Jörg Döpper

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Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In Ammerbuch bei Tübingen versucht der Petitionsausschuss, einen Spielplatz zu erhalten. Es gilt, Einvernehmen zwischen den Spielplatzbetreibern und denjenigen, die mit viel ehrenamtlichem Engagement diesen Spielplatz hergerichtet haben, und den Nachbarn, die sich in ihrer Ruhe gestört fühlen, herzustellen. Das ist eine wirklich nicht leichte Aufgabe, die inzwischen auf unseren Vorschlag hin – die Kollegin Haller-Haid, der Kollege Palmer und ich waren vor Ort –
Entschuldigung, Frau Kollegin Berroth, da ist mir ein kleiner Fauxpas unterlaufen – mit den Beteiligten erörtert und gelöst wird.
Dieser Fall zeigt, wie wichtig der Petitionsausschuss ist und wie wichtig es ist, dass alle Fraktionen bei Vor-Ort-Terminen dabei sind, und er zeigt,
dass der Gesprächsfaden
nie abreißen sollte.
Das Petitionsrecht, ein Grundrecht, gibt dem Bürger die Möglichkeit, seine Nöte und Sorgen auf einfachem Wege direkt dem Parlament mitzuteilen. Dies ist zu jeder Zeit und in jedem Stadium des Verwaltungsverfahrens möglich, und vom Petenten wird nicht erwartet, dass er zuvor den Rechtsweg ausschöpft. Ein einfacher Brief genügt, in dem der Petent darlegt, worum es geht, gegen welche Entscheidung er sich wendet, wo er die Fehler der Verwaltungsbehörde sieht und was er vom Petitionsausschuss erwartet.
Das Spektrum der Petitionen umfasst praktisch alle Bereiche des täglichen Lebens. Also, auf Schwäbisch gesagt: Es gibt nix, was es net gibt.
Recht häufig handelt es sich dabei um Beschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen. Manchmal möchte der Bürger aber auch nur sein Herz ausschütten, seinen Frust loswerden oder über die Politik schimpfen. Dies geschieht in Briefen, in Faxen und neuerdings massenhaft auch über E-Mails.
Auch bei Vorsprachen bei Abgeordneten oder im Petitionsbüro
holen sich Bürger Rat. Die Mitarbeiter unseres Petitionsbüros haben alle Hände voll zu tun, jedem Schreiber und jeder Schreiberin eine Antwort zu geben. „Kummerkasten“ oder „Notrufsäule“ – beides trifft auf den Petitionsausschuss zu.
Auch wenn nicht alle Eingaben in den Geschäftsgang genommen werden können, nehmen wir alle Mitteilungen ernst und versuchen weiterzuhelfen. Manchmal ist es ein Trostspenden, ein Zuhören oder einfach das Gespräch mit dem Betroffenen.
Viele Petitionen lassen sich erfreulicherweise schon im Vorfeld erledigen und bedürfen nicht eines aufwendigen Petitionsverfahrens. Oft hilft ein Gespräch mit den Verantwortlichen vor Ort, das zu einer anderen Beurteilung des Falles führt. Auch der Blick von außen, der Blick eines Unbeteiligten bringt dann eine andere Lösung. Ich möchte die
se wichtige Arbeit besonders hervorheben, weil sie sehr viel Aufwand verursacht, sich aber in keiner Statistik niederschlägt.
Der Petitionsausschuss kann ohne formale Hindernisse gezielt eingreifen und die Probleme rasch zu lindern versuchen. Dies ist im Gegensatz zum Rechtsschutzverfahren auch noch nach der Rechtskraft von Entscheidungen möglich, wenn der Petitionsausschuss Missstände oder Unbilligkeiten erkennt.
Der Bürger kann also auch dann noch auf die Hilfe des Petitionsausschusses hoffen, wenn sonst nichts mehr geht. Die Türen der Behörden, die manchmal schon verschlossen sind, können so wieder geöffnet werden. Sollten sich Fakten herausstellen, die zu einer günstigeren Entscheidung geführt hätten, kann der Bürger mit einer Korrektur durch den Petitionsausschuss rechnen.
Darüber hinaus geben Petitionen dem Landtag die Möglichkeit, gesetzliche Regelungen, die sich als nicht sinnvoll erweisen, zu überdenken und zu ändern.
Auch in dieser Legislaturperiode haben die Bürger von ihrem Petitionsrecht regen Gebrauch gemacht. Im Zeitraum von Juni 2001 bis heute sind dem Ausschuss 6 247 Petitionen zugegangen. Wir müssen allerdings feststellen, dass trotz des starken Zuspruchs die Zahl der Petitionen gegenüber der vergangenen Legislaturperiode, in der rund 8 000 Petitionen eingereicht wurden, abgenommen hat: beispielsweise im Ausländerrecht minus 53 %, im Bereich der Sozialversicherung minus 30 % und bei Steuersachen minus 12 %. Entgegen diesem Trend hat die Zahl der Petitionen in anderen Bereichen zugenommen: im Schulwesen plus 34 %, bei Beschwerden über Richter und Gerichtsentscheidungen plus 10 % und in Gnadensachen plus 11 %.
Die Ursachen für diese Verschiebungen sind sehr vielschichtig und lassen sich nicht immer konkret belegen. Ich bin aber der Überzeugung, dass die jahrelange erfolgreiche Arbeit dieses Ausschusses mit dazu beigetragen hat, dass die Behörden den Bürger stärker in den Blickpunkt ihrer Entscheidungen stellen. Auch der Umgang mit den Menschen ist wesentlich bürgerfreundlicher geworden. Die Erkenntnis, dass die Verwaltung für die Bürger da ist und nicht umgekehrt, sollte noch selbstverständlicher werden.
Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit bringen wir dem Bürger das Petitionsrecht näher. Gerade jüngere Mitbürger möchten wissen, wie das Petitionsrecht in unserem Rechtssystem einzuordnen ist, wie es funktioniert, wie der Petitionsausschuss arbeitet und wie seine Entscheidungen umgesetzt werden. So findet das Petitionsrecht bei Führungen von Schüler- und Erwachsenengruppen im Landtag großen Anklang. Regelmäßig werden Seminare über das Petitionsrecht für Lehrer und andere Berufsgruppen abgehalten.
Mehrere Schüler und Studenten haben in dieser Legislaturperiode in unserem Petitionsbüro mehrwöchige Praktika absolviert. Den Gesprächen und den Abschlussarbeiten ist anzumerken, dass die jungen Mitbürger mit großem Interesse bei der Sache waren und sich auch kritisch äußern.
Vor kurzem war ich bei einer Podiumsdiskussion vor Studenten der Fachhochschule für Verwaltung in Ludwigsburg,
bei der ich zusammen mit Ombudsleuten aus Belgien und Ungarn über Fragen des Petitionsrechts diskutiert habe. Vorträge vor verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen tragen zu einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit bei.
Bei Vor-Ort-Terminen der Kommissionen des Petitionsausschusses, die grundsätzlich immer öffentlich sind, werden das Petitionsrecht und die Arbeit des Petitionsausschusses ebenfalls hervorragend vermittelt und herausgestellt.
Auch in der Wissenschaft wird die Arbeit des Petitionsausschusses gewürdigt. Die Dissertation von Gunnar Horst Daum „Die Petition im Strafvollzug. Dargestellt an Entscheidungen des Landtages von Baden-Württemberg“ ist sehr lesenswert. Jetzt kommt ein Werbeblock.
Ich empfehle diese Dissertation allen Kolleginnen und Kollegen zur Lektüre.
Ein Schwerpunkt in der täglichen Arbeit liegt im Ausländerbereich. Hier ist die Zahl der Petitionen gegenüber der letzten Legislaturperiode um mehr als die Hälfte gesunken. Dieser Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass die meisten Bürgerkriegsflüchtlinge inzwischen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind.
Der Petitionsausschuss steht bei seinen Entscheidungen oft im Spannungsfeld zwischen Menschlichkeit und dem Gesetz, insbesondere dann, wenn sich Familien bereits über einen langen Zeitraum hier aufhalten. Meist sind sie integriert. Kinder sind bei uns geboren und gehen hier zur Schule. Es kann diesen Menschen nur schwer vermittelt werden, dass sie nach der Befriedung in ihrem Heimatland auch dort wieder gebraucht werden.
Der Petitionsausschuss sieht deshalb seine Aufgabe auch darin, die ausreisepflichtigen Ausländer zu einer freiwilligen Rückkehr in die Heimat zu bewegen. Grundsätzlich war aber auch klar, dass ein Aufenthalt in Deutschland nur auf Zeit möglich ist und war.
Die Berichterstatter kämpfen im wahrsten Sinne des Wortes im Petitionsausschuss mit den Vertretern des Innenministeriums um jeden einzelnen Problemfall. In 154 von 1 084 Petitionen konnte mit der Regierung auch eine einvernehmliche Lösung für die Betroffenen erreicht werden. Drei Fälle darf ich kurz darstellen.
Der Ausschuss hat durchgesetzt, dass einer bosnischen Familie, einer Witwe, die sich seit 1992 bei uns aufhält, und ihren beiden hier geborenen Kindern, ein Bleiberecht gewährt wurde. Wir haben die besondere Härte darin gesehen, dass der Ehemann im Jahr 2000 bei einem Arbeitsunfall ums Leben kam.
Im Falle eines kurdischen Jungen, der mit knapp zwölf Jahren alleine nach Deutschland eingereist war und dessen Eltern in der Türkei umkamen, hielt es der Petitionsausschuss für unmenschlich, ihn nach der Volljährigkeit wieder zu
rückzuführen. Hinzu kam, dass der Junge hier die Schule besuchte, eine Lehre abschloss und sein Lehrmeister ihn behalten wollte. Dem Berücksichtigungsersuchen des Petitionsausschusses hat die Regierung entsprochen.
Auch bei einem seit Geburt sehr stark behinderten türkischen Mädchen, das keine Eltern hat und von der in Deutschland lebenden Familie des Bruders versorgt wird, hat die Regierung dem Berücksichtigungsbeschluss des Ausschusses entsprochen und aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Die Verwandten mussten sich allerdings verpflichten, für den Lebensunterhalt aufzukommen.
Ein Wort zu den aktuellen Fällen in Freiburg, Rheinfelden, Wendlingen usw. Hier handelt es sich überwiegend um Familien, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind. Mehrere Asylanträge und Asylfolgeanträge führten nicht zur Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Entsprechende Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten blieben ebenfalls erfolglos. Für die notwendige Rückführung dieser Menschen in ihr Heimatland ist aber unser Land zuständig. Nach der Sach- und Rechtslage ist ein Bleiberecht ausgeschlossen.
