Tobias Brenner
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Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wo Käse draufsteht, muss auch Käse drin sein. Der Verbraucher hat einen Anspruch darauf. Denn: Wer Käse nachmacht oder verfälscht oder nachgemachten oder verfälschten Käse als echt in den Verkehr bringt, ist – wenn Sie so wollen – ein „Falsch käser“ und unterscheidet sich zwar graduell, aber nicht prin zipiell von einem Falschmünzer – er unterscheidet sich wohl im Geruch, aber wohl nicht einmal im Gewinn. Vor beiden müssen der Verbraucher und der Verkehr geschützt werden.
Die Stellungnahme der Regierung zu dem Antrag räumt zum Teil erhebliche Verstöße ein, nämlich bis zu über 50 %. Die Regierung räumt auch ein:
Die derzeit geltenden Kennzeichnungsvorschriften rei chen nicht aus, um eine klare, gut sichtbare und leicht verständliche Kennzeichnung von Imitaten und ihre Ab grenzung vom Original zu gewährleisten.
Sie erkennt, dass Imitate künftig „direkt in Verbindung mit der in Bezug genommenen Verkehrsbezeichnung auf der Schauseite der Verpackung kenntlich gemacht werden“ müs sen.
So richtig und wichtig die angesprochene Bundesratsinitiati ve mit dem Zweck, auf europäischer Ebene für transparente und strengere Regelungen bei der Kennzeichnung von Le bensmittelimitaten zu sorgen, ist, so wenig genügt es, den Splitter im Auge des großen Bruders EU zu sehen und den Balken mangelnder Kontrolle bzw. Kontrolleure im eigenen Auge auszublenden.
Denn am Ende der Stellungnahme, bei den Kontrollen und Kontrolleuren, wird es dürr. Das ist kein Wunder, denn die Landesregierung musste unlängst zwar einen entsprechenden Personalmangel einräumen, will aber trotzdem nichts dage gen tun.
Die Landesregierung selbst hat in ihrer Antwort auf einen SPD-Antrag dargelegt, dass die Verwaltungsbehörden „in ei ner Erhebung aus dem Jahr 2008 einen Bedarf von ca. 350 Le bensmittelkontrolleuren“ festgestellt hätten. Einschließlich der bis zum Jahresende hinzukommenden 66 Stellen sind je doch nur 288 Stellen besetzt, also 62 zu wenig. Konkret heißt das, dass in fast jedem Landkreis noch immer mindestens ein weiterer Kontrolleur fehlt.
Diese Unterbesetzung ist noch immer Folge der Verwaltungs reform, mit der vor einigen Jahren der Wirtschaftskontroll dienst zerschlagen wurde und die Lebensmittelkontrolle bei den Landkreisen neu aufgebaut werden musste. Die ehemali gen WKD-Beamten sind nach und nach wieder in den Poli zeidienst zurückgekehrt, wo sie nun, ungeachtet ihrer guten Qualifikation als Lebensmittelkontrolleure, wieder den Ver kehr überwachen und typische Polizeiaufgaben wahrnehmen müssen.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass BadenWürttemberg im Verbraucherschutzindex der Bundesländer auf den unrühmlichen zehnten Platz abgerutscht ist. Dieser Abstieg liegt nicht zuletzt an der mangelhaften, weil unterbe setzten Lebensmittelkontrolle im Land.
Darum: Legen Sie einen Plan, ein Konzept für eine Aufsto ckung vor. Denn ein möglicher Lebensmittelskandal aufgrund mangelnder Kontrolle wäre nicht nur ein Skandal auf dem Rü cken der Verbraucher, sondern auch ein Skandal der Regie rung.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! „Wehret den Anfängen, denn wer es zulässt, dass Wind gesät wird, muss sich über Sturm nicht wundern.“ Um dieses Motto geht es im Prinzip.
Wir sind uns wohl alle einig, dass es sich bei der NPD um ei ne rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Partei han delt, die gegen die demokratische und rechtsstaatliche Ord nung des Grundgesetzes agitiert. Das Innenministerium schreibt dies selbst in seiner Stellungnahme und räumt auch ein, dass aus den Reihen der NPD – ich zitiere – „der bundes deutschen Verfassungsordnung immer wieder der Kampf an gesagt“ werde.
