Kirsten Flesch
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Es gibt mehrere Arten von Schaufensteranträgen. Eine
davon besteht darin, auf einen anrollenden Zug zu springen und zu versuchen, sich zum Lokführer zu erklären. Genau darum handelt es sich bei den beiden vorliegenden Anträgen zu ziel- und wirkungsorientiertem Controlling. Aber vielleicht unterhalten die Unterzeichner dieser Anträge sich ja nicht mit anderen, fachkundigen Kollegen der eigenen Fraktion und wissen nicht, dass der ziel- und wirkungsorientierte Umbau der Berliner Verwaltung mit Beschlüssen des Senats im Dezember des vergangenen Jahres begonnen hat.
Ein kurzer Blick zurück in die jüngste Vergangenheit.
Ziel- und wirkungsorientiertes Controlling wurde im
Modellversuch „Integration durch Arbeit/IdA“ in Neukölln und Treptow/Köpenick entwickelt und erprobt. Schon die Durchführung des Probe-/Echtbetriebs stieß auf den beharrlichen Widerstand der Senatsverwaltung für Finanzen. Gemeinsam haben wir über die Parteigrenzen hinweg im Ausschuss für Verwaltungsreform dafür gesorgt, dass der Probe-/Echtbetrieb durchgeführt wird.
Dann die Abnahme-Besprechung für IdA Ende ver
gangenen Jahres. Dabei stellt sich – wie schon zuvor beim Ausschuss-Besuch vor Ort – heraus, dass keinerlei fachliche Begleitung des Projekts durch die Senatsverwaltung für Finanzen stattfindet oder nur unzureichend durchgeführt wird. Die bezirklichen Ämter – denen ich an dieser Stelle für Ihr Engagement danken möchte – waren, gemeinsam mit dem beauftragten Beratungsunternehmen, meistens auf sich allein gestellt. Bei SenFin herrschte Mentalreservation. Folgerichtig die Empfehlung, das ziel- und wirkungsorientierte Controlling zu begraben.
Wenn wir heute eine gegenseitige Entscheidung haben
und sogar über eine Übertragung auf andere Felder diskutieren, dann nur deshalb, weil die Verwaltungsreformer aus der Koalition daraufhin Krach geschlagen haben. Dafür – Frau Kollegin Flesch und Herr Zotl – herzlichen Dank.
Unsere Anträge wollen den Druck aufrechterhalten
und deutlich machen, dass wir das ziel- und wirkungsorientierte Controlling überall dort einsetzen müssen, wo Transferleistungen stattfinden und Kontrolle wie Auswertung dringend vonnöten sind. Wichtig ist auch, dass die Berliner Bezirke ein Werkzeug an die Hand bekommen, wo hinter der Sachbearbeitung Daten und Sachverhalte verdichtet werden können. Nur dann kann man auch steuern, auswerten und vergleichen – mit anderen Bezirken, mit anderen Städten und Gemeinden, bundesweit.
Eine Zeitung dieser Stadt schrieb von der „heimlichen
Revolution“ in den Berliner Amtsstuben, und tatsächlich, selten wurde eine so wesentliche und wichtige Entscheidung so unspektakulär getroffen. Und selten war die Chance so groß, den Umbau des Unternehmens Berlin hin zu einer effizienten, effektiven und an den Bedürfnissen der Einwohnerinnen und Einwohner sowie an der Wirtschaft orientierten ausgerichteten Verwaltung zu einem Erfolg zu bringen. Denn eine ziel- und wirkungsorientierte Steuerung setzt die Definition von Zielen, die Festlegung von Kennzahlen zur Messung von Wirkungen und Qualitäten voraus. Quasi als „Abfallprodukt“ der Erarbeitung politischer, strategischer und operativer Ziele muss es zwangsläufig zu der dringend benötigten aufgabenkritischen Betrachtung der bisherigen Produktpalette der Berliner Verwaltung sowie zur Optimierung der Geschäftsprozesse kommen.
In den Senatsverwaltungen wird mit Hochdruck daran
gearbeitet, prioritäre Politikfelder für den vorrangigen Einsatz ziel-wirkungsorientierter Controllinginstrumente zu identifizieren. Hilfen zur Erziehung und die Wirtschaftsförderung gehören nach dem Bereich „Hilfen zur Arbeit“ zu denen, die nach Auffassung der SPD-Fraktion hohe Priorität genießen.
Der Verwaltungsreformausschuss unter Einschluss der
Oppositionsfraktionen hat die Entscheidungen des Senats begrüßt, hat er sie doch seit langem eingefordert. Wenn ich diese Anträge auch als Schaufensteranträge bezeichne, begrüße ich dennoch die Initiative, die erstmalig nicht aus dem Verwaltungsreformausschuss kommt. Es ist höchste Zeit, dass sich auch die Fachausschüsse mit diesem Thema beschäftigen, sind sie es doch vorrangig, die die politischen Ziele definieren. Unabhängig davon werden wir uns mit der Qualität des Inhalts der Anträge kritisch auseinander setzen müssen.
Wir alle stehen vor einem neuen Weg politischer
Steuerung. Es reicht nicht aus, den Senat aufzufordern, neue Steuerungsinstrumente in den Verwaltungen einzuführen, unsere Beteiligung als aktives und selbstbewusstes Parlament wird hier mehr gefragt sein denn je.
Insoweit wünsche ich uns allen eine gute und intensi
ve Beschäftigung mit dem Thema.
Mit Beschluss vom 26. April 2002 hat der Senat
sehr ausführlich Schlussfolgerungen aus dem Abschlussbericht der Expertenkommission zur Staatsaufgabenkritik gezogen. Er hat die Ergebnisse der Experten in verschiedene Umsetzungs- und Entscheidungskategorien eingeteilt und dabei nach längeren Diskussionen einen sehr hohen Prozentsatz an umzusetzenden Vorschlägen beschlossen.
Dieser Beschluss verkehrt das bisherige Aufga
benverständnis Berliner Politik und Verwaltung in
weitem Maße, tangiert auch das Verständnis dieses Hauses und seine in fünf Jahrzehnten erarbeiteten Vorstellungen.
Aus diesem Grund hat der Senat, aber auch we
gen des Beschlusses des Hauptausschusses vom 9. Mai 2001, dem Hauptausschuss seinen Beschluss als Bericht zugeleitet. Auf Initiative der Vorsitzenden wurde dann der Bericht in die Ausschüsse überwiesen, die begonnen haben, sich endlich mit den Schlussfolgerungen und der Bedeutung ihrer Umsetzung zu befassen.
Alle vier Anträge der CDU betreffen Vorschläge,
die der Senat in die Kategorie „kurz- oder mittelfristige Umsetzung, im Einzelfall begründete Ablehnung“ eingeordnet hat.
Weshalb die CDU diese Vorschläge nun als ei
gene einbringt, ist ihr Geheimnis. Warum sie jetzt das von allen Fraktionen beschlossene Verfahren verlässt, ebenso.
Eigentlich könnte man sie als von der Realität
des Hauses erledigt erklären, vielleicht kann die Fraktion der CDU dies in der Ausschussberatung noch erklären, sonst wäre deutlich ersichtlich, dass es Schaufensteranträge sind.