Für unsere negativen Entscheidungen finden wir bei den Unterstützerkreisen leider kein Verständnis. Wäre es aber gerecht, dass Menschen, für die sich sehr viele andere einsetzen, hier bleiben dürfen und andere Familien, die diese Unterstützung nicht erfahren haben, schon seit Jahren wieder in ihrer Heimat sind, sei es durch freiwillige Ausreise oder Abschiebung?
Ein weiterer Schwerpunkt der Ausschussarbeit waren Petitionen bei Errichtung von Windkraftanlagen. Schade, dass der Herr Kollege Kretschmann und der Herr Kollege Drexler jetzt nicht da sind.
Wenn man die Presseberichte der vergangenen Wochen und Monate verfolgt hat, bestätigt sich die Auffassung des Petitionsausschusses, dass die Windkraftanlagen nur dort errichtet werden sollen, wo sie auch naturverträglich hinpassen,
den Vogelzug nicht beeinträchtigen und wo auch der Wind bläst.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, dass der Petitionsausschuss kein Windkraftverhinderer ist,
aber dort das Wort erhebt, wo der Eingriff in die Natur kritische Bereiche tangiert.
Jede Anlage bedarf einer sehr sorgfältigen Prüfung.
Ich habe zur Kenntnis genommen, dass das Verwaltungsgericht Freiburg die Auffassung des Petitionsausschusses zu den geplanten Windkraftanlagen am Kohlwasen in Furtwangen bestätigt hat. Der Ausschuss war in diesem Fall aufgrund der Erkenntnisse bei einem Vor-Ort-Termin und nach eingehender Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Windkraftanlagen das Landschaftsbild verunstalten und deshalb die bereits erteilte Baugenehmigung zurückgenommen werden soll. Die Regierung hat dieser Empfehlung entsprochen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht jetzt abgewiesen.
Ich war vor Ort. Herr Kollege Haas, Sie waren auch dabei. Sie waren anderer Auffassung, sind das aber heute auch nicht mehr.
Wir stehen im Petitionsausschuss vor einer weiteren schweren Entscheidung über eine große Windkraftanlage auf den Gemarkungen Simmersfeld, Altensteig und Seewald im Kreis Calw. Eine Bürgerinitiative wendet sich gegen eine massive Anhäufung extrem hoher Windkraftanlagen in einem Windpark. Es sollen 14 Anlagen bis zu 170 Meter Höhe auf einem fast unberührten Schwarzwaldhöhenzug gebaut werden –
höher als das Ulmer Münster.
Herr Kollege Oelmayer, ich danke Ihnen ausdrücklich für diesen Zwischenruf.
Hier hat der Petitionsausschuss die Maßnahme gestoppt und am 20. Januar 2006 einen Ortstermin durchgeführt. Wir warten jetzt auf die Stellungnahme der Regierung zu Fragen, die sich nach diesem Vor-Ort-Termin und einer weiteren Sitzung des Petitionsausschusses ergaben.
Am 15. Februar 2006 wird die Petition im Ausschuss weiterbehandelt.
In mehreren Petitionen fordern Waldorf-, Wald- bzw. Naturkindergärten für Kinder, die ihren Wohnsitz in Nachbargemeinden haben, eine gesetzliche Regelung.
Sie wollen, dass sie als Kindertageseinrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet finanziell genauso gefördert werden wie örtliche Einrichtungen,
die in kommunaler Trägerschaft stehen. Bei den Einrichtungen der Petenten kam es zu Finanzierungsproblemen, weil die Wohnsitzgemeinden der auswärtigen Kinder nicht bereit waren, sich an den Betriebsausgaben zu beteiligen.
Trotz Empfehlungen der kommunalen Landesverbände, des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und der zuständigen Ministerien konnten einzelne Problemfälle bislang nicht gelöst werden.
Diese Petitionen zeigen aber auch, dass es schwierig ist, schlanke Gesetze – das war damals unsere Intention – umzusetzen.
Oft sind diejenigen, die Bürokratieabbau fordern, die Gleichen, die auf ergänzende gesetzliche Regelungen pochen.
Die Novellierung des Kindergartengesetzes wird heute noch im Landtag behandelt und vermutlich beschlossen.
Als weitere Schwerpunkte der aktuellen Ausschussarbeit möchte ich folgende Fälle stichwortartig hervorheben:
Der Petitionsausschuss vermittelt in Fichtenberg im Schwäbischen Wald zwischen einer Schrottverarbeitungsfirma und den Nachbarn mit dem Ziel, das angrenzende Wohngebiet von Immissionen zu entlasten und ein gutes Nebeneinander zu erreichen. Bei einem Ortstermin wurde vereinbart, dass die Firma ein Gesamtkonzept aller Maßnahmen vorlegt und dies dann in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt wird.
In Filderstadt-Sielmingen tritt der Petitionsausschuss für eine Verkehrsentlastung des Ortskerns und die Herausnahme des Schwerlastverkehrs ein.
Der Petitionsausschuss verhilft Obdachlosen in Ludwigsburg zu einer ordentlichen und über den Winter beheizbaren Unterkunft.
Einer Bürgerin aus dem Raum Pforzheim möchte er den Wunsch erfüllen, zusammen mit Vater und Tochter, die leider bereits gestorben sind, im gemeinsamen Doppelgrab beerdigt zu werden. Leider sehen der Bürgermeister und seine Gemeinderäte keine Möglichkeit, eine Ausnahme zuzulassen, obwohl die Friedhofssatzung einen Ermessensspielraum vorsieht. Da es sich um eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde handelt, kann der Petitionsausschuss hier nur sein Bedauern zum Ausdruck bringen.