Uneinigkeit herrscht offenbar bei der Frage eines neuerlichen Verbotsverfahrens. Die Regierung fürchtet wohl entweder ei ne Verdrängung des Rechtsextremismus oder sieht die Gefahr, dass sie sich beim Bundesverfassungsgericht möglicherwei se eine blutige Nase holt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob ein neues NPD-Ver botsverfahren angestrengt wird, ist in erster Linie natürlich keine rechtliche, sondern eine politische Frage. Denn die NPD hat immer wieder offen das Gegenteil von dem vertreten, was unser Grundgesetz vorgibt: Sie legt eine offene Verherrlichung des Nationalsozialismus und ein aggressiv-kämpferisches Vor gehen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung an den Tag.
Die NPD hat zudem immer wieder ihr ambivalentes Verhält nis gegenüber Gewalt und gegenüber der gewaltbereiten Sze ne zur Schau gestellt. Sie bietet bei NPD-Demonstrationen auch den sogenannten „Autonomen Nationalisten“ eine Büh ne. Das sind Gruppierungen, die auch dem Landesamt für Ver fassungsschutz wegen ihrer hohen Gewaltbereitschaft gegen über Polizisten und Gegendemonstranten des Öfteren auffal len.
Die NPD übt daneben den offenen Schulterschluss mit gewalt tätigen, rechtsextremistischen Skinheads und hat im Rahmen ihrer Volksfrontstrategie auch bekannte Neonazikader in ho hen Parteifunktionen installiert.
Unsere wehrhafte Demokratie hat nicht nur das Recht und die Pflicht, sondern hat auch die Mittel, sich gegen diese Partei zur Wehr zu setzen, die offen und aggressiv gegen die frei heitlich-demokratische Grundordnung arbeitet. Das geht aber natürlich nur, wenn sich alle demokratischen Parteien einig sind und alle an einem Strang ziehen. Ich wiederhole: Das ist eigentlich keine rechtliche, sondern eine politische Frage.
Die klare Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts für ein wei teres Verbotsverfahren ist zum einen, dass während der Vor bereitung und der Durchführung des Verbotsverfahrens alle V-Leute von den unterschiedlichen Verfassungsschutzbehör den zurückgezogen werden, und zum Zweiten, dass der Ver botsantrag selbst nicht allein durch Erkenntnisse begründet werden darf, die durch nachrichtendienstliche Mittel gewon nen werden. Dass man sich hieran orientieren muss, ist eigent lich klar.
Das ist aber auch möglich, denn die NPD selbst liefert ja ge nug Argumente für ein Verbot. Das hat auch die Material sammlung „Verfassungsfeind NPD. Dokumente eines Kamp fes gegen die Demokratie“ der Innenminister von Sachsen-An halt, Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein eindeutig belegt. Es fragt sich nur, warum die Landesregie rung von Baden-Württemberg zu dieser Materialsammlung nicht konstruktiv beigetragen hat.
Klar ist natürlich: Ein Verbotsverfahren setzt den Willen aller voraus, an einem Strang zu ziehen. Klar ist aber auch, dass al lein ein Verbot der NPD das Problem des Rechtsextremismus nicht löst. Andererseits ist aber genauso klar, dass ein Verbot eine deutliche Grenze aufzeigen würde und klarmachen könn te, wie wenig eine Gesellschaft bereit wäre, eine Partei zu ak zeptieren, die sich so offen gegen die freiheitlich-demokrati sche Grundordnung auflehnt und gegen sie arbeitet.
Diese Grenze wäre auch eine Art Selbstvergewisserung für unsere Gesellschaft. Denn es ist eigentlich nicht länger hin nehmbar, dass sie von Parteiprivilegien profitiert und ihre menschenverachtende und menschenfeindliche Politik auch noch mit Steuergeldern finanziert wird. Darum geht es letzt lich auch.
Ein solches Verbot kann natürlich nicht allein stehen; das ist klar. Es ist nur dann zielführend, wenn rechtsextremistische Bestrebungen in unserer Gesellschaft auch auf anderen Ebe nen angegangen werden. Wir von der SPD erwarten da mehr Engagement und klare Konzepte von der Landesregierung, Herr Innenminister. Ein solches Konzept haben wir bisher ver misst.
Man muss natürlich sagen, dass im Vorfeld dieses NPD-Ver botsverfahrens schwere Fehler gemacht wurden. Es war schlecht oder etwas schlampig vorbereitet. Aber das allein ist noch kein Argument, es nicht noch einmal zu versuchen, wenn es exakt und seriös vorbereitet worden ist.
