Protocol of the Session on December 13, 2024

Gibt es weiteren Widerspruch gegen die Tagesordnung? Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich vereinbarungsgemäß Tagesordnungspunkt 11 auf

Aktuelle Stunde

Hier handelt es sich um den ersten Teil der Aktuellen Stunde

a) auf Antrag der Fraktion Die Linke zu dem Thema: „Arbeitsplätze bei dem Unternehmen Schuler Pressen in Erfurt erhalten“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 8/133 -

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort an die Fraktion Die Linke, Herrn Abgeordneten Schubert.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, insbesondere die Beschäftigten bei Schuler Pressen möchte ich begrüßen, die vielleicht am Livestream zuschauen. Vielleicht schafft es die Delegation, die hier im Hause ist, auch noch auf die Besuchertribüne, um unserer Aktuellen Stunde „Arbeitsplätze bei Schuler Pressen in Erfurt erhalten“ zu folgen.

Das Unternehmen Schuler Pressen steht in der langen Tradition eines geschichtsträchtigen Industriestandorts, der früher als Umformtechnik Erfurt

(Abg. König-Preuss)

Tausenden Menschen Lohn und Brot bot. Die Linke fordert mit dieser Aktuellen Stunde, die Arbeitsplätze, die es heute noch bei Schuler Pressen in Erfurt gibt, zu erhalten, denn es steht viel auf dem Spiel, insbesondere für die Beschäftigten, deren Existenzgrundlage bedroht ist, aber auch für den Wirtschaftsstandort Thüringen insgesamt. Die wirtschaftliche Situation ist alles andere als einfach, die Automobilzulieferindustrie ist schon länger im Krisenmodus, eine Entwarnung ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil, wie auch die aktuelle Umfrage des Branchenverbands automotive thüringen bestätigt. Hohe Preise für Energie, unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und ein schleppender Autoabsatz setzen der Zulieferindustrie stark zu. In den letzten Jahren haben wir immer wieder – Belegschaften gemeinsam mit der IG Metall und von der Politik unterstützt – um den Erhalt von Standorten gekämpft. Ob bei NORMA, bei Eaton, bei Marelli und vielen anderen mehr – überall sehen wir, dass auf dem Rücken der Beschäftigten die Krisen in der Wirtschaft ausgetragen werden.

Doch auch für die Strukturkrise in der Automobilindustrie tragen nicht die Belegschaften, die tagtäglich in den Werkhallen ihre Arbeitskraft verkaufen, die Verantwortung. Nein, die dafür Verantwortlichen sitzen vielmehr in den Unternehmenszentralen der großen Automobilkonzerne. Dort wurden strategische Fehlentscheidungen getroffen. Viel zu spät und viel zu langsam hat man sich den neuen Antriebstechnologien geöffnet und nach massentauglichen Praxisanwendungen gesucht. Die Chefs von Volkswagen und Co. haben in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben nicht gemacht, sondern den Strukturwandel verschlafen und sich auf den sprudelnden Gewinnen ausgeruht – Nokia lässt grüßen. Zur Erinnerung: Fehlende Innovationsfähigkeit und verspätete Anpassung an den Markt führten bei Nokia in kürzester Zeit zu einem ungeahnten Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.

Aber auch die Politik trägt Verantwortung für die aktuelle Krisenlage. Die Bundesregierung hat mit ihrer politischen Unzuverlässigkeit dem Transformationsprozess unserer Schlüsselindustrie geschadet. Denn gerade eine Industrie in einem so tiefgreifenden Wandlungsprozess braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen wie wir die Luft zum Atmen. Wo ist denn die glaubwürdige Transformationsstrategie auf Bundesebene mit einer verlässlichen industriepolitischen Agenda zur Dekarbonisierung, die den Wechsel hin zu Antriebsformen ohne Treibhausgasemissionen wie Elektromobilität und Wasserstoff unterstützt? Nur so kann doch die Branche auch in Thüringen eine neue Zukunftsperspektive gewinnen. Und das gilt im übertragenen Sinne auch für Schuler Pressen. Sicher ist und

bleibt: Die Linke lässt die Belegschaft auch dieses Traditionsunternehmens nicht im Stich.

