reden. Wir müssen diese Entwicklung positiv kritisch begleiten.
Wie könnten wir das anders als in der Form, wie wir das tun?
Gestern Abend nahm ich an der Besichtigung einer großen Münchner Brauerei und einer Diskussion mit der Arbeitsgemeinschaft bayerischer Ernährungswirtschaft teil.
Das würden Sie als Problem bezeichnen.
Das würden Sie als Problem bezeichnen, weil Sie verdrängen, dass Bier auch ein Nahrungsmittel ist, das hochwertig und qualitativ gut sein muss. Sie wissen auch, dass unsere bayerische Ernährungswirtschaft hervorragende Leistung bringt. Bei dieser Gelegenheit wurde deutlich, welche hervorragenden Nahrungsmittel wir in Bayern haben, die mit größter Sorgfalt produziert und durch eigene Kontrollmechanismen laufend streng geprüft werden. Auch das sollten wir den Verbrauchern vorstellen. Es geht nicht um Panikmache, sondern es sollen die Schwachstellen aufgezeigt und nicht über alles geschimpft werden.
Der permanente Erhalt der Qualität ist das beste Marketingkonzept dieser Firmen. Sie verwenden deshalb darauf größte Sorgfalt. Dennoch gilt es – ich komme auf eine weitere Aufgabe – sich von allen diesen Firmen die Transparenz der Produktionsabläufe, verbunden mit Hygienemaßnahmen, aufzeigen zu lassen. Hier besteht ein enger Zusammenhang mit dem integrierten Gesundheitsmanagement in den Betrieben. Auch darauf komme ich als Aufgabe zu sprechen.
Nur gesunde, sorgfältig arbeitende und zufriedene Mitarbeiter können Produkte von dauerhafter und größter Qualität produzieren. Hier schließt sich ein weiterer Kreis, nämlich die Zusammenlegung der schon bewährten Gesundheitsprävention mit den Angelegenheiten der Ernährung, des ernährungsbezogenen Gesundheitsund Verbraucherschutzes mit den Angelegenheiten des Arbeitsschutzes – Herr Wahnschaffe wird darauf sicherlich gern eingehen – und der Gewerbeaufsicht, wie in den Paragraphen 2 und 3 des Gesetzes festgelegt.
Das macht wirklich Sinn, besonders dann, wenn wir mit einem kompetenten Beratungssystem für transparente betriebliche Abläufe und Selbstkontrollen sorgen und nicht den Typ eines arroganten, fachlich inkompetenten Johnny Controlletti in die Betriebe schicken. Hier ist die gründliche fachliche Ausbildung die „Visitenkarte“ des neuen Ministeriums, wie ich es bezeichnen möchte.
Sicherheit, Qualität und Transparenz bei der Entwicklung der Produkte, bei den Herstellungsprozessen, beim Einkauf von Rohstoffen und in der Distribution in den Betrieben führen jedoch nur dann zum Ziel, wenn das Vorfeld stimmt. Auch auf dieses Vorfeld sind Sie, Frau Biedefeld, nicht eingegangen.
Aktuelle Ereignisse zeigen aber, dass die Anforderungen an qualitätssichernde Maßnahmen im Vorfeld der Ernährungsindustrie deutlich verbessert werden müssen. Hohe Sicherheitsstandards in der landwirtschaftlichen Urproduktion, in der Futtermittelherstellung und in der Futtermittelkontrolle sind die entscheidenden Voraussetzungen für sichere Rohstoffe zur Weiterverarbeitung. Es muss doch unser gemeinsames Ziel sein, den höchstmöglichen Sicherheitsstandard beim Endprodukt zu gewährleisten. Denn dieses ist es, was der Verbraucher in die Hände bekommt. Die Ernährungsproduktion ist deshalb auch auf die Sicherheit der Vorprodukte angewiesen.