In Filderstadt verhandelt der Petitionsausschuss mit der Deutschen Bahn AG und dem Landkreis Esslingen wegen des Einbaus von Unterschottermatten in die Gleisanlagen der Tunneltrasse der S-Bahn. Damit soll der Lärmpegel im
darüber liegenden Wohngebiet gemildert werden. Der Petitionsausschuss hat sich in dieser Sache umfassend informiert und auch Vergleiche mit anderen Großstädten und anderen S-Bahnen, zum Beispiel in München, herangezogen.
Meine Damen und Herren, Sie ersehen aus diesen Beispielen, dass der Petitionsausschuss immer mittendrin im aktuellen Geschehen ist. Auf diese Weise fließen auch Stimmungen und Meinungen der Bürger in die parlamentarische Arbeit ein.
Wir können auch in dieser Legislaturperiode auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken; die Erfolgsquote lag bei knapp 20 %. Der Petitionsausschuss hat in diesem Berichtszeitraum in 100 Fällen – –
Meine Kollegen haben mir zugesagt, in ihren Stellungnahmen jeweils auf eine Minute Redezeit zu verzichten. Dann ergibt sich für mich die verlängerte Redezeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, die Arbeit des Petitionsausschusses sollte normalerweise jedes Jahr hier gewürdigt werden. Wir haben darauf verzichtet und machen das nur zweimal pro Wahlperiode. Deshalb möchte ich Sie bitten, mir zusätzliche Redezeit zuzugestehen.
Meine Damen und Herren, Petitionen haben normalerweise keine aufschiebende Wirkung. In Baden-Württemberg haben wir jedoch seit 1968 eine Vereinbarung mit der Regierung, wonach während der parlamentarischen Behandlung der Eingaben grundsätzlich keine Vollzugsmaßnahmen getroffen werden. In besonderen Fällen kann die Regierung allerdings beim Vorsitzenden des Petitionsausschusses grünes Licht einholen.
Davon macht die Regierung aber nur ganz selten Gebrauch, beispielsweise dann, wenn Ansprüche Dritter beeinträchtigt
werden könnten oder dem Land durch den Vollzugsstopp Nachteile entstünden. Die Stillhaltevereinbarung hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten bestens bewährt. Sie ermöglicht dem Petitionsausschuss eine sachgerechte Entscheidung, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden. Im Gegenzug verpflichtet sich der Petitionsausschuss zu einer raschen Entscheidung. Dieser Verpflichtung sind wir nachgekommen.
Auf die Informationsreise möchte ich nicht näher eingehen. Sie ist im Bericht erwähnt.
Schade? Herr Präsident, Sie sehen: Die Aufmerksamkeit war noch nie so groß wie momentan.
Diese Informationsreise in dieser Legislaturperiode führte den Petitionsausschuss nach Sibirien,
wo wir uns über die Situation – –
Ich wollte zwar nicht näher darauf eingehen, aber eines muss ich unbedingt erwähnen: Seit unserer Reise nach Sibirien weiß man auch in Nowosibirsk und in der Altairegion, dass der Petitionsausschuss der größte Ausschuss im Landtag von Baden-Württemberg ist.
Ich darf zum Schluss kommen und mich bedanken. Abschließend möchte ich feststellen, dass der Petitionsausschuss eine wirkungsvolle Einrichtung für den Bürger im Kampf gegen Behördenwillkür ist. Die wenigen rechtlichen Grundlagen sind gut überschaubar und reichen aus, um dem Bürger zu helfen. In vielen Fällen konnten wir durch gemeinsam getragene Beschlüsse gute Lösungen finden. Dafür möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen recht herzlich danken. Ein ganz besonderer Dank gilt meinem Stellvertreter Gustav-Adolf Haas.
Ich möchte auch allen Ministerien danken für die sachlich und rechtlich fundierten Stellungnahmen, die eine wichtige Grundlage für unsere Entscheidungen sind. Besonders hervorheben möchte ich die Unterstützung während der Ausschussberatungen durch das Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten, sei es bei schwierigen Baurechtsfragen, im Umweltbereich und bei kniffligen Steuerfragen – um nur einiges zu nennen. Auch bei Ortsterminen haben die Vertreter der Regierung und der Behörden meistens zur sachlichen und zielführenden Erörterung beigetragen.
Ich danke auch den Medien für die Berichte über die Arbeit des Petitionsausschusses, insbesondere über die Sitzungen der Kommissionen.
Vielen Dank auch an die Mitarbeiter des Petitionsbüros.
Ohne ihre Unterstützung wäre unsere Arbeit nicht denkbar. Sie arbeiten in ihren Büros in der Ulrichstraße 19 fast im Verborgenen, dafür aber umso wirkungsvoller. Vielen Dank, Frau Schönfelder, Frau Gajer, Frau Hieber-Zapf und Frau Laiacker. Danke, Herr Gerstner und Herr Neubert. Ein ganz besonderer Dank gilt Herrn Regierungsdirektor Fritz Mümmler.
Ich kann es kaum glauben, dass er schon über 40 Jahre lang seinen Dienst tut und dieses Jahr in den Ruhestand verabschiedet wird.
Sein Einsatz hat mich immer wieder beeindruckt. Er wird uns fehlen.
Alles im allem darf ich zum Schluss feststellen: Der Petitionsausschuss ist nicht nur der größte Ausschuss im Landtag, sondern auch der interessanteste.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich habe meinen vorbereiteten Redetext auf dreieinhalb Sätze komprimiert.