(Beifall Die Linke)

Wir werden gemeinsam mit den Beschäftigten um den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen. Von den rund 400 Arbeitsplätzen in Erfurt sind akut 130 Stellen bedroht. Dabei ist die Expertise der Beschäftigten gerade im Strukturwandel dringend notwendig. Das sollte auch das Management von ANDRITZ erkennen, zumal in Thüringen vielfältige Möglichkeiten existieren, die Weiterentwicklung von Unternehmen auch hin zu neuen Wertschöpfungsketten aktiv zu begleiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der neu gewählte Ministerpräsident sprach gestern in seiner Antrittsrede davon, dass es sein Ziel sei, das meiste für die Menschen im Land herauszuholen. Hoffentlich überlegt er schon, wie die neue Landesregierung direkt mit dem Management des Mutterkonzerns ANDRITZ in Österreich Kontakt aufnimmt, um Möglichkeiten zum Erhalt des Standorts zu erläutern. Das wäre ein wichtiges, ein notwendiges Signal und eine Chance für die Kolleginnen und Kollegen von Schuler Pressen.

Wir sind als Politikerinnen und Politiker in der Verantwortung für die kommenden Generationen in Thüringen. Deswegen sollten wir den Strukturwandelprozess im Freistaat hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft aktiv begleiten und schnellstmöglich dafür auch Instrumente wie zum Beispiel einen neuen Transformationsfonds auf dem Weg bringen. Die Linke wird dazu im kommenden Jahr einen Vorschlag unterbreiten, der die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts sichern und die Arbeitsplätze erhalten soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können den Wandel, auch den Strukturwandel der Automotive-Industrie nicht aufhalten. Wir können und wir müssen ihn aber gestalten, gemeinsam und fair mit und für die Beschäftigten, denn Wirtschaft ist für die Menschen da und nicht umgedreht. Vielen Dank.

(Beifall Die Linke)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schubert. Als Nächsten rufe ich für die Fraktion des BSW Herrn Abgeordneten Herzog auf. Ich bitte die Fraktionen von CDU, SPD und AfD, ihre Redner für die Tagesordnungspunkte noch zu benennen.

(Abg. Schubert)

Guten Tag. Vielen Dank, lieber Herr Präsident. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer, vor allen Dingen vielen Dank für diese Unterrichtung. Etwas, was wir jetzt erfahren haben, was hier einem Unternehmen am Standort in Thüringen geschieht, ist keineswegs in den letzten Tagen entstanden, sondern es ist in den letzten Jahren entstanden. Es ist etwas passiert, was leider auch in politischer Verantwortung seine Gründe hat.

Sie kritisieren mit Recht möglicherweise den sozialen Umgang mit Beschäftigten in einem traditionsreichen Thüringer Unternehmen, aber Sie haben zugleich in den letzten Jahren nicht dafür gesorgt, dass diese Unternehmen so gestärkt sind, dass sie Rücklagen für einen sinnvollen sozialen Umgang mit ihren Beschäftigten bilden können. Heute hier aufzustehen und etwas zu fordern, was man in den vergangenen Jahren, möglicherweise sogar in vielen vergangenen Jahren versäumt hat, das ist nicht in Ordnung.

Auf der anderen Seite begrüße ich es sehr, dass Sie sagen: Wir müssen es jetzt ändern, wir müssen es jetzt anfangen. Transformationspolitik – total richtig. Wir müssen Bürokratie abbauen durch Digitalisierung. Viele Punkte müssen wir angehen. Ich lade Sie als Linke herzlich ein, unsere Politik, die Politik der zukünftigen Thüringer Landesregierung, der jetzigen Thüringer Landesregierung, zu unterstützen und uns dabei zu unterstützen, es umzusetzen, dass Beschäftigen in der Firma Schuler, aber auch allen anderen Thüringer Unternehmen so etwas nicht widerfährt. Danke.