Hier hat Herr Minister Sinner in vorbildlicher Art und Weise konsequent sein künftiges Vorgehen dargelegt. Sie haben dazu überhaupt nichts gebracht. Sie haben keinen Gegenvorschlag gemacht, sondern nur geschimpft und gesagt, in Berlin werde alles besser gemacht. Aber so darf eine Partei, die vorhat, irgendwann selber die Verantwortung zu übernehmen, nicht argumentieren.
Herr Sinner ist in seiner Ausführung und in seiner Person glaubwürdig. Er wird von allen Beteiligten in ihrem ureigenen, auch existentiellen Interesse akzeptiert werden.
Die gegenwärtige Krise in der Lebensmittelsituation hat eine Schockwelle in der Bevölkerung ausgelöst. Die Schockwelle ist für alle schlimm genug: für die Produzenten und die Verbraucher. Sie darf von niemand missbraucht werden. Sie könnte ihr Gutes haben, wenn die Brüsseler Bürokraten endlich die Konsequenzen in Form eines endgültigen Tiermehlverfütterungsverbots zögen. Auch dazu habe ich von Ihnen heute nichts gehört. Wir müssen hier gemeinsam gegen diese Form der Verarschung des Verbrauchers, so will ich es einmal sagen, zu Felde ziehen. Es geht um 500000 Tonnen Tiermehl, das vermutlich verseucht ist.
Ja, Sie sind hier unruhig. Aber ich erwarte endlich Ihren Beitrag dazu, dass wir gegen solche Missstände gemeinsam angehen.
Was die EU am meisten gefährdet, sind Korruption und menschenfeindlicher Lobbyismus. Eine Freiheit ohne Grenzen, die wir immer mehr haben, erfordert überall, auch in Brüssel, ein noch höheres Verantwortungsbewusstsein.
Eine reale Gefahr zieht die Schockwirkung in der Bevölkerung allerdings auch noch nach sich, nämlich die, dass wir grünen Rattenfängern blauäugig hinterherlaufen. Frau Künast, von der es bald frei nach Renate Schmidt – Sie kennen ihren Ausspruch – heißen wird: „als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet“, versucht, uns vorzugaukeln, dass eine Nostalgielandwirtschaft der Ausweg aus der Krise sein könne. Eine nicht näher definierte, – in Anführungszeichen – artgerechte Tierhaltung, unter der sich jeder etwas anderes vorstellt, muss aber nicht unbedingt etwas mit einer besseren, hygienisch einwandfreien landwirtschaftlichen Produktion zu tun haben. Das sollten wir immer wieder darstellen. Wir
müssen jede Form der Produktion im Agrarbereich einzeln durchleuchten und den richtigen Weg gehen.
Und lassen wir uns nicht zu einer überschießenden Abneigung gegen alles, was mit Bio- und Gentechnologie zu tun hat, hinreißen! Wir müssen auch über den Tag hinaus und in die Zukunft schauen. Ich habe ja versucht, Ihnen darzulegen, wozu dieses Ministerium da ist. Wir haben in Bayern hervorragende Voraussetzungen, durch unsere Forschung, durch unsere Wirtschaft und auch durch die weitsichtige Neugründung dieses Ministeriums sowohl auf dem Gebiet der Gesundheitsvorsorge als auch auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge – hierzu gehört zuvorderst eine gesunde Ernährung – Vorbildliches zu leisten. Dazu erwarte ich in Zukunft Ihre konstruktive Mithilfe und nicht destruktives Herumnörgeln.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir heute genug konträre Auseinandersetzungen geführt haben. Hier bietet sich für uns die Gelegenheit, eine schwierige Situation gemeinsam zu meistern. Ich bedanke mich bei Herrn Staatsminister Sinner, dass er sich bereit erklärt hat, auf die umfangreichen Fragen, die in Ihrem Antrag enthalten sind, heute Antworten zu geben. Wir haben uns einvernehmlich geeinigt, den Antrag, sofern die Fragen zufriedenstellend beantwortet werden, für erledigt zu erklären.
