Vera Vordenbäumen
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manchmal kann Mensch sich in den letzten Wochen des Eindrucks nicht erwehren, als habe diese Stadt eine kollektive Leidenschaft zur Morbidität ergriffen. Frei nach dem Motto „bad is beautiful“ schwappt über die Berlinerinnen und Berliner eine Welle von statistisch begründeten Negativetikettierungen. Wem dies nutzt und welchen Zielen dies jeweils dienen soll, sei einmal dahingestellt. Auffällig ist aber zweifellos, dass die selbsternannten Interpretatoren die Daten zur scheinbar unhinterfragbaren Legitimation ihrer eigenen Zwecke einsetzen, bevor die Statistiker überhaupt Luft zur Erläuterung ihrer Erhebung holen können. Augenmaß, Verantwortlichkeit und Seriosität werden – schwupp! – der politischen Propaganda geopfert. Da wird Neukölln mit brasilianischen Slums gleichgesetzt, den Eltern aller Kinder mit Karies, die arm sind, unterstellt, sie vernachlässigten ihre Sprösslinge. Und den Menschen, die rund um das Kottbusser Tor leben, wird suggeriert, es wäre wahrscheinlich besser gewesen, der vor Jahren in die Debatte gebrachte Sprengsatz wäre gezündet worden, da bei ihnen doch nichts hilft, zumal sie neben Deutsch immer noch eine Fremdsprache beherrschen.
Hilfreich für die Problemlösung ist diese Art der Debatte nicht. Ich bestreite gar nicht, dass die Erfassung messbarer Daten ein sinnvolles und notwendiges Hilfsmittel, aber auch nicht weniger und nicht mehr, zur Bewertung von Entwicklungsprozessen ist. Aber auch empirisch nur schwer oder gar nicht erfassbare Faktoren sind zu bewerten und müssen in politische Entscheidungen einfließen. – Damit keine Missverständnisse entstehen – ich rede nicht dem Alles-ist-schön-Prinzip das Wort, aber genau, weil wir um die Probleme wissen, hat meine Fraktion seit langem die Position vertreten, den Focus auf eine soziale, in den Maßnahmen abgestimmte Stadtentwicklungspolitik zu lenken, und – Frau Jantzen – wir haben in der Tat begonnen, dies umzusetzen. Seit fünf Jahren – das wurde heute schon mehrfach angesprochen – gibt es das Instrument des Quartiersmanagements. Die PDS hat diesen Prozess immer kritisch begleitet. Es ist unbestritten, dass die Maßnahmen, die im Rahmen von Quartiersmanagement durchgeführt wurden, geprüft und bewertet werden müssen. Das sieht auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung so und hat neben einer externen Evaluation auch eine interne Prüfung durchgeführt. Die Ergebnisse liegen dem Parlament jetzt vor. Wir werden die Debatte darum beginnen.
Denn auch die Berlinerinnen und Berliner, die jenseits des sonnigen Zehlendorfs leben, haben ein Recht darauf, dass wir uns um die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen bemühen und sie motivieren, sich aktiv an diesem Prozess zu beteiligen. Ich fordere Sie alle auf: Gehen Sie gemeinsam mit uns in die Debatte! – Herzlichen Dank!