(Beifall BSW)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Herzog. Als Nächsten rufe ich Abgeordneten Waßmann für die Fraktion der CDU auf.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir am Anfang meiner ersten Rede hier vor diesem Hohen Haus, hiermit meiner Familie und all denjenigen zu danken, ohne die ich heute nicht hier sein würde.

(Beifall CDU, BSW)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Diskussion um Schuler Pressen ist eine Diskussion, die in der Tat über die bedrohten Arbeitsplätze in Erfurt hinausgeht. Sie führt uns vor Augen, vor welchen enormen Herausforderungen wir als Industriestandort Thüringen stehen. Diese betreffen

nicht nur die Automobilzulieferindustrie, sondern viele Branchen, die mit tiefgreifenden Transformationsprozessen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind.

Als Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis hatte ich die Gelegenheit, gemeinsam mit unserem neuen Ministerpräsidenten und dem Oberbürgermeister von Erfurt vor Ort zu sein und die Lage aus erster Hand zu erfahren. Was ich mitgenommen habe, ist vor allem die Besorgnis der Beschäftigten, die nicht nur um ihre Arbeitsplätze, sondern auch um ihre Existenzgrundlage fürchten. Gleichzeitig ist mir deutlich geworden, wie viel Potenzial und Innovationskraft in einem Traditionsunternehmen wie Schuler Pressen steckt.

Wir dürfen uns aber nichts vormachen. Die Politik kann keine Arbeitsplätze garantieren. Wer etwas anderes behauptet, erweckt falsche Hoffnungen. Deswegen finde ich den Titel der Aktuellen Stunde auch leider nicht gut. Was wir aber tun können und müssen, ist, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren – auch das gilt es hier klar anzusprechen –, muss man konstatieren, dass die wirtschaftliche Lage in Thüringen wirklich schlecht ist. Laut OECD wird Deutschland 2025 mit 0,5 Prozent von allen Industriestaaten das geringste Wachstum haben. Die Statistiken aus Thüringen sehen auch nicht besser aus. Für das 1. Halbjahr dieses Jahres wird ein Minus von 0,2 Prozent für ganz Deutschland ausgewiesen, für Thüringen sogar ein Minus von 1,2 Prozent. Es muss neben Ansätzen auf Bundesebene dazu auch Ansätze hier auf Landesebene geben. Aber dazu braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung und ich freue mich deswegen wirklich, dass mit Frau Boos-John jetzt jemand das Wirtschaftsministerium übernommen hat, der die Nöte und die Sorgen der Unternehmen ganz direkt kennt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um diese Herausforderungen zu bewältigen, haben wir als neue Koalition wichtige Weichen im Regierungsvertrag gestellt. Dabei möchte ich auf drei zentrale Handlungsfelder eingehen.

Erstens: die Transformation aktiv begleiten. Die wirtschaftlichen und technologischen Umbrüche unserer Zeit verlangen von den Unternehmen, sich ständig neu zu erfinden. Mit einem Transformations-, Technologie- und Innovationsfonds schaffen wir die Grundlage dafür, dass Unternehmen notwendige Investitionen in neue Technologien und Produktionsprozesse tätigen können. Unser Ziel ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, um nicht nur

Arbeitsplätze zu erhalten, sondern diese zukunftsfähig zu machen. Aber Transformation ist kein Selbstläufer. Sie erfordert Mut zur Innovation, unternehmerisches Engagement und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Als CDU sehen wir uns in der Verantwortung, diese Prozesse zu begleiten und den Unternehmen mit klaren Förderprogrammen und partnerschaftlichem Dialog zur Seite zu stehen, aber nicht darin, unternehmerische Entscheidungen zu treffen.