Die in Baden-Württemberg tätigen Apothekerinnen und Apotheker gehören auf der Grundlage des Staatsvertrags der Bayerischen Apothekerversorgung an. Mit dem Änderungsstaatsvertrag sollen die in Bayern erfolgten Rechtsänderungen in Baden-Württemberg angepasst werden.
Der am 17. Juni 2005 vom Sozialminister unterzeichnete Änderungsstaatsvertrag bedarf der Zustimmung dieses Hauses. Die CDU-Fraktion stimmt zu.
Dreieinhalb.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Wochen und Monaten stand der Petitionsausschuss in ungewohnter Weise im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Anlass hierfür war die Entscheidung des Ausschusses zu den Windenergieanlagen auf dem Schauinsland bei Freiburg. Eine große Ausschussmehrheit hatte den Standort „Holzschlägermatte“ abgelehnt. Sie widersprach damit der Auffassung der Behörden bis hin zum Ministerium, die alle diesem Standort zugestimmt hatten.
Je nach politischer Ansicht war dies eine richtige Entscheidung oder eben eine falsche. Gewonnen hat aber auf jeden Fall der Petitionsausschuss als Landtagsgremium.
Eine solche Berichterstattung in den Medien wünscht sich jeder Abgeordnete und jede Fraktion.
Interessant für die Medien war nicht nur, dass die Ausschussmehrheit eine andere Auffassung vertrat als die Fachbehörden. So etwas kommt öfter vor, weil sich der Ausschuss als kritischer Begleiter von Behördenentscheidungen versteht. Breit kommentiert wurde aber auch die Thematik an sich, also das Für und Wider von Windenergieanlagen an sensiblen oder weniger sensiblen Standorten in BadenWürttemberg. Dass über den Petitionsausschuss diese De
batte einen derartigen publizistischen Niederschlag gefunden hat, kann er sich zugute halten, und er tut es auch.
An dieser Stelle möchte ich aber eines klarstellen: Der Petitionsausschuss ist in seiner Mehrheit nicht generell gegen Windenergieanlagen in Baden-Württemberg. Er hat auch schon mehrere Standorte gebilligt. Uns kommt es vielmehr darauf an, dass jeder Einzelfall sorgfältig geprüft wird und insbesondere Naturschutz- und Landschaftsbelange umfassend gewürdigt werden. In dieser Frage sieht sich der Ausschuss mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg einig. Mittlerweile ist auch das Regierungspräsidium Freiburg auf diese Linie eingeschwenkt, wie ein Erlass an die nachgeordneten Behörden zeigt. Wenn das Regierungspräsidium eine „Verspargelung“ der Landschaft im Regierungsbezirk vermeiden will, dann kann ich dies nur unterstützen.
Diese Ausschussentscheidung und die rechtlichen Folgen, die Sie alle kennen, sind ein Beweis dafür, dass das Petitionsrecht nicht unterschätzt werden sollte, wie es – auch in diesem Haus – immer wieder zu beobachten ist. Die Menschen, die sich an uns wenden, haben einen Anspruch darauf, dass ihr Anliegen sorgfältig geprüft wird. Alle Petenten erwarten eine gezielte Hilfe. Wir sollten diesen Anspruch nicht kleinreden.
Aber auch die Arbeit, die sich die Ausschussmitglieder machen, sollte nicht kleingeredet werden. Ohne deren Engagement, ohne Bereitschaft, sich in viele Sachgebiete einzuarbeiten, und ohne Fingerspitzengefühl lässt sich gar nichts erreichen. Dass in vielen Fällen auch Mut zu einer bestimmten Entscheidung erforderlich ist, brauche ich nicht weiter zu betonen. An dieser Stelle darf ich deshalb allen Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss ganz herzlich für ihre Tätigkeit danken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche Schlagzeilen, wie ich sie eben geschildert habe, bekommt der Petitionsausschuss ganz selten – vielleicht noch, wenn es um Beschneiungsanlagen auf dem Feldberg geht
Herr Kollege Oelmayer, Beschneiungsanlagen –, um eine Motocrossstrecke in freier Landschaft oder um den Standort von Mobilfunksendemasten. Auch dies sind Themen, die landesweit Interesse finden und in der Bevölkerung diskutiert werden.
Dass nur diese Fälle besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit finden, ist aber nicht die Schuld des Ausschusses. Es liegt ganz einfach an der Eigenart der meisten Fälle, die an den Petitionsausschuss herangetragen werden. Es sind ganz überwiegend Einzelschicksale, menschliche Notlagen, und sie eignen sich halt nicht oder nur wenig für die Berichterstattung in den Medien. Nicht, dass wir uns darüber beklagen würden; dies muss ich ausdrücklich sagen. Aber es erklärt doch, weshalb der Petitionsausschuss mehr im Hintergrund arbeitet.