Daher, Herr Innenminister, mein Appell: Ziehen Sie die V-Leute zurück, und machen Sie den Weg für ein neues Ver botsverfahren frei.
An die Kollegen der FDP/DVP und der CDU richte ich den Appell: Setzen Sie sich konstruktiv mit einem Verbotsverfah ren auseinander. Dann werden wir auch Erfolg haben.
Vielen Dank.
Lieber Herr Kollege Zimmer mann, natürlich hat sich nichts daran geändert; denn es wur de ja kein neuer Antrag gestellt. Genau darum geht es. Sie ha ben auch in einem anderen Punkt recht: In erster Linie muss man nicht Sie überzeugen – das wäre noch einmal schöner –, sondern das Bundesverfassungsgericht.
Das erste Verfahren beim Bundesverfassungsgericht – das weiß jeder, der sich damit auseinandergesetzt hat; Herr Kluck, das wissen auch Sie – ist gerade an der Weigerung geschei tert, die Namen der V-Leute der Verfassungsschutzbehörden zu offenbaren. Diese Voraussetzungen muss man natürlich schaffen. Darum geht es.
Insofern hat man auch hier in Baden-Württemberg – darin stimme ich Ihnen nicht zu – eine neue Situation. Denn gera de in Baden-Württemberg – das zeigen auch die Berichte des Verfassungsschutzes – gibt es seit Jahren ein kontinuierliches Mitgliederwachstum der NPD, gerade auch bei den Jugend organisationen; dies hat sich binnen drei Jahren verdoppelt. Sie sind von den Mitgliedern und der Struktur her der stärks te Verband. Man arbeitet auch hier sehr eng mit den Autono men zusammen.
Genau das Wissen, das man über diese Organisation gesam melt hat, reicht unseres Erachtens aus, um das Verfahren in haltlich zu bestehen. Beim ersten Verfahren scheiterte dies an den formalen Voraussetzungen. Das weiß man. Insofern hat ein Verbotsverfahren, wenn es seriös gemacht wird, durchaus Chancen auf eine Realisierung.
Ich denke, deswegen muss man vor dem Bundesverfassungs gericht nicht „die Hosen voll haben“,
dass man solche Auseinandersetzungen nicht bestehen kön ne.
Ich habe ja eingeräumt: Die Auseinandersetzung kann nicht auf ein Verbotsverfahren eingeschränkt werden, sondern sie muss auf allen gesellschaftlichen Ebenen geführt werden: in den Schulen, in unseren Diskussionen, in der ganzen Breite der Gesellschaft. Das ist keine Frage.
Nur – das war Ihr Einwand –: Was hat man denn gewonnen, selbst wenn man Erfolg hat? Man hat immerhin gewonnen,
dass man hier einen Verfassungsfeind verboten hat, der mit seiner menschenfeindlichen Politik dann nicht auch noch durch Staatsgelder alimentiert wird. Das ist schon ein Prob lem; es ist skandalös, dass man diese Partei auch noch mit Staatsgeldern alimentiert. Das ist das Problem. Man hat au ßerdem eine klare Kante gezeigt: Bis hierher und nicht wei ter. Darum geht es letztendlich.
Das wäre – angenommen, das Verfahren kommt durch – auch der politische und gesellschaftliche Gewinn.
Vielen Dank.
Ich will nur noch auf einen Aspekt hinweisen. Sie haben zu Recht bemerkt, es sei noch nicht alles getan. Sie haben auch zu Recht angeführt, dass es in erster Linie eigentlich um den Jugendschutz geht. Genau dazu habe ich vorhin Zahlen genannt. Ich habe vielleicht an dere Informationen als Sie. Das Neue oder Besondere am Lan desverband der NPD in Baden-Württemberg ist, dass dessen Jugendorganisation sich in den letzten drei Jahren zahlenmä ßig verdoppelt hat und strukturell der stärkste und aktivste Teil ist, der auch mit den Autonomen zusammenarbeitet. Da sehe ich ein großes Problem, auch und gerade in Baden-Württem berg. Vielleicht können Sie dazu noch einen Satz sagen.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat es schon angesprochen: Mit der Bereinigung von Bundesrecht wurde das Hinterlegungsrecht in die Sach materie des Landesgesetzgebers überführt und die Hinterle gungsordnung als Hinterlegungsgesetz gefasst. Die Regelun gen sind weitgehend übernommen worden. Im Prinzip han delt es sich um ein unspektakuläres Verfahrensrecht, das, wenn man von den dinglichen Wirkungen der Hinterlegung einmal absieht, eigentlich die verfahrensrechtliche Seite der Hinterlegung regelt, und zwar der Hinterlegung zum einen na türlich zu Sicherungszwecken und zum anderen – das wurde angesprochen – im Sinne eines Erfüllungssurrogats, um sich von Verbindlichkeiten zu befreien, wenn etwa die Erfüllung nicht möglich ist, z. B. aus Gründen, die aus der Gläubiger sphäre kommen.