Zweiter Punkt: Bürokratieabbau. Auch bei Schuler Pressen hat das immer wieder eine Rolle gespielt, als ich vor Ort war. Der bürokratische Aufwand ist zu hoch. Deshalb haben wir uns darauf verständigt, Bürokratie in Thüringen systematisch abzubauen. Das umfasst die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und die Vereinfachung von Förderstrukturen. Konkret bedeutet das: Wir wollen, dass Unternehmen schneller planen, schneller umsetzen und schneller wachsen können.

Drittens Fachkräftesicherung – auch in dieser wirtschaftlichen Lage: Die demografische Entwicklung in Thüringen sorgt dafür, dass der Mangel an Arbeits- und Fachkräften ein weiteres Problem bleiben wird. Ohne gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die besten Technologien nicht genutzt werden. Unser Regierungsvertrag setzt deshalb auf ein Maßnahmenpaket, dass von der Anwerbung internationaler Fachkräfte bis zur gezielten Weiterbildung von Beschäftigten reicht. Darüber hinaus wollen wir die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Kammern und Bildungseinrichtungen stärken, um eine moderne und praxisnahe Ausbildung zu unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Situation bei Schuler Pressen zeigt deutlich, dass eine wirtschaftliche Krise kein abstraktes Konzept ist, sie betrifft Menschen, ihre Arbeitsplätze und ihre Lebensgrundlage. Deshalb müssen wir als Politik auch verantwortungsvoll handeln. Dazu gehört für uns, nur das zu versprechen, was man auch halten kann. Unser Ziel darf es nicht nur sein, Krisen zu bewältigen, sondern eine nachhaltige Perspektive für unsere Wirtschaft zu schaffen.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass Thüringen auch in Zukunft ein Standort für innovative Unternehmen, sichere Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stärke bleibt! Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Waßmann. In Ihrer ersten Rede sind Sie in der Zeit geblieben, dazu auch herzlichen Glückwunsch.

Als nächsten Redner rufe ich Herrn Abgeordneten Uwe Krell für die Fraktion der AfD auf.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste hier im Haus und am Livestream, die Geister, die ich rief: Die Grünen scheinen hier im Hause noch zu spuken, die Linken davon besessen. Nur so erklärt sich mir das linke Ideologiegeschwafel, dass die Deindustrialisierung nur mit aktiver Transformationspolitik aufzuhalten sei. Die Energiewende verteuert Energie künstlich aus ideologischen Gründen und bringt uns Flatterstrom. Das ist Gift für die Industrie und bei Weitem nicht nur für die Automobilindustrie. Stand gestern kostete die Megawattstunde 660 Euro Börsenstrompreis. Der Ruf nach einer aktiven Transformationspolitik ist nichts anderes, als einen Vergifteten mit Gift zu behandeln.

(Beifall AfD)

Schauen wir einmal zurück: Die Wirtschaftsentwicklung steht auf einem starken Fundament, Exporte und Inlandsnachfrage bewegen sich weiterhin auf einem hohen Niveau. Die Stimmung in den Unternehmen ist nach wie vor sehr gut. In der Industrie sehen 97 Prozent der Firmen nur wenig Anlass, über ihre aktuelle Auftragslage zu klagen, sondern sie sehen stabile Auftragseingänge, nahezu ausgelastete Kapazitäten und eine positive Ertragslage,

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, Die Linke: Freie Rede!)

so die Konjunkturumfrage der IHK Erfurt aus dem Jahr 2018. Und heute? Mit der Automobilindustrie bricht einer der wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland und Thüringen nach und nach weg. Die AfD hat bereits lange davor gewarnt, doch zeigten sich die Altparteien abgewandt von der Wirklichkeit.

(Beifall AfD)

Mittlerweile verzeichnen 70 Prozent der Autozulieferer Umsatzeinbußen, drastisch sinkende Investitionen, Wachstums- und Beschäftigungsrückgang. Ausbleibende Aufträge drücken die Stimmung. Die entlassenen Arbeitskräfte bei Schuler sind Opfer der linksgrünen Wirtschaftspolitik. Und dass sich die Linke jetzt als deren Kümmerer inszeniert und gleichzeitig mehr Gift fordert, ist schon Heuchelei.

(Beifall AfD)