Ralf Wieland

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Herr Präsident! Herr Abgeordneter Braun! Bei der Staatsanwaltschaft werden derzeit keine Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Entziehung von Vermögenswerten des Volkes der DDR durch Repräsentanten oder Repräsentantinnen der SED oder der PDS geführt.
Auch die in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang geführten Ermittlungsverfahren – es waren circa 30 – mussten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen überwiegend eingestellt werden, da der erforderliche Nachweis eines strafrechtlich relevanten Verhaltens nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit zu führen war.
Zu Teil 2 Ihrer Frage: Der Staatsanwaltschaft Berlin liegen keine neuen Anzeigen, Hinweise oder Erkenntnisse der unabhängigen Prüfkommission vor, die den Anfangsverdacht einer Straftat begründen würden. Für den Fall, dass entsprechende Mitteilungen der Prüfkommission an die Staatsanwaltschaft Berlin weitergeleitet werden, tritt diese, wie auch in der Vergangenheit üblich, in die strafrechtliche Überprüfung ein.
Ich möchte hinzufügen, dass das, was diese Woche im „Spiegel“ stand, sicher für Sie und viele informativ und möglicherweise auch neu war, für die Staatsanwaltschaft allerdings nicht. Für die Staatsanwaltschaft war dies alles, auch die in Faksimile dort veröffentlichten Schreiben – zum Beispiel „ Hallo, Dieti, vernichte bitte diesen Brief sofort!“ –, bekannt. Sie hat zum Teil diese Schreiben seinerzeit sichergestellt. Es war nicht möglich, in einer Situation, in der das Verhalten noch nicht bundesrepublikanischem Recht unterlag, in keiner Beziehung – weder Strafrecht noch einem Parteiengesetz, wie wir es inzwischen haben, das im übrigen ja auch keine Straftatbestände vorsieht – daran darf ich Sie aus gegebenen Anlass erinnern –,
und ist es – ich bin da vorsichtig – möglicherweise heute auch nicht, wenn neue Tatsachen vorgetragen werden, hier zu Strafverfolgungsmaßnahmen zu kommen.
Ich bin vorsichtig, sehe aber die enormen rechtlichen Schwierigkeiten, die seinerzeit auch dazu geführt haben, dass es gerichtliche Freisprüche gegeben hat.
Die Staatsanwaltschaft befindet sich in ständigem Kontakt mit der unabhängigen Prüfkommission, weil sie in vielerlei Hinsicht insbesondere da, wo es sich um wirtschaftliche Unternehmen handelt, mit der Prüfkommission zusammenarbeitet. So haben sie allein in dieser Woche zweimal Kontakt gehabt – auch über die in dem „Spiegel“-Artikel vorgelegten Sachverhalte. Bei dieser Gelegenheit mussten sie feststellen, dass das, was ich ausgeführt habe, zutrifft: Es gibt keine neuen Erkenntnisse – auch nicht bei der Prüfkommission –, die geeignet wären, einen neuen Anfangsverdacht hervorzurufen, sondern alles, was die Prüfkommission vorbringt, ist der Staatsanwaltschaft seit ca. neun bis zehn Jahren bekannt und war Gegenstand alter Ermittlungsverfahren, so dass sich möglicherweise sogar die Frage der Rechtskraft und von anderem stellen würde, wenn man wiederum in Ermittlungen eintritt. Sie wird dies selbstverständlich nach dem Legalitätsprinzip tun – egal, woher neue Sachverhalt mitgeteilt werden, und sei es, dass es in einer Zeitung geschieht. Aber – ich wiederhole mich – in diesem „Spiegel“-Artikel stand nichts, was nicht bereits Inhalt von Ermittlungsverfahren seinerzeit gewesen ist. Der Rest war vage und unbestimmt. Auf ein „Es könnte, es sollte, wir vermuten“ könnte Ihnen der Kollege Gysi möglicherweise umfassend Auskunft geben. interjection: [Heiterkeit bei den Grünen und der SPD] Die Staatsanwaltschaft kann es nicht, Herr Kollege Braun!
Die Staatsanwaltschaft leistet viel, wenn ich das aus meiner Überzeugung sagen kann. Aber wie sollte sie denn bei Spenden, die gerade unterhalb der Veröffentlichungspflicht sind, die Spender feststellen und dem nachgehen, ob es möglicherweise höhere Spenden sind? – Hier fehlt es schlicht an einem Verdacht, und Ermittlungen in das Blaue hinein wollen Sie nicht und will ich nicht. Möglicherweise hat die PDS ja auch von einer anderen großen Partei gelernt, und wir freuen uns doch alle, wenn Parteien lernfähig sind. interjection: [Beifall bei den Grünen und der SPD – Heiterkeit bei den Grünen, der SPD und der PDS]
Die Frage ist leicht zu beantworten. Die Antwort kam vom Senator. Diese Antwort hätte Ihnen auch ein Vertreter genauso gegeben. Es fehlt bisher an einem strafrechtlichen Verdacht, und es ist mit die komplizierteste Materie – ich sage es noch einmal –, weil diese Geldverschiebungen in der Regel vor der Deutschen Einheit und zu einem Zeitpunkt gemacht wurden, als nach Recht der DDR die SED/PDS mit diesem Geld machen konnte, was sie wollte. Das ist die rechtliche Schwierigkeit dabei. Es müssten neue, tatsächlich strafbare Sachverhalte erläutert werden.
Die unabhängige Kommission sucht weiter nach dem Geld. Das soll sie nach meiner Überzeugung auch tun. Das ist sehr unbefriedigend. Darin sind wir uns alle einig. Es ist unbefriedigend, dass 6 Milliarden Mark der DDR irgendwo „verleppert“ wurden. Die PDS hat 1995 erklärt, dass sie davon nichts mehr haben will, und hat alles Geld, was aufgefunden wird, abgetreten. Deswegen können wir alle nur hoffen, dass möglichst viel gefunden wird.
Aber eine Staatsanwaltschaft kann anders als diese Prüfkommission nur tätig werden, wenn es den Verdacht auf eine strafbare Handlung gibt, und den gibt es zurzeit jedenfalls nicht.
Ich sehe mich geistig nicht in der Lage, hier eine Frage an den Senat zu erkennen, und deswegen kann ich sie auch nicht beantworten.