Das einzig Diskussionswürdige ist die Verzinsungsregelung. Bis 10 000 € soll nicht verzinst werden, und ab 10 000 € zu 1 %. Diese Regelung ist, vorsichtig ausgedrückt, etwas gegrif fen, um nicht zu sagen, etwas willkürlich, denn der Aufwand ist der gleiche, ob der Betrag nun unter oder über 10 000 € liegt. Aber das ist ein Punkt, der nicht so entscheidend oder zentral ist, dass man die Zustimmung oder die Ablehnung des Gesetzes davon abhängig machen sollte. Etwas elaborierter ausgedrückt: Es ist keine Conditio sine qua non für eine Zu stimmung.
Wir stimmen dem Gesetz also zu und bedanken uns auch beim Justizministerium.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an den Vorredner anknüpfen und noch einmal betonen: Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Verfassungs- und Gesetzeswirklichkeit mit der Theorie in Einklang zu bringen. Anlass war die in einer Beratenden Äußerung zum Ausdruck gebrachte Auffassung des Rechnungshofs, dass politische Aktivitäten der Fraktionen – ich darf zitieren – „nicht umfassend“ aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden dürfen.
Dies impliziert ja eigentlich, dass die Rechtsstellung der Fraktionen noch nicht ausreichend gesetzlich präzisiert und geklärt ist, etwa im Blick auf Aktionen, Auftritte – dazu gehört auch der Internetauftritt –, Umfragen und Werbematerialien der Fraktionen.
Genau dem trägt der vorliegende Gesetzentwurf nun dadurch Rechnung, dass er diese Aufgaben präzisiert, indem er erstens die Aufgaben aus heutiger Sicht definiert, zweitens die eigenständige – ich betone: eigenständige – Öffentlichkeitsarbeit zur Vermittlung von Konzepten, parlamentarischen Initiativen und Standpunkten ausdrücklich als Aufgabe der Fraktionen benennt und drittens klarstellt und – das ist auch ganz
wichtig – ergänzend regelt, dass das Ob und das Wie der Wahrnehmung entsprechender politischer Aufgaben keinesfalls Gegenstand der Prüfung durch den Rechnungshof sein kann.
Diese Regelung sanktioniert damit im Prinzip die Verfassungsrechtsprechung, die den Wandel in der parlamentarischen Arbeit eigentlich schon längst anerkannt hat und die Zuordnung von Parlamentsrechten hin zu den einzelnen Fraktionen sowie die Finanzierung der Fraktionen aus öffentlichen Mitteln im Prinzip als verfassungskonform anerkannt und bestätigt hat. Damit wird im Prinzip nicht zuletzt der viel zitierten normativen Kraft des Faktischen Rechnung getragen. Denn die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen hat sich seit dem Inkrafttreten der Verfassung fundamental verändert, weil sich natürlich auch die Gesellschaft und die Demokratie unter den Bedingungen der Mediendemokratie verändert haben.
Dementsprechend müssen auch die Mittel und das Handwerkszeug angepasst werden, nämlich die Möglichkeiten der erweiterten Öffentlichkeitsarbeit zur Unterrichtung von Bürgerinnen und Bürgern, zur Unterrichtung von Interessengruppen, zur Unterrichtung von Verbänden, zur Unterrichtung von Einrichtungen und zum Austausch mit diesen Gruppen. Dazu gehört auch das neue Medium Internet.
Dass dabei insgesamt natürlich die Grenze zwischen Fraktion und Partei nicht verwischt werden darf, versteht sich von selbst. Das bestreitet in diesem Haus eigentlich auch niemand.
Aus diesem Grund stimmen wir dem vorgelegten Gesetzentwurf zu und wünschen uns, weil es die Regierungs- und die Oppositionsfraktionen gleichermaßen betrifft, die Unterstützung des gesamten Hauses.
Herzlichen Dank.