Die große Mehrzahl der Fälle, die der Petitionsausschuss in der ersten Hälfte dieser Wahlperiode zu bearbeiten hatte,
betrafen allgemeine Dinge des täglichen Lebens. Es geht um Baugenehmigungen, Sozialhilfe, Gnadengesuche oder Aufenthaltsrechte. Ich denke hier beispielsweise an einen Fall, in dem der Ausschuss Haftverschonung für einen Ehemann erreichen konnte, damit er seine an Krebs erkrankte todkranke Ehefrau pflegen konnte. In einem anderen Fall, in dem eine geschiedene Mutter mit fünf Kindern eine Haftstrafe antreten sollte, setzte sich der Ausschuss erfolgreich dafür ein, dass Strafaufschub gewährt und ein Bewährungshelfer an die Seite gestellt wurde, da drei Kinder schulpflichtig waren, ein Kind schwerstbehindert und ein weiteres Kind erst zwei Jahre alt war. Oder ich denke an einen Mann, der wegen seiner schweren Erkrankung und einer zusätzlichen Schwerkriegsbeschädigung einen hohen Bedarf an Medikamenten hatte. Der Petitionsausschuss konnte erreichen, dass der Petent von den Zuzahlungen für die Medikamente befreit wurde. Für den Außenstehenden sind diese Fälle nichts Spektakuläres, für den Betroffenen aber oftmals schicksalhafte Fragen. Sie alle kennen diese Fälle, wenn Sie die Drucksachen mit den Berichten des Petitionsausschusses durchblättern.
Man glaubt gar nicht, welche immense Bedeutung diese Probleme, die beim Durchlesen der Petition zunächst nicht als gravierend erscheinen, für die Betroffenen haben. Diese Petenten sind emotional aufgewühlt. Man merkt es an ihren Schilderungen und auch an den telefonischen Nachfragen, die regelmäßig eingehen. Ich möchte hier beispielhaft auf Nachbarstreitereien wegen eines Bauvorhabens oder auf Lärm- oder Geruchsemissionen durch Gewerbebetriebe verweisen.
Wir im Petitionsausschuss können uns bei diesen Fällen nicht auf die rechtliche Problematik beschränken. Gerade bei Ortsterminen müssen wir Streitschlichter sein, und das sind wir sogar sehr oft mit Erfolg. Hier ist das Fingerspitzengefühl erforderlich, das ich eben ansprach. Ich denke beispielsweise auch an Renten- oder Personalangelegenheiten, wo kleine Ursachen große Auswirkungen haben können. Dass diese Fälle nicht schlagzeilenträchtig sind, ist klar. Trotzdem müssen sie sorgfältig bearbeitet werden, weil sich die Bürgerinnen und Bürger uns anvertraut haben. Man muss es nicht gleich wie eine Petentin halten – das darf ich an dieser Stelle einfügen –, die sich, wie sie schreibt, in allergrößter Not an den Petitionsausschuss gewandt hatte, weil ihr nur noch eine höhere Macht helfen könne.
Wenn der Petitionsausschuss das offene Ohr des Landtags sein soll, darf es keine lästigen Petitionen geben, dann darf es keinen Unterschied machen, ob eine Petition ein politisch brisantes Thema oder das Problem eines einzelnen Menschen betrifft. Alle Eingaben sind bzw. werden mit der gleichen Intensität bearbeitet. Wenn wir uns dazu vereinzelt in das Unterholz der Verwaltungstätigkeit begeben müssen, dann tun wir das auch. Dort ist meistens zu finden, was einer Petition zum Erfolg verhilft oder wenigstens zur Befriedung der Beteiligten beiträgt.
Manchmal, verehrte Kolleginnen und Kollegen, stoßen wir auf Fälle, die eigentlich gar nicht zum Petitionsausschuss hätten kommen müssen. Ich denke an jene Behördenent
scheidungen, die zwar rechtlich in Ordnung sind, die aber in der Sache nicht optimal und bürgerfreundlich getroffen worden sind. Dass wir uns alle an die rechtlichen Vorschriften halten müssen, ist unbestritten.
Aber innerhalb des rechtlichen Rahmens gibt es oft verschiedene Möglichkeiten, einen Fall zu entscheiden.
Damit das richtige und gerechte Ergebnis gefunden wird, bedarf es gerade vor Ort mehr Zivilcourage bei den Entscheidungsträgern. Ich wünsche mir, dass nicht nach Schema F entschieden wird. Eingefahrene Gleise sollten verlassen und ein Maßstab gefunden werden, der zu einer rechtund zweckmäßigen Entscheidung führt. Mein Appell an die Verwaltungsbehörden lautet also: Nutzen Sie Ihren Spielraum, und entscheiden Sie zugunsten der Menschen!
Versetzen Sie sich in die persönliche Situation Ihrer Kunden, und verstehen Sie sich als Dienstleister im wahrsten Sinne des Wortes! Mit Sicherheit kommt dann ein Ergebnis zustande, das rechtlich unangreifbar ist und von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert wird. Wer nämlich sieht, dass man zu seinen Gunsten alle gesetzlichen Möglichkeiten auslotet, ist auch bereit, Kompromisse einzugehen.
Ein weiteres Phänomen, das ich heute ansprechen möchte, erlebe ich oft bei Ortsterminen. Wenn man fragt, was die bisherigen Gespräche erbracht hätten, erhält man als Antwort: Alles ist bisher nur schriftlich gelaufen. Hierbei stört mich die Tatsache, dass von keiner Seite ein persönliches Gespräch gesucht worden ist. Für diese Sprachlosigkeit habe ich kein Verständnis. Es muss doch jedermann klar sein, dass sich beispielsweise eine Baurechtsangelegenheit, eine Straßenplanung oder auch ein wasserrechtliches Verfahren leichter realisieren lässt, wenn alle Beteiligten an einem Tisch sitzen und zusammen eine Lösung suchen. Nach meiner Erfahrung gibt es bei der gemeinsamen Konsenssuche aber vielfach noch erhebliche Defizite. Auch hier möchte ich an die Behörden appellieren, den ersten Schritt zu tun und zu einer Besprechung einzuladen, um eine gütliche Einigung zu erzielen.