Ich möchte jetzt einige Ausführungen zum Antrag der CSU machen. Wir würden es uns zu leicht machen, wenn wir behaupteten, dass die darin enthaltenen Forderungen nicht umgesetzt werden können. Ich möchte Ihnen anhand einiger Beispiele aus der Humanmedizin verdeutlichen, was alles verschlafen wurde. Sie alle
haben noch eine Druckstelle an der Seite. Diese Druckstelle stammt von der Pockenimpfung. Diese Impfung wurde eingestellt, weil die WHO offiziell erklärt hat, dass Pocken nicht mehr vorhanden seien. Obwohl niemand sicher ist, wurde diese Impfung eingestellt. Es kam aber niemand auf die Idee, die Pockenimpfung serologisch und impftechnisch auf dem aktuellsten Stand zu halten, damit wir sofort wieder einsteigen können, wenn es erforderlich werden sollte. Dies ist verschlafen worden. Ich kann Ihnen aus der Fachpresse einige Artikel zeigen. Wir wären in der aktuellen Situation bezüglich der Impfstoffe weiter, wenn wir die Gefahr ernst genommen und die Herausforderungen der Freiheit ohne Grenzen erkannt hätten.
Wir tun immer so, als ob wir bestimmen könnten, wann und wo eine Krankheit ausbricht. Wir haben immer noch mit Ländern zu tun, in denen die Maul- und Klauenseuche endemisch vorhanden ist. Die südlichen Länder Europas, ausgehend von der Türkei, sind ständig vom Aufflackern dieser Viruserkrankungen bedroht. In vielen Ländern Asiens, in Taiwan, in Südkorea, in Afrika und in den Ländern Südamerikas, zum Beispiel Kolumbien, Bolivien, Peru, Ecuador, Venezuela und Brasilien, ist die Maul- und Klauenseuche nach wie vor heimisch. Im asiatischen Teil der Türkei, in Anatolien, ist die Maul- und Klauenseuche endemisch. Es gibt einen Impfgürtel, der permanent unterhalten wird. Dieser Impfgürtel liegt zwischen dem asiatischen und dem europäischen Teil der Türkei. Die Firma „Bayer“ beliefert diesen Gürtel ständig mit Impfstoffen.
Wir werden uns mit dem Thema wieder auseinander setzen müssen, sobald die Türkei in die Europäische Union eintritt. Ich möchte damit klarmachen, dass wir um die Diskussion über eine sinnvolle neue Impfstrategie nicht herumkommen werden. Insofern stellt die momentane Krise eine heilsame Lehre dar. Sie haben soeben erklärt, dass es keine Markerimpfstoffe gegen die Maul- und Klauenseuche gebe. Es gibt jedoch eine andere Strategie. Vor zwei Jahren hat die amerikanische Firma „United Biomedical“ einen Test entwickelt, bei dem Proteine nachgewiesen werden, die bei der viralen Replikation entstehen, also bei der Erkrankung, aber nicht bei der Impfung. Dieses Verfahren ist aber noch nicht zugelassen. Wenn dieses Verfahren zugelassen wird, brauchen wir nicht unbedingt Markerimpfstoffe. In unserem Antrag heißt es aber unter Punkt c, dass wir die Bundesregierung und die Europäische Union auffordern, dahin gehend tätig zu werden, dass auch Nachweissysteme entwickelt werden, die eine sichere Unterscheidung zwischen Antikörpern von Feld- und Impfviren ermöglichen.
Ich möchte zusammenfassen: Wir wollen klarmachen, dass die Option für eine flächendeckende Impfung, wenn ein entsprechender Impfstoff vorhanden ist, Sinn macht. Das sieht auch die Bevölkerung so. Wir müssen uns vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt, im Hinblick auf die permanenten Gefährdungen, damit auseinander setzen. Wir wollen Ihnen mit unseren Antworten klarmachen, wie wir mit diesen momentan beschränkt qualifizierten und mit Problemen behafteten Impfstoffen umgehen, um eine bestmögliche Sicherheit zu bekommen. Ich möchte Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen und
damit der Bevölkerung zu vermitteln, dass wir alles tun, um diese Situation nicht zu verschlafen.
Max von Pettenkofer hat immer die Isolation, die Desinfektion und die Impfung herausgehoben. In den meisten Fällen konnte eine Seuche erst durch die Impfung gebannt werden. Wir wollen unserer Bevölkerung deutlich machen, dass wir dieses Problem mit allen Methoden der menschlichen Hygiene bekämpfen wollen. Keiner sollte den Eindruck haben, als würden wir nicht mit großem Verantwortungsbewusstsein und zusammen mit der Wissenschaft versuchen, dieses Problem zu meistern.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zum Ende dieser Aktuellen Stunde ein paar fachliche Überlegungen, die nicht in Schuldzuweisungen gegen irgendjemanden gipfeln. Vielmehr möchte ich feststellen, dass wir gemeinsam einen sehr schweren Weg vor uns haben. In der heutigen Diskussion wurden noch keine Lösungsansätze für diesen Weg aufgezeigt.
Ich möchte zunächst einen völlig verrückten Gedanken äußern: Wir leben in einer Zeit, in der ständig vom „Recycling“ und vom „sparsamen nachhaltigen Wirtschaften“ die Rede ist. Wenn diese BSE-Problematik nicht gekommen wäre, wäre behauptet worden, dass wir nachhaltig gewirtschaftet und Biorecycling betrieben hätten. Wir haben Energien und Fette wieder in den Kreislauf gebracht. So wurde das von vielen gesehen. Durch BSE hat dieses Denken eine völlig neue Dimension bekommen. BSE ist keine Seuche, sondern eine Entwicklung, die mit veränderten Eiweißproteinen zusammenhängt. Wir wissen noch gar nicht, wohin das führen wird.
Ich möchte feststellen, dass wir mit den Verbrauchern offen reden müssen. Wir wissen, dass der Verbraucher nicht den Schutz in den Vordergrund stellt, sondern häu
fig andere unmögliche Forderungen. Bisher war es kein Problem, wenn auf einem Etikett „Zusätze von Vitaminen“ oder „Anreicherung von Vitamin C“, „Beimengung von Kohlehydraten“ usw. stand. Häufig war es das, was der Verbraucher wollte. Heute sprechen wir von Designerfood. Sie sprechen von diätetischen Nahrungsmitteln und von einem Sammelsurium zwischen dem normalen Lebensmittel und dem Medikament. Wir müssen uns überlegen, wie wir zu einer verantwortungsbewussten und sinnvollen Ernährung kommen. Diese Ernährung wird sich nicht auf die klassischen Lebensmittel beschränken. Wir müssen diesen Weg verantwortungsbewusst gehen.
Wir haben heute über den sinnlosen Einsatz von Antibiotika diskutiert. Wir müssen aber zugeben, dass in fast allen Fleischsorten, auch im Geflügel, Antibiotika enthalten sind. Wir können dieses Problem nicht als erledigt betrachten, wenn wir ein paar Personen „verknackt“ haben, die illegal Antibiotika verabreicht haben. Solange wir offene Grenzen haben, müssen wir den Verbraucher aufrufen, bei der Wahl seiner Lebensmittel vorsichtig zu sein. Die Kennzeichnung und die Klarstellung, welche Folgen eine bestimmte Zusammensetzung hat, kann die Leute dazu veranlassen, bei offenen Grenzen Produkte auszuwählen, die qualitativ gut sind.
