Heiner Merz

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Sehr geehrte Frau Prä sidentin, werte Kollegen Abgeordnete! Hier habe ich nur zwei Minuten Redezeit, aber im Finanzausschuss habe ich lange und ausführlich zu diesem Thema geredet. Sie können es auf meiner Homepage nachlesen.
Es handelt sich um das Bodenwertsteuergesetz – auch so ge nannt von der Frau Finanzministerin –, das kaum mehr etwas mit der Materie der herkömmlichen Grundsteuer oder der Grundsteuer in anderen Bundesländern zu tun haben wird. Ich möchte deshalb besser von einer Bodenfiktivwertsteuergesetz gebung reden. Diese Bodenfiktivwertsteuer ist ökologisch falsch, sozial und moralisch falsch sowie juristisch-legal äu ßerst fragwürdig.
Wieso ökologisch falsch? Es ist ein Kreuzzug gegen Platz und Gärten rund um die Häuser.
Intakte Hausgärten werden in Zukunft ein teurer Luxus sein. Aber wo sonst als in intakten Hausgärten haben wir eine klein räumige Biodiversität?
Die Bodenfiktivwertsteuer ist sozial und moralisch falsch. Sie trifft heftig Besitzer, Mieter, Bewohner von Ein- und Zweifa milienhäusern in älteren Wohngebieten, nämlich dort, wo man sich diese Wohnungen früher einfacher leisten konnte. Sie bie ten vergleichsweise billiges Wohnen. Es wohnen darin junge Leute, junge Familien, es wohnen Rentner darin. Diese Woh nungen werden extremst verteuert. Das ist absurd. Das ist so zial und moralisch wirklich falsch.
Zudem ist die baden-württembergische Bodenfiktivwertsteu er juristisch-legal äußerst fragwürdig. Woher sonst kommt das dauernde Pfeifen im Walde, wenn ich andauernd höre, das sei verfassungskonform? Sie wissen genau: Was Sie da machen, ist fragwürdig.
Denn nicht der konkrete, der momentan tatsächliche Wert des Grundstücks wird besteuert, sondern ein fiktiver Wert. Es heißt sogar mehrfach im Gesetzentwurf „das Potenzial eines Grund stücks“, das heißt der abstrakte Wert, die abstrakte Leistungs fähigkeit des Grundstücks, kein konkreter Wert. Das ist eine fiktive Fantasiezahl. Das, was mit dem Grundstück vielleicht
möglich wäre, soll besteuert werden. Das ist eine Steuer auf eventuelle Möglichkeiten, nicht auf Fakten und Tatsachen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass Gerichte dies erkennen und die sen ideologischen Wahnsinn stoppen. Wenn nicht, dann wer den wir in ca. zehn bis 15 Jahren...
... kaum mehr freiste hende Ein- und Zweifamilienhäuser im Einzugsbereich von Städten, Vororten und Gemeinden haben.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, werte Kollegen Abgeordnete! Im Gesetzentwurf heißt
es unverblümt: „Druck zur Bebauung unbebauter oder schlecht ausgenutzter Grundstücke“. Schlecht ausgenutzte Grundstü cke sind kleinere Häuser mit größeren Gärten, so wie dies in älteren bestehenden Baugebieten durchaus üblich war. Hier kann also dem Druck zur Bebauung schlecht ausgenutzter Grundstücke nur auf zwei Wegen stattgegeben werden: ent weder durch Zusatzbebauung oder durch Abriss und Neube bauung.
Doch ist es überhaupt möglich, ein gar mehrstöckiges Zusatz wohnhaus in einen Vorgarten oder auf bestehende Stellplätze zu bauen? Wohl eher nicht. Ziel des Gesetzes ist es also un verblümt, bestehende und oft liebevoll instand gehaltene Häu ser abreißen zu müssen, um dort mehrstöckige Wohntürme ohne viel Grün drum herum maximalflächig hinzubauen.
Dass das konkret aufgrund bestehender kommunaler Bebau ungspläne in den meisten Fällen gar nicht geht, das wird von den Entwerfern des Gesetzes genauso ignoriert wie die Tatsa che, dass in den bestehenden Häusern Menschen leben, die dort zu Hause sind. In solch älteren und kleineren Häuschen wohnen vor allem auch junge Familien, denn diese alten und kleinen Häuschen waren bis vor einigen Jahren vergleichs weise billig; man konnte sie sich also leisten.
Zukünftig kann sich jedoch in Vorstadtgebieten kein Rentner und keine junge Familie – außer sie wären Großverdiener – das eigene Haus mehr leisten. Die Grundsteuer für ein Haus mit Garten in städtischen Einzugsgebieten steigt nämlich um zig Hunderte von Prozent. Die „Stuttgarter Zeitung“ schrieb hierzu am 10. Juli: in Böblingen von bisher 127 auf 926 €, in Leonberg von 329 auf 1 823 €.
Die Hebesätze sind für die Stadt insgesamt.
Hier geht es um einzelne Grundstücke. Der Hebesatz wird nicht pro Grundstück erhoben, sondern für das gesamte Stadt gebiet. Denken Sie mal darüber nach.
Mir selbst ist ein Fall in Waiblingen bekannt, bei dem die Grundsteuer für ein altes Haus mit Garten von jetzt 168 € auf 2 551 € steigen wird.
Das kann ich nachweisen. Kommen Sie zu mir. Ich zeige es Ihnen. Das ist das 15-Fache.
Der Hebesatz ist für die ganze Stadtfläche.
Ja natürlich! Aber wir reden jetzt von kleinen Häusern mit großen Gärten.
Ich war im Gemeinderat, und ich weiß, wovon ich rede.
Der Hebesatz ist für die Stadtfläche. Dort z. B., wo ich woh ne, sind es 390 %.
Der muss geändert werden. Das ist leicht gesagt. Die Stadt muss quasi insgesamt aufkommensneutral werden.
Sie sagen, das würden Sie anpeilen. – Ja, genau, für die gan ze Stadtfläche. Wir reden hier aber von den Verwerfungen, von den kleinen Häusern mit großen Gärten,
die bei der Bodenfläche so belastet werden wie ein Hochhaus, das zig Millionen wert ist. Kommen Sie einmal auf den Bo den. Denken Sie einmal darüber nach.
Das baden-württembergische Grundsteuergesetz ist ein Kreuz zug gegen Bewohner von kleineren Häusern mit Garten in äl teren Wohngebieten und kann weder sozial noch moralisch gerechtfertigt werden.
Danke schön.