Noch ein kurzes Wort zu Zahl und Art der Fälle, die den Petitionsausschuss in der ersten Hälfte dieser Wahlperiode beschäftigt haben. Eingegangen sind bisher rund 3 400 Petitionen. Rechnet man diese Zahl auf die gesamte Wahlperiode hoch, ergibt sich ein Rückgang um rund 1 800 Petitionen gegenüber der letzten Wahlperiode.
Wir liegen damit in einem bundesweit zu beobachtenden Trend.
Auch die Petitionsausschüsse des Bundestags und anderer Landesparlamente haben durchweg rückläufige Eingangszahlen. Eine nähere Ursachenforschung hat noch kein Parlament betrieben. Eine Erklärung ist aber darin zu sehen, dass die Zahl ausländerrechtlicher Petitionen stark rückläu
fig ist. In Baden-Württemberg gehen in dieser Wahlperiode voraussichtlich 1 000 Eingaben weniger von diesem Personenkreis ein.
Der übrige Rückgang betrifft gleichmäßig alle Sachgebiete, die an der Spitze der Skala liegen. Dies gilt also für Bausachen, Steuerangelegenheiten, Sozialhilfe- und Gnadensachen. Ein größerer Rückgang ist bei Rentenangelegenheiten zu verzeichnen. Aber auch bei Personalangelegenheiten von Lehrern gab es ein gravierendes Minus. Die Eingaben von Lehrern sind in der letzten Wahlperiode in erster Linie deshalb hochgeschnellt, weil die Ermäßigung des Regelstundenmaßes aus gesundheitlichen Gründen gestrichen worden ist. Landespolitische Entscheidungen wirken sich also sehr kurzfristig auf die Eingangszahlen des Petitionsausschusses aus.
Noch ein Wort zu den Ausländerpetitionen, die gut 20 % der Gesamteingänge ausmachen. Auffallend ist, dass in der vergangenen Wahlperiode Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina mit rund 650 Eingaben an der Spitze lagen, in dieser Wahlperiode hochgerechnet aus dieser Gruppe aber nur rund 85 Eingaben kommen werden. Dies ist ein Ergebnis der Friedensbemühungen im früheren Jugoslawien, über das wir uns freuen können.
Ich möchte es bei diesen statistischen Daten belassen. Weitere interessante Details können Sie aus den Unterlagen entnehmen, die Ihnen vorliegen.
Interessant ist aber noch ein Aspekt. Unser Landtag hat für das Petitionsverfahren ein elektronisches System mit Dokumentenverwaltung entwickelt, das bei den anderen Landesparlamenten große Beachtung findet. Fünf Landtage haben sich bei uns bereits informiert. Einige haben unsere Entwicklung auch übernommen. Erst gestern war eine größere Delegation aus Schleswig-Holstein zusammen mit der dortigen Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten bei uns. Ich freue mich ganz besonders, dass wir ein beispielhaftes EDV-System haben und unsere Erfahrungen in ganz Deutschland weitergeben können. Unseren Mitarbeitern sage ich für dieses zusätzliche Engagement meinen besonderen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte abschließend nochmals allen Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss für ihre hervorragende Arbeit danken. Erwähnen möchte ich hier ausdrücklich meinen Stellvertreter, den Kollegen Reinhold Gall. Unser Verhältnis – das darf ich sagen – zeichnet sich durch eine freundschaftliche Zusammenarbeit aus.
Mein Dank gilt auch den Ministerien für die Stellungnahmen zu den einzelnen Petitionen. Für uns ist es wichtig zu wissen, dass wir uns auf diese Grundlagenarbeit verlassen können.
Außerdem möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Petitionsbüro ganz herzlich für ihre umfassende und sorgfältige Zuarbeit danken. Es ist eine Freude, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Dies gilt selbstverständlich auch für den Juristischen Dienst, der meine und unsere Arbeit vielfältig unterstützt. Besten Dank dafür.
Schließen möchte ich mit der Aussage einer Kollegin aus dem Bundestag vom Sommer dieses Jahres: Jede Petition hat einen Namen, ein Geburtsdatum, einen Wohnort, eine Telefonnummer und in den meisten Fällen auch eine ganz lange Geschichte. Es ist unsere Aufgabe, so füge ich hinzu, die Menschen hinter jeder Petition zu sehen und uns für sie einzusetzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann Sie beruhigen: Auch ich habe Hunger. Es wird also nicht zu lang werden; aber Herr Kollege Oelmayer hat gemeint, ich solle doch auch etwas dazu sagen. Vielen Dank, Herr Oelmayer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in der Diskussion festgestellt, dass wir einen akuten Reformbedarf haben.
Es nützt nichts, wenn Sie, Frau Haußmann, versuchen, die Situation schönzureden. Das Gesundheitssystem und die Kassen werden Tag für Tag kränker nicht durch Ihre Regierung in Berlin, denn dort passiert ja gar nichts, sondern durch die Schuldenanhäufung, die tagtäglich bei den Krankenkassen vorgenommen werden muss. Die Beitragssatzerhöhung bei der IKK Baden-Württemberg auf 14,9 % war nur ein erster Schritt. Die AOK Berlin sollte 17 % haben, erhebt sie aber nicht. Wo ist denn da der avisierte Durchschnitt von 14 %, die Herr Bundeskanzler Schröder versprochen hat?
Wir sind weit davon entfernt.