Wir müssen gemeinsam mit dem neuen Ministerium wieder Vertrauen schaffen. Wir müssen den Leuten klar machen, was nach unserer Kenntnis gesund ist. Wir müssen klarstellen, welche Produkte den Leuten nicht nur zuzumuten, sondern auch zu empfehlen sind. Die Medizin und die Frage, was der Mensch verträgt, was er braucht und was ihm nicht zugemutet werden kann, muss eine wesentlich größere Rolle spielen. Ich bitte Sie, sich mit uns nach diesem ersten vermeintlichen Schlagabtausch zusammenzusetzen. Wir sollten uns nicht gegenseitig vors Schienbein treten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit der Diskussion und dem erfreulicherweise gemeinsam gestellten Dringlichkeitsantrag ist bereits eine umfangreiche politische Nabelschau betrieben worden. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir es heute nicht dabei belassen, uns gegenseitig Vorwürfe zu machen. Aus meiner Sicht ist jetzt entscheidend, dass wir auch an die denken, die heute absolut zu kurz gekommen sind. Aus medizinischer Sicht sage ich, die Krankheitsfälle bei Menschen sind uns zwar nicht bekannt, aber wir wissen, dass diejenigen, die riesige psychische und wirtschaftliche Probleme haben, die Landwirte sind.
Die Landwirte standen unter den wechselhaften Einwirkungen von – zugegebenermaßen gut gemeinten – politischen Entscheidungen, die immer in der Abwägung standen, nicht noch mehr Schaden anzurichten und gleichzeitig das Richtige zu tun. Sie haben die wechselhaften Aussagen der Wissenschaft und die Tatsache, dass die Wissenschaft laufend Fortschritte gemacht hat, hinnehmen müssen. Sie sind diejenigen, die im Feuer stehen. Deshalb darf eines heute nicht passieren, nämlich dass wir noch mehr Unsicherheit verbreiten, als ohnehin leider durch die Medien vorhanden ist.
Die Aussage von Herrn Starzmann ging dabei in die richtige Richtung. Man kann es nicht oft genug betonen. Bevor ich ein paar medizinische Ausführungen mache, sage ich: Ich lasse mir mein Steak in Bayern nicht versalzen und nicht verschmecken. Ich vergewissere mich, dass das Fleisch aus Bayern kommt, und freue mich, wenn ich es esse. Es ist zehnmal gefährlicher, mit dem Flugzeug zu fliegen oder sonst etwas zu machen, als in Bayern ein Steak zu essen. Ein gesundes Steak trägt auch dazu bei, dass man gesund bleibt. Das will ich deutlich sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten uns aber doch Gedanken darüber machen, dass wir als Menschen einen Weg gegangen sind, der äußerst risikoreich ist. Nachdem schon sehr viel zu dem Thema gesagt worden ist, möchte ich als Arzt aus medizinischer Sicht Rückschau halten und auf Punkte aufmerksam machen, an denen wir erkennen müssen, wo die Risiken unseres Handelns liegen.
Es ist bekannt, dass bereits 1986 Scrapie als BSE-auslösende Ursache in England erkannt worden ist. BSE zählt zu der Gruppe der so genannten spongiformen Enzephalopathien, die bei Mensch und Tier bislang als äußerst selten galten. 1985 waren sechs verschiedene Krankheitsbilder der übertragbaren spongiformen Enzephalopathien bekannt. Es handelt sich um drei Formen beim Menschen, nämlich Creutzfeldt-Jakob, GerstmannSträussler und Kuru – darauf komme ich noch –, und drei Formen bei Tieren. Die bekannteste tierpathogene Erkrankungsform ist Scrapie, eine Erkrankung bei Schafen und Ziegen, die bereits 1730 beschrieben wurde. Wir müssen uns überlegen, warum kommt das alles jetzt auf uns zu. Da die Tiere durch ihren trabenden Gang auffielen und sich häufig kratzten, wurde die Krankheit in Deutschland Traberkrankheit genannt, in England Scrapie. Histologisch fand man eine langsam voranschreitende schwammartige Veränderung des Gehirns der betroffenen Tiere. 1985 traten neben BSE bei neun weiteren Spezies Tiererkrankungen auf, und zwar im Wesentlichen bei in Gefangenschaft gehaltenen Tieren.
