Marianne Jäger
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei den vorliegenden Gesetzentwürfen geht es darum, in welcher Form sich Bürgerinnen und Bürger, die nicht in kommunalen Gremien mit ihren Sachzwängen eingebunden sind, demokratisch in unserer Gesellschaft beteiligen können. Es geht darum, wie sie sich mehr in unserer Demokratie einbringen können, wie die Möglichkeiten dafür verbessert oder überhaupt erst geschaffen werden. Denn nur derjenige, der über Sachthemen mitdiskutieren und -entscheiden kann und nicht nur auf folgenlose Unterschriften angewiesen ist, wird sich ernsthafter mit den Themen auseinander setzen.
Die Bürgerinnen und Bürger werden sich dann mehr als heute als Teil dieser Gesellschaft und ihrer Politik sehen. So könnte eine Mitmachdemokratie entstehen. Der Wettbewerb um die bessere Idee, um das bessere Argument könnte unserer Demokratie nur gut tun. Freilich müssen dann manche Politiker und manche Politikerinnen mehr auf die Kraft ihrer Argumente setzen als auf ihre Seilschaften. Vielleicht ist es das, was ihnen das Umdenken so schwer macht.
Die Blockadehaltung der CDU gegen Volksentscheide im Bund und in Baden-Württemberg kann ich nicht verstehen. Warum traut diese angebliche Volkspartei den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu, nach einer öffentlichen Debatte fundiert zu entscheiden?
Die FDP/DVP sieht Handlungsbedarf, hält aber die Zeit für noch nicht gekommen.
Das steht im Ausschussprotokoll. – Mit diesem Standpunkt oder, besser gesagt, mit diesem Nicht-Standpunkt soll fortschrittliche und bürgerfreundliche Politik präsentiert werden. Ich sehe nur Stillstand
oder auch Rückschritt. – Bürgerinnen und Bürger wollen sich beteiligen. Sie wollen Möglichkeiten haben, sich zu gegebener Zeit an Einzelprojekten zu beteiligen.
Sie wollen ihren Sachverstand einbringen und auch die persönliche Betroffenheit zum Ausdruck bringen können. Bürgerinnen und Bürger wollen nicht nur alle vier oder fünf Jahre bei Wahlen über ihre Zukunft entscheiden; sie wollen auch zwischen den Wahlen die Politiker und Politikerinnen auf den Prüfstand nehmen können.
Rund 80 % der Bürgerinnen und Bürger sprechen sich bei Umfragen für mehr Bürgerbeteiligung aus.
Den vorliegenden Gesetzentwurf zur Erleichterung bzw. Ermöglichung von Bürgerentscheiden in Gemeinden und Landkreisen halten wir nach wie vor für einen überfälligen Schritt in der Demokratieentwicklung in unserem Land. Politikverdrossenheit ist kein beliebiges Schlagwort, sondern eine reale Gefahr, eine Zeitbombe für unser Gemeinwesen. Dies kommt in steigenden Wahlenthaltungen und im verstärkten Auftreten antidemokratischer Kräfte deutlich zum Ausdruck. Direkte Demokratie ist kein Allheilmittel, aber eine sehr viel versprechende Therapie.
Danke schön.