Meine Damen und Herren, die Bilanz nach dreieinhalb Jahren Nicht-Regierung der rot-grünen Regierung
ist katastrophal. Es wird auch nicht helfen, wenn die Gewerkschaft ver.di die Sonnenscheinministerin Ulla Schmidt mit einer millionenschweren Kampagne über den Wahlkampf tragen will und versucht, sie zu stützen und zu schützen.
Meine Damen und Herren, die Kassen stehen an der Wand. Sie fahren mit Ihrer Politik mit 180 Sachen gerade auf diese Wand zu.
Frau Lösch, Sie haben eine Diagnose angemahnt.
Ich nenne Ihnen ein paar Ursachen; viele sind ja schon angesprochen worden. Ich bitte auch Frau Haußmann, jetzt
zuzuhören. Sie haben ohne Not die Gesundheitsreform, die beschlossen war, zurückgenommen. Das war der Anfang vom Ende.
Sie haben die Begrenzung des Arzneimittelbudgets aufgehoben das war sehr wohl „Bananenrepublik“, da möchte ich den Kollegen Noll unterstützen. Diese 400-MillionenZahlung war Ablasshandel modernster Art und Weise.
Herr Kollege, bei den gestiegenen Arzneimittelkosten muss ich in diesem Fall die Ärzte einmal in Schutz nehmen. Sie sind nicht die Schuldigen. Die Rücknahme des Arzneimittelbudgets war es, ganz einfach.
Das hat doch nicht die CDU zu verantworten gehabt, sondern Ihre bzw. Frau Haußmanns Gesundheitsministerin. Ihre Gesundheitsministerin Andrea Fischer musste man ja auswechseln, weil sie so farblos war; sie hat ja gar nichts hingebracht.
Nein, nein. Ich sage Ihnen eines: Der Einzige, der hier vielleicht die Daumenschrauben ein bisschen anziehen könnte, sitzt jetzt in Nürnberg. Der andere, der etwas davon verstanden hat, sitzt in Tel Aviv.
Genau das ist es: Sie haben keine Alternative zu Frau Schmidt in Berlin.
Kommen wir zum nächsten Punkt.
Kollege Walter, zur Über- und Fehlversorgung in den Krankenhäusern: Ich möchte bloß in Erinnerung rufen, dass allein in Berlin und München mehr Computertomographen und Magnetresonanztomographen stehen als in ganz Italien. Wir müssen sehen, dass wir bei der Reform des Krankenhauswesens, das einer der Hauptkostenverursacher ist, weiterkommen.
Ein letztes Wort zum Risikostrukturausgleich.
Den Risikostrukturausgleich muss man der Öffentlichkeit immer wieder verdeutlichen. Ich habe den Eindruck, jeder
spricht über RSA, aber keiner weiß genau, wie er funktioniert, auch die Verantwortlichen nicht mehr.
Es kann doch nicht sein und deswegen auch die Klagen von Baden-Württemberg , dass Zahlerkassen höhere Beiträge erheben müssen als die Empfängerkassen.
Jüngstes Beispiel: Die AOK Sachsen das ist angeführt worden muss die Beiträge senken, und die AOK BadenWürttemberg das haben wir auch im Gespräch mit Herrn Sing gehört wird die Beiträge spätestens zum 1. Januar 2003 erhöhen müssen, wenn nicht etwas im Gesundheitswesen passiert. Und was passiert? Es passiert nichts.
Vielleicht noch eine Zahl: Die IKK Baden-Württemberg das ist nicht die größte Versicherung zahlt in den Risikostrukturausgleich seit Bestehen, also seit 1994, als kleine Kasse über 1,2 Milliarden €. Das ist das Geld, das unserem Handwerk fehlt, das ist das Geld, das den Versicherten fehlt, und das ist das Geld, das dem Mittelstand fehlt
und natürlich den Leistungsempfängern.
Ich habe eine Erläuterung dabei. Jeder, der will, kann sie sich durchlesen. Wenn er es dann verstanden hat, ist es gut.
Aber vielleicht noch eines: Das Finanzvolumen dieses Risikostrukturausgleichs ist weit höher als das des Länderfinanzausgleichs. Die Klagen, die viele Krankenkassen vor den Sozialgerichten geführt haben, betreffen ja nicht die Verfassungsmäßigkeit, sondern richten sich gegen die fehlende Transparenz. Es geht um unklare Datenlagen. Jeder weiß, dass wir hier im Haus schon einmal über die Familienangehörigen diskutiert haben, die alle Kassen gemeldet haben. Da hätten wir über 100 Millionen Einwohner in der Bundesrepublik haben müssen; so viele Familienangehörige wurden gemeldet. Die Kassen wurden aufgefordert, diese Datenlage zu bereinigen.
Viele Kassenarten haben das auch gemacht. Aber wir dürfen es nicht nachprüfen. Es geht um die klare Datenlage, um die Transparenz und um die Nachprüfbarkeit.
Meine Damen und Herren, diese ungerechte Verteilung muss aufhören.
Ich habe vorhin ver.di zitiert. Ver.di stellt fest: Die festgelegten Kriterien Alter und Geschlecht sind nicht geeignet, die Belastungen zwischen den Krankenkassen auszugleichen. Meine Damen und Herren, die Einbeziehung der DMPs wird wahrscheinlich noch einen Kostenschub bringen
und die Schieflage im RSA erhöhen.
Letztes Wort: Risikostrukturausgleich ja, Solidarität ja, Ungerechtigkeit nein.