Fréderic Verrycken

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Trefzer! Ich denke, wir reden jetzt hier gerade über den AfD-Antrag, der zum Ziel hat, dass wir nicht alle 500 Jahre das Reformationsjubiläum in Berlin zelebrieren, sondern ein bisschen öfter. Sie begründen das mit zwei Argumenten – erstes Argument: Luther ist ein wichtiger Theologe gewesen. Zweites Argument: Berlin hat zu wenig Feiertage. Das steht, glaube ich, in dem Antrag drin.
Wenn wir uns die beiden Argumente näher anschauen, stellen wir fest: Bei dem ersten Argument wird Ihnen sicherlich keiner widersprechen, dass Luther ein wichtiger Theologe gewesen ist; aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Bei Luther ist eben ein großer Schatten, den wir in den letzten Jahren der Luther-Dekade und im Reformationsjahr gemeinsam mit der evangelischen Kirche immer wieder diskutiert und aufgearbeitet haben, sein vormoderner, tendenzieller Antijudaismus, der aus meiner Sicht ein ganz großes Problem bei der Würdigung der Personalie Luther ist.
Zweiter Punkt – die Frage der Feiertage: Da haben Sie natürlich recht, Berlin ist im Augenblick zumindest mit Hamburg und Bremen bei neun Feiertagen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 10,5 Feiertagen. Das ist aus meiner Sicht nicht wirklich der große Skandal, sodass wir jetzt hier aufmuskeln und viele weitere Feiertage einführen müssten.
Aber vielleicht ist es gar nicht schlecht, sich gemeinschaftlich darüber zu unterhalten, was sich Berlin an Feiertagen in den nächsten Jahren überlegen müsste, ohne Druck, ohne Zwang, ohne Stress, aber persönlich kann ich mir auch einen anderen Feiertag vorstellen. Zum Beispiel könnte man sich überlegen, dass die drei monotheistischen Religionen Islam, Judentum und Christentum über einen gemeinsamen Feiertag nachdenken. Dieses Jahr war z. B. das Neujahrsfest der Juden und Muslime am gleichen Tag. Zum Beispiel könnte man sich vorstellen, dass man den 27. Januar als Feiertag einführt, den Tag der Befreiung von Auschwitz.
Zum Beispiel könnte man sich vorstellen, den 8. Mai als Feiertag einzuführen, so wie es die Brandenburger gemacht haben, den Tag der Befreiung vom Faschismus, auch ein ganz wichtiger Tag in unserer Geschichte. Zum Beispiel könnte man sich vorstellen, den 23. Mai als Feiertag einzuführen, den Tag des Grundgesetzes,
hätte für mich persönlich auch den Vorteil, dass ich nicht nur zu Pfingsten in meinen Geburtstag reinfeiern könnte. Also es gibt viele gute Gründe und Argumente zu überlegen, dass wir vielleicht von neun auf zehn kommen. Ich glaube, schon mal signalisieren zu können, dass wir trotz
(Martin Trefzer)
drei Ausschussberatungen am Ende wahrscheinlich ein negatives Votum in Berlin aussprechen werden. Ich glaube, wir sollten uns überlegen, wie wir die multikulturelle Stadt Berlin repräsentieren, wie wir das christliche Gedankengut sicherlich auch mitnehmen und – das wäre mein Schlussappell – vielleicht bei der AfD-Fraktion christliche Motive wie Nächstenliebe und Barmherzigkeit ein Stück weit mehr in den nächsten parlamentarischen Reden hören werden. – Danke schön!