Ich komme zurück auf Kuru. Wir merken, wie problematisch es ist, die normale biologische Kette in einem bestimmten Umfang zu durchbrechen. Kuru – „der lachende Tod“, wie die Krankheit genannt wurde – war eine neurologische Erkrankung bei einem Volk der Fore auf Papua Neuguinea in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts, also um 1950. Von der Krankheit waren jene befallen, die in einem makaber anmutenden Bestattungsritual die Hirne der Verstorbenen verspeist hatten. Das ist noch nicht lang her. Die Übertragbarkeit der Erkrankung konnte tierexperimentell nachgewiesen werden. Der Forscher Gajdusek, der für seine Untersuchungen mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, infizierte Affenhirne mit Hirngewebe von den an Kuru verstorbenen Menschen. Sechs Monate später waren alle Affen tot. Es wurde eine Infektion vermutet, obwohl die Krankheit degenerativ – das ist das Problem – und nicht wie eine Infektion oder Entzündung ablief. Nach Unterbindung des Übertragungswegs, also des Kannibalismus, verschwand die Erkrankung.
Wir kommen dem Ergebnis näher. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine seit langem bekannte Krankheit, die mit schleichenden Wesensveränderungen, Depression, sozialem Rückzug bis hin zu Lähmungen, Muskelzucken und Halluzinationen einhergeht. Fast alle der Patienten waren über 60 Jahre, und die Krankheitsdauer war kurz. Was müssen wir daraus lernen? – Auch wenn die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sehr selten ist – eine Erkrankung pro Jahr unter einer Million Menschen –, sind doch, auch wenn man das nie geglaubt hat, plötzlich so genannte iatrogene, also durch Werkzeuge bei Operationen verursachte, Übertragungen bekannt geworden. Insbesondere wenn man Wachstumshor
mone von infizierten Menschen anderen gegeben hat, hat man Creutzfeldt-Jakob übertragen können. In einigen Fällen wurde auch geäußert, dass dies bei Hirnoperationen passiert sein könnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir lernen also, in der Forschung mit einem völlig neuen Krankheitsbild laufend verantwortungsbewusst umzugehen. Wir sind äußerst bestürzt, wenn wir erkennen, dass wir etwas gemacht haben, was wir gar nicht wussten. Ich komme jetzt zu der anderen Problematik. Es ist letztlich auch eine Art von Kannibalismus, dass man damit begonnen hat, Schafen Schafe in verarbeiteter Form zu füttern. Es gilt als sicher, dass BSE durch die Verfütterung von ungenügend sterilisiertem Tierkörpermehl aus Resten geschlachteter Schafe und Ziegen, unter denen sich Scrapie-infizierte Tiere befunden hatten, ausgelöst wurde. Rinder und Kälber, die üblicherweise bereits in frühem Alter mit Futterkonzentraten ernährt wurden, erhielten das so produzierte proteinreiche Futter nicht.
Als Mitte der Achtzigerjahre die ersten BSE-Fälle auftraten, galten zirka 30% der englischen Schafherden als Scrapie-infiziert. Vermutlich setzten 1981 in Großbritannien – hören Sie gut zu – eingeleitete Energiesparmaßnahmen die BSE-Seuche in Gang. Warum? – Zu einem frühen Zeitpunkt hatte man erkannt, dass Tiermehl, wenn es streng behandelt wird, keine Probleme bereitet. In erster Linie ging es um die Inkubation des Materials bei 130 Grad und organische Lösungsmittel bei hohen Temperaturen – acht Stunden bei 70 Grad –, die zur Eluierung von Fett aus Gewebe beitrugen. Anschließend erfolgte die teilweise Entfernung von Restbeständen des Lösungsmittels durch die Behandlung mit heißem Dampf über 15 bis 30 Minuten. Es gibt statistische Beweise, dass es faktisch keinen Ausbruch gab, solang das so gemacht wurde, obwohl die Tiere das gefressen haben und der Kannibalismus an sich schon das Problem war. Erst durch einen weiteren Fehler, nämlich durch die Sparmaßnahmen und die Unvorsichtigkeit, kam es zu der verheerenden Folge. Man hat die Temperatur auf 110 Grad reduziert und vieles andere.
Das heißt, wir haben überhaupt keine andere Wahl, als dieses Tiermehl – wo auch immer – zu entsorgen. Aber es ist falsch, Panik zu machen und zu sagen, dass wesentlich mehr passiert, wenn ein Bauer noch einen Sack Tiermehl verfüttert, weil es noch kein Gesetz gibt. Wir müssen in die Zukunft denken. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir erkennen, dass nur durch den Verzicht auf Tiermehl die speziesübergreifende Infektion von Rindern – man spricht hier vom vertikalen Infektionsweg – ausgeschlossen werden kann. Die plötzlich ansteigende Inzidenz der BSE-Seuche zwischen 1988 und 1992 auf das Siebzehnfache war vermutlich bedingt durch das Recycling von BSE-infizierten Rindern in Tierkörperbeseitigungsanstalten und durch den hieraus resultierenden Wegfall der Speziesbarriere. Es war also wieder der Kannibalismus, der horizontale Infektionsweg.
Ich sage das ganz bewusst, denn nur die Rückführung auf wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht die Schuldzuweisungen können uns weiterbringen. Obwohl wir immer vom jetzigen Stand der Technik und der Wissen
schaft reden, müssen wir sehen, dass die Wissenschaft morgen schon auf einem anderen Weg ist.
Wir können sagen, dass nach jetziger Erkenntnis letzten Endes beim Rindfleisch nur wenige infektiöse Gewebe, wie Gehirn und Ähnliches, jedoch nicht Muskelfleisch die Krankheit übertragen können, dass es aber letztlich dennoch einen Rest an Unsicherheit gibt. Wenn ich also mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass eine Herde nicht BSE-infiziert ist, ist die Wahrscheinlichkeit, sich durch Muskelfleisch zu infizieren, sehr gering. Aber der jetzige Wissensstand bedeutet, dass Rinderprionen offensichtlich im Verhältnis zu den Prionen anderer Spezies in der Übertragung auf andere Spezies ein enorm gesteigertes Virulenzpotenzial aufweisen. Außerdem spielen Rindfleischprodukte in der Ernährung des Menschen eine wichtige Rolle und es findet bovines Material in der Arznei- und Kosmetikindsutrie eine ubiquitäre Verwendung.
Frau Schopper, Sie haben auch gesagt, wir müssten uns noch über den Fleischkonsum unterhalten. Aber dies ist der falsche Weg. Qualifiziertes, wirklich gut und in einer Linie verfolgt produziertes Fleisch ist ein hervorragendes Nahrungsmittel. Wenn Frau Schopper noch da wäre, würde ich sie am liebsten fragen, ob sie das Risiko eingeht, irgendein genverändertes Pflanzenprodukt aus dem Ausland anstellte des Rindfleisches zu bevorzugen. Man darf nichts verteufeln, sondern wir müssen offen in die Zukunft gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir versichern mit diesem gemeinsamen Antrag, dass wir gemeinsam einen Weg beschreiten, der die Qualität aus Bayern hervorhebt, dass wir diesen Weg mit hervorragenden Wissenschaftlern begleiten und in Zukunft der Bevölkerung noch offener sagen werden, wie sich die Dinge verhalten; denn niemand kann für den anderen die Garantie übernehmen: kein Arzt für den Patienten, kein Politiker für das Volk, aber gemeinsam können wir diese schwierige Situation meistern.
Frau Kollegin Kellner, ist Ihnen bekannt, dass das Gesundheitsreformgesetz von den GRÜNEN in Berlin durchgedrückt worden ist? Ist Ihnen bekannt, dass wir eine grüne Bundesgesundheitsministerin haben, die erklärt hat, dass wir zu viel Kliniken hätten und dass Betten abgebaut werden müssten? Ist Ihnen bekannt, dass diese Gesundheitsministerin für das Budget verantwortlich ist, das die gesamte Lohnstruktur in den Krankenhäusern derartig durcheinander bringt, dass wir Pflegedienste abbauen müssen? Sie sind dafür verantwortlich und schieben diese Verantwortung anderen zu. Wie stehen